Landgericht Aurich
Beschl. v. 26.07.2010, Az.: 4 T 237/10
Ermächtigung eines Verwalters zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 26.07.2010
- Aktenzeichen
- 4 T 237/10
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2010, 28656
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGAURIC:2010:0726.4T237.10.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Leer - 26.04.2010 - AZ: 8 M 2173/09
- nachfolgend
- BGH - 22.09.2011 - AZ: I ZB 61/10
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs. 3 WEG
- § 27 Abs. 3 S. 2 WEG
Fundstellen
- NJW-RR 2011, 231-232
- NJW-RR 2012, 512
- NJW-Spezial 2010, 706
- NZM 2011, 41
- VE 2011, 24-25
- ZMR 2012, 150-151
- ZWE 2011, 41-42
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Der Verwalter einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern ist nicht generell deren gesetzlicher Vertreter, sondern nur für die in § 27 III Nrn. 1 - 7 WEG umschriebenen Aufgabenbereiche. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung lässt sich unter diesen Katalog nicht subsumieren, insbesondere auch nicht direkt unter § 27 III Nr. 2 WEG.
- 2.
In der Praxis dürfte jedoch eine umfassende Abgabe eines Vermögensverzeichnisses durch die Wohnungseigentümer selbst ohne Mithilfe des Verwalters kaum möglich sein, weil in der Regel nur der Verwalter die genauen Vermögensverhältnisse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kennt. Dieser Umstand spricht dafür, den Verwalter analog § 27 III Nr. 2 WEG für verpflichtet zu halten.
- 3.
An der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat der Gläubiger auch ein rechtlich schutzwürdiges Interesse. Nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist Berechtigte des Gemeinschaftsvermögens, nur gegen sie ist der Vollstreckungstitel vollstreckbar. Zwar ist der einzelne Wohnungseigentümer bezüglich der Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nachschusspflichtig, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht insolvenzfähig ist, § 11 III WEG. Ohne Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weiß der Gläubiger aber regelmäßig nicht, ob ein derartiger Anspruch der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer besteht. Auch haften die Wohnungseigentümer gemäß § 10 VIII WEG jedem Gläubiger nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile. Aus dem Titel gegen die Gemeinschaft kann der Gläubiger diesen Anspruch aber nicht vollstrecken, so dass er ein rechtsschutzwürdiges Interesse daran hat, Auskunft über die Vermögensverhältnisse der Gemeinschaft zu erhalten. Erschöpfend kann in der Regel nur der Verwalter diese Auskunft erteilen.
In der Zwangsvollstreckungssache
...
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich
durch
den Vizepräsidenten des Landgerichts R. als Einzelrichter
am 26. Juli 2010
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 3. Mai 2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leer vom 26.04.2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.243,84 EUR.
Gründe
Die Gläubigerin vollstreckt wegen einer Hauptforderung von 1.234,84 EUR. Sie hat beantragt, die Schuldnerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu laden. Die Verwalterin der Schuldnerin hat ihrer Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Termin widersprochen, weil sie meint, dazu als Verwalterin nicht berechtigt und verpflichtet zu sein. Das Amtsgericht Leer hat durch Beschluss vom 26.04.2010 den im Termin erhobenen Widerspruch zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 03.05.2010.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 RpflG, 793 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht gemäß § 569 ZPO eingelegt, weil die Beschwerdefrist wegen der verfahrensfehlerhaft (siehe § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO) unterlassenen förmlichen Zustellung des Beschlusses nicht zu laufen begonnen hat.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Der Verwalterin ist zuzugeben, dass sie nicht generell, sondern nur für die in § 27 Abs. 3 Nr. 1. - 7. umschriebenen Aufgabenbereiche gesetzliche Vertreterin der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung lässt sich unter diesen Katalog nicht subsumieren, entgegen der Auffassung der Bundestagsdrucksache 16/887 Seite 70 auch nicht unter § 27 Abs. 3 Nr. 2 WEG. Da die Verwalterin auch von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht ermächtigt ist, vertreten gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 WEG alle Wohnungseigentümer die Gemeinschaft, müssten also analog der Rechtslage bei einer juristischen Person sämtlich die eidesstattliche Versicherung abgeben. In der Praxis dürfte eine umfassende Abgabe eines Vermögensverzeichnisses durch Wohnungseigentümer ohne Mithilfe des Verwalters kaum möglich sein, weil in der Regel nur der Verwalter die genauen Vermögensverhältnisse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kennt. Dieser Umstand spricht dafür, den Verwalter analog § 27 Nr. 2 WEG für verpflichtet zu halten.
An der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat der Gläubiger auch ein rechtlich schutzwürdiges Interesse. Nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist Berechtigte des Gemeinschaftsvermögens, nur gegen sie ist der Vollstreckungstitel vollstreckbar. Zwar ist der einzelne Wohnungseigentümer bezüglich der Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nachschusspflichtig, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht insolvenzfähig ist, § 11 Abs. 3 WEG. Ohne Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weiß der Gläubiger aber regelmäßig nicht, ob ein derartiger Anspruch der Gemeinschaft gegen die Wohnungseigentümer besteht. Auch haften die Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 8 WEG jedem Gläubiger nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile. Aus dem Titel gegen die Gemeinschaft kann der Gläubiger diesen Anspruch aber nicht vollstrecken, so dass er ein rechtsschutzwürdiges Interesse daran hat, Auskunft über die Vermögensverhältnisse der Gemeinschaft zu erhalten. Erschöpfend kann in der Regel nur der Verwalter diese Auskunft erteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert wird gemäß § 3 ZPO auf die Hauptforderung festgesetzt.
Gegen die Entscheidung wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert, § 574 Abs. 2 ZPO.