Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.10.1998, Az.: XI 472/95

Garagengelder als steuerpflichtiger Arbeitslohn; Versteuerung des privaten Nutzungswerts des einem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellten Dienstwagens nach der 1%-Regelung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
29.10.1998
Aktenzeichen
XI 472/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 18641
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1998:1029.XI472.95.0A

Verfahrensgegenstand

Nachforderung von Lohnsteuer

Der XI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 29.10.1998,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter ... am Finanzgericht ...
Richterin am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtliche Richterin ...
ehrenamtliche Richterin ...
fürRecht erkannt:

Tenor:

Unter Änderung des Nachforderungsbescheids vom 04.08.1994 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 29.11.1995 wird die Lohnsteuer um 17.456,85 DM und der Solidaritätszuschlag um 322,11 DM herabgesetzt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der an die Klägerin zu erstattenden Kostenabwenden, wenn nicht diese zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Garagengelder steuerpflichtiger Arbeitslohn sind.

2

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Die Klägerin stellt einigen Arbeitnehmern firmeneigene Kraftfahrzeuge auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der geldwerte Vorteil daraus wird mit 1% des auf volle 100 DM abgerundeten Listenpreises zuzüglich Sonderausstattung und Umsatzsteuer sowie der Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zutreffend versteuert. Für die Nutzung der eigenen Garage erhielten die Arbeitnehmer im Prüfungszeitraum steuerfreie Zahlungen in Höhe von monatlich 50 DM.

4

Diese Garagengelder sah der Beklagte als steuerpflichtigen Arbeitslohn an.

5

Ein Arbeitnehmer erhielt monatlich 60 DM, mit denen er eine fremde Garage anmietete. Diese Zahlung sah der Beklagte als steuerfreien Auslagenersatz an.

6

Die von der Lohnsteueraußenprüfung ermittelten Nachforderungsbeträge hat der Beklagte mit Nachforderungsbescheid vom 04.08.1994 festgesetzt.

7

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin. Sie trägt hierzu im wesentlichen vor: Die Garagengelder seien von der in den Streitjahren in den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) zur Versteuerung des privaten Nutzungswerts eines Firmenwagens festgelegten 1%-Regelung erfaßt. Lt. Abschn. 31 Abs. 7 Nr. 4 Satz 5 LStR 1993 seien Kürzungen des privaten Nutzungswerts, z.B. wegen Übernahme von Treibstoff- oder Garagenkosten durch den Arbeitnehmer nicht zulässig. Dies bedeute im Umkehrschluß, daß die Zahlung von Garagengeld nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen sei, sondern von der 1%-Regelung umfaßt werde. Es sei nicht nachvollziehbar, daß im Rahmen der 1%-Regelung alle anderen vom Arbeitgeber übernommenen Kosten, wie z.B. Wartung, Benzin, Reparaturen, Parkgebühren steuerfrei ersetzt werden dürften und nur die Übernahme der Garagenkosten steuerpflichtig sein solle.

8

Die Mitarbeiter der Klägerin seien verpflichtet gewesen, den zur Verfügung gestellten Pkw in der eigenen oder einer angemieteten fremden Garage unterzustellen.

9

Die gezahlten Garagengelder könnten im Lichte der neueren BFH-Rechtsprechung auch als steuerfrei zu gewährender Auslagenersatz angesehen werden. In der zum Instrumentengeld ergangenen Entscheidung sei der BFH (Bundessteuerblatt II 1995, 906) davon ausgegangen, daß die pauschale Abgeltung von Auslagen steuerlich selbst dann anzuerkennen sei, wenn es sich nicht um kleine Beträge, sondern um solche von monatlich zwischen 34 DM und 106 DM handele. In diesem Rahmen lägen auch die den Arbeitnehmern gezahlten 50 DM monatlich. Dieser Betrag sei als Kosten auch mindestens zu veranschlagen bei geschätzten Herstellungskosten einer Garage von 15.000 bis 20.0000 DM und den daraus resultierenden Finanzierungskosten und Abschreibungen.

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Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Nachforderungsbescheids vom 04.08.1994 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 29.11.1995 die Lohnsteuer-Nachforderung um 17.456,85 DM und die Solidaritätszuschlags-Nachforderung um 322,11 DM herabzusetzen.

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Der Beklagte beantragte Klageabweisung.

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Er bleibt bei seiner in der Lohnsteuer-Außenprüfung und im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsposition. Die Nutzung für das Abstellen des Firmenwagens stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis. Die hieraus erhaltene Vergütung seiwegen der Subsidiarität der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Arbeitslohn anzusehen. So habe auch schon das Finanzgericht Düsseldorf entschieden.

13

Die Zahlung der 50 DM pro Monat für die Nutzung der den jeweiligen Mitarbeitern gehörenden Garage könne auch nicht als pauschaler Auslagenersatz steuerfrei belassen werden. Die Garagengelder seien unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen der Arbeitnehmer und ohne entsprechenden Nachweis gezahlt worden. Es handele sich hierbei auch nicht um kleinere Beträge, die einen erfahrungsgemäßen Aufwand nichtüberstiegen.

14

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Steuerakte sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 1998.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist begründet.

16

Der Beklagte hat zu Unrecht die von der Klägerin an einzelne Arbeitnehmer gezahlten Garagengelder als steuerpflichtigen Arbeitslohn angesehen und der Nachversteuerung unterworfen.

17

Auch die Zahlung von Garagengeldern durch den Arbeitgeber ist von der Besteuerung des privaten Nutzungswerts des Dienst-Pkw nach der 1%-Regelung umfaßt.

18

Die für die Streitjahre nach Abschn. 31 Abs. 7 Nr. 4 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 1993 mögliche Versteuerung des privaten Nutzungswerts des einem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellten Dienstwagens nach der 1%-Regelung ist eine grobe Pauschale. Es liegt in der Natur der Sache, daß eine solche Pauschale nie dem tatsächlichen Nutzungswert entspricht, sondern entweder zu hoch oder zu niedrig ist. Von dieser Pauschale sollen alle vom Arbeitgeber übernommenen Kosten des Kraftfahrzeugs umfaßt sein.Hierzu gehören nach Ansicht des Senats auch die Kosten, die der Arbeitgeber für die Unterstellung des Kraftfahrzeugs in einer Garage zahlt. Hierfür spricht nicht zuletzt auch der Umkehrschluß aus Abschn. 31 Abs. 7 Nr. 4 Satz 5 LStR 1993. Dort heißt es: "Kürzungen des privaten Nutzungswerts, z.B. wegen einer Beschriftung des Kraftwagens, wegen eines privaten Zweitwagens oder wegen Übernahme der Treibstoff- oder Garagenkosten durch den Arbeitnehmer sind nicht zulässig."

19

Wenn einerseits keine Kürzung der 1%-Pauschale möglich ist bei Übernahme von Kosten durch den Arbeitnehmer, kann billigerweise die Übernahme von Kosten durch den Arbeitgeber, von der die Lohnsteuerrichtlinien und die 1%-Regelung ausgehen, nicht zu einer Erhöhung der Pauschale in Form der Besteuerung der Garagengelder als Arbeitslohn führen (so im Ergebnis auch Hartz-Meeßen-Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer Freifahrtberechtigung 524-4 Rdnr. 30).

20

Der Senat steht mit dieser Entscheidung nicht im Widerspruch zum Urteil des FG Düsseldorf vom 10.12.1994 II 205/79 E. Dem dortigen Fall lag keine Versteuerung nach der 1%-Pauschale zugrunde.

21

Ob die von der Klägerin gezahlten Garagengelder als steuerfreier Auslagenersatz zu qualifizieren sind, kann nach der Rechtsansicht des erkennenden Senats dahingestellt bleiben.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).