Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 20.08.2018, Az.: 8 U 57/18
Anforderungen an die Mitteilung der Gründe einer Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 20.08.2018
- Aktenzeichen
- 8 U 57/18
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 57714
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 22.01.2018 - AZ: 2 O 221/16
Rechtsgrundlagen
- VVG § 203 Abs. 2
- VVG § 203 Abs. 5
Amtlicher Leitsatz
Die Unabhängigkeit des Treuhänders ist keine von den Zivilgerichten zu prüfende Wirksamkeitsvoraussetzung einer Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung gemäß § 203 Abs. 2 VVG.
Die Mitteilung der Gründe einer Prämienanpassung genügt jedenfalls dann den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG, wenn sie die Rechnungsgrundlage, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst hat, und die wesentlichen Kriterien, die deren Höhe beeinflusst haben, benennt.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Januar 2018 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit einer zum 1. Januar 2016 erfolgten Prämienerhöhung in seiner privaten Krankenversicherung.
Der Kläger unterhält bei der Beklagten zur Versicherungsnummer ... seit Juni 2002 eine private Krankheitskostenversicherung. Diese umfasst neben weiteren Tarifen den Tarif ... für ambulante und stationäre Heilbehandlung. Dem Vertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (Vertragsgrundlage 400) zugrunde, die aus den Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK 2009) und den Tarifbedingungen der Beklagten (TB 2009) bestehen. § 8b MB/KK 2009 lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 8b Beitragsanpassung
(1) Im Rahmen der vertraglichen Leistungszusage können sich die Leistungen des Versicherers z. B. wegen steigender Heilbehandlungskosten, einer häufigeren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen oder aufgrund steigender Lebenserwartung ändern. Dementsprechend vergleicht der Versicherer zumindest jährlich für jeden Tarif die erforderlichen mit den in den technischen Berechnungsgrundlagen kalkulierten Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeiten. Ergibt diese Gegenüberstellung für eine Beobachtungseinheit eines Tarifs eine Abweichung von mehr als dem gesetzlich oder tariflich festgelegten Vomhundertsatz, werden alle Beiträge dieser Beobachtungseinheit vom Versicherer überprüft und, soweit erforderlich, mit Zustimmung des Treuhänders angepaßt. ...
(2) ...
(3) Beitragsanpassungen sowie Änderungen von Selbstbeteiligungen und evtl. vereinbarten Risikozuschlägen werden zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Benachrichtigung des Versicherungsnehmers folgt."
Nr. 27 TB 2009 lautet wie folgt:
"Nr. 27 Überprüfungseinheiten und Anpassungsfaktor
Der in § 8b Abs. 1 Satz 3 MB/KK 2009 festzulegende Vomhundertsatz beträgt für die diesen Allgemeinen Versicherungsbedingungen zugrunde liegenden Tarife für die Versicherungsleistungen 10% und für die Sterbewahrscheinlichkeit 5%, soweit im Tarif nichts anderes bestimmt ist."
Die Tarifbeschreibung ... (Vertragsgrundlage 395) enthält keine davon abweichenden Festlegungen. Die monatliche Prämie für den Tarif ... betrug nach einer Prämienerhöhung zum 1. Januar 2012 einschließlich des gesetzlichen Zuschlags und eines vereinbarten Risikozuschlags von jeweils 10 % zunächst 466,57 €, die Gesamtprämie für alle Tarife (einschließlich Zahnkosten- und Pflegepflichtversicherung) 565,22 €. Wegen weiterer Einzelheiten des Vertragsverhältnisses wird auf den Versicherungsschein vom 6. Juni 2016 und auf die Versicherungsbedingungen (Anlagen K 1 und K 2, im Anlagenband Kläger) Bezug genommen.
Im Jahr 2015 übermittelte die Beklagte dem Treuhänder K. unter anderem eine Gegenüberstellung der erforderlichen und kalkulierten Leistungen für das Jahr 2014, den Rahmengeschäftsplan Technik (RGT) in der Fassung der Änderung Nr. T 19 sowie die Technischen Berechnungsgrundlagen (TB) für den Tarif VITAL in der Fassung der Änderung Nr. T 12 und beantragte mit Schreiben vom 5. August 2015 die Zustimmung zu einer beabsichtigten Prämienanpassung im Tarif ... zum 1. Januar 2016. Der Treuhänder K. erteilte am 11. August 2015 und nochmals am 22. Oktober 2015 die Zustimmung zu den Änderungen der Technischen Berechnungsgrundlagen sowie am 30. November 2015 die Zustimmung zur Prämienanpassung. Wegen der Einzelheiten der dem Treuhänder übermittelten Unterlagen und der Zustimmungserklärungen wird auf die entsprechenden Teile des Anlagenkonvoluts BLD 1 (im Anlagenordner Beklagte) sowie auf die Anlage K 6 (im Anlagenband Kläger) Bezug genommen.
Mit Nachtrag zum Versicherungsschein von November 2015 teilte die Beklagte dem Kläger die Erhöhung der monatlichen Prämie für den Tarif ... auf 629,77 € und der Gesamtprämie für alle Tarife auf 728,42 € mit. Dem Nachtrag waren die Merkblätter "Änderungsgründe" und "Informationen zur Beitragsanpassung zum 01.01.2016" beigefügt. Wegen der Einzelheiten dieser Merkblätter wird auf die entsprechenden Teile des Anlagenkonvoluts BLD 1 Bezug genommen. Die Ermittlung der neuen Prämie ergibt sich aus dem Beitragsberechnungsbogen, wegen dessen Inhalts auf den entsprechenden Teil des Anlagenkonvoluts BLD 1 Bezug genommen wird.
Mit Schreiben vom 25. November 2015 beanstandete der Kläger, dass die Prämienerhöhung um 35 % für ihn nicht nachvollziehbar sei, und bat um Übersendung der Kalkulation. Die Beklagte erläuterte mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 die Gründe der Prämienanpassung ergänzend, verweigerte aber die Übermittlung detaillierter Unterlagen zur Kalkulation.
Der Kläger hat die Prämienanpassung für formal und materiell fehlerhaft erachtet und unter anderem die Unabhängigkeit des Treuhänders K. in Abrede genommen.
Er hat beantragt,
festzustellen, dass die von der Beklagten mit Nachtrag zum Versicherungsschein vom November 2015 erfolgte Erhöhung des monatlichen Beitrages von 565,22 € auf 728,42 € zur Krankenversicherung mit der Versicherungsscheinnummer ... unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Prämienerhöhung für wirksam erachtet. Hinsichtlich der Unabhängigkeit des Treuhänders K. hat sie behauptet, dieser sei erst seit 2014 für sie tätig. Der Anteil der Einkünfte, die der Treuhänder K. aus Aufträgen der Beklagten erzielt habe, habe im Jahr 2014 bei 17,7 %, im Jahr 2015 bei 23,0 % und im Jahr 2016 bei 21,8 % gelegen.
Das zunächst angerufene Amtsgericht Hameln hat den Rechtsstreit mangels sachlicher Zuständigkeit an das Landgericht Hannover verwiesen. Dieses hat Beweis erhoben durch Einholung eines aktuariellen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. N. und mündliche Erläuterung dieses Gutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N. vom 31. Juli 2017 (lose bei den Akten) und auf das Verhandlungsprotokoll des Landgerichts vom 5. Dezember 2017 (Bl. 163 ff. d. A.) Bezug genommen.
Mit am 22. Januar 2018 verkündetem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die in § 8b MB/KK 2009 und § 203 Abs. 2 VVG geregelten Voraussetzungen einer Prämienanpassung vorgelegen hätten. Der aus den Grundkopfschäden der letzten drei Jahre extrapolierte auslösende Faktor habe bei 114,0 % und damit über dem Schwellenwert von 10 % gelegen. Die Anpassung der Rechnungsgrundlagen gemäß den dem Treuhänder vorgelegten Unterlagen sei zutreffend erfolgt und entspreche aktuariellen Grundsätzen sowie den Vorgaben der Kalkulationsverordnung. Das betreffe sowohl die Anpassung des Rechnungszinses als auch die Umstellung der Sterbetafel und der Stornoquoten, ferner die Berücksichtigung der Grundkopfschäden und der Zuschläge sowie das Limitierungskonzept. Auch die individuelle Prämienanpassung des Klägers sei nach den Ausführungen des Sachverständigen zutreffend erfolgt. Insbesondere stelle die Erhöhung der individuellen Prämie um 36 % (rechnerisch richtig: 35 %) keine Seltenheit dar und sei unter dem Begriff "Alterungsproblem der privaten Krankenversicherungen" bekannt.
Das Verfahren der Prämienanpassung sei nicht zu beanstanden. Der Treuhänder sei als unabhängig anzusehen. Soweit es als Indiz für eine fehlende Unabhängigkeit angesehen werden könne, wenn der Treuhänder langjährig mehr als 30 % seiner Einkünfte aus dem gleichen Mandat erziele, sei diese Grenze nicht überschritten. Der Treuhänder habe mitgeteilt, in den Jahren 2014 bis 2016 weniger als 30 % seiner Einkünfte von der Beklagten erhalten zu haben.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und der Entscheidungsgründe wird das auf das angefochtene Urteil (Bl. 193 ff. d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt und dazu seine erstinstanzlichen Einwände wiederholt und vertieft. Der Kläger macht geltend:
Es bestünden Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Ausführungen im Gutachten. Die Prämienerhöhung von 36 % (rechnerisch richtig: 35 %) liege erheblich über den durchschnittlichen Erhöhungen von 11 % bis 12 %, von denen der Verband der PKV ausgehe; dieser spreche von Ausnahmefällen, sofern eine Prämiensteigerung von 20 % vorliege. Diese erhebliche Erhöhung sei unangemessen und schon deshalb nicht gerechtfertigt. Ferner spreche sie dafür, dass die Prämien längere Zeit und von Anfang an zu niedrig kalkuliert gewesen seien. Der Sachverständige habe sich mit den auslösenden Faktoren der Vorjahre nicht befasst. Zu beanstanden sei auch, dass der Sachverständige von der sachlichen Richtigkeit der statistischen Werte in den aktuellen technischen Berechnungsgrundlagen ausgegangen sei. Richtigerweise habe er diese überprüfen müssen.
Das Landgericht habe auch unzutreffend die wirtschaftliche Unabhängigkeit des "Sachverständigen" - gemeint ist offensichtlich der Treuhänder K. - angenommen. Das Landgericht habe die von von der Beklagten vorgetragenen Einkommensverhältnisse des Treuhänders als richtig vorausgesetzt, obwohl diese bestritten worden seien. Das Landgericht habe sich auch nicht damit befasst, dass der Prämienerhöhung zum 1. Januar 2012 der Vorgänger des Treuhänders K. zugestimmt habe. Dieser sei ausweislich der Entscheidungen des Amtsgerichts und Landgerichts Potsdam nicht unabhängig gewesen, weshalb diese Prämienerhöhung unwirksam gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 22. Januar 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, Az. 2 O 221/16 festzustellen, dass die von der Beklagten mit Nachtrag zum Versicherungsschein vom November 2015 erfolgte Erhöhung des monatlichen Beitrags von 565,22 € auf 728,42 € zur Krankenversicherung mit der Versicherungsscheinnummer ... unwirksam ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Zwar beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO. Die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen aber im Ergebnis keine andere Entscheidung. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Die Feststellungsklage des Klägers hätte nur dann Erfolg, wenn die von der Beklagten zum 1. Januar 2016 vorgenommene Prämienerhöhung im Tarif ... materiell oder formell unwirksam wäre. Beides ist nicht der Fall.
1. Auf die streitgegenständliche Prämienerhöhung zum 1. Januar 2016 sind - neben den vereinbarten Versicherungsbedingungen - die bis zum 31. Dezember 2015 geltenden gesetzlichen Regelungen anzuwenden. Zwar erfolgte die Prämienerhöhung mit Wirkung zum 1. Januar 2016. Vorgenommen wurde sie jedoch im Jahr 2015, sodass die zu dieser Zeit geltende Rechtslage maßgeblich ist. Anzuwenden sind danach
§ 12b VAG in der Fassung vom 23. November 2007 (a. F.),
§ 12c VAG in der Fassung vom 8. Dezember 2010 bzw. der nur redaktionell geänderten Fassung vom 31. August 2015 (a. F.),
die Verordnung über die versicherungsmathematischen Methoden zur Prämienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsrückstellung in der privaten Krankenversicherung (Kalkulationsverordnung, KalV) vom 18. November 1996 in der Fassung vom 29. Januar 2013 sowie
§ 203 VVG in der Fassung vom 23. November 2007 (a. F.).
2. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgenommene Prämienerhöhung materiell wirksam ist. Die Voraussetzungen einer Prämienerhöhung lagen vor. Die Prämienerhöhung wurde auch ihrem Umfang nach zutreffend vorgenommen, und zwar sowohl allgemein bezogen auf den Tarif ... als auch speziell bezogen auf die Prämie des Klägers.
a) Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung unterliegen einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Kontrolle durch die Zivilgerichte (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Dezember 1999 - 1 BvR 2203/98, juris, Rn. 14; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15, juris, Rn. 21; Urteil vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323, juris, Rn. 7). Maßstab für die gerichtliche Prüfung einer Prämienanpassung ist, ob diese nach aktuariellen Grundsätzen als mit den bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehend anzusehen ist. Die vorzunehmende Kontrolle der Prämienerhöhung hat sich zunächst darauf zu erstrecken, ob die Anpassungsvoraussetzungen gegeben sind. Ist das der Fall, ist der Umfang der Prämienerhöhung zu überprüfen. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung sind nur die Unterlagen, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung gemäß § 12b VAG a. F., § 15 KalV vorgelegt hat. Nur darauf gründet sich die für die Wirksamkeit der Erhöhung erforderliche Zustimmung des Treuhänders. Diesen Unterlagen müssen sich die Voraussetzungen und der Umfang der vorgenommenen Anpassung für den gerichtlichen Sachverständigen nachvollziehbar und in tatsächlicher Hinsicht entnehmen lassen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2004, a. a. O., Rn. 15 f.).
b) Von diesen Grundsätzen ausgehend, hat das Landgericht zu Recht die materielle Wirksamkeit der Prämienerhöhung bejaht.
aa) Das Landgericht hat zunächst zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen einer Prämienerhöhung vorlagen.
(1) Voraussetzung für die Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG a. F. ist die nicht nur vorübergehende Erhöhung des Schadensbedarfs, für deren Ermittlung § 12b Abs. 2 VAG a. F. und § 14 KalV nähere Bestimmungen enthalten. Das Versicherungsunternehmen hat gemäß § 12b Abs. 2 Satz 2 VAG a. F. für jeden nach Art der Lebensversicherung kalkulierten Tarif zumindest jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen. Ergibt die Gegenüberstellung für einen Tarif eine Abweichung von mehr als 10 %, hat das Unternehmen bei nicht nur vorübergehender Abweichung alle Prämien dieses Tarifs zu überprüfen und anzupassen. Unter Tarif in diesem Sinne ist jede Beobachtungseinheit eines Tarifs zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2004, a. a. O., Rn. 17 ff.).
(2) Gegenstand der Prüfung der Prämienerhöhung sind diejenigen Unterlagen, die die Beklagte als Anlagenkonvolut BLD 1 vorgelegt hat. Der Kläger hat nicht in Abrede genommen, dass es sich bei diesen Unterlagen (soweit sie nicht ausschließlich den Vertrag des Klägers betreffen) um diejenigen Unterlagen handelt, die dem Treuhänder K. zur Prüfung vorlagen. Dementsprechend sind diese Unterlagen gemäß der vorstehend genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch der gerichtlichen Überprüfung der Prämienerhöhung zugrunde zu legen.
(3) Auf der Grundlage dieser Unterlagen hat der Sachverständige Prof. Dr. N. in seinem schriftlichen Gutachten vom 31. Juli 2017 ausgeführt, dass die gemäß Anhang II B. KalV vorzunehmende lineare Extrapolation der Grundkopfschäden der letzten drei Jahre (2012-2014) einen auslösenden Faktor von 114,0 % ergeben habe; der Schwellenwert von 10 % gemäß "§ 8b AVB" (richtig: Nr. 27 TB 2009) sei deutlich überschritten.
Der Senat folgt - wie schon das Landgericht - dieser Beurteilung des Sachverständigen. Die Ausführungen lassen sich anhand der vorliegenden Unterlagen ohne weiteres nachvollziehen. Der Kläger hat auch nicht geltend gemacht, dass der Sachverständige die vorliegenden Unterlagen unzutreffend ausgewertet habe.
(4) Soweit der Kläger anzweifelt, dass die statistischen Werte in den Berechnungsgrundlagen der Beklagten zutreffend seien, und insoweit eine Überprüfung durch den Sachverständigen begehrt, ist eine weitere Sachaufklärung nicht geboten.
Eine weitere Sachaufklärung wäre nur dann erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte dargelegt oder sonst ersichtlich wären, die auf eine fehlerhafte Datengrundlage hindeuten. Fehlt es an solchen Anhaltspunkten, handelt es sich bei dem Bestreiten um ein Bestreiten ins Blaue hinein, das prozessual unbeachtlich ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Partei - wie es hier aufgrund der Überlassung sämtlicher Unterlagen bereits mit der Klageerwiderung der Fall ist - die Möglichkeit hat, die Plausibilität der Unterlagen durch ein Privatgutachten überprüfen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2015, a. a. O., Rn. 24).
Konkrete Anhaltspunkte, die auf eine fehlerhafte Datengrundlage hindeuten, liegen hier nicht vor:
Der Kläger stützt seine Vermutung, dass die Datengrundlage falsch sei, in erster Linie auf die Höhe der vorgenommenen Prämienerhöhung. Das genügt indes nicht, um die Datengrundlage ernsthaft infrage zu stellen. Der Senat verkennt nicht, dass eine Prämienerhöhung um 35 % erheblich ist. Der Senat erachtet auch den Vortrag des Klägers als plausibel, durchschnittliche Prämienerhöhungen lägen bei zwei Drittel der Versicherten zwischen 11 % und 12 %, bei Prämiensteigerungen von 20 % handele es sich um Ausnahmefälle. Dies reicht jedoch nicht aus, um ernsthafte Zweifel an der Datengrundlage der Beklagten zu wecken. Denn der Sachverständige Prof. Dr. N. hat hierzu in der mündlichen Gutachtenerläuterung vor dem Landgericht ausgeführt, dass es sich bei den geringeren Durchschnittwerten von Erhöhungen zwischen 11% und 12 % um durchschnittliche Prämienanpassungen aller Versicherungsnehmer handle, nicht aber um die Prämienanpassungen einzelner Versicherungsnehmer; eine Prämienanpassung um 35 % in einzelnen Fällen sei keine unbekannte Größe. Gegen diese überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen hat der Kläger keine konkreten Einwendungen erhoben, insbesondere auch kein Privatgutachten vorgelegt, welches möglicherweise Zweifel an den Ausführungen des Sachverständigen hätte wecken können.
bb) Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Höhe der Prämienanpassung im Tarif ... nicht zu beanstanden sei.
(1) Sind die Anpassungsvoraussetzungen gegeben, ist zu prüfen, ob die vom Versicherer vorgenommene Neuberechnung der Prämie nach aktuariellen Grundsätzen mit den bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang steht. Die Überprüfung hat sich auf die Ermittlung des Anpassungsfaktors und sodann auf die Limitierungsmaßnahmen zu erstrecken. Dabei geht es um die Prüfung, welche Rechnungsgrundlagen anpassungsbedürftig sind und ob der Anpassungsfaktor für jede einzelne Berechnungsgrundlage zutreffend ermittelt ist (BGH, Urteil vom 16. Juni 2004, a. a. O., Rn. 22 f.).
(2) Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. N. in seinem schriftlichen Gutachten ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen der Beklagten, dass die Beklagte die Rechnungsgrundlagen zutreffend und in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Kalkulationsverordnung angepasst hat.
Dies betreffe zunächst den Rechnungszins, der zuvor bei 3,5 %, dem gemäß § 4 KalV maximal zulässigen Zins, gelegen habe. Dieser Zinssatz habe abgesenkt werden müssen, weil der aktuarielle Unternehmenszins der Beklagten für das Jahr 2016 bei 2,989 % gelegen habe. Eine Absenkung des Rechnungszinses auf 2,85 % sei sachgerecht, um zumindest für einen Zweijahreszeitraum die Erfüllbarkeit der Zinsanforderung zu gewährleisten.
Ebenfalls zutreffend habe die Beklagte der Neuberechnung die aktualisierte Sterbetafel des PKV-Verbandes (PKV 2016) zugrunde gelegt. Diese basiere auf einer breiten, unternehmensübergreifenden Statistik. Ihre Verwendung und Aktualisierung sei Branchenstandard. Eine Einschätzung im konkreten Bestand sei nicht zuverlässig möglich, weil die entsprechenden Kohorten nicht zahlreich genug vertreten seien.
Die Umstellung der Beurteilung der Stornowahrscheinlichkeit von Personen- auf AR-Storno sei aktuariell geboten gewesen. Die Festsetzung der rechnerischen Stornowerte sei in Anbetracht der beobachteten Stornoquoten angemessen. Der Rückgang der Stornoquoten sei zu erwarten, weil der Bestand dieses Tarifs kein Neugeschäft mehr verzeichne.
Der Grundkopfschaden sei im Wege der linearen Extrapolation der Grundkopfschäden im Zeitraum von 2010 bis 2014 zutreffend ermittelt worden. Unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 1,9 % für Großschäden ergebe sich eine Anhebung des Grundkopfschadens um 8,87 %.
Die Zuschläge und Kosten seien ebenfalls in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Kalkulationsverordnung ermittelt worden.
Der Senat folgt auch diesen in sich stimmigen und gut nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen. Der Kläger hat wiederum nicht geltend gemacht, der Sachverständige habe die vorliegenden Unterlagen fehlerhaft ausgewertet.
(3) Auch das Limitierungskonzept der Beklagten mit einer Festlegung der maximalen Steigerung des Grundbeitrags um 136,00 € bzw. 59 % (Personen über 64 Jahre: 68,00 € bzw. 59 %; Personen ab 80 Jahre: 34,00 €) hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten als den Vorgaben des § 12b Abs. 1a Satz 2, 3 VAG a. F. entsprechend beurteilt. Dagegen hat der Kläger ebenfalls keine Einwendungen erhoben; der Senat folgt dem Sachverständigen auch insoweit.
(4) Soweit der Kläger auch hinsichtlich der Höhe der Prämienanpassung die statistischen Werte in den Berechnungsgrundlagen der Beklagten anzweifelt, gelten zunächst die Ausführungen unter aa) (4) entsprechend.
Soweit der Kläger ergänzend geltend macht, die Prämienkalkulation in den Vorjahren müsse falsch, nämlich zu niedrig gewesen sein, gibt es dafür wiederum keine konkreten Anhaltspunkte, sieht man von der Höhe der Prämienanpassung ab, die aber - wie ausgeführt - nach Beurteilung des Sachverständigen gerade nicht untypisch ist. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in den Vorjahren Prämienanpassungen unterlassen hätte, obwohl die Voraussetzungen einer Prämienanpassung vorlagen und diese deshalb hätte erfolgen müssen. Zum einen gab es jedenfalls nach der Schließung des Tarifs infolge der Umstellung auf Unisex-Tarife im Jahr 2012 keine Veranlassung mehr, die Prämie möglichst gering zu halten; insbesondere konnten keine Neuverträge mehr generiert werden. Zum anderen ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass sehr wohl Prämienanpassungen innerhalb des Tarifs ... erfolgten; die Prämie im Tarif ... für Frauen wurde zum 1. Januar 2015 angepasst, ebenso die Prämie im Tarif ... für Männer und Frauen.
Auch für die Behauptung des Klägers, der Tarif müsse von Anfang an fehlerhaft kalkuliert worden sein, gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte. Im Gegenteil müsste eine originär zu niedrige Prämienkalkulation bereits bei der ersten Prämienanpassung aufgefallen und korrigiert worden sein.
cc) Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht angenommen, dass die individuelle Prämienanpassung bei dem Kläger zutreffend erfolgt ist.
Der Sachverständige Prof. Dr. N. hat hierzu bereits auf Seite 8 f. seines schriftlichen Gutachtens ausgeführt, dass sich diese individuelle Prämienanpassung aus dem ebenfalls im Rahmen des Anlagenkonvoluts BLD 1 vorgelegten Beitragsberechnungsbogen ergebe. Die in den Beitragsberechnungsbogen übernommenen Werte stimmten mit den aus dem Rahmengeschäftsplan Technik und der Technischen Berechnungsgrundlage bestimmten Werten überein. Die Berechnung entspreche den Vorgaben in Anhang I B. KalV und sei rechnerisch fehlerfrei. Die Limitierung der Prämienanpassung sei berücksichtigt worden.
Der Senat folgt auch diesen gut nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen. Soweit der Kläger mit seiner Stellungnahme zum Sachverständigengutachten in erster Instanz zunächst geltend gemacht hat, der Sachverständige habe die individuelle Prämienanpassung nicht überprüft, ist dies angesichts der eindeutigen Ausführungen im Gutachten nicht nachzuvollziehen. Mit der Berufungsbegründung scheint der Kläger gegen die Ermittlung der individuellen Prämienanpassung - über die Einwendungen gegen die allgemeine Prämienanpassung im Tarif ... hinaus - auch keine Einwendungen mehr erheben zu wollen.
c) Soweit sich der Kläger zur Einhaltung von Fristen bei der Übersendung von Unterlagen an den Treuhänder und an die BaFin mit Nichtwissen erklärt hat, ist das ohne Bedeutung. Zum einen ergibt sich weder aus § 203 VVG a. F. noch aus § 12b VAG a. F. oder aus der Kalkulationsverordnung, dass eine Fristversäumung Auswirkungen auf die Prämienanpassung hätte. Zum anderen kann man die Einhaltung der Fristen mangels konkreter Anhaltspunkte für das Gegenteil daraus herleiten, dass der Treuhänder in seiner Zustimmung zur Prämienanpassung vom 30. November 2015 eine Fristversäumung nicht erwähnt und auch die BaFin keine Beanstandungen erhoben hat.
3. Die Prämienanpassung ist auch formell nicht zu beanstanden. Die gemäß § 8b Abs. 1 Satz 3 BKK 2009 bzw. § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. erforderliche Zustimmung des Treuhänders liegt vor. Die gemäß § 203 Abs. 5 VVG a. F. erforderliche Mitteilung der Änderung und der hierfür maßgeblichen Gründe ist erfolgt.
a) Die Wirksamkeit einer Prämienanpassung ist gemäß § 8b Abs. 1 Satz 3 MB/KK 2009 bzw. § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. davon abhängig, dass der gemäß § 12b Abs. 3, 4 VAG a. F. bestimmte Treuhänder ihr zugestimmt hat.
aa) Eine Zustimmung des von der Beklagten bestellten Treuhänders ... liegt vor. Er hat diese Zustimmung nach Prüfung der Unterlagen am 30. November 2015 erteilt.
bb) Die Wirksamkeit der Zustimmung hängt nicht davon ab, dass die Unabhängigkeit des Treuhänders festgestellt werden kann.
(1) Ob die Unabhängigkeit des Treuhänders eine tatbestandliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Prämienanpassung ist, die im Zivilrechtsstreit in vollem Umfang zu überprüfen ist, soweit der Sachvortrag der Parteien hierzu Anlass bietet, ist umstritten. In hierzu ergangenen Entscheidungen sowie von einem Teil der Literatur wird dies angenommen (LG Potsdam, Urteil vom 27. September 2017 - 6 S 80/16, VersR 2018, 471; LG Berlin, Urteil vom 10. Januar 2018 - 23 O 78/16, VersR 2018, 465; LG Frankfurt/O., Urteil vom 18. Januar 2018 - 14 O 203/16, VersR 2018, 669; AG Potsdam, Urteil vom 18. Oktober 2016 - 29 C 122/16, VersR 2017, 746; Boetius in Münchkomm-VVG, 2. Aufl., § 203 Rn. 553 f.; Sprenger, VersR 1994, 1257; Wandt in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 3. Aufl., § 11 Rn. 66 f.; wohl auch Marko in HK-VVG, 3. Aufl., § 203 Rn. 17). Nach anderer, in der jüngeren Literatur vertretener Auffassung soll eine Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders im Zivilrechtsstreit nicht erfolgen (Thüsing/Jänsch, VersR 2018, 837, 847 ff.; Voit, VersR 2017, 727, 731 f.; ders. in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 203 Rn. 25; Wendt, VersR 2018, 449, 450 f.; Werber, VersR 2017, 1115, 1116; Wiemer/Richter, VersR 2018, 641, 643 ff.).
(2) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Die von der erstgenannten Auffassung herangezogenen Gründe sind nicht zwingend. Insbesondere Gründe der Rechtssicherheit sprechen demgegenüber für die letztgenannte Auffassung.
(a) Die erstgenannte Auffassung geht zunächst davon aus, dass es sich bei dem Merkmal der Unabhängigkeit in § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. um ein gesondertes Tatbestandsmerkmal handele. Dieses Verständnis ist indes nicht zwingend.
Mit "unabhängiger Treuhänder" kann auch lediglich die Institution bezeichnet sein, die der Prämienanpassung zustimmen muss, ohne dass dadurch ein zusätzliches Wirksamkeitskriterium neben der Zustimmung selbst aufgestellt wird. Für dieses Verständnis kann die Systematik des § 12b VAG a. F. (nunmehr §§ 155, 157 VAG) herangezogen werden. § 12b Abs. 1 VAG a. F. wiederholt (wie nunmehr § 155 Abs. 1 VAG) die Voraussetzungen einer Prämienanpassung, ohne die Frage der Unabhängigkeit zu konkretisieren. § 12b Abs. 3, 4 VAG a. F. regelt demgegenüber (wie nunmehr § 177 VAG) die Voraussetzungen für die Bestellung des Treuhänders, also derjenigen Person, deren Zustimmung nach § 12b Abs. 1 Satz 1 VAG a. F. erforderlich ist (vgl. Voit, VersR 2017, 727, 731). Demnach ist die Unabhängigkeit nur Voraussetzung für die Bestellung des Treuhänders, nicht aber für die Wirksamkeit der von ihm nach Bestellung abgegebenen Erklärung.
Gegen die Annahme eines gesonderten Tatbestandsmerkmals spricht zudem, dass § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. (und n. F.) lediglich das Merkmal der Unabhängigkeit aufgreift, nicht aber die weiteren Voraussetzungen, an die § 12b Abs. 3 VAG a. F. (bzw. § 177 Abs. 1 VAG) die Bestellung des Treuhänders knüpft. Ein sinnvoller Grund dafür, die materielle Wirksamkeit der Zustimmungserklärung des Treuhänders zwar von dessen Unabhängigkeit, nicht aber von dessen Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung abhängig zu machen, ist nicht ersichtlich.
(b) Die erstgenannte Auffassung wird ferner unter Hinweis auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Dezember 1999 (a. a. O.) damit begründet, dass eine Prüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders wegen des verfassungsrechtlichen Gebots des effektiven Rechtsschutzes geboten sei. Auch dieses Argument überzeugt - jedenfalls hinsichtlich der hier allein zu behandelnden Prämienanpassung gemäß § 203 Abs. 2 VVG a. F. - nicht.
Bei der Zustimmung des Treuhänders zur Prämienanpassung handelt es sich gemäß § 203 Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. in Verbindung mit § 12b Abs. 1 Satz 5 VAG a. F. um eine gebundene Entscheidung. Steht die Berechnung der Prämien mit den dafür bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang, muss der Treuhänder die Zustimmung erteilen; ein Ermessen steht ihm nicht zu (BGH, Urteil vom 16. Juni 2004, a. a. O., Rn. 13, zu § 178g Abs. 2 VAG 1994). Hieraus folgt, dass mit der Überprüfung der materiellen Voraussetzungen der Prämienanpassung dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes in vollem Umfang Rechnung getragen ist (so auch Thüsing/Jänsch, VersR 2018, 837, 848). Denn bereits im Rahmen dieser Überprüfung kann abschließend geklärt werden, ob eine Prämienerhöhung nach Grund und Höhe zu Recht erfolgt ist. Anders wäre das nur zu beurteilen, wenn dem Treuhänder bei seiner Zustimmung - was nicht der Fall ist - ein Ermessen zustünde, das nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüft werden könnte; nur dann käme der Person des Treuhänders gesonderte Bedeutung zu, was eine Überprüfung der Unabhängigkeit (konsequenterweise allerdings auch der Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung) auslösen könnte.
(c) Die Landgerichte Potsdam, Berlin und Frankfurt/O. (jeweils a. a. O.) folgern ferner aus dem Urteil des BGH vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, dass der BGH die Prüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders als geboten erachte. Auch dieses Argument erachtet der Senat nicht als überzeugend.
Richtig ist zwar, dass sich der BGH in dieser Entscheidung in einem obiter dictum mit den Anforderungen an die Unabhängigkeit des Treuhänders befasst hat (a. a. O., juris, Rn. 34 f.). Dies mag, wie die Landgerichte Potsdam, Berlin und Frankfurt/O. angenommen haben, dafür sprechen, dass der BGH eine Prüfung dieses Merkmals zumindest dann als erforderlich angesehen hätte, wenn der dortige Kläger konkrete, auf die Person des Treuhänders bezogene Bedenken erhoben hätte.
Allerdings betrifft die Entscheidung des BGH eine Klauselersetzung gemäß § 172 Abs. 2 VVG 1994. Dabei obliegt dem Treuhänder nicht nur die Prüfung der Voraussetzungen der Klauselersetzung, sondern auch die Beurteilung der Angemessenheit der neuen Klausel. Damit unterscheidet sich die Sachlage dort maßgeblich von dem vorliegenden Fall einer Prämienanpassung gemäß § 203 Abs. 2 a. F. (bzw. § 178g Abs. 2 VVG 1994), bei der dem Treuhänder gerade kein Ermessen zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2004, a. a. O., Rn. 13). Dies rechtfertigt es nach Überzeugung des Senats, die im Urteil des BGH vom 12. Oktober 2005 (a. a. O.) deutlich gewordene Auffassung, die Unabhängigkeit des Treuhänders sei zu prüfen, nicht auf Fälle zu übertragen, in denen der Treuhänder keine Ermessens-, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen hat (so auch Thüsing/Jänsch, VersR 2018, 837, 847 f.).
(d) Gegen eine Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders sprechen zunächst praktische Erwägungen.
Zum einen würde die Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders im Zuge der Überprüfung einer (gegebenenfalls jeder) Prämienanpassung zu einer erheblichen zusätzlichen Belastung der Gerichte führen. Denn je nachdem, welche Anforderungen man an die Unabhängigkeit stellt und von welchen Kriterien man sie abhängig macht, wäre die Überprüfung mit einem erheblichen Zeit- und eventuell auch Kostenaufwand verbunden. Zum anderen würde eine solche Überprüfung auch den Treuhänder erheblich belasten und in dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Denn zumindest dann, wenn man die Unabhängigkeit auch von der Einkommenssituation des Treuhänders abhängig macht, wie es in Rechtsprechung und Literatur vertreten wird, müsste der Treuhänder in einer Vielzahl von Fällen seine Vermögensverhältnisse offenlegen (vgl. zu beiden Argumenten Voit, VersR 2017, 727, 732).
Beides erscheint gerade vor dem Hintergrund, dass - wie unter (b) ausgeführt - eine Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht erforderlich ist, unangemessen.
(e) Insbesondere sprechen aber Gründe der Rechtssicherheit dagegen, im Rahmen der Überprüfung einer Prämienanpassung die Unabhängigkeit des Treuhänders zu prüfen, und zwar in zweierlei Hinsicht:
(aa) Zum einen besteht bei der Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders im Zivilrechtsstreit in erhöhtem Maße die Gefahr divergierender Entscheidungen. Während das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen einer Prämienanpassung versicherungsmathematisch eindeutig zu beurteilen ist und die wiederholte Überprüfung einer Prämienanpassung eines Tarifs (bezogen lediglich auf unterschiedliche Versicherungsnehmer) selbst dann zum gleichen Ergebnis führen sollte, wenn unterschiedliche Sachverständige tätig sind, gilt das für die Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders nicht. Das gilt gegenwärtig schon deshalb, weil die Unabhängigkeit in § 12b Abs. 3 Satz 1 VAG a. F. (jetzt § 157 Abs. 1 Satz 1 VAG) nicht eindeutig, sondern nur über Regelbeispiele definiert ist. Welche Kriterien mithin über die Regelbeispiele hinaus für die Beurteilung der Unabhängigkeit heranzuziehen sind, ist offen und kann von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt werden. Selbst wenn man aber unterstellt, dass die für die Beurteilung heranzuziehenden Kriterien irgendwann durch höchstrichterliche Rechtsprechung ausreichend geklärt sind, ist doch davon auszugehen, dass bei der Beurteilung, ob einzelne Kriterien erfüllt sind oder nicht und ob die Kriterien in der Gesamtschau die Annahme der Unabhängigkeit rechtfertigen oder nicht, weiterhin ein erheblicher Spielraum besteht.
Diese Sachlage kann ohne weiteres dazu führen, dass eine Prämienanpassung, die materiell sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gerechtfertigt ist, bei einem Teil der in dem betreffenden Tarif Versicherten als wirksam angesehen wird, weil die betreffenden Gerichte von der Unabhängigkeit des Treuhänders ausgehen, bei anderen in dem Tarif Versicherten demgegenüber als mangels Unabhängigkeit des Treuhänders unwirksam angesehen wird. Dies hätte zur Konsequenz, dass die Versicherten eines Tarifs trotz gleicher Voraussetzungen unterschiedliche Prämien zu zahlen hätten. Ein solches Ergebnis ist vor dem Hintergrund, dass die Versicherten eines Tarifs eine Solidargemeinschaft bilden, kaum hinzunehmen.
(bb) Zum anderen würde durch eine Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders im Zuge der Überprüfung einer Prämienanpassung der Zweck der Regelung in § 12b Abs. 2, 2a VVG a. F. (jetzt § 155 VVG) gefährdet.
Diese Vorschriften ermöglichen es dem Versicherer nicht nur, im Falle einer Veränderung der Versicherungsleistungen oder der Sterbewahrscheinlichkeiten eine Prämienanpassung vorzunehmen, sondern sie begründen zugleich eine entsprechende Verpflichtung. Dies dient letztlich dazu, die Leistungsfähigkeit des Versicherers sicherzustellen und zu verhindern, dass die in einem Tarif Versicherten irgendwann übermäßig hohen Prämienanpassungen ausgesetzt werden.
Dieser Zweck würde gefährdet, wenn die Möglichkeit bestünde, eine nach Grund und Höhe erforderliche Prämienerhöhung nachträglich nur deshalb als unwirksam zu erachten, weil dem bestellten Treuhänder die erforderliche Unabhängigkeit fehlt, obwohl ein anderer, als unabhängig anzusehender Treuhänder ebenso die Zustimmung hätte erteilen müssen. In einem solchen Fall sähe sich der Versicherer erheblichen Prämienrückforderungen ausgesetzt, was zu erheblichen Deckungslücken in dem betreffenden Tarif führen würde. Der Versicherer hätte - zumindest solange die Kriterien für die Beurteilung der Unabhängigkeit des Treuhänders nicht abschließend geklärt sind - auch keine Möglichkeit, eine solche Situation zuverlässig auszuschließen.
Auch dies ist ein Ergebnis, das unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Prämienerhöhung nach Grund und Höhe gerechtfertigt ist - anderenfalls wäre sie unwirksam, ohne dass es auf die Frage der Unabhängigkeit des Treuhänders ankommt -, unangemessen ist.
b) Gemäß § 203 Abs. 5 VVG a. F. wird eine Neufestsetzung der Prämie zu Beginn des zweiten Monats wirksam, der auf die Mitteilung der Neufestsetzung und der hierfür maßgeblichen Gründe an den Versicherungsnehmer folgt.
aa) Die Mitteilung im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG a. F. ist vorliegend in dem Nachtrag zum Versicherungsschein von November 2015 zu sehen, der dem Kläger nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten noch im November 2015 zugegangen ist. Der Kläger hat, auch wenn er selbst die Anlagen im Rahmen des Anlagenkonvoluts K 3 nur unvollständig vorgelegt hat, nicht bestritten, den Nachtrag zum Versicherungsschein mit den Anlagen erhalten zu haben, die im Rahmen des Anlagenkonvoluts BLD 1 vorgelegt wurden.
bb) Diese "Informationen zur Beitragsanpassung" reichen als Mitteilung der Gründe im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG a. F. aus.
(1) Was unter Mitteilung der Gründe im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG a. F. zu verstehen ist, ist umstritten. Teilweise wird vertreten, dass sowohl die die Prämienanpassung auslösende Veränderung der Rechnungsgrundlagen als auch die die Prämienerhöhung beeinflussenden Kriterien unter Nennung der konkreten Höhe mitgeteilt werden müssten (LG Neuruppin, Urteil vom 25. August 2017 - 1 O 338/16, VersR 2018, 469, 469 f.; jedenfalls für die Rechnungsgrundlagen auch Klimke, VersR 2016, 22, 23). Teilweise wird darüber hinaus vertreten, dass Name und Anschrift des Treuhänders mitgeteilt werden müssten (Klimke, a. a. O.; ablehnend LG Berlin, Urteil vom 10. Januar 2018 - 23 O 78/16, VersR 2018, 465, 465 f.). Nach anderer Auffassung soll es ausreichen, die für die Anpassung ausschlaggebende Rechnungsgrundlage (Versicherungsleistung oder Sterbewahrscheinlichkeit) zu benennen (Brand, VersR 2018, 453, 455; ähnlich wohl Wendt, VersR 2018, 449, 453; Voit in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 204 Rn. 49) oder zu erläutern, welche Faktoren für eine Prämienanpassung relevant sein können und wie das Verfahren der Prämienanpassung dem Grunde nach funktioniert (Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl., § 203 Rn. 19). Eine vermittelnde Meinung verlangt die Benennung der wichtigsten Gründe, die die Rechtsposition des Versicherungsnehmers am stärksten verändern; dazu sollen neben der Veränderung der Berechnungsgrundlage, die die Prämienanpassung überhaupt erst ausgelöst hat, beispielsweise auch die Absenkung des Rechnungszinses gehören (Boetius in Münchkomm-VVG, 2. Aufl., § 203 Rn. 1155b f.).
(2) Der Senat erachtet es als sachgerecht, keine zu hohen Anforderungen an die Mitteilung der maßgeblichen Gründe zu stellen. Für die von Klimke geforderte Mitteilung von Name und Anschrift des Treuhänders bietet der Wortlaut des § 203 Abs. 5 VVG a. F. ohnehin keine Grundlage. Aber auch die Benennung konkreter Werte sowohl der Veränderung der die Prämienanpassung ermöglichenden Rechnungsgrundlage als auch der Veränderung der die Prämienhöhe beeinflussenden Kriterien erscheint nicht geboten.
Soweit es um die Veränderung der Rechnungsgrundlage geht, ist die Kenntnis der konkreten Höhe der Veränderung nicht erforderlich. Für die Prämienanpassung reicht es aus, dass die Veränderung den in den Versicherungsbedingungen festgelegten Schwellenwert übersteigt. Dass dies der Fall ist, ergibt sich bereits daraus, dass der Versicherer die Prämienanpassung vorgenommen hat. Wie groß die Überschreitung des Schwellenwerts ist, ist ohne Bedeutung.
Soweit es um die die Prämienhöhe beeinflussenden Kriterien geht, hat die Kenntnis konkreter Zahlen - soweit es sich dabei nicht ohnehin um Geschäftsgeheimnisse des Versicherers handelt - für den Versicherungsnehmer keinen Nutzen. Das im vorliegenden Rechtsstreit erstellte aktuarielle Gutachten zeigt in Verbindung mit den ihm zugrunde liegenden Unterlagen der Beklagten zwanglos, dass die Kenntnis einzelner Zahlen dem Versicherungsnehmer weder eine rechnerische Kontrolle noch auch nur eine Plausibilitätsprüfung der Prämienerhöhung ermöglicht; dafür sind die versicherungsmathematischen Zusammenhänge zu komplex. Hätte die Beklagte dem Kläger im vorliegenden Fall beispielsweise mitgeteilt, dass der Rechnungszins von 3,5 % auf 2,85 % abgesenkt, die Sterbetafel aktualisiert sowie von Personen- auf AR-Storno umgestellt worden und der Grundkopfschaden um 8,87 % gestiegen sei, hätte der Kläger daraus doch keine Rückschlüsse auf die Plausibilität der Höhe der Prämienanpassung ziehen können.
Nach Ansicht des Senats entspricht die Mitteilung der Gründe einer Prämienanpassung jedenfalls dann den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG a. F., wenn sie die Rechnungsgrundlage, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst hat, und die wesentlichen Kriterien, die deren Höhe beeinflusst haben, benennt.
(3) Gemessen an diesen Anforderungen reichen die "Informationen zur Beitragsanpassung" als Mitteilung der Gründe im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG a. F. aus. Diesen Informationen kann entnommen werden, dass die die Prämienanpassung auslösende Veränderung der Rechnungsgrundlage die Versicherungsleistungen (und nicht die Sterbewahrscheinlichkeiten) betrifft. Ferner kann den Informationen entnommen werden, dass sich auf die Prämienanpassung neben der Veränderung der Leistungsausgaben auch die steigende Lebenserwartung, das Absenken des Rechnungszinses und die Entwicklung des Versichertenbestandes namentlich in Form der seltener gewordenen Beendigung von Tarifen ausgewirkt hat. Damit sind die wesentlichen Kriterien, die die Prämienanpassung ausgelöst und deren Höhe beeinflusst haben, dargelegt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Der Senat hat die Revision zugelassen. Sowohl die Frage, ob im Rahmen der Überprüfung einer Prämienanpassung gemäß § 203 Abs. 2 VVG a. F. die Unabhängigkeit des Treuhänders zu prüfen ist, als auch die Frage, welche Anforderungen an die Mitteilung der maßgeblichen Gründe im Sinne von § 203 Abs. 5 VVG a. F. zu stellen sind, haben grundsätzliche Bedeutung, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO.