Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 29.11.2012, Az.: 1 A 33/12
Gewährung eines Anspruchs auf Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten für einen erfolgreichen Einspruch gegen eine kommunalwahlrechtliche Feststellung; Begriff der Kosten des Wahlprüfungsverfahrens bzgl. Begrenzung der Kosten
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 29.11.2012
- Aktenzeichen
- 1 A 33/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 39749
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2012:1129.1A33.12.0A
Rechtsgrundlagen
Fundstelle
- KommJur 2013, 101-104
Amtlicher Leitsatz
- 1.
§ 50 Abs. 1 und 8 NKWG gewährt einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten für einen erfolgreich erhobenen Einspruch gegen eine kommunalwahlrechtliche Feststellung.
- 2.
Der Begriff der Kosten des Wahlprüfungsverfahrens ist nicht (mehr) auf die Kosten begrenzt, die (unmittelbar) der Gemeinde durch die Organisation des Wahlprüfungsverfahrens entstanden sind. Er erfasst auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Person, die das Wahlprüfungsverfahren veranlasst hat. Dies gilt zumindest dann, wenn sie mit ihrem Antrag auf Wahlprüfung erfolgreich war.
- 3.
Über diesen Anspruch muss nicht durch Verwaltungsakt entschieden werden.
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger 1.138,23 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger zu 34 % und die Beklagte zu 66 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jeder Beteiligte kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des festzusetzenden Vollstreckungsbetrags abwenden, wenn nicht zuvor der vollstreckende Beteiligte Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 1.732,76 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung der ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten für den erfolgreich erhobenen Einspruch gegen eine kommunalwahlrechtliche Feststellung des Rats der Beklagten.
Bei der Kommunalwahl des Jahrs 2006 hatte die NPD einen Sitz im Rat der Beklagten gewonnen. Der Gewählte hatte sein Mandat im Jahr 2008 niedergelegt. Der Wahlleiter der Beklagten hatte daraufhin die Auffassung vertreten, der frei gewordene Sitz müsse unbesetzt bleiben, da der Kläger nicht nachrücken könne, weil er auf der NPD-Liste für den anderen Wahlbereich im Gebiet der Beklagten kandidiert hatte.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16.10.2008 den näher begründeten Einspruch ein, den der Rat der Beklagten in seiner Sitzung vom 16.12.2008 als unbegründet zurückwies. Aufgrund der dagegen erhobenen Klage hob das erkennende Gericht mit Urteil vom 01.10.2009 (Az.: 1 A 21/09) diese Entscheidung auf. Zugleich verpflichtete es den Rat der Beklagten festzustellen, dass der Kläger auf den frei gewordenen Sitz im Rat nachgerückt ist. Die dagegen erhobene Berufung wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.12.2010 (10 LC 191/09) zurück.
Um seine im vorangegangenen Einspruchsverfahren entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstattet zu bekommen, beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht zunächst, die Hinzuziehung seines Bevollmächtigten nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Dies lehnte die Kammer mit Beschluss vom 21.07.2011 im Wesentlichen mit der Begründung ab, das durchgeführte (besondere) Wahlprüfungsverfahren nach § 49a NKWG sei kein "Vorverfahren" im Sinne der Verwaltungsgerichtsordnung.
Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 29.11.2011 bei der Beklagten, ihm die genannten Kosten zu erstatten. Über ihre Prozessbevollmächtigten lies die Beklagte mit Schreiben vom 06.12.2011 erklären, sie lehne die Erstattung von Kosten für das Wahlprüfungsverfahren ab, da es dafür keine Rechtsgrundlage gebe.
Mit der am 08.02.2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter, die ihm mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 10.01.2012 förmlich in Rechnung gestellte Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von insgesamt 1.732,76 EUR erstattet zu bekommen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.732,76 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend, der geltend gemachte Anspruch finde keine Grundlage im Gesetz.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses sowie des vorangegangenen Verwaltungsrechtsstreits (1 A 21/09) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist als Leistungsklage zulässig. Das im Auftrag der Beklagten verfasste Ablehnungsschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten kann nicht als Verwaltungsakt gedeutet werden, so dass sich der nach § 88 VwGO verständig zu würdigende Klageantrag des Klägers nicht auch auf dessen Aufhebung richtet, sondern als (einfaches) Leistungsbegehren zu qualifizieren ist. Da das geltende Recht eine bestimmte Handlungsform nicht vorschreibt, besteht keine Verpflichtung der Kommune, über den Anspruch auf Kostenerstattung (nur) mittels Verwaltungsakt zu entscheiden (a. A. Wefelmeier in: Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz, § 54 NKomVG, § 54 Rn. 37 m. w. Nw.).
Die Klage ist im genannten Umfang begründet (I.), im Übrigen aber unbegründet (II.).
I.
1. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten seines erfolgreichen Wahlprüfungsverfahrens ergibt sich dem Grunde nach aus § 50 Abs. 1 und 8 Niedersächsisches Kommunalwahlgesetz (NKWG). § 50 Abs. 1 NKWG regelt, dass die Gemeinde "die ihr entstehenden Kosten" für die Gemeindewahl und für die Wahl zu den Stadtbezirksräten oder den Ortsräten trägt. Ergänzend dazu bestimmt § 50 Abs. 8 NKWG: "Die Kosten des Wahlprüfungsverfahrens gehören zu den Wahlkosten nach den Absätzen 1 bis 5 und 7" dieses Gesetzes.
Entgegen der Auffassung der Beklagten wird mit der in § 50 NKWG ausdrücklich geregelten Verpflichtung der Beklagten, die ihr entstehenden Kosten der Wahl einschließlich der Kosten des Wahlprüfungsverfahrens zu tragen, zugleich die Berechtigung des Klägers begründet, von der Beklagten die Erstattung der ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten einfordern zu können. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der Rechtspflicht der Beklagten, auch die Kosten des Wahlprüfungsverfahrens zu tragen. Dass eine Norm nicht ausdrücklich als Anspruchsnorm formuliert ist, aber gleichwohl berechtigenden Charakter hat, ist nicht ungewöhnlich und hindert nicht, ihren maßgeblichen Inhalt im Sinne (auch) eines subjektiven Anspruchs zu deuten.
a) Das auf den Einspruch nach § 49a NKWG durchgeführte Verfahren ist (ebenfalls) ein Wahlprüfungsverfahren im Sinne des § 50 Abs. 8 NKWG; der Begriff des Wahlprüfungsverfahrens ist nicht nur auf das in §§ 46 ff NKWG geregelte (allgemeine) Wahlprüfungsverfahren beschränkt, das sich an einen Wahleinspruch anschließt, der sich gegen die Gültigkeit einer Wahl richtet. Dies ergibt sich bereits aus der systematischen Stellung des § 49a NKWG im Fünften Teil des Gesetzes, der mit "Wahlprüfung und Wahlkosten" überschrieben ist, sowie aus der sachlichen Angleichung des Verfahrens nach § 49a NKWG an das (allgemeine) Wahlprüfungsverfahren, die ihren Ausdruck schließlich auch darin findet, dass gemäß § 49a Abs. 3 Satz 3 NKWG die entsprechende Geltung von Regeln des Wahlprüfungsverfahrens ausdrücklich anordnet.
b) Der Begriff der Kosten des Wahlprüfungsverfahrens ist nicht (mehr) auf die Kosten begrenzt, die (unmittelbar) der Gemeinde durch die Organisation des Wahlprüfungsverfahrens entstanden sind. Er erfasst auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Person, die das Wahlprüfungsverfahren veranlasst hat. Dies gilt zumindest dann, wenn sie mit ihrem Antrag auf Wahlprüfung erfolgreich war.
Mit dieser Auslegung des Ausdrucks "Kosten des Wahlprüfungsverfahrens" folgt die Kammer der verallgemeinerbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das in seinem Urteil vom 11.10.2010 unter Bezugnahme auf die gefestigte Rechtsprechung auch des Bundesarbeitsgerichts zum Umfang des Begriffs der (notwendigen) Wahlkosten ausgeführt hat:
"2. Rechtsgrundlage für den streitigen Anspruch ist § 17 Abs. 1 MBGSH. Danach trägt die Dienststelle die Kosten der Personalratswahl. Dazu gehören alle Kosten, die mit der Einleitung und Durchführung der Wahl sowie der gerichtlichen Überprüfung des Wahlergebnisses verbunden sind (vgl. Beschluss vom 29. August 2000 - BVerwG 6 P 7.99 - BVerwGE 112, 12 <15 f.> = Buchholz 251.5 § 21 HePersVG Nr. 2 S. 3 f.; BAG, Beschlüsse vom 7. Juli 1999 - 7 ABR 4/98 - AP Nr. 19 zu § 20 BetrVG 1972 Bl. 3, vom 31. Mai 2000 a.a.O. S. 32 und vom 16. April 2003 - 7 ABR 29/02 - AP Nr. 21 zu § 20 BetrVG 1972 Bl. 1730 R). Die Kostentragungspflicht nach § 17 Satz 1 MBGSH umfasst daher die Verpflichtung der Dienststelle zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten eines Wahlanfechtungsverfahrens, das die anfechtungsberechtigten Beschäftigten der Dienststelle geführt haben. Die Zahlungspflicht wird begrenzt durch die Gesichtspunkte der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit. Es gelten die Grundsätze, die zu § 44 Abs. 1 BPersVG und vergleichbaren Bestimmungen der Landespersonalvertretungsgesetze entwickelt worden sind. Danach hat die Dienststelle die außergerichtlichen Kosten, die durch Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden sind, nicht zu tragen, wenn die Rechtsverfolgung von vornherein aussichtslos war oder mutwillig betrieben wurde (vgl. Beschluss vom 29. August 2000 a.a.O. S. 17 f. bzw. S. 5; BAG, Beschlüsse vom 7. Juli 1999 a.a.O. Bl. 3 R, 4, vom 31. Mai 2000 a.a.O. S. 33 und vom 16. April 2003 a.a.O. Bl. 1731)." (zitiert nach [...] Rn. 14).
Dass zu den Kosten des Wahlprüfungsverfahrens nicht lediglich die der Gemeinde unmittelbar, im Zuge ihrer Organisationsleistung entstandenen Kosten zählen sollen, sondern auch die notwendigen Kosten anderer Beteiligter des Wahlprüfungsverfahrens erfasst sind, ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte des § 50 Abs. 8 NKWG, der seine gegenwärtige Fassung mit dem Gesetz vom 24.02.2006 (Nds. GVBl., S. 91) bekommen hat. Die Vorgängervorschrift, § 50 Abs. 5 des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes in der Fassung der Neubekanntmachung vom 20.02.2001 (Nds. GVBl. 2001, 83), hatte gelautet: "Die Kosten des Wahlprüfungsverfahrens, soweit sie bei der Vertretung entstehen, gehören zu den Wahlkosten nach den Absätzen 1, 2 und 4". Indem der Gesetzgeber den einschränkenden Satzteil ("soweit sie bei der Vertretung entstehen") gestrichen hat, hat er die vormals formulierte Beschränkung des Begriffs der Wahlprüfungskosten auf die innergemeindlich entstandenen Kosten aufgegeben und ist - zumindest objektiv - auch der von der Rechtsprechung längst vollzogenen sachgerechten Erstreckung des Begriffs der Wahlkosten auch auf die notwendigen Kosten des Wahlprüfungsverfahrens anderer Beteiligter gefolgt.
c) Durchgreifende rechtssystematische Bedenken gegen diese Auslegung des § 50 Abs. 1 und 8 NKWG lassen sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus herleiten, dass das niedersächsische Kommunalrecht vom Grundsatz des ehrenamtlichen Mandatsverhältnisses ausgeht und die den Mandatsträgern gewährten Entschädigungsleistungen (z.B. nach § 55 NKomVG oder nach § 138 Abs. 7 und 8 NKomVG) nicht erweiternd ausgelegt werden könnten. Hier geht es nicht um die Rechtsstellung, die der Kläger als Mandatsträger (bekommen) hat, sondern allein um die notwendigen Kosten, die er hat aufwenden müssen, um die Feststellung zu erreichen, dass er Mandatsträger geworden ist.
Es wäre nicht nachvollziehbar und würde einen mit sachlichen Erwägungen nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch zum sonstigen Erstattungsrecht für nicht mutwillig veranlasste Rechtsverfolgungskosten begründen, wenn dem Beteiligten eines Wahlprüfungsverfahrens die Erstattung von (notwendigen) Wahlprüfungskosten auch im Falle eines erfolgreichen Wahleinspruchs versagt bliebe. Unstreitig haben beispielsweise kommunale Mandatsträger einen Anspruch gegenüber ihrer Kommune, von den nicht mutwillig verursachten Kosten eines sog. Kommunalverfassungsstreits entlastet zu werden. Die zur Herleitung eines solchen Ausgleichsanspruchs von Mandatsträgern angeführte Rechtfertigung, es gehe um Aufwendungen, die im Allgemeininteresse getätigt wurden und erforderlich waren, gilt der Sache nach nicht minder auch für die aufzuwendenden notwendigen Kosten für die Durchsetzung des Status als gewählter oder nachgerückter Mandatsträger. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Wahlprüfungsverfahren ein eigenständiges Verfahren ist, das vom kommunalverfassungsrechtlichen Streitverfahren zu unterscheiden ist, in dem um organschaftliche Befugnisse (Funktionsberechtigungen) innerhalb der Kommune gestritten wird. In materieller Hinsicht sind beide Verfahren jedoch zumindest insoweit vergleichbar, als es jeweils auch (und in erster Linie) um die Wahrung von Allgemeininteressen geht. Wenngleich das Wahlprüfungsverfahren auch dem Schutz des passiven Wahlrechts des Gewählten bzw. seines Nachrückers dient, geht es hier wie im Kommunalverfassungsstreit nicht in erster Linie um die Verfolgung persönlicher Rechte, sondern hauptsächlich um das Allgemeininteresse, das sich im Wahlprüfungsrecht insbesondere im Interesse der Wahlberechtigten an der Ordnungsgemäßheit der Wahl und der gesetzlichen Zusammensetzung der Vertretung (auch in den Fällen des Nachrückens) ausdrückt. Durch das Wahlprüfungsrecht sorgt das Gesetz für eine effektive Kontrolle der Wahl, es wirkt bereits im Vorfeld auf deren korrekte Durchführung hin und sichert auch im Nachhinein deren Umsetzung. Das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) hat im o. g. Zusammenhang, ohne Weiteres verallgemeinerbar zu Recht darauf hingewiesen, dass die Wirksamkeit dieses Kontrollsystems wesentlich reduziert wäre, wenn Wahlberechtigte und sonstige Einspruchsberechtigte stets mit den außergerichtlichen Kosten der Wahlanfechtung belastet blieben. Es würde dem demokratischen Charakter des Wahlrechts und damit dem Allgemeininteresse widersprechen, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Wahlprüfungsverfahrens, die aufzuwenden waren, um die demokratische Wahlentscheidung im Zuge des (erfolgreichen) Wahlprüfungsverfahrens (wieder) zur Geltung zu bringen, als Privatangelegenheit abzutun und nicht als von der Gemeinde aufzubringende Kosten der Wahl zu erstatten.
2. Der Höhe nach ist dieser Anspruch im ausgesprochenen Umfang begründet, weil (insoweit) die Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens notwendig war. Mit Ausnahme der unbegründeten weiteren Geschäftsgebühr (Position 2 der Rechtsanwaltsvergütungsrechnung) und des darauf entfallenden Anteils der Umsatzsteuer sind die angesetzten Beträge angemessen und zutreffend festgesetzt. Insoweit ergibt sich der zugesprochene Gesamtbetrag aus den folgenden Einzelbeträgen, die sich - wie im vorangegangenen Gerichtsverfahren - aus dem Gegenstandswert von 7500 EUR ergeben:
1. Geschäftsgebühr, §§ 13, 14, Nr. 2300 VV RVG | 1,8 | 741,60 |
---|---|---|
2. Geschäftsreise, Tage- und Abwesenheitsgeld für mehr als | ||
4 bis 8 Stunden, Nr. 70005 Nr. 2 VV RVG | 1/1 | 35,00 |
3. Geschäftsreise, Benutzung des eigenen Kfz, Nr. 7003 VV RVG | ||
Kfz-Benutzung am 16.12.2008 [Ratssitzung] | ||
346,32 km Hin- und Rückfahrt x 0,30 EUR | 1/1 | 139,90 |
4. Pauschale für Post und Telekommunikation, | ||
Nr. 70002 VV RVG | 40,00 | |
Zwischensumme netto | 956,50 | |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG | 181,73 | |
Gesamtbetrag | 1.138,23 |
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben insbesondere nachvollziehbar dargelegt, dass die wegen des Umfangs, der Schwierigkeit und der Bedeutung der Angelegenheit mit dem Faktor 1,8 angemessen über der Mittelgebühr von 1,3 angesetzte und zutreffend aus dem gerichtlich festgesetzten Streitwert berechnete Geschäftsgebühr in Höhe von 741,60 EUR begründet ist und die zur entscheidenden Gemeinderatssitzung am 16.12.2008 angetretene Reise angemessen war, um die Zurückweisung des Einspruchs zu hindern, schneller zum Erfolg zu kommen und ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden. Das muss hier nicht vertieft werden, da die Beklagte dem auch nicht entgegen getreten ist.
II.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der angesetzten zweiten Geschäftsgebühr in Höhe von 535,60 EUR sowie des darauf entfallenden Umsatzsteueranteils. Sein hier allein in Betracht kommender Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten des Wahlprüfungsverfahrens ist auf die unmittelbar durch das Wahlprüfungsverfahrens veranlassten Kosten begrenzt und erfasst nicht diejenigen Kosten, die womöglich durch die im Vorfeld entfalteten Anwaltstätigkeiten veranlasst worden sind.
Es ist bereits zweifelhaft, kann aber dahingestellt bleiben, ob insoweit eine zweite Geschäftsgebühr angefallen ist. Nach dem maßgeblichen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz darf eine Geschäftsgebühr für dasselbe Geschäft nur einmal abgerechnet werden (VV 2300). Die Geschäftsgebühr ist eine Pauschalgebühr, die die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts abgilt, die sich auf die in Frage stehende Angelegenheit bezieht (vgl. statt aller Mayer in Gerold/Schmidt , Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. A., VV 230, 2301, Rn. 12). Nach dem Vorbringen des Klägers ist zumindest zweifelhaft, ob er insoweit verschiedene, je auf bestimmte Tätigkeiten begrenzte Aufträge erteilt hat; näher liegt es anzunehmen, dass alle in Rede stehenden Tätigkeiten dem erteilten Auftrag zuzurechnen sind, ihm die Anerkennung als "Ersatzperson" des ausgeschiedenen Mandatsträgers zu verschaffen. Dem muss jedoch nicht weiter nachgegangen werden, da selbst die Annahme zweier verschiedener Aufträge nicht geeignet wäre, einen Erstattungsanspruch des Klägers zu begründen, da nicht ersichtlich wäre, weshalb verschiedene (Teil-) Aufträge erforderlich gewesen wären. Demgemäß kann ferner dahingestellt bleiben, ob die Bemühungen seiner Prozessbevollmächtigten, die im unmittelbaren Anschluss an die Entscheidung des Rats zur Mandatsniederlegung getroffene Entscheidung des Wahlleiters nach § 44 NKWG zu beeinflussen, eine vom Wahlprüfungsverfahren nach § 49a NKWG auch vergütungsrechtlich zu unterscheidende Angelegenheit darstellt, die - in der Terminologie des Klägers - ein "vorangegangenes Verwaltungsverfahren" betraf. Denn gerade wenn diese Auffassung des Klägers zutreffen würde und allein mit der rechtlichen Sonderung eines anderen Verfahrens (ohne insoweit differenzierende gesonderte Aufträge) auch eine weitere Geschäftsgebühr entstanden wäre, könnte nicht angenommen werden, dass sich die Verpflichtung der Beklagten auch auf diese Geschäftsgebühr erstreckt. Die Erstattung von Kosten für das Wahlprüfungsverfahren ist auf das formelle (allgemeine oder besondere) Wahlprüfungsverfahren begrenzt und erfasst nicht auch die vor der Einleitung des Wahlprüfungsverfahrens entfalteten Aktivitäten der Prozessbevollmächtigten des Klägers. Erst durch den von ihm eingelegten Einspruch ist der Kläger formell Beteiligter des Wahlprüfungsverfahrens nach § 49a NKWG geworden und erst die dadurch veranlassten Rechtsanwaltskosten muss die Beklagte ihm erstatten. Das Recht der Wahlkampfkostenerstattung bricht insoweit nicht mit dem Grundsatz, dass der Betroffenen regelmäßig die das Ausgangsverfahren betreffenden Kosten selbst tragen muss und eine Kostenerstattung nur für die im Überprüfungsverfahren angefallenen notwendigen Kosten beansprucht werden kann.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung ist gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.