Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 23.10.1995, Az.: SS 371/95

Feststellung der Schuldfähigkeit nach Alkoholgenuss; Höhe des stündlichen Abbauwerts bei Rückrechnung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
23.10.1995
Aktenzeichen
SS 371/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 29079
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:1023.SS371.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Bei der Feststellung der Schuldfähigkeit nach Alkoholgenuss ist bei der Rückrechnung ein Abbauwert von stündlich 0,2 Promille zzgl. eines Sicherheitsabschlages von 0,2 Promille in Betracht zu ziehen

Gründe

1

Das Landgericht hat zur Trunkenheitsfahrt auf Grund rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung seine Überzeugung von dem objektiv festgestellten Sachverhalt dargelegt.

2

Im Übrigen war das Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen. Denn die Strafkammer hat ersichtlich dem Schuldspruch wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr einen Alkoholisierungsgrad von über 1,81 Promille zu Grunde gelegt und dabei eine verminderte Schuldfähigkeit nach § 21 StGB nicht ausgeschlossen, ohne aber die Voraussetzungen der §§ 20, 323 a StGB in Betracht zu ziehen. Dazu bestand jedoch Anlass, weil der Angeklagte die Fahrt nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen möglicherweise bereits um 1.00 Uhr oder bald danach angetreten hat. Dann aber kann bei ihm zur Fahrzeit eine Blutalkoholkonzentration im Bereich von 2,9 bis 3,0 Promille vorgelegen haben, die die Prüfung eines Vollrausches nahe legte. Das ergibt sich aus der nach neueren rechtsmedizinischen Erkenntnissen bei der Feststellung der Schuldfähigkeit gebotenen Rückrechnung mit einem stündlichen Abbauwert von 0,2 Promille unter Beachtung eines Sicherheitszuschlags von noch einmal 0,2 Promille (vgl. BGH NStZ 1995, 539; VRS 363, 364; VRS 75, 451, 454; Hentschel/Born, Trunkenheit im Straßenverkehr, 6. Auflage, Rn. 249). Der Senat stellt nicht darauf ab, dass das Landgericht das Verhalten des Angeklagten nur als Folge eines Spontanentschlusses des "volltrunkenen" Angeklagten erklärt. Dadurch, dass die Rückrechnung und die Prüfung eines Vollrausches im Sinne des § 323 a StGB unterblieben sind, kann der Angeklagte benachteiligt sein, weil sich im Verhältnis zur Trunkenheit im Verkehr das Vergehen nach § 323 a StGB als geringer einzustufendes Delikt darstellte (vgl. OLG Düsseldorf NStE Nr. 64 zu § 46 StGB). Im Falle des Schuldspruchs nach § 323 a StGB entfiele zudem die tateinheitliche Verurteilung wegen eines Vergehens nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, weil auch dieses von dem Auffangtatbestand des § 323 a StGB erfasst würde. Mithin konnte der Schuldspruch insgesamt keinen Bestand haben. Er war mit den über die aufrechterhaltenen hinausgehenden Feststellungen, insbesondere denen zur subjektiven Tatseite aufzuheben.