Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.09.2013, Az.: 32 Ss 110/13

Voraussetzungen der Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung gem. § 132 Var. 2 StGB; Erweckung des Eindrucks der Verwendung eines Dienstfahrzeugs

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
26.09.2013
Aktenzeichen
32 Ss 110/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 47504
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:0926.32SS110.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 03.01.2013 - AZ: 7451 Js 8168/12 StA

Fundstellen

  • DAR 2014, 97-98
  • NStZ-RR 2013, 6
  • NStZ-RR 2014, 25
  • NZV 2014, 188
  • NZV 2014, 6
  • NZV 2013, 6
  • SVR 2014, 240
  • StRR 2013, 443
  • StRR 2014, 193
  • VRA 2014, 15
  • VRR 2014, 150
  • ZAP 2014, 17
  • ZAP EN-Nr. 14/2014

Amtlicher Leitsatz

Für die Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung gem. § 132 Var. 2 StGB reicht es aus, dass die Handlung des Täters objektiv als hoheitlich erscheint und deswegen mit einer rechtmäßigen Amtshandlung verwechselt werden kann. Der Annahme einer solchen Verwechslungsgefahr steht nicht entgegen, dass einzelne außenstehende Beobachter erkannt haben, dass es sich nicht um eine Diensthandlung handelte.

In der Strafsache
gegen Z. M. S.,
geboren am xxxxxx 1953 in B./P.,
wohnhaft K., H.
- Verteidiger: Rechtsanwalt R., H. -
wegen Amtsanmaßung
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxx, die Richterin am Oberlandesgericht xxxxxx und den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx am 26. September 2013
beschlossen:

Tenor:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hannover - Strafrichterin - vom 3. Januar 2013 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Angeklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Hannover verurteilte den Angeklagten wegen Amtsanmaßung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10 Euro.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der verheiratete Angeklagte, der zwei Kinder im Alter von 17 und 19 Jahren hat, bislang unbestraft. Er ist zu 50% schwerbehindert und bestreitet seinen Lebensunterhalt durch sozialrechtliche Grundsicherung.

Zur Sache stellte das Amtsgericht fest, dass der Angeklagte am 12. Dezember 2011 mit einem silberfarben lackierten Pkw der Marke Daimler-Benz, an dessen Fahrzeugseite jeweils blaue Streifen angebracht waren, die W.straße in H. befuhr. Bei der Fahrt benutzte er mehrfach ein Blaulicht, das im Fahrzeuginneren an einer Halterung auf dem Armaturenbrett angebracht war, und täuschte so vor, ein Polizeibeamter im Einsatz zu sein, um andere Verkehrsteilnehmer zum Abstand zu mahnen und abzuschrecken. Aufgrund der Lackierung des Fahrzeugs und des Einsatzes des Blaulichts war das Verhalten des Angeklagten objektiv geeignet, den Eindruck der Verwendung eines Dienstfahrzeugs zu erwecken.

Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er dieVerletzung sachlichen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,

die Revision zu verwerfen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg und war auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als unbegründet durch Beschluss gem. § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen.

Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf die ausgeführte Sachrüge festzustellen:

Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung wegen Amtsanmaßung gem. § 132 Var. 2 StGB.

1. Die Begehensform der Vornahme einer Handlung, die nur kraft eines öffentlichen Amtes wahrgenommen werden darf, setzt nicht voraus, dass sich der Täter persönlich als Amtsträger ausgibt. Es reicht aus, wenn sich das Verhalten des Täters dem äußeren Anschein nach als hoheitlich darstellt (BGHSt 40, 8; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 132 Rn. 10 m.w.N.). Dafür ist maßgeblich, ob die Handlung aus Sicht eines objektiven Beobachters als hoheitliches Handeln erscheint und deswegen mit einer rechtmäßigen Amtshandlung verwechselt werden kann.

Bei Einsatz eines Blaulichts im Straßenverkehr kommt es für die Beurteilung des Verhaltens als seinem äußeren Anschein nach hoheitlich auf die Umstände des Einzelfalls an. Zutreffend hat das Amtsgericht erkannt, dass ein Verkehrsteilnehmer aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung aus der Verwendung eines Blaulichts grundsätzlich auf eine hoheitliche Tätigkeit schließt. Denn der überwiegende Teil der nach § 52 Abs. 3 StVZO mit blauen Kennleuchten zulässigerweise ausgestatteten Fahrzeuge wird bei Einsatzfahrten i.S.d. § 38 StVO im Rahmen hoheitlichen Handelns eingesetzt (so auch KGBerlin, Urteil vom 9. Januar 2013 - (4) 121 Ss 247/12 (304/12) -, [...]). Danach hätte es besonderer Umstände bedurft, die aus Sicht eines objektiven Beobachters ausnahmsweise eine hoheitliche Verwendung des Blaulichts ausschlossen. Hier wurde der Eindruck einer hoheitlichen Dienstfahrt mit einem Polizeifahrzeug jedoch zusätzlich gestützt durch die weiteren Feststellungen des Amtsgerichts zum äußeren Erscheinungsbild des Fahrzeugs, das silbergrau lackiert war und einen blauen Streifen an der Fahrzeugseite aufwies, der zudem bei Tatbegehung - anders als zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung - noch nicht mit einem Werbeschriftzug versehen war.

Unerheblich ist, dass nach den Feststellungen des Amtsgerichts der Zeuge POK F. auf das vom Angeklagten geführte Fahrzeug von einem Verkehrsteilnehmer aufmerksam gemacht wurde, der das Fahrzeug nach seinem Eindruck nicht für ein Polizeifahrzeug hielt. Für den Tatbestand des § 132 StGB reicht es aus, wenn die Handlung aus objektiver Sicht mit einer Diensthandlung verwechselt werden kann. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen hier die Annahme, dass das Verhalten objektiv zu einer Verwechslung mit hoheitlichem Handeln geeignet war. Dass einzelne Verkehrsteilnehmer einer solchen Verwechslung nicht unterlagen, ist demgegenüber unbeachtlich.

2. Ohne Rechtsfehler hat das Amtsgericht ferner aus der vom Zeugen F. bekundeten Äußerung des Angeklagten zur allgemeinen Motivation bei Verwendung des Blaulichts - Mahnung und Abschreckung der anderen Verkehrsteilnehmer - darauf geschlossen, dass der Angeklagte auch bei der Tat mit dieser Motivation handelte. Dies schließt die Feststellung mit ein, dass sich der Angeklagte bei der Tat insgesamt des äußeren Anscheins einer Diensthandlung bewusst war.

Die weiteren Rügen der Revision betreffen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts, ohne einen Fehler in der Anwendung sachlichen Rechts aufzuzeigen.