Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.11.1995, Az.: 12 L 1856/93

Gemeingebrauch; Werbendes Ansprechen von Personen; Sondernutzung; Scientology; Religionsgemeinschaft; Gewerblicher Zweck

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.11.1995
Aktenzeichen
12 L 1856/93
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 14097
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1995:1113.12L1856.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover 21.12.1992 10 A 205/90
nachfolgend
BVerwG - 04.07.1996 - AZ: BVerwG 11 B 23.96

Fundstellen

  • ND MBl 1997, 78
  • NVwZ-RR 1996, 247-249 (Volltext mit amtl. LS)
  • NdsVBl 1996, 59
  • zfs 1996, 280 (amtl. Leitsatz)

Amtlicher Leitsatz

1. Das gezielte Ansprechen von bestimmten Passanten auf öffentlichen Straßen in werbender Absicht hält sich - anders als das Verteilen von werbenden Flugblättern - nicht mehr im Rahmen des Gemeingebrauchs nach § 14 Abs 1 NStrG (StrG ND), sondern ist als Sondernutzung nach § 18 Abs 1 NStrG (StrG ND) zu beurteilen.

2. Der Senat läßt es offen, ob es sich bei dem eingetragenen Verein Scientology Kirche Hamburg um eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne von Art 4 GG handelt.

3. Auch einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft kann das (ohne Sondernutzungserlaubnis erfolgte) gezielte Ansprechen von bestimmten Passanten in werbender Absicht auf öffentlichen Straßen untersagt werden, wenn es neben der Mitgliederwerbung zugleich gewerblichen Zwecken dient.

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 10. Kammer - vom 21. Dezember 1992 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger untersagen durfte, im öffentlichen Straßenraum der Landeshauptstadt ... Passanten werbend ansprechen zu lassen, um sie zur Durchführung eines Persönlichkeitstests zu veranlassen oder darüber hinausgehende kostenpflichtige Dienstleistungen anzubieten.

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Mit Schreiben vom 10. Oktober 1989 machte die "Niedersächsische Elterninitiative gegen den Mißbrauch der Religion e.V." unter Beifügung des Berichts eines betroffenen Vaters die Beklagte darauf aufmerksam, daß Mitarbeiter des Klägers im Bereich der Landeshauptstadt ..., vor allem in der Lister Meile und in der Passerelle am Raschplatz, Passanten - darunter auch Kinder - ansprächen, um sie zur Durchführung eines Persönlichkeitstests in den Räumen des von dem Kläger betriebenen Dianetik-Informationszentrums zu veranlassen. Die daraufhin von der Beklagten angestellten Ermittlungen führten zu einer Hausmitteilung des Jugendamtes vom 7. November 1989, wonach im Laufe des Jahres 1989 im Bereich der Lister Meile festgestellt worden sei, daß Passanten - nach den Beobachtungen des Jugendamtes junge Erwachsene - wiederholt in massiver Form angesprochen worden seien. Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 27. Oktober 1989 untersagte die Beklagte dem Kläger mit Verfügung vom 4. Januar 1990, im öffentlichen Straßenraum der Landeshauptstadt Hannover durch eigene Mitglieder oder sonst von ihr beauftragte Personen Passanten, insbesondere Jugendliche und Kinder, werbend ansprechen zu lassen, um sie zur Durchführung eines Persönlichkeitstests zu animieren oder um ihnen darüber hinausgehende kostenpflichtige Dienstleistungen anzubieten. Zur Begründung berief sich die Beklagte zum einen darauf, das untersagte Verhalten gehe über eine bloße Information der angesprochenen Passanten hinaus und stelle eine über einen längeren Zeitraum ausgeübte gewerbliche Tätigkeit dar, die straßenrechtlich als Sondernutzung einzuordnen sei. Da der Kläger die sonach erforderliche Sondernutzungserlaubnis nicht besitze, verwirkliche sein Verhalten einen Ordnungswidrigkeitentatbestand und verursache eine Gefahr im Sinne des Nds. Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, der nur durch ein Verbot entgegengewirkt werden könne. Zum anderen liege in der Ansprache von Kindern und Jugendlichen, um sie zur Durchführung eines Persönlichkeitstests zu animieren, ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, die auch das Recht und die Befugnis der Eltern umfasse, Inhalte und Ziele der Erziehung allein zu bestimmen, soweit nicht ausdrücklich gesetzliche Regelungen diese Befugnisse einschränkten. Bereits das nicht von der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter abhängig gemachte Veranlassen der Kinder und Jugendlichen zur Beantwortung eines Persönlichkeitstest - Fragebogens mit 200 persönlichen, für Minderjährige nicht hinreichend verständlichen Fragen sei geeignet, das gedeihliche Heranwachsen von Kindern und Jugendlichen empfindlich zu stören; denn die gestellten Fragen könnten Irritationen im persönlichen Selbstverständnis der Betroffenen herbeiführen.

3

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung ... mit Bescheid vom 2. Juli 1990 als unbegründet zurück, nachdem der Jugendpsychologische Dienst der Beklagten unter dem 28. März 1990 eine Stellungnahme zum Persönlichkeitstest des Dianetik-Informationszentrums abgegeben hatte.

4

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht: Das Ansprechen von volljährigen Passanten diene ausschließlich der Mitgliederwerbung für die religiöse Gemeinschaft, wobei die Werbung als Missionierung unter dem Schutz des Art. 4 GG stehe; eine gewerbliche Tätigkeit liege nicht vor. Das Ansprechen von Passanten stelle eine vom straßenrechtlichen Gemeingebrauch erfaßte Tätigkeit dar, für die eine Sondernutzungserlaubnis nicht erforderlich sei. Aufgrund der konkreten Straßenbenutzung könne sich zwar auch die Unzulässigkeit der werbenden Tätigkeit einer Religionsgemeinschaft ergeben, wenn widerstreitende Grundrechte von Passanten verletzt würden. Ein solcher Sachverhalt liege aber hier nicht vor. Kinder und Jugendliche habe er noch nie zielgerichtet ansprechen lassen; er beabsichtige auch nicht, dies in Zukunft zu tun.

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Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung ... vom 2. Juli 1990 aufzuheben.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung hat sie sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide berufen und ihre Auffassung zur Gewerbeausübung durch den Kläger im einzelnen erläutert. Das Ansprechen von Passanten auf öffentlichen Wegeflächen, um diese zum Besuch der Geschäftsräume zu veranlassen, wo ihnen nach einem Persönlichkeitstest Bücher und Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten würden, stelle eine der Warenvertriebsformen dar, deren sich der Kläger bediene. Das Ansprechen von Passanten sei damit eine auf Gewinnerzielung gerichtete und gewerblichen Zwecken dienende Sondernutzung, für die der Kläger eine Erlaubnis benötige.

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Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 21. Dezember 1992 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Für das von der Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Verbot fehle es an einer Rechtsgrundlage. Zu Recht gehe die Beklagte im ersten Teil ihres Bescheides davon aus, daß sie befugt sei, unerlaubte straßenrechtliche Sondernutzungen zu verbieten, wenn auch die einschlägige Rechtsgrundlage dafür nicht in der von der Beklagten herangezogenen Vorschrift des § 11 des Nds. Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 17. November 1981 (Nds. GVBl. S. 347) - Nds. SOG -, sondern in der hierzu spezielleren Norm des § 22 des Nds. Straßengesetzes i.d.F. vom 24. September 1980 (Nds. GVBl. S. 359) - NStrG - zu sehen sei. Nach der zuletzt genannten Bestimmung könne, wenn eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt werde, die für die Erlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen. Die somit für ein Einschreiten notwendigen Voraussetzungen seien hier nicht gegeben, weil das von der Beklagten beanstandete Verhalten des Klägers keiner Sondernutzungserlaubnis nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 NStrG bedürfe, sondern als kommunikativer Verkehr dem Gemeingebrauch des § 14 NStrG unterfalle.

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Die Beklagte begründe die angefochtene Verfügung im zweiten Teil auch mit der Auffassung, die Ansprache von Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Straßenraum mit dem Ziel, sie zur Durchführung eines Persönlichkeitstests zu veranlassen, stelle wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Elternrecht und der Beeinträchtigung des gedeihlichen Heranwachsens der Betroffenen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar. Dieser Begründungsansatz, der die streitbefangene Untersagung nur insoweit erfasse, als sie sich auf die Ansprache von Kindern und Jugendlichen beziehe, erweise sich aber auch in diesem eingeschränkten Rahmen nicht als tragfähig, weil jedenfalls zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 1990 keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestanden habe, Mitarbeiter des Klägers würden Kinder und Jugendliche ansprechen, um sie zu einem Persönlichkeitstest zu veranlassen. Das ergebe sich aus einer Auswertung der drei zugrundeliegenden Vorfälle sowie daraus, daß der Kläger dem Jugendamt gegenüber zugesagt habe, keine Persönlichkeitstests mit Minderjährigen ohne schriftliches Einverständnis der Eltern durchzuführen; mehrere, dem korrespondierende "Belehrungen Straßenmissionierung", unterschrieben von Mitarbeitern des Klägers, befänden sich bei den Verwaltungsvorgängen.

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Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ausführt: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handele es sich bei dem beanstandeten Verhalten des Klägers um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung, die zu Recht untersagt worden sei. Unbestritten sei, daß neben dem der Fortbewegung dienenden Verkehr heute nach überwiegender Auffassung auch der sog. kommunikative Verkehr zum Verkehr im Sinne des Straßen- und Wegerechts zähle. Auch werde nicht bestritten, daß vornehmlich die innerörtlichen Straßen nicht nur zur reinen Fortbewegung von Menschen und Sachen bestimmt seien, sondern auch eine Aufenthalts- und Ruhefunktion erfüllten und dem Austausch von Meinungen und Informationen in Wort und Schrift dienten. Eine entsprechende Nutzung werde vom Gemeingebrauch umfaßt. Sie - die Beklagte - teile jedoch nicht die inhaltliche Ausfüllung des kommunikativen Verkehrsbegriffs durch das Verwaltungsgericht. Ein Ansprechen von Passanten im öffentlichen Straßenraum, um diese zur Durchführung eines Persönlichkeitstests zu bewegen und ihnen danach Bücher und Dienstleistungen gegen Entgelt anzubieten, stelle eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung des öffentlichen Straßenraums dar. Die Tätigkeit sei vergleichbar mit der Tätigkeit von Straßenwerbern für eine Buchgemeinschaft oder für Zeitschriften. Der Zweck des Tätigwerdens (Ansprechen von Passanten) im öffentlichen Straßenraum, das Vertreiben von Druckerzeugnissen und Kursen, dürfe bei der Frage, ob eine Tätigkeit eine Sondernutzung darstelle oder vom Gemeingebrauch erfaßt werde, nicht unberücksichtigt bleiben. Stehe der wirtschaftliche Zweck im Vordergrund, so würden die Grenzen des Gemeingebrauchs überschritten, und es liege eine erlaubnispflichtige Sondernutzung vor.

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Die Beklagte beantragt,

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unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

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Er hält die Auffassung des Verwaltungsgerichts für zutreffend und wiederholt sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Klageverfahren.

18

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 12 L 2141/93) und der Bezirksregierung ... Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist auch in der Sache erfolgreich. Die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 4. Januar 1990 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 2. Juli 1990 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger in seinen Rechten nicht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das ergibt sich bereits aus § 22 des Niedersächsischen Straßengesetzes in der Fassung vom 24. September 1980 (Nds. GVBl. S. 359) - NStrG -, so daß es auf die Frage, ob im Hinblick auf das Ansprechen von Kindern und Jugendlichen in werbender Absicht zusätzlich § 11 iVm § 2 Nr. 1 a des hier noch anzuwendenden Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 17. November 1981 (Nds. GVBl. S. 347) - Nds. SOG - eingreift, nicht mehr ankommt.

20

Dem Kläger ist mit der angefochtenen Verfügung untersagt worden, im öffentlichen Straßenraum der Beklagten durch eigene Mitglieder oder sonst von ihr beauftragte Personen Passanten, insbesondere Jugendliche und Kinder, in werbender Absicht ansprechen zu lassen, um sie zur Durchführung von Persönlichkeitstests zu animieren oder um ihnen darüber hinausgehende kostenpflichtige Dienstleistungen anzubieten. Ergänzend ergibt sich aus der Begründung der Bescheide (insbesondere des Widerspruchsbescheides S. 5), daß die Untersagung des werbenden Ansprechens von Passanten zur Durchführung von Persönlichkeitstests generell deshalb erfolgt ist, weil solche Tests der Vorbereitung von Vertragsabschlüssen über den Verkauf von Büchern und Broschüren sowie über die entgeltliche Durchführung von Kursen und Seminaren dienen. Der letzte Halbsatz der Untersagungsverfügung, "oder um ihnen darüber hinausgehende kostenpflichtige Dienstleistungen anzubieten", ist so zu verstehen, daß zusätzlich das werbende Ansprechen von Passanten zum Verkauf von Büchern oder Broschüren oder zur entgeltlichen Durchführung von Kursen und Seminaren untersagt wird, auch wenn sie nicht zu einem Persönlichkeitstest animiert werden sollen. Nach ihrem objektiven Erklärungswert erfaßt die Untersagungsverfügung somit das Ansprechen von Passanten in werbender Absicht im öffentlichen Straßenraum der Beklagten zur Durchführung von Persönlichkeitstests mit anschließendem Waren- oder Dienstleistungsangebot sowie das werbende Ansprechen von Passanten im öffentlichen Straßenraum der Beklagten zum Zwecke des unmittelbaren Waren- oder Dienstleistungsangebots.

21

Nach § 22 NStrG kann die für die Erteilung der Erlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen, wenn eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird. Dabei handelt es sich um eine spezielle straßenrechtlichen Befugnis zum hoheitlichen Einschreiten gegenüber Personen, die die Straße ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis benutzen. Diese Voraussetzung einschließlich der ordnungsgemäßen Ermessensausübung liegt hier gegenüber dem Kläger vor, weil das von dem Kläger durchgeführte und von der Untersagungsverfügung erfaßte Ansprechen von Passanten in werbender Absicht die Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus darstellt und deshalb als erlaubnispflichtige Sondernutzung im Sinne des § 18 Abs. 1 Sätze 1 und 2 NStrG anzusehen ist. § 14 Abs. 1 Satz 1 NStrG definiert den Gemeingebrauch als Gebrauch der Straße zum Verkehr im Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften. Kein Gemeingebrauch liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 3 NStrG vor, wenn jemand die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr, sondern zu anderen Zwecken benutzt.

22

Dabei trifft die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu, daß auch nach niedersächsischem Straßenrecht der Begriff des Verkehrs im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 NStrG neben dem der Fortbewegung dienenden Verkehr den sog. kommunikativen Verkehr erfaßt (OVG Lüneburg, Urt. v. 25. 8. 1976 - IV OVG A 190/75 -, NJW 1977, 916 [OVG Niedersachsen 25.08.1976 - IV OVG A 190/75]; Urt. v. 11. 3. 1985 - 12 C 1/84 -, NJW 1986, 863 [OVG Niedersachsen 11.03.1985 - 12 C 1/84]). Die Zweckbestimmung der Gehwege innerörtlicher Straßen beschränkte sich schon von alters her nicht auf das bloße Fortbewegen, sondern beinhaltete stets grundsätzlich auch die Möglichkeit zum Austausch von Informationen und Meinungen. Als Folge moderner städte- und verkehrsplanerischer Auffassungen sind innerörtliche Straßen und insbesondere die in zunehmender Zahl angelegten Fußgängerzonen nicht nur zur Fortbewegung von Menschen und Sachen bestimmt, sondern schließen Ruhezonen ein, die Passanten zum Verweilen einladen und ihnen auch die Möglichkeit zum Austausch von Informationen und Meinungen eröffnen sollen (vgl. Zeitler, Bayer. Straßen- und Wegegesetz, 4. Aufl., Stand Dezember 1994, Rn. 38 zu Art. 14). Insbesondere Fußgängerzonen sind in Übereinstimmung mit den ihrer Einrichtung zugrundeliegenden Vorstellungen zum Forum der Kontaktaufnahme und der Kommunikation zwischen den Bürgern geworden. Ihre Nutzung in diesem Rahmen wird durch die Widmung gedeckt. Dementsprechend wird u.a. das Verteilen von Flugblättern und Handzetteln (OLG Stuttgart, Beschl. v. 25. 9. 1975, NJW 1976, 201; OLG Stuttgart, Beschl. v. 7. 7. 1995 - 1 Ss 218/95 - betr. Flugblätter zur Werbung für den Scientology-Persönlichkeitstest), der Handverkauf von Zeitungen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 1. 9. 1975, NJW 1976, 203; OLG Bremen, Beschl. v. 12. 2. 1976, NJW 1976, 1359 [OLG Bremen 12.02.1976 - Ss (B) 74/75]) als Benutzung der Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs angesehen (so auch Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, S. 597, 600, 680). Hingegen werden als Fälle der Sondernutzung gewertet das Errichten von Verkaufsständen, das Aufstellen von Tischen und Stühlen sowie das sonstige Verbringen von Gegenständen in den Verkehrsraum (vgl. Zeitler, a.a.O., Rn. 42; OVG Lüneburg, Urt. v. 23. 4. 1992 - 12 A 166/88 -, NVwZ-RR 1993, 393 [OVG Niedersachsen 23.04.1992 - 12 A 166/88]).

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Es kommt für die Abgrenzung zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung auch nicht auf die Motivation für die Straßenbenutzung an, wenn sich diese nach dem objektiven Verkehrsverhalten nicht von den sonstigen Formen des kommunikativen Verkehrs unterscheidet. Wenn der Gemeingebrauch den kommunikativen Verkehr einschließt, wie das für das niedersächsische Straßenrecht nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts der Fall ist, muß auf das objektive Verkehrsverhalten abgestellt werden und nicht auf die Motivation. Weshalb jemand am Straßenverkehr teilnimmt, ob dies zum wirtschaftlichen Erwerb, zum Vergnügen, zur Befriedigung der Neugierde oder aus irgendwelchen anderen Gründen geschieht, ist für die Qualifizierung des Gebrauchs als Gemeingebrauch nicht von entscheidender Bedeutung. Deshalb kommt es auch im Hinblick auf eine etwaige gewerbliche Tätigkeit bei der gemeingebräuchlichen Benutzung des Straßenraums durch das Verteilen von Flugblättern auf das objektive Verkehrsverhalten an und nicht auf die Motivation (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 7. 7. 1995 - 1 Ss 218/95 -, Abdruck S. 4; Kodal/Krämer, a.a.O. S. 601).

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Anders als das bloße Verteilen von Werbezetteln oder Faltblättern, das nach dem objektiven Verkehrsverhalten der Straßenbenutzer in der Regel dem Gemeingebrauch zuzuordnen ist, wenn nicht das werbende Verhalten durch Aufdringlichkeit oder Aggressivität das verkehrsübliche Maß übersteigt (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 25. 9. 1975, NJW 1976, 201, 203) [OLG Stuttgart 25.09.1975 - 3 Ss 8 298/75], ist im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts das Ansprechen von Passanten auf öffentlichen Straßen in werbender Absicht der Sondernutzung zuzuordnen. Die Trennungslinie zwischen Gemeingebrauch und Sondernutzung wird mit dem Ansprechen von Passanten in werbender Absicht überschritten. Das ergibt sich für das niedersächsische Straßenrecht daraus, daß die Straße in solchen Fällen nicht mehr vorwiegend zum Verkehr genutzt wird, auch nicht zum kommunikativen Verkehr, weil der Begriff des kommunikativen Verkehrs das gezielte Ansprechen von bestimmten Passanten in werbender Absicht auf Fußwegen öffentlicher Straßen oder in Fußgängerbereichen nicht mehr erfaßt. Das verkehrsübliche Maß der Straßennutzung wird dadurch überschritten. Die Angesprochenen werden durch diese Art des Ansprechens ohne ihren Willen einer intensiven persönlichen Einwirkung ausgesetzt und in die Zwangslage gebracht, sich unvorbereitet mit einem bestimmten Angebot befassen zu müssen. Sie lassen sich häufig nur deshalb in ein Gespräch ein, weil sie Hemmungen haben, einen unbequemen Werber einfach abzuweisen. Deshalb wird das Ansprechen von bestimmten Passanten in werbender Absicht auf öffentlichen Straßen im Gegensatz zum Verteilen von Werbezetteln auch als wettbewerbswidrig und gegen die guten Sitten verstoßend im Sinne von § 1 UWG angesehen (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl. 1990, § 1 UWG Rn. 60, 66).

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Der Kläger wird mit dem Ansprechen von Passanten auf öffentlichen Straßen in werbender Absicht auch gewerblich tätig. Dieses Ansprechen von Passanten dient insgesamt sowohl der Mitgliederwerbung als auch zugleich seiner gewerblichen Tätigkeit. Dazu hat der Senat in dem weiteren Urteil vom heutigen Tage - 12 L 2141/93 - ausgeführt:

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"Daß der Kläger mit dem Verkauf von Büchern, Broschüren, sowie durch die entgeltliche Durchführung von Kursen und Seminaren ein Gewerbe betreibt und deshalb zur Gewerbeanzeige nach § 14 Gewerbeordnung verpflicht ist, steht nach dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 16. Februar 1995 (aaO) bestätigten Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. 7. 1993 - Bf VI 12/91 (DVBl. 1994, 413), das der Senat in den Rechtsstreit eingeführt hat, fest. Es handelt sich um denselben Verein, der auch in Hannover tätig ist. Dabei nimmt das Hamburgische Oberverwaltungsgericht u.a. auf die im folgenden sinngemäß wiedergegebenen Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts nach § 130 b VwGO Bezug (U.A. OVG S. 25 f.): Das tatsächliche Erscheinungsbild des Handelns des Klägers sei ausschlaggebend dadurch bestimmt, daß er sein Gedankengut in Formen des geschäftlichen Verkehrs verbreite. Er biete Druckerzeugnisse und andere Gegenstände sowie Dienstleistungen "marktwirtschaftlich" unter Verwendung der allgemein üblichen Warenvertriebsformen der gewerblichen Wirtschaft gegen ein festgesetztes Entgelt an, so daß der einzelne, sei er bereits Mitglied bei dem Kläger oder noch Außenstehender, zu dem Kläger als "Kunde" in Beziehung trete. Ohne die Zahlung des Entgelts könnten, von offenbar wenigen Ausnahmen abgesehen, Druckerzeugnisse nicht erworben oder Dienstleistungen nicht in Anspruch genommen werden. Ergebnis der vielfältigen Werbung des Klägers solle es gerade sein, daß die von ihm angebotenen entgeltlichen Leistungen nachgefragt würden, um durch die auf diese Weise erzielten Einnahmen letztlich seine Organisation finanzieren zu können. Der Umstand, daß der Kläger die geleisteten Zahlungen zu Spenden erkläre bzw. seine Mitglieder satzungsgemäß zur Förderung durch die Leistung von Spendenbeiträgen verpflichte, sei ohne Belang. Zwar sei gewerberechtlich erheblich nur ein Gewinn, der durch einen Leistungsaustausch mit anderen erzielt werde. Dies sei aber bei dem Kläger der Fall. Der Kläger, der die Verbreitung seines Ideengutes auch seinen Mitgliedern gegenüber in geschäftsmäßig organisierter Form verfolge, biete Druckerzeugnisse, sonstige Gegenstände und Dienstleistungen in einer Weise an, die sich nicht von dem Angebot eines Gewerbetreibenden unterscheide, der am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehme. Auch soweit er ausschließlich Leistungen an seine Mitglieder erbringe, seien die von ihm angebotenen Bücher, Kurse und Seminare zur Vermittlung der spezifischen Scientology-Inhalte Gegenstand eines entgeltlichen Leistungsaustausches. Daß die Erbringung solcher Leistungen an die Mitgliedschaft bei dem Kläger geknüpft sei, mache die Zahlungen nicht zu Spenden. Bei dem Kläger, dessen Mitgliederzahl nicht begrenzt und dessen Vereinigung offen angelegt sei, könne satzungsgemäß "jede unbescholtene Person Mitglied werden". Auf die Gestaltung der Höhe der als Spenden bezeichneten Zahlungen hätten die Mitglieder bei dem Kläger keinen Einfluß.

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Daraus erhellt, daß in diesem speziellen Fall des Klägers die Mitgliederwerbung zugleich untrennbar mit gewerblichen Interessen verbunden ist. ... Die gewerbliche Betätigung richtet sich ... auf das Verkaufen von Druckwaren und Dienstleistungen sowohl - in geringerem Umfang - an Nichtmitglieder als auch - in größerem Umfang - an zu werbende Mitglieder. Auch an Nichtmitglieder vertreibt der Kläger nach dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. Juli 1993 außer dem Buch Dianetik weitere neun Buchtitel zu Preisen zwischen 30,-- und 50,-- DM (U.A. S. 74 f.). Darüber hinaus werden auch die in dem Faltblatt "Verstehen, Informationen über Scientology" erwähnten drei weiteren Bücher "Die Grundlagen des Denkens", "Eine neue Sicht des Lebens" - je 25,-- DM -, "Die Probleme der Arbeit" - 20,-- DM - auch an Nichtmitglieder verkauft (U.A. S. 74 f. iVm S. 47). In der nur für Mitglieder des Klägers bestimmten Liste "Vervollständigen Sie Ihre LRH-Bibliothek" werden für gebundene Bücher Preise zwischen 62,50 DM und 312,50 DM, für Taschenbücher und Broschüren Preise zwischen 14,80 und 425,-- DM (für sechs Bücher) und für Bände Preise bis zu 6.375,-- DM (für ein 18-bändiges Werk) genannt, wobei Mitglieder der Internationalen Vereinigung von Scientologen (IAS) eine 20 %ige "Ermäßigung auf viele Artikel des Buchladens" erhalten (U.A. S. 47). Auch wegen der Teilnahme an Kursen und Seminaren wendet sich der Kläger nicht nur an Mitglieder. So wirbt er in dem Faltblatt "Verstehen, Informationen über Scientology" für die Teilnahme an dem Kurs "Erfolg durch Kommunikation" auch gegenüber Nichtmitgliedern und ohne einen Hinweis darauf, daß man nur als Mitglied des Klägers teilnehmen könne. Entsprechendes gilt für die Werbung für das Dianetik-Seminar und den Dianetik-Heimkurs (U.A. S. 75). Aus dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts ergibt sich somit außerdem, daß für den Kläger mit jedem Mitglied zugleich ein Kunde gewonnen ist. Auf die Werbemittel kommt es dabei nicht entscheidend an."

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Dies gilt auch im Hinblick auf das Ansprechen von Passanten in werbender Absicht zur Durchführung von Persönlichkeitstests, weil diese der Vorbereitung von Vertragsabschlüssen über den Verkauf von Büchern und Broschüren sowie über die entgeltliche Durchführung von Kursen und Seminaren dienen. Es werden zunächst kostenlose Leistungen angeboten, um später mit kostenpflichtigen Waren und Dienstleistungen Gewinn zu erzielen, wie sich auch aus den Unterlagen in den Beiakten der Beklagten ergibt.

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Die Untersagungsverfügung verletzt auch nicht die Grundrechte des Klägers aus Art. 4 und 5 GG. Das Recht des Klägers auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG ist in den Schranken der allgemeinen Gesetze gewährt. Dabei ist nach der Wechselwirkungstheorie des Bundesverfassungsgerichts (Urt. v. 15. 1. 1958 - 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198, 208), das allgemeine Gesetz seinerseits im Lichte der Bedeutung der ungehinderten Meinungsfreiheit auszulegen und in seiner das Grundrecht einschränkenden Wirkung zu begrenzen. Der Eingriff in die freie Meinungsäußerung ist nur dann und insoweit gerechtfertigt, als er zum Schutze mindestens gleichwertiger Rechtsgüter geboten ist (BVerwG, Urt. v. 7. 6. 1978 - BVerwG 7 C 5.78 -, BVerwGE 56, 63, 66) [BVerwG 07.06.1978 - 7 C 5/78]. Wenn es sich bei dem Kläger um eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft handeln sollte (verneinend Bundesarbeitsgericht, Beschl. v. 22. 3. 1995 - 5 AZB 21/94 -, bejahend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschl. v. 24. 8. 1994 - Bs III 326/93 -, NVwZ 1995, 498), was der Senat bei der Entscheidung dieses Rechtsstreits unterstellt (und damit als nicht entscheidungserheblich offenläßt), steht dem Kläger darüber hinaus der Schutz der Art. 4 und Art. 140 GG iVm Art. 137 WRV zu, auch wenn er sich wirtschaftlich betätigt (solange er nicht ausschließlich wirtschaftliche Interessen verfolgt, die mit ideellen Zielen nur verbrämt werden - BVerwG, Urt. v. 27. 3. 1992 - BVerwG 7 C 21.90 -, BVerwGE 90, 112, 116, 118 [BVerwG 27.03.1992 - BVerwG 7 C 21/90]) [BVerwG 27.03.1992 - 7 C 21/90]. Der Schutz des Art. 4 GG kann indessen nicht isoliert gesehen werden. Soweit eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft nach außen im wirtschaftlichen Sinne in werbender Absicht in Erscheinung tritt, muß vielmehr das Grundrecht des Art. 4 GG mit den u.U. in der Zielsetzung gegenläufigen Rechtsgütern anderer, insbesondere den Grundrechten Dritter, etwa aus Art. 1, 2 und 14 GG, in Einklang gebracht werden. Die Berufung auf Art. 4 GG rechtfertigt keine Beeinträchtigung gleichwertiger Rechtsgüter. Da die Grundrechte aller, also sowohl der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft als auch der von diesen angesprochenen Personen zu schützen sind, muß ein dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügender Ausgleich hergestellt werden. Auch Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind insoweit an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden. Dies schließt es ein, daß die jeweils einschlägigen allgemeinen Gesetze - in einer die Grundrechte des Art. 4 möglichst schonenden Weise - anzuwenden sind (BVerwG, Beschl. v. 16. 2. 1995 - 1 B 205.93 -, GewArch. 1995, 152 = NVwZ 1995, 473).

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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überwiegen vorliegend die straßenrechtlichen Gesichtspunkte der Sicherheit und Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs sowie der Ausgleichs- und Verteilungsfunktion von Sondernutzungserlaubnissen die Interessen des Klägers, ohne Sondernutzungserlaubnis jederzeit und an jedem Ort Passanten in werbender Absicht anzusprechen. Auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG und der Religions- bzw. Weltanschauungsfreiheit des Art. 4 GG können Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften bei gewerblicher Betätigung in den dafür vorgesehenen Ordnungsrahmen eingebunden werden, zumal dadurch die genannten Freiheitsrechte dieser Gemeinschaften nicht nennenswert beeinträchtigt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16. 2. 1995, GewArch. 1995, 152, 154). Die Grundrechte der Art. 4 und 5 GG berechtigen nicht zu wettbewerbswidrigem Verhalten unter dem Schutz der Religions- oder Meinungsfreiheit. Das Erfordernis, eine Sondernutzungserlaubnis einholen zu müssen, steht bei dem Ansprechen von bestimmten Passanten in werbender Absicht (im Gegensatz zu dem Verteilen von Flugblättern als Gemeingebrauch, vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 18. 10. 1991 - 1 BvR 1377/91, NVwZ 1992, 53) auch nicht außer Verhältnis zu dem mit dem Erlaubnisvorbehalt erstrebten Erfolg, den Gemeingebrauch anderer sowie die Grundrechte anderer aus Art. 1, 2 und 14 GG zu schützen und unbelästigt am Straßenverkehr teilzunehmen. Welche straßenrechtlichen Gesichtspunkte bei der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung einer Erlaubnis nach niedersächsischem Straßenrecht von Bedeutung sind, ist in dem Parallelurteil 12 L 2141/93 vom heutigen Tage (S. 11) ausgeführt. Darauf wird Bezug genommen.

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Hinzuzufügen ist, daß es für die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung nicht darauf ankommt, daß der Kläger bisher nur in Fußgängerzonen in der beanstandeten Weise tätig geworden ist; denn es liegt nahe, daß eine Untersagungsverfügung, die nicht den gesamten öffentlichen Straßenraum der Beklagten erfaßt, sondern auf Fußgängerzonen beschränkt wird, nicht geeignet wäre, den beabsichtigten Erfolg zu erzielen, weil ein Ausweichen in andere Straßenbereiche die Folge wäre. Da bereits § 22 NStrG die gesamte Untersagungsverfügung trägt (auch soweit darin das Ansprechen von Kindern und Jugendlichen besonders hervorgehoben worden ist), bedarf es nicht des Eingehens auf die Frage, ob die Verfügung ergänzend auf § 11 iVm § 2 Nr. 1 a Nds. SOG gestützt werden durfte, weil das Ansprechen von Kindern und Jugendlichen auf öffentlichen Straßen mit dem Ziel, sie zur Durchführung eines Persönlichkeitstests zu veranlassen, wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Elternrecht und wegen der Beeinträchtigung des gedeihlichen Heranwachsens der Betroffenen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Sie ist nach § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 11 ZPO vorläufig vollstreckbar.

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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

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Atzler

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Radke

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Petersen