Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 09.10.1995, Az.: 1 VAS 14/95

Zurückstellung der Strafvollstreckung; Betreutes Wohnen mit psychosozialer Begleitung als eine der Rehabilitation des Verurteilen dienenden Behandlung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
09.10.1995
Aktenzeichen
1 VAS 14/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 29058
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:1009.1VAS14.95.0A

Fundstelle

  • StV 1995, 650

Amtlicher Leitsatz

Durch Arzt und Drogenberater betreutes Wohnen im Zusammenhang mit einer psychosozialen Begleitung kann eine der Rehabilitation dienende Behandlung sein und eine Zurückstellung von der Strafvollstr. rechtfertigen.

Gründe

1

Nachdem das AG durch Beschl. v. 11.7.1995 der Zurückstellung der Strafvollstreckung zugestimmt hatte, hat die StA die Zurückstellung abgelehnt und dies dem Verurteilten mit Bescheid vom 17.7.1995 mitgeteilt. Hiergegen richtete sich die Bescherde des Verurteilten vom 21.7.1995. Die GStA hat keinen Anlaß gesehen, die Entscheidung der StA zu beanstanden, und den Verurteilten unter dem 22.8.1995 entsprechend beschieden. Mit Schriftsatz vom 30.8.1995 ficht der Verurteilte die Ablehnung der Zurückstellung durch die Strafvollstreckungsbehörde nach §§ 23 ff. EGGVG an.

2

Der Antrag auf Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der ablehnenden Entscheidung der StA ist fristgerecht gestellt, und gemäß § 23 ff. EGGVG zulässig. Er hat auch in der Sache Erfolg.

3

Der Senat stellt unter Aufhebung der Bescheide der StA die Strafvollstreckung aus den eingangs genannten Urteilen zurück (§ 35 Abs. 2 S. 3 BtMG), Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 BtMG liegen vor, so daß die der Zurückstellung entgegenstehenden Entscheidungen keinen Bestand haben können.

4

Der Verurteilte hat nach Auskunft des Leiters der JVA zugesagt und ersichtlich auch den festen Willen, sich einer seiner Rehabilitation dienenden Behandlung zu unterziehen. Deren Beginn ist auch gewährleistet. Der Verurteilte kann am 10.10.1995 bei Kostenzusage des Sozialamts der Stadt O. in das Schutzhüttenprogramm der Jugend- und Drogenberatung ... aufgenommen werden. Dieses Programm setzt sich zusammen aus dem sog. betreuten Wohnen einerseits und aus der psychosozialen Begleitung andererseits, dem eigentlichen Kern der Therapie, die durch Drogenberater und Arzt gewährleistet ist. Deren Entscheidung unterliegt auch die Frage der Substitution. In seiner Gesamtheit entspricht dieses Konzept in der dem Senat vorliegenden Form einer der Rehabilitation des Verurteilen dienenden Behandlung i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 1 und 2 BtMG (vgl. auch Senatsbeschl. v. 1.2.1994 StV 1994, 262 f., Körner, BtMG, 4.A., RdNr. 85 zu § 35 f.). Da der Verurteilte persönlich auch unter den Bedingungen des Strafvollzuges die ernsthafte Bereitschaft gezeigt hat, an seiner Rehabilitation mitzuarbeiten, ist die Zurückstellung der Strafvollstreckung angebracht. Die GStA hat im Hinblick auf die inzwischen gewonnenen aktuellen Erkenntnisse geäußert, eine Zurückstellung könnte erwogen werden. Der Senat hat entsprechend entschieden.

5

Die Feststellung der Anrechnungsfähigkeit folgt aus§ 36 Abs. 1 S. 2 BtMG i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 und Abs. 1 Satz 1 BtMG.