Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 11.01.2022, Az.: 2 B 266/21
Reglementierter Beauftragter; sichere Lieferkette; Transporteur-Sicherheitsprogramm; Transporteurvereinbarung; Unterauftragsvergabe; Zugelassener Transporteur
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 11.01.2022
- Aktenzeichen
- 2 B 266/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 59473
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- 2015/1998 Nr 6.3.2.1 EUV
- 2015/1998 Nr 6.6.1.3 EUV
- 2015/1998 Nr 6.6.1.5 EUV
- § 9a Abs 4 LuftSiG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Untersagung der Abwicklung von sicherer Luftfracht nach § 9 Abs. 4 Satz 1 LuftSiG erfordert als Sofortmaßnahme keine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts durch das Luftfahrt-Bundesamt. Zweifel an der Erfüllung der Anforderungen der sicheren Lieferkette durch reglementierte Beauftragte oder zugelassene Transporteure bestehen bereits dann, wenn hinreichende, auf objektiven Tatsachen basierende Anhaltspunkte für das Vorliegen von Verstößen vorliegen.
2. Weil das Transporteur-Sicherheitsprogramm Voraussetzung für die Zulassung als reglementierter Beauftragter oder zugelassener Transporteur und damit verbindlich ist, können auch Verstöße gegen dessen Vorschriften Aufsichtsmaßnahmen rechtfertigen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine sofortige Tätigkeitsuntersagung durch die Antragsgegnerin, vertreten durch das Luftfahrt-Bundesamt (LBA).
Sie betreibt seit 2018 ein Speditionsunternehmen und ist behördlich zugelassene Transporteurin zur Abholung, Beförderung und Anlieferung von sicheren Fracht- und Postsendungen zum Zwecke der Beförderung per Lufttransport.
Beim Versand von Luftfracht müssen von den beteiligten Unternehmen zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs umfangreiche Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden. Die Unternehmen, die über eine Anerkennung als bekannter Versender, reglementierter Beauftragter oder zugelassener Transporteur verfügen, gewährleisten dabei eigenverantwortlich, bestimmte Sicherheitsstandards einzuhalten und Vorkehrungen zum Schutz der Luftfracht zu treffen. Luftfracht, die durch bekannte Versender versandt und durch reglementierte Beauftragte oder zugelassene Transporteure transportiert wird, kann vom Luftfahrtunternehmen ohne eine eigene Sicherheitskontrolle in das Luftfahrzeug verladen werden. Sämtliche bekannte Versender und reglementierte Beauftragte werden in die Unionsdatenbank zur Sicherheit der Lieferkette aufgenommen; die aktuelle Liste zugelassener Transporteure wird vom LBA online veröffentlicht.
Die Antragstellerin arbeitet in Bürogemeinschaft mit der zugelassenen Transporteurin B. zusammen. Am 10.09.2021 führte das LBA eine Auditierung beider Unternehmen durch. Der Inhaber und Sicherheitsbeauftragte der B., Herr C., war zu dem Zeitpunkt noch zugleich der Sicherheitsbeauftragte der Antragstellerin. Er erläuterte den Auditoren, die Antragstellerin betreibe die Akquise von Transportaufträgen, verfüge jedoch nicht über eigene Fahrer. Deshalb würden die Transportdienstleistungen komplett von der B. erbracht. Die Auditoren stellten fest, dass für zwei der von der B. beschäftigten Fahrer die vorgeschriebenen Zuverlässigkeitsüberprüfungen und Schulungsnachweise bereits seit Jahren abgelaufen waren und ein dritter Mitarbeiter über keinerlei Zertifikate verfügte. Aus den kontrollierten Unterlagen ergab sich, dass ein vierter, ehemaliger Mitarbeiter im Zeitraum der per Online-Seminar durchgeführten Luftsicherheitsschulung tatsächlich mit dem Transport von sicherer Luftfracht beschäftigt war, mithin nicht selbst an der Schulung teilgenommen haben konnte. Aufgrund der Feststellungen untersagte das LBA der B. mündlich unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Abwicklung sicherer Luftfracht.
Am 14.09.2021 führten die Auditoren des LBA eine Überwachungsmaßnahme bei der bekannten Versenderin D. in Wiesbaden durch. Dabei stellten sie fest, dass an der dortigen Frachtrampe ein Sattelzug mit sicherer Luftfracht beladen wurde, der auf die B. zugelassen war. Sie ermittelten, dass der Fahrer des Sattelzuges, Herr F., den reglementierten Beauftragten G. als abholendes Unternehmen bei der D. angemeldet hatte. Die Auditoren überprüften den Fahrer mit Unterstützung einer Dolmetscherin. Im Überwachungsbericht vom 14.09.2021 ist ausgeführt, der Fahrer habe den Auditoren entgegen den Angaben im Speditionsauftrag mitgeteilt, Waren für die B. abzuholen. Er habe angegeben, er solle die Ware in deren Namen zur reglementierten Beauftragten H. nahe Frankfurt a. M. transportieren. Er habe eine Kopie seiner Zuverlässigkeitsüberprüfung und seines Arbeitsvertrages mit der B. mit sich geführt, jedoch keinen Nachweis über die Teilnahme an einer Sicherheitsschulung. Bei der Inspektion bei der B. am 10.09.2021 war festgestellt worden, dass für den Fahrer Herrn F. ein gültiges Schulungszertifikat vom 28.11.2020 vorlag. Im Bericht ist weiter ausgeführt, auf mehrfache Nachfrage der Auditoren, auch auf Italienisch, was er fließend gesprochen habe, habe der Fahrer jedoch darauf beharrt, über keine Schulung zu verfügen. Eine solche benötige er nur, um in den Betriebsbereich des Flughafens zu fahren. Das sei aber nicht der Fall, er fahre jeden Tag dieselbe Strecke und dies auch mit derselben Zugmaschine. Im November 2020 sei er wie jeden Tag Lastwagen gefahren. Er führe Einsatzlisten darüber, die auch im Büro seines Chefs eingesehen werden könnten. Der Fahrer habe dann seinen Chef, Herrn C., angerufen. Dieser habe versichert, dass der Fahrer wie alle seine Lkw seit dem 10.09.2021 im Auftrag der Antragstellerin fahre. Er habe eine entsprechende Transporteursvereinbarung mit der Antragstellerin getroffen und auch neue Dienstausweise für die Fahrer bestellt, aber die Umstellung brauche etwas Zeit. Recherchen bei der Firma H. ergaben, dass Herr F. schon am 13.09.2021 die B. als anlieferndes Unternehmen angemeldet hatte; der Name der Antragstellerin sei nicht genannt worden.
Mit Bescheid vom 17.09.2021 untersagte das LBA der B. noch einmal förmlich die Abwicklung sicherer Luftfracht und ordnete die sofortige Vollziehung an. Das LBA begründete die Untersagung damit, es bestehe eine Gefahr für die Sicherheit der zivilen Luftfahrt nach § 3 Abs. 1 LuftSiG wegen Verstoßes gegen die Ziffern 6.6.1.3 und 6.6.1.4 des Anhangs zur DVO (EU) 2015/1998. Das für die Beförderung der sicherheitskontrollierten Luftfracht und Luftpost eingesetzte Personal habe nicht über eine gültige Zuverlässigkeitsüberprüfung sowie eine Luftsicherheitsschulung verfügt.
Auf Anfrage legte die Antragstellerin dem LBA mit E-Mail vom 15.09.2021 die Transporteursvereinbarung vom 10.09.2021 vor sowie eine Liste aller Abholungen und Anlieferungen, welche zwischen dem 10.09.2021 und dem 14.09.2021 im Auftrag der Antragstellerin durch die B. erfolgten. In der Transporteursvereinbarung ist die Antragstellerin als Auftraggeberin und die B. als Auftragnehmerin genannt. Inhalt der Vereinbarung ist die Einhaltung von Sicherheitsverfahren durch die Auftragnehmerin, etwa der Einsatz geschulter Mitarbeiter. Aus der vorgelegten Liste ergibt sich, dass die B. im benannten Zeitraum in zwölf Fällen für die Antragstellerin gefahren ist.
Am 15.09.2021 trat Herr C. als Sicherheitsbeauftragter der Antragstellerin zurück und der Geschäftsführer der Antragstellerin übernahm den Posten.
Am 01.10.2021 erhielt das LBA den Hinweis, dass die Antragstellerin seit dem 20.09.2021 weiterhin durch den Fahrer Herrn F. zwei- bis dreimal täglich sichere Luftfracht von der bekannten Versenderin D. an die reglementierte Beauftragte H. lieferte. Auf telefonische Nachfrage teilte der Geschäftsführer der Antragstellerin dem LBA laut Gesprächsprotokoll vom 01.10.2021 mit, nach wie vor auf Grundlage der Transporteursvereinbarung mit der B. zusammenzuarbeiten, jedoch nur geschulte Mitarbeiter mit Zuverlässigkeitsüberprüfung einzusetzen. Daraufhin untersagte das LBA der Antragstellerin telefonisch mit sofortiger Wirkung die Durchführung der Abholung, des Transports und der Anlieferung von sicheren Fracht- und Postsendungen. In einem folgenden Telefonat mit Herrn C., nunmehr nur noch Inhaber und Sicherheitsbeauftragter der B., teilte dieser mit, er habe sein Personal wie auch seine Fahrzeuge auf die Antragstellerin übertragen. Innerhalb weniger Tage sei dies aber nicht zu bewerkstelligen, und wenn er die Fahrten aussetze, verliere er seine Aufträge. Die Antragstellerin fahre mit eigenen Konzessionen und eigenen Fahrzeugen. Auf den Hinweis, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin abweichende Angaben gemacht habe, antwortete Herr C., der Geschäftsführer stehe gerade vor ihm und bestreite, etwas anderes gesagt zu haben.
Mit Bescheid vom 11.10.2021 untersagte das LBA der Antragstellerin nochmals förmlich mit sofortiger Wirkung die Tätigkeit zur Durchführung der Abholung, des Transports und der Anlieferung von sicheren Fracht- und Postsendungen bis zur Entscheidung über den Fortbestand ihrer Zulassung und ordnete die sofortige Vollziehung an.
Sie begründete die Entscheidung damit, dass die Antragstellerin eine Gefahr für die zivile Luftfahrt begründe, weil sie zwischen dem 20.09.2021 und dem 01.10.2021 sichere Luftfracht unter Rückgriff auf Mitarbeiter der B. transportiert habe. Die Antragstellerin habe sich zur Einhaltung der vorgeschriebenen Sicherheitsverfahren im Transporteur-Sicherheitsprogramm verpflichtet. In diesem sei vorgeschrieben, dass Transporteure Unteraufträge zur Abwicklung sicherer Luftfracht nur an behördlich zugelassene Unternehmen erteilen dürften. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Transporteursvereinbarung mit der B. habe das LBA dieser die Abholung, Umfuhr und Anlieferung von sicherer Luftfracht jedoch bereits untersagt. Und auch nach dem Zugang des schriftlichen Bescheides vom 17.09.2021 habe die Antragstellerin die Zusammenarbeit mit der B. pflichtwidrig nicht sofort beendet.
Das Personal, das sichere Fracht- und Postsendungen transportiere und Sicherheitskontrollen durchführe, müsse zudem über eine Zuverlässigkeitsüberprüfung und über eine Sicherheitsschulung verfügen. Vergebe der behördlich zugelassene Transporteur Aufträge an andere Unternehmen, trage er die volle Verantwortung für den gesamten Transport. Der bei der B. beschäftigte Fahrer, den die Antragstellerin beauftragt habe, habe keine Schulungsbescheinigung mit sich geführt. Dies habe die Antragstellerin nicht sichergestellt, und sie habe den Fahrer auch nicht darüber belehrt, dass er ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der Transporteursvereinbarung anstatt der B. die Firma der Antragstellerin bei der Anmeldung zur Abholung und Anlieferung von sicherer Luftfracht habe angeben und eine Firmenkarte der Antragstellerin habe nutzen müssen.
Dies begründe erhebliche Zweifel daran, dass die Antragstellerin gewillt sei, die luftsicherheitsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen. Ihr fehle es an der notwendigen Integrität und charakterlichen Eignung zur Beteiligung an der sicheren Lieferkette. Das dem LBA eingeräumte Ermessen sei angesichts des erheblichen Verstoßes der Antragstellerin auf Null reduziert. Da die Maßnahme nur den Transport sicherer Luft- und Postsendungen untersage, bleibe ihr die Möglichkeit, alternative Tätigkeiten als Transporteur auszuführen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete sie damit, dass das Interesse der Allgemeinheit am Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs und insbesondere vor terroristischen Gefahren die privaten Interessen der Antragstellerin überwiege. Die Antragstellerin habe wirtschaftlichen Erwägungen bewusst den Vorrang eingeräumt vor der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.
Die Antragstellerin legte mit Schreiben vom 01.11.2021 Widerspruch gegen die Tätigkeitsuntersagung ein.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, denn die Auditoren des LBA hätten sich dem Fahrer vor der Befragung am 14.09.2021 nicht vorgestellt; deswegen habe er auch keine sachbezogenen Auskünfte erteilt. Tatsächlich habe dieser vom 09.11.2020 bis zum 28.11.2020 erfolgreich an der vorgeschriebenen Schulung teilgenommen, was sich aus der Schulungsbescheinigung vom 28.11.2020 ergebe. Auch habe ihm das Polizeipräsidium Frankfurt mit Bescheid vom 13.11.2019 die Zuverlässigkeit bescheinigt. Sie bestreitet, dass der Fahrer angegeben habe, für die B. anzuliefern.
Ab der Untersagung von Beförderungsleistungen an die B. am 17.09.2021 habe die Antragstellerin dieser keine Aufträge mehr erteilt. Drei der Fahrer der Antragstellerin seien von Beginn an bei ihr beschäftigt gewesen, zwei weitere seien seit dem 20.09.2021 bei ihr angestellt. Alle verfügten über Schulungsbescheinigungen und Zuverlässigkeitsüberprüfungen. In den mit dem Widerspruch vorgelegten Arbeitsverträgen vom 20.09.2021, u. a. für Herrn F. und Herrn L., ist jeweils unter § 1 festgelegt, dass das Arbeitsverhältnis zu der Antragstellerin am 01.10.2021 beginnt.
Am 04.11.2021 trafen die Auditoren des LBA am Frankfurter Flughafen den ehemals bei der B. und nunmehr bei der Antragstellerin angestellten Mitarbeiter, Herrn L., an. Bei dem Hallenpersonal des Flughafens hatte dieser sich als Mitarbeiter der N. vorgestellt. Den Auditoren gegenüber gab er sodann an, er sei Mitarbeiter der B. und in einem Mietverhältnis als Unterauftragnehmer für die N. tätig. Als einzigen Nachweis führte er eine EU-Lizenz bei sich, die auf die B. ausgestellt war. Auch sein Fahrzeug war auf die B. zugelassen. Am 10.11.2021 befragten die Auditoren erneut den Fahrer Herrn F. bei einem Transport von der D. zur H.. Diesmal führte er zwar die vorgeschriebene Zuverlässigkeitsüberprüfung und Schulungsbescheinigung bei sich, gab aber ebenfalls an, für die N. zu fahren, obwohl seine Lizenz wie auch sein Fahrzeug auf die B. liefen.
Am 08.11.2021 hat die Antragsgegnerin beim Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
Sie bezieht sich auf die Begründung zu ihrem Widerspruch und beantragt,
die Vollziehung des Bescheides des Luftfahrt-Bundesamtes vom 11.10.2021 aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Das LBA erwidert, die Auditoren hätten sich dem Fahrer am 14.09.2021 als Mitarbeiter des LBA vorgestellt und sich entsprechend ausgewiesen. Die Auditoren hätten ihn aber nur mithilfe einer Italienisch-Dolmetscherin befragen können. Dass der Fahrer die notwendigen Dokumente später nachgereicht habe, ändere nichts daran, dass er sie zum Zeitpunkt der Kontrolle pflichtwidrig nicht bei sich geführt habe. Zudem habe das LBA angesichts der fehlenden Deutschkenntnisse sowie der fehlenden computertechnischen Kenntnisse Zweifel an der Schulungsfähigkeit des Fahrers.
Die Untersagung sei verhältnismäßig, da sie nur einen Teilaspekt der Tätigkeit der Antragstellerin betreffe und auch nur vorläufiger Natur sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß erfolgt.
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Zweck dieses Begründungserfordernisses ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes im Bewusstsein des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung anzuhalten, dem Betroffenen die maßgeblichen Gründe zu vermitteln und ihm so die Rechtsverteidigung zu ermöglichen und die Grundlage für eine ordnungsgemäße gerichtliche Kontrolle dahin zu bieten, ob das die Vollziehungsanordnung rechtfertigende besondere Interesse auch vorliegt. Aus der Begründung muss mithin nachvollziehbar hervorgehen, aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt. Demgemäß genügen pauschale, nichtssagende, formelhafte Wendungen dem Begründungserfordernis nicht. Allerdings kann sich die Behörde auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen und darauf Bezug nehmen, wenn die den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung ergeben (Nds. OVG, Beschluss vom 19.03.2002 - 11 MB 102/02 -, juris Rn. 18).
Das LBA hat sich hier zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 11.10.2021 auf die bereits die Untersagung tragenden Erwägungen berufen und ergänzend ausgeführt, dass die Antragstellerin behördliche Vorgaben bewusst missachtet habe, was ein sofortiges Einschreiten notwendig mache. Weil die Antragstellerin ihren wirtschaftlichen Interessen den Vorrang vor dem Schutz der Luftfahrt vor terroristischen Bedrohungen eingeräumt habe, sei ihr Vertrauen in den Fortbestand der Zulassung nicht schutzwürdig. Diese Begründung enthält eine hinreichend konkrete und substantiierte Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses und genügt damit den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch in materieller Hinsicht rechtmäßig ergangen.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO orientiert sich dabei an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Dabei überwiegt regelmäßig das Interesse eines Antragstellers daran, von den Folgen des Vollzugs einstweilen verschont zu bleiben, wenn sich der angefochtene Bescheid bei summarischer Überprüfung als voraussichtlich rechtswidrig erweist. Erweist sich der angegriffene Verwaltungsakt als voraussichtlich rechtmäßig, ist darüber hinaus zu prüfen, ob ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, den Verwaltungsakt schon vor Eintritt der Bestandskraft zu vollziehen. Das besondere öffentliche Interesse muss in der Regel über jenes Interesse hinausgehen, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Es liegt nur vor, wenn die Anordnung durch gewichtige konkrete Gefahren oder andere gewichtige öffentliche Interessen bzw. Belange anderer Beteiligter gerechtfertigt ist, die das Aufschubinteresse des Betroffenen überwiegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.2005 - 1 BvR 223/05 -, juris Rn. 31; Nds. OVG, Beschluss vom 29.06.2016 - 11 ME 100/16 -, juris Rn. 19; VG Braunschweig, Beschluss vom 25.11.2014 - 2 B 233/14 -, n. v.). Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung überwiegt hier das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin.
Die Untersagung der Abwicklung von sicherer Luftfracht und Luftpost durch das LBA war voraussichtlich rechtmäßig, denn es bestehen gem. § 9a Abs. 4 Satz 1 LuftSiG Zweifel daran, dass die Antragstellerin die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und ihrer Durchführungsbestimmungen noch erfüllt.
Nach § 9a Abs. 1 Satz 1 LuftSiG sind reglementierte Beauftragte, bekannte Versender, Transporteure, andere Stellen nach Ziffer 6.3.1.1. Buchst. c des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998, reglementierte Lieferanten und bekannte Lieferanten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs verpflichtet, Sicherheitsmaßnahmen nach den Kapiteln 6, 8, 9, 11 und 12 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 durchzuführen. Hat die zuständige Luftsicherheitsbehörde nach § 9a Abs. 4 Satz 1 LuftSiG Zweifel, ob ein Transporteur oder bekannter Lieferant die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und ihrer Durchführungsbestimmungen noch erfüllt, untersagt sie diesem die Abwicklung von sicherer Luftfracht, Luftpost, Bordvorräten oder Flughafenlieferungen, bis die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und ihrer Durchführungsbestimmungen wieder zweifelsfrei erfüllt werden.
Zweifel an der Erfüllung der genannten Anforderungen sind zu bejahen, wenn hinreichende, auf objektiven Tatsachen basierende Anhaltspunkte für das Vorliegen von Verstößen vorliegen. Dies erfordert keine lückenlose Aufklärung des Sachverhalts durch das LBA. Denn die Untersagung dient als Sofortmaßnahme gerade dem Zweck, der Luftsicherheitsbehörde ausreichend Gelegenheit zu geben, weitere Ermittlungen anzustellen und die Zweifel entweder aus dem Weg zu räumen oder aber zu erhärten und sodann einen Widerruf der Zulassung auszusprechen. Nicht hinreichend sind jedoch Beanstandungen aufgrund bloßer Erfahrungssätze oder Behauptungen ins Blaue hinein, ebenso wie geringfügige Verstöße, bei denen ohne weitere Ermittlungen eine Gefährdung des Luftverkehrs ersichtlich ausgeschlossen ist.
Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Tätigkeit der Antragstellerin als zugelassene Transporteurin erfüllt.
Zum einen bestehen aufgrund der Unterauftragsvergabe an die B. objektive Anhaltspunkte für einen Verstoß der Antragstellerin gegen die Ziffer 6.6.1.5 des Anhangs der auf die Verordnung (EG) Nr. 300/2008 gestützten Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 der Kommission vom 05.11.2015 zur Festlegung detaillierter Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen Grundstandards für die Luftsicherheit in der Fassung vom 01.07.2021 sowie gegen Ziffer 6.3.1.2 DVO (EU) 2015/1998 in Verbindung mit dem Transporteur-Sicherheitsprogramm vom 07.01.2021.
Nimmt ein Transporteur die Dienste eines anderen Unternehmens in Anspruch, um eine oder mehrere der in Ziffer 6.6.1.3 DVO (EU) 2015/1998 genannten Funktionen wahrzunehmen, muss dieses andere Unternehmen nach Ziffer 6.6.1.5 Satz 1 DVO (EU) 2015/1998 eine Transporteurvereinbarung mit dem Transporteur unterzeichnen, keine weitere Vergabe von Unteraufträgen vornehmen und die Bestimmungen der Ziffern 6.6.1.3 bzw. 6.6.1.4 DVO (EU) 2015/1998 umsetzen. Der Transporteur, der Aufträge vergibt, trägt nach Ziffer 6.6.1.5 Satz 2 DVO (EU) 2015/1998 die volle Verantwortung für den gesamten Transport im Namen des Beauftragten oder Versenders.
Dementsprechend legt auch das Transporteur-Sicherheitsprogramm der Antragstellerin vom 07.01.2021 fest, dass die Beförderung von sicherer Luftfracht bzw. Luftpost nur an Dritte vergeben werden darf, wenn auch der Dritte ein in Deutschland behördlich zugelassener Transporteur oder reglementierter Beauftragter ist. Ein solches Sicherheitsprogramm ist Voraussetzung für die Zulassung als reglementierter Beauftragter oder zugelassener Transporteur. Ziffer 6.3.1.2 Buchst. a regelt, dass der Antragsteller der jeweiligen zuständigen Behörde ein Sicherheitsprogramm vorlegt, in dem die Methoden und Verfahren beschrieben werden, die der Beauftragte einzuhalten hat, um den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und ihrer Durchführungsbestimmungen zu entsprechen. Auf der Grundlage des Sicherheitsprogramms prüft und bewertet die zuständige Behörde nach Ziffer 6.3.1.2 Buchst. b, ob der Antragsteller die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und der auf deren Grundlage erlassenen Durchführungsrechtsakte erfüllt. Weiter ist Voraussetzung für die Zulassung als reglementierter Beauftragter nach Ziffer 6.3.1.2 Buchst. a, dass der Antragsteller eine Verpflichtungserklärung gemäß Anlage 6-A vorlegt, in der er erklärt, dass die im Sicherheitsprogramm festgelegten Praktiken und Verfahren in allen durch das Programm abgedeckten Betriebsstandorten angewandt und beibehalten werden. Nach § 9a Abs. 1 Satz 2 LuftSiG sind die in Satz 1 aufgeführten Sicherheitsmaßnahmen von den genannten Stellen, somit auch von zugelassenen Transporteuren, in einem Sicherheitsprogramm im Sinne des Artikels 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 darzustellen. Mit diesen Regelungen erlangt auch das Sicherheitsprogramm Verbindlichkeit als Grundlage für die Zulassung des Transporteurs durch das LBA, sodass Verstöße des Transporteurs Aufsichtsmaßnahmen rechtfertigen können.
Die Antragstellerin ließ mehrfach Transportaufträge durch die B. durchführen, nachdem das LBA dieser am 10.09.2021 die Abwicklung sicherer Luftfracht untersagt hatte. Damit war die B. keine zugelassene Transporteurin mehr. Ferner wurde durch den mit sofortiger Vollziehung versehenen, unangefochtenen und mittlerweile bestandskräftigen Bescheid vom 17.09.2021 festgestellt, dass die B. gegen die Bestimmungen der Ziffern 6.6.1.3 bzw. 6.6.1.4 DVO (EU) 2015/1998 verstoßen hat, indem sie Mitarbeiter zum Transport sicherer Luftfracht einsetzte, die nicht über die notwendige gültige Zuverlässigkeitsüberprüfung und Sicherheitsschulung verfügten.
Die rechtswidrige Unterauftragsvergabe an die B. ist hinreichend dokumentiert. Dies ergibt sich bereits aus der Transporteursvereinbarung zwischen den beiden Unternehmen vom 10.09.2021. Dass diese Vereinbarung auch vollzogen wurde, ergibt sich für den Zeitraum vom 10.09.2021 bis zum 14.09.2021 aus der von der Antragstellerin mit E-Mail vom 15.09.2021 beim LBA vorgelegten Liste, in der zwölf Fahrten der B. für die Antragstellerin vermerkt sind.
Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin auch zwischen dem 15.09.2021 und dem 30.09.2021 weiterhin Aufträge durch die B. hat durchführen lassen. Es ist bereits fraglich, ob die vorgelegten Arbeitsverträge vom 20.09.2021 für die sechs ehemaligen Mitarbeiter der B. überhaupt wirksam sind, weil zumindest dem Fahrer L. im Rahmen der Befragung durch die Auditoren des LBA am 04.11.2021 nicht klar zu sein schien, dass sein Arbeitgeber gewechselt hatte, und die Antragstellerin in ihrer Widerspruchsbegründung offenbar wahrheitswidrig ausführte, drei der Mitarbeiter seien schon immer bei ihr angestellt. Unabhängig davon sehen die vorgelegten Arbeitsverträge jeweils einen Beginn des Arbeitsverhältnisses mit der Antragstellerin erst am 01.10.2021 vor. Die Antragstellerin verfügte zuvor also noch über kein eigenes Personal. Weil die seit der Untersagung von der B. an die Antragstellerin übertragenen Auftragsverhältnisse nach Angaben des Inhabers der B. aber weitergeführt werden mussten, spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin die Fahrten bis zum 30.09.2021 durch die Mitarbeiter der B. wahrnehmen ließ. Entsprechendes bestätigte auch der Geschäftsführer der Antragstellerin gegenüber dem LBA laut Gesprächsprotokoll des Telefonats vom 01.10.2021. Einem Verstoß steht insofern nicht entgegen, dass die Antragstellerin ggf. nur solche Fahrer mit gültiger Zuverlässigkeitsüberprüfung und Sicherheitsschulung einsetzte. Denn die B. konnte zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht die notwendige Gewähr dafür bieten, dass diese Vorgaben durch ihre Mitarbeiter eingehalten wurden.
Und auch im Zeitraum zwischen dem 01.10.2021 und dem Erlass des Bescheides am 11.10.2021 fehlte der Antragstellerin jedenfalls noch ein eigener Fuhrpark, mit dem sie die vereinbarten Fahrten hätte durchführen können. Die Fahrzeuge, mit denen die bei ihr angestellten Fahrer L. und F. noch am 04.11.2021 und am 10.11.2021 Fahrten vornahmen, waren beide auf die B. zugelassen. Eine reine Anmietung der Fahrzeuge der B. durch die Antragstellerin erfüllt die Kriterien einer Unterauftragsvergabe, da trotz der entgeltlichen Nutzung die Einflussmöglichkeiten auf die Beschaffenheit der Fahrzeuge bei der Halterin verbleiben. Die ordnungsgemäße Sicherung muss aber laut Ziffer 6.3.1.2 DVO (EU) 2015/1998 i. V. m. dem Transporteur-Sicherheitsprogramm vom 07.01.2021 von dem zugelassenen Transporteur selbst sichergestellt werden. Diese Verpflichtung kann er nicht auf eine ihrerseits nicht zugelassene Auftragnehmerin delegieren.
Außerdem ist der Antragstellerin vorzuwerfen, dass sie die Verschiebung von Verantwortung zwischen ihr und der B. nicht transparent für die reglementierten Beauftragten und bekannten Versender machte, für die sie Transportaufträge durchführte. Die B. ist als ehemals zugelassene Transporteurin nach § 9a Abs. 4 Satz 2 LuftSiG verpflichtet, die Untersagung all den Stellen, von denen sie benannt wurde, mitzuteilen. Dies bezeichnet die Stellen, für die der Transporteur tätig gewesen ist, denn Transporteure und bekannte Lieferanten werden nicht in der EU-Datenbank gelistet, sodass die Luftsicherheitsbehörde die betroffenen Unternehmen nicht selbst feststellen kann (BT-Drs. 18/9752 S. 64). Dieser Verpflichtung ist die B. nicht nachgekommen. Diesen Verstoß hat sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung für den Transport im Rahmen der Unterauftragsvergabe nach Ziffer 6.6.1.5 Satz 2 DVO (EU) 2015/1998 zurechnen zu lassen.
Hinzu kommt, dass jeder reglementierte Beauftragte nach Ziffer 6.3.2.1 DVO (EU) 2015/1998 bei der Annahme von Sendungen prüfen muss, ob die Stelle, von der er die Sendung erhält, ein reglementierter Beauftragter, ein bekannter Versender, ein geschäftlicher Versender oder keines davon ist. Nach Ziffer 6.1.1 des Anhangs VO (EU) 300/2008 nimmt ein Luftfahrtunternehmen Frachtstücke oder Postsendungen zur Beförderung in einem Luftfahrzeug nur dann entgegen, wenn es selbst entsprechende Sicherheitskontrollen durchgeführt hat oder deren Durchführung von einem reglementierten Beauftragten, einem bekannten Versender oder einem geschäftlichen Versender bestätigt und quittiert wurde. Und Ziffer 6.3.2.2 DVO (EU) 2015/1198 und deren Konkretisierungen in § 9a Abs. 5 und Abs. 6 LuftSiG bestimmen, dass die Identität der Personen, die Sendungen in die sichere Lieferkette übergeben, stets dokumentiert und für die Luftsicherheitsbehörde nachvollziehbar sein muss. Der verantwortliche Transporteur muss somit seine Identität offenlegen, damit die Unternehmen, an die er die Luftfracht und Luftpost übergibt, seinen Status in der Unionsdatenbank bzw. der vom LBA geführten Liste nachvollziehen können. Nur dann können die anderen Beteiligten der sicheren Lieferkette wie auch das LBA als Aufsichtsbehörde sicherstellen, dass bei der Durchführung eines Transports alle vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden und die sichere Luftfracht vor unbefugtem Zugriff geschützt war und ist.
Die von der Antragstellerin eingesetzten Mitarbeiter haben jedoch falsche bzw. widersprüchliche Angaben zu der Verantwortlichen für die durchgeführten Transportfahrten gemacht. So gab der Fahrer Herr F. am 14.09.2021 gegenüber der D. an, eine Abholung im Namen der reglementierten Beauftragten G. durchzuführen, gegenüber den Auditoren des LBA und der Empfängerin der Luftfracht H. wiederum, dass er im Auftrag der B. unterwegs sei. Es besteht insofern kein Grund, an den Feststellungen im Bericht vom 14.09.2021 zu zweifeln. Den Angaben des Fahrers widersprachen wiederum die Angaben des damaligen Sicherheitsbeauftragten der Antragstellerin, dass der Fahrer Transporte im Auftrag der Antragstellerin ausführte. Auch wenn der Fahrer sich hinsichtlich seiner Personalien korrekt vorgestellt und ausgewiesen hat, war nicht erkennbar, in wessen Verantwortung er die Transportfahrten durchführte.
Schließlich bestehen auch hinreichende, auf Tatsachen basierende Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin mit dem Einsatz des Fahrers F. der B. selbst gegen die Vorgaben zur Zuverlässigkeitsüberprüfung und Sicherheitsschulung der eingesetzten Mitarbeiter nach den Ziffern 6.6.1.3 und 6.6.1.4 DVO (EU) 2015/1998 wie auch gegen das Transporteur-Sicherheitsprogramm verstieß.
Nach Ziffer 6.6.1.3 DVO (EU) 2015/1998 hat der Transporteur sicherzustellen, dass das Personal, das sicherheitskontrollierte Luftfracht und Luftpost abholt, befördert, lagert und ausliefert, mindestens eine Überprüfung der persönlichen Integrität, einschließlich der Überprüfung der Identität und des Lebenslaufs und/oder der vorgelegten Referenzen und eine allgemeine Schulung des Sicherheitsbewusstseins nach Ziffer 11.2.7 DVO (EU) 2015/1998 absolviert hat. Nach Ziffer 6.6.1.4 DVO (EU) 2015/1998 muss das Personal des Transporteurs, das bei der Wahrnehmung einer der in Ziffer 6.6.1.3 DVO (EU) 2015/1998 genannten Funktionen oder bei der Durchführung einer der in diesem Kapitel vorgesehenen Sicherheitskontrollen unbeaufsichtigten Zugang zu Fracht und Post hat, eine Zuverlässigkeitsüberprüfung erfolgreich absolviert haben und eine allgemeine Sicherheitsschulung nach Ziffer 11.2.3.9 DVO (EU) 2015/1998 absolviert haben. In den Luftsicherheitsschulungen erwerben die Mitarbeiter nach den Ziffern 11.2.7 und 11.2.3.9 DVO (EU) 2015/1998 der u. a. Kenntnisse über frühere unrechtmäßige Eingriffe in der Zivilluftfahrt, Terroranschläge und aktuelle Bedrohungen, Meldeverfahren, die Identifizierung verbotener Gegenstände sowie über Schutzanforderungen für Fracht und Post. Das Transporteur-Sicherheitsprogramm vom 07.01.2021 bestimmt ergänzend, dass die Fahrer des zugelassenen Transporteurs stets einen Nachweis über die durchgeführte Zuverlässigkeitsüberprüfung und ihre Teilnahme an der Sicherheitsschulung bei sich führen müssen.
Der Fahrer Herr F. führte bei der Anlieferung von sicherer Luftfracht am 14.09.2021 keine Schulungsbescheinigung mit sich und konnte sich auch auf detaillierte Nachfrage hin nicht daran erinnern, jemals eine solche Schulung besucht zu haben. Dass der Fahrer keinen Nachweis über seine Schulung bei sich führte, hat die Antragstellerin nicht bestritten. Das Verhalten des Mitarbeiters ihrer Unterauftragnehmerin ist der Antragstellerin insofern zuzurechnen. Zudem bestehen objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Schulungsbescheinigung vom 28.11.2020 dem Fahrer fälschlicherweise ausgestellt wurde, weil er die Schulung zwischen dem 09.11.2020 und dem 28.11.2020 tatsächlich nicht besucht hat. Zum Zeitpunkt der Befragung durch die Auditoren des LBA lag der Schulungszeitraum noch nicht einmal ein Jahr zurück und der Fahrer bestritt mit Nachdruck, jemals an einer Schulung teilgenommen zu haben. Er zeigte sich gegenüber den Auditoren des LBA vielmehr überzeugt davon, eine solche nicht zu benötigen. Auch seine mangelnden Deutsch- und Computerkenntnisse sprechen dagegen, dass ihm die Teilnahme mit Erfolg möglich gewesen wäre. Nach den Feststellungen des LBA im Rahmen der Auditierung vom 10.09.2021 hat die B. zudem bereits zuvor rechtswidrig eine Schulungsbescheinigung für einen Mitarbeiter erlangt, der nicht an dem Schulungsprogramm teilgenommen hatte. Der Einwand der Antragstellerin, der Fahrer habe keine sachbezogenen Angaben gemacht, weil die Auditoren des LBA sich nicht ordnungsgemäß vorgestellt hätten, ist unglaubhaft angesichts des umfangreichen Gesprächsprotokolls des LBA vom 14.09.2021, laut dem der Fahrer diverse sonstige sachbezogene Angaben machte.
Es bestehen somit hinreichende Anhaltspunkte für mehrfache Verstöße der Antragstellerin gegen die Vorgaben der DVO (EU) 2015/1998 wie auch gegen das Transporteur-Sicherheitsprogramm. Diese sind auch nicht als geringfügig anzusehen, da eine Gefahr für die Sicherheit der Zivilluftfahrt besteht und ohne weitere Ermittlungen nicht ausgeräumt werden kann.
Bestehen Zweifel daran, dass der zugelassene Transporteur die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und ihrer Durchführungsbestimmungen noch erfüllt, sieht § 9a Abs. 4 LuftSiG für die zuständige Behörde kein Ermessen vor, sondern die gebundene Entscheidung, dem Transporteur die Abwicklung von sicherer Luftfracht und Luftpost zu untersagen, bis die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und ihrer Durchführungsbestimmungen wieder zweifelsfrei erfüllt werden.
Ein besonderes Vollzugsinteresse für die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO liegt ebenfalls vor. Aus der zweifelhaften Integrität der Antragstellerin folgt eine unmittelbare Gefährdung der zivilen Luftfahrt, solange diese weiterhin an der sicheren Lieferkette beteiligt ist. Daraus ergibt sich, dass die Umsetzung der Untersagung des Transportes sicherer Luftfracht in diesem Fall eilbedürftig ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG und orientiert sich an Nr. 26.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in: NVwZ-Beilage 2013, 57). Danach ist für sonstige Erlaubnisse nach dem Luftsicherheitsgesetz der Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen. Im Hinblick auf die Vorläufigkeit des begehrten Rechtsschutzes hat die Kammer diesen Wert halbiert (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).