Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 27.04.2023, Az.: 2 A 29/20
Flächenangabe; Flächenfehler; Flächengröße; Gewässergrenze; Grenzermittlung; Berichtigung der Flächenangabe im Liegenschaftskataster nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NVermG
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 27.04.2023
- Aktenzeichen
- 2 A 29/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2023, 17245
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2023:0427.2A29.20.00
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Bei der Berichtigung der Flächenangabe eines Flurstücks nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NVermG handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt.
- 2.
Veränderungen der Flächengröße gehören zum Wesen von Grundstücken, deren Grenzen von Gewässern bestimmt werden.
- 3.
Im Verwaltungsprozess ist die Frage zu entscheiden, ob die Vermessung ordnungsgemäß durchgeführt worden ist und ob eine (hier wegen der Grenze am Gewässer nicht erfolgte) Abmarkung mit ihrem Nachweis im Liegenschaftskataster übereinstimmt; geht es um die Klärung der Eigentumsverhältnisse, ist der ordentliche Rechtsweg zu beschreiten.
[Tatbestand]
Der Kläger wendet sich gegen die Berichtigung der Flächengrößen von drei Flurstücken nach § 3 Abs. 3 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen (NVermG).
Er ist seit den 1980er Jahren Eigentümer des Flurstücks 14/1 (nach der Fortführung 14/2) der Flur 5 sowie der Flurstücke 1/4 (nach der Fortführung 1/6) und 2/2 (nach der Fortführung 2/5) der Flur 6 der Gemarkung E.. Die Grundstücke, bei denen es sich um Acker- und Grünland sowie Laub- und Nadelholzwald handelt, grenzen unmittelbar an den Wendebach, ein Gewässer zweiter Ordnung. Die Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Thüringen verläuft in der Mitte des Wendebachs, wobei der Grenzverlauf laut Staatsvertrag der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 26. Februar 1976 (mit den Ergänzungen vom 4. Dezember 1986 und 30. Mai 1990) "labil" ist. Im hier relevanten Bereich steht der Wendebach auf niedersächsischer Seite im Eigentum der Gemeinde A-Stadt (Flurstück 32/1 - nach der Fortführung 32/3 - der Flur 5 und Flurstück 23/1 - nach der Fortführung 23/2 - der Flur 6 der Gemarkung E.); in Thüringen steht er im Eigentum der Gemeinde F..
Die drei Flurstücke des Klägers sind bei einer Verkopplung von 1938, bei der der Wendebach nur an den markanten Punkten aufgemessen wurde, entstanden. Auf diesen Messungen beruhten die bis zur streitgegenständlichen Berichtigung im Liegenschaftskataster eingetragenen Flächenangaben. 1976 wurden die Staatsgrenze zwischen Thüringen und Niedersachsen zwar neu festgelegt und der Grenzverlauf neu erfasst, wodurch sich auch die Flurstücksgeometrien der klägerischen Flurstücke änderten. Die dadurch entstandenen Änderungen der Flächengrößen wurden jedoch nicht in das Liegenschaftskataster eingetragen.
Im Zuge des Abgleichs der Landesgrenzen übermittelte das Thüringer Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation dem Beklagten 2019 die Ergebnisse von bereits am 5. April 2006 und 30. Oktober 2007 auf Thüringer Seite des Wendebachs durchgeführten Liegenschaftsvermessungen. Das Thüringer Landesamt hatte damals im Zusammenhang mit einem Flurbereinigungsverfahren einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur mit der Vermessung beauftragt. Dieser legte bei seiner Grenzfeststellung entlang der Landesgrenze den Staatsvertrag zugrunde. Am Mess- und Abmarkungsverfahren war der Kläger - anders als die Gemeinde A-Stadt als Eigentümerin des Wendebachs - nicht beteiligt worden.
Aus den aus Thüringen übermittelten Daten ergaben sich Abweichungen des Gewässerverlaufs zu den Messungen aus 1976, weshalb der Beklagte sie fortan wegen ihrer Aktualität zugrunde legte. Er leitete daraus den koordinierten mittleren Gewässerverlauf, d.h. die gemeinsame Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Thüringen, sowie den Grenzverlauf des Wendebachs in Thüringen zu den dort angrenzenden Flurstücken ab. Da die Landesgrenze mittig im Gewässerverlauf liegt und die in Niedersachsen und Thüringen angrenzenden Flurstücke mit identischen Grenzabständen an den Knickpunkten abzubilden sind, "konstruierte" der Beklagte die Grenzen der niedersächsischen Grundstücke zum Wendebach entsprechend (statt sie vor Ort aufzumessen). Die Konstruktionen wurden mit Hilfe von Schummerungsbildern auf Plausibilität geprüft. Bei den Grundstücken des Klägers wichen die konstruierten Grenzen von den vorhandenen Grenznachweisen ab, weshalb der Beklagte die neuen Grenzverläufe in die Liegenschaftskarte eintrug.
Der Beklagte überprüfte sodann von Amts wegen, ob sich die amtlichen Flächen der durch die Eintragung betroffenen Flurstücke verändert haben. Bei den beiden genannten Wendebach-Flurstücken der Gemeinde A-Stadt ergaben sich Flächenvergrößerungen von 1.504 m2 und 2.501 m2. Bei den Flurstücken des Klägers wurde als Berechnungsart eine graphische Ermittlung der Fläche aus der Liegenschaftskarte zugrunde gelegt. Die Abweichungen lagen bei allen drei Flurstücken über den nach der Anlage 7 (Tafel 1) zu den Verwaltungsvorschriften zu Liegenschaftsvermessungen (LiegVermErlass v. 3.8.2005, Nds. MBl. 2005, S. 587) zulässigen Fehlergrenzen.
Daher hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 6. Januar 2020 zur beabsichtigten Flächenberichtigung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NVermG an. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14. Januar 2020 "Widerspruch" ein, woraufhin der Beklagte mit Schreiben vom 15. Januar 2020 sein Vorgehen erläuterte. Unter dem 27. Januar 2020 gab der Beklagte dem Kläger die Eintragung der Veränderung in das Liegenschaftskataster bekannt und fügte die Fortführungsmitteilung vom 20. Januar 2020 sowie für jedes der drei Flurstücke einen Flurstücks- und Eigentumsnachweis sowie die geänderten Liegenschaftskarten bei. Nach der Fortführung ändern sich neben der hier streitigen Flächengröße insbesondere auch die Flurstücksnummern und teilweise die tatsächliche Nutzung.
Gegen die Flächenberichtigung hat der Kläger am 11. Februar 2020 Klage erhoben.
Er habe einen nicht unerheblichen Kaufpreis für die drei Grundstücke gezahlt und verliere nun insgesamt 6.036 m2 Eigentum, was einen Wertverlust von etwa 10.000 Euro ausmache. In dem Umfang, in dem sich seine Flächen verkleinert hätten, müssten sich die Flächen Dritter vergrößert haben. Für diese Vermögensverschiebung, die durch eine hoheitliche Maßnahme (Vermessung) ausgelöst worden sei, sei er nicht entschädigt worden. Unabhängig davon erschließe sich nicht, dass tatsächlich "unrichtige Angaben" des amtlichen Vermessungswesens vorgelegen hätten. Der Beklagte müsse sich insoweit die Ergebnisse der Liegenschaftsvermessungen aus 2006 und 2007 entgegenhalten lassen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich aufgrund von Ablandungen nicht auch die Flurstücksflächen der anderen Anlieger verringert hätten. Das Flurstück 14/1 der Flur 5 der Gemarkung E. liege mit etwa 350 bis 360 m am Wendebach, so dass dort bei einem Flächenverlust von 3.802 m2 im Schnitt ca. 10 m2 pro Meter abgeschwemmt worden sei müssten. Dies sei angesichts der Strömungsverhältnisse im Wendebach ausgeschlossen. Im Übrigen sei fraglich, ob überhaupt ein Eigentumsverlust nach dem Niedersächsischen Wassergesetz (NWG) eingetreten sei. Die Anlandungen / Abschwemmungen könnten auch schon vor dem Inkrafttreten des NWG im Jahr 1960 stattgefunden haben. Auch sei fraglich, ob das NWG auf den Wendebach überhaupt anwendbar sei. Jedenfalls sei § 41 Abs. 4 NWG einschlägig. Der Eigentumswechsel trete bei natürlichen Anlandungen auch nicht bereits mit dem Anlandungsvorgang selbst ein, sondern erst nach Ablauf der nach § 42 Abs. 1 Satz 4, § 43 Abs. 2 NWG vorgesehenen 3-Jahres-Frist für die Ausübung des Wiederherstellungsrechts. Da Anlandungsvorgänge sich über Jahre ziehen könnten, beziehe sich das Wiederherstellungsrecht u.U. Jahr für Jahr auf unterschiedliche Anlandungsflächen, was wiederum die Eigentumsgrenzen Jahr für Jahr - je nach Erlöschen des Wiederherstellungsrechts - ändern könne. Ob und inwieweit das Wiederherstellungsrecht des Klägers hier erloschen sei, habe der Beklagte vollkommen ungeklärt gelassen. § 43 NWG regele auch nicht den hier vorliegenden Fall, dass ein fließendes Gewässer sein bisheriges Bett vollständig verlasse und sich ein neues Gewässerbett suche.
Der Kläger beantragt,
die Änderung der Angaben zur Flächengröße im Liegenschaftskataster betreffend die Flurstücke
14/1 (nach der Fortführung 14/2) der Flur 5 der Gemarkung E.,
1/4 (nach der Fortführung 1/6) der Flur 6 der Gemarkung E. und
2/2 (nach der Fortführung 2/5) der Flur 6 der Gemarkung E.
entsprechend der Bekanntgabe vom 27. Januar 2020 nebst Fortführungsmitteilung vom 20. Januar 2020 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein finanzieller Ausgleich für den rechnerischen Flächenverlust sei nicht vorgesehen. Die Flurstücksflächen des Klägers hätten sich aufgrund von Ablandungen - bedingt durch den veränderten Gewässerverlauf des Wendebachs - verringert. Aus § 72 NWG a.F. (zum Zeitpunkt der Vermesssung 2006 / 2007 gültiges Gesetz i.d.F. v. 25.3.1998) bzw. dem heutigen § 43 NWG (i.d.F. v. 19.2.2010) sei sinngemäß abzuleiten, dass ein Anlieger den veränderten Grenzverlauf stillschweigend akzeptiere, wenn er - wie hier der Kläger - das Recht zur Wiederherstellung des früheren Zustands nicht gewahrt habe. Flurstücke, die an Gewässern liegen, hätten keine starre Grenze entlang des Gewässers, sondern könnten sich durch die natürlichen Änderungen des Gewässers fortwährend verändern (labile Grenze). Somit seien auch die klägerischen Flurstücksflächen nicht als Konstante anzusehen, sondern könnten sich bei jeder erneuten Erfassung des Wendebachs positiv wie auch negativ verändern. Entlang eines Gewässers würden Flurstücksgrenzen i.d.R. nicht festgestellt bzw. abgemarkt, da sich der maßgebende Grenzverlauf aus den Vorgaben des Wasserrechts - hier des NWG - ableite. Sie würden aufgemessen und mit dem vorhandenen Grenznachweis verglichen. Gebe es Abweichungen im Grenzverlauf, so sei der neue Grenzverlauf als maßgebend anzusehen und in die Liegenschaftskarte einzutragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist als Anfechtungsklage zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
I. Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, weil es sich bei der Berichtigung der Flächenangabe eines Flurstücks als Verbindlichkeit beanspruchende Regelung um einen feststellenden Verwaltungsakt i.S.d. § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 35 VwVfG handelt (so auch VG Oldenburg, Urt. v. 4.12.2007 - 1 A 3781/06 -, juris Rn. 21; Gomille, NVermG, 1. Aufl. 2008, § 3 Erl. 7.4.7 i.V.m. Erl. 7.3.1.; vgl. auch OVG Nds. / SH, Urt. v. 15.2.1991 - 6 L 118/89 -, n.v. sowie zur Bedeutung der Flächengröße Nds. OVG, Urt. v. 6.1.1995 - 1 L 2131/93 -, juris; a.A. VG Leipzig, Urt. v. 26.9.2013 - 4 K 1018/10 -, juris Rn. 19 ff.). Unabhängig davon läge wegen der äußeren Erscheinungsform der mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bekanntgabe jedenfalls ein formeller Verwaltungsakt vor (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.1.1995 - 1 L 5943/92 -, juris Rn. 29; OVG LSA, Urt. v. 15.9.2015 - 2 L 138/13 -, juris Rn. 24; Gomille, NVermG, 1. Aufl. 2008, § 3 Erl. 7.3.14.2).
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Änderung der Flächenangaben entsprechend der Bekanntgabe vom 27. Januar 2020 nebst Fortführungsmitteilung vom 20. Januar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für die Änderung der Flächengrößen ist § 3 Abs. 3 Satz 1 NVermG. Danach sind unrichtige Angaben des amtlichen Vermessungswesens - zu denen auch Flächengrößen zählen - zu berichtigen. Eine solche Berichtigung setzt voraus, dass die neue Angabe zweifelsfrei richtig ist. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 3 Satz 2 NVermG, wonach Angaben, die nicht zweifelsfrei berichtigt werden können, als zweifelhaft zu kennzeichnen sind (VG Oldenburg, Urt. v. 4.12.2007 - 1 A 3781/06 -, juris Rn. 22). Ein Flächenfehler liegt vor, wenn die Abweichung zwischen der geometrischen und der amtlichen Fläche die im LiegVermErlass (dort Tafel 1 der Anlage 7) angegebenen größten zulässigen Abweichungen bei der Flächenberechnung überschreitet (Ziff. 3.3.1 des Erlasses zur Führung des Liegenschaftskatasters - LiegKatErlass - v. 6.1.2020, Nds. MBl. 2020, S. 378).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die ursprünglich im Kataster zu findenden Angaben, die Flurstücke des Klägers seien 51.128 m2 (Flurstück 14/1 der Flur 5), 20.921 m2 (Flurstück 1/4 der Flur 6) und 88.239 m2 (Flurstück 2/2 der Flur 6) groß, sind zweifellos unrichtig. Die neuen Angaben, wonach die Flurstücke nur 47.326 m2 (- 3.802 m2), 20.587 m2 (- 334 m2) und 86.339 m2 (- 1.900 m2) groß sind, sind zweifellos richtig.
Um zu bestimmen, welche Fläche ein Flurstück hat, müssen grds. erst seine Grenzen ermittelt werden, wobei auch eine formlose Grenzermittlung ausreicht (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 4.12.2007 - 1 A 3781/06 -, juris Rn. 27 f.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Grenzen am und im Gewässer nach dem Wasserecht (insbes. §§ 41 - 43 NWG gültig ab 1.3.2010, bzw. §§ 70 - 72 NWG a.F. v. 25.3.1998) nicht als feste Grenzen definiert werden, sondern als Grenzen, die dem Gewässer mit seinen natürlichen Veränderungen folgen. Eine Änderung des Gewässers bewirkt danach nach gewissem Zeitablauf eine Änderung der Eigentumsgrenze kraft Gesetzes (vgl. Gomille, NVermG, 1. Aufl. 2008, § 7 Erl. 2.4.4 und § 4 Erl. 3.3.2 ff.; Refken/Elsner/Zeiler, NWG, Stand: 21. NL 2021, § 42 Rn. 2).
Nach den vorgelegten Unterlagen ist die Kammer davon überzeugt, dass die Eintragung des neuen Gewässerlaufs des Wendebachs und die im Liegenschaftskataster nachgewiesenen Flurstücksgrenzen zum Wendebach, wie der Beklagte sie Anfang 2020 in die Liegenschaftskarte eingetragen hat, zutreffend sind. Die "Konstruktion" der Grenzen hat der Beklagte nachvollziehbar und schlüssig erläutert, ohne dass der Kläger substantiiert vorgetragen hätte, dass dies nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche bzw. wo die Grenze seiner Auffassung nach verlaufen sollte. Die dem geänderten Verlauf des Wendebachs bzw. der "Konstruktion" der Grenzen zugrundeliegenden Messungen des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs aus 2006 und 2007 hat der Kläger - auch auf nochmalige Nachfrage in der mündlichen Verhandlung - weder angegriffen noch sind Anhaltspunkte für Fehler ersichtlich.
Soweit der Kläger meint, die erheblichen Flächenverluste seien nicht nachvollziehbar, und er anhand des Flurstücks 14/1 der Flur 5 vorträgt, eine Abschwemmung von 3.802 m2 sei angesichts der Strömungsverhältnisse des Wendebachs ausgeschlossen, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung nochmals nachvollziehbar geschildert, dass die bis dato im Liegenschaftskataster eingetragenen Flächenangaben noch auf den Grenzziehungen aus 1938 beruhten, bei denen der Wendebach nur an den markanten Punkten aufgemessen worden war, und davon auszugehen sei, dass sich auch schon unter Zugrundelegung der genaueren Messungen aus 1976 geringere Flächengrößen ergeben hätten, wenn diese berechnet und eingetragen worden wären. Im Übrigen gehören Veränderungen zum Wesen von Grundstücken, deren Grenzen von Gewässern bestimmt werden. Deshalb werden sie auch nur bei Gelegenheit nachgeführt, damit das Liegenschaftskataster hinsichtlich der Gewässergrenzen nicht allzu weit von der Wirklichkeit abweicht (vgl. Gomille, NVermG, 1. Aufl. 2008, § 4 Erl. 3.3.5).
Einwände gegen die Berechnung der Flächengröße als solche hat der Kläger schon nicht erhoben.
Die Neuberechnung hat auch Abweichungen zwischen den aus der Liegenschaftskarte ermittelten und den bisher eingetragenen Flächen ergeben, die über den nach Spalte 3 der Tafel 1 der Anlage 7 des LiegVermErlass größten zulässigen Abweichungen lagen. Soweit die vom Beklagten angenommenen erlaubten Differenzen (297 m2, 178 m2 und 396 m2) keine exakten Entsprechungen in der Anlage 7 finden, hat der Beklagte - ohne dass es hierauf wegen der eindeutigen Überschreitung der zulässigen Fehlertoleranzen ankäme - in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die geringfügigen Abweichungen auf einer programmgestützten Ermittlung beruhen.
Soweit der Kläger im Wesentlichen eine rechtswirksame Veränderung der Grenzen nach dem Wasserrecht anzweifelt und beanstandet, es habe eine Vermögensverschiebung zu seinen Lasten stattgefunden, für die er nicht entschädigt worden sei, verhilft dies seiner Klage nicht zum Erfolg. Ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Wiederherstellung des früheren Zustandes eingefordert hat (vgl. § 43 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 2 und 3 NWG) und in der Nichtausübung des Wiederherstellungsanspruchs ein Eigentumsverzicht gesehen werden kann (vgl. Refken/Elsner/Zeiler, NWG, Stand: 21. NL 2021, § 43 Rn. 4, § 42 Rn. 6), ist es nicht Aufgabe der Katasterbehörden, im Rahmen der Katasterführung die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse zu klären. Die Katasterbehörde bestimmt die Merkmale einer Liegenschaft (Grenzen, Größen etc.) anhand der Katasterangaben und prüft, wie sich diese Angaben zu dem vor Ort anzutreffenden tatsächlichen Befund verhalten. Im Verwaltungsprozess ist damit die Frage zu entscheiden, ob - was hier der Fall ist (s.o.) - die Vermessung ordnungsgemäß durchgeführt worden ist und ob eine (hier nicht erfolgte) Abmarkung mit ihrem Nachweis im Liegenschaftskataster übereinstimmt. Geht es um die Frage des Eigentums, dessen Größe sich nach der "rechtmäßigen" Grenze richtet, ist der ordentliche Rechtsweg zu beschreiten (vgl. OVG Nds. / SH, Urt. v. 15.2.1991 - 6 L 118/89 -, n.v.; VG Oldenburg, Urt. v. 4.12.2007 - 1 A 3781/06 -, juris Rn. 24 m.w.N.; Gomille, NVermG, 1. Aufl. 2008, § 4 Erl. 3.9.3).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.