Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 25.08.2005, Az.: 13 U 120/05

Ausrutschen; Delegation; Delegierung; Eindeutigkeit; Formulierung; gebotene Sicherheitsmaßnahme; gebotene Sicherungsmaßnahme; Gebäudesicherungspflicht; Gefahrausschaltung; Gefahrenabwehr; Gefahrenstelle; Gefahrstelle; Gefahrvermeidung; Haftung; klare Absprache; Klarheit; Kompetenzabgrenzung; Krankenhausbetreiber; Krankenhausbetrieb; Krankenhausträger; Körperverletzung; Reinigungsarbeiten; Reinigungsfirma; Reinigungsunternehmen; Rutschgefahr; Schadenersatzanspruch; Verhinderungspflicht; Verkehrssicherungspflicht; Warnhinweis; Wirksamkeitsvoraussetzung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
25.08.2005
Aktenzeichen
13 U 120/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 51097
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 16.02.2005 - AZ: 7 O 427/04

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Verden vom 16. Februar 2005 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 5.400 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die Berufung ist begründet.

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I. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht der Klägerin nicht zu.

3

Die Berufung beanstandet mit Recht die Auffassung des Landgerichts, die Beklagte habe die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht auf die Streitverkündete übertragen, weil im Vertrag der Beklagten mit der Streitverkündeten hinreichend klare Absprachen fehlten, die eine Verhinderung der typischerweise mit der Bodenreinigung verbundenen Rutschgefahr durch geeignete Maßnahmen sicherstellten und eine klare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten herbeiführten.

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Nach ständiger Rechtsprechung kann die Verkehrssicherungspflicht delegiert werden. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich, während sich die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich Verantwortlichen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht verengt (BGH, NJW-RR 1989, 395 [BGH 17.01.1989 - VI ZR 186/88]). Eine solche Delegation der Verkehrssicherungspflichten setzt eine klare Absprache voraus, die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sicherstellt (BGH, NJW 1996, 2646 [BGH 04.06.1996 - VI ZR 75/95]). Unklarheiten in der Kompetenzabgrenzung gehen zu Lasten des ursprünglich Verkehrssicherungspflichtigen (MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 295).

5

Im Streitfall hat die Beklagte mit der Streitverkündeten vereinbart, diese habe dafür zu sorgen, dass durch die Reinigungsarbeiten für Bewohner und Personal keine Gefährdung möglich sei; soweit erforderlich habe die Streitverkündete die gebotenen Sicherungsmaßnahmen zu treffen und entsprechende Hinweise an den Gefahrenstellen anzubringen. Darin liegt eine hinreichend klare Absprache, mit der die Beklagte die bei den Reinigungsarbeiten entstehende Verkehrssicherungspflicht auf die Streitverkündete übertragen hat. Indem die Beklagte vertraglich versprach, dafür zu sorgen, dass durch die Reinigungsarbeiten keine Gefährdung möglich sei und dass sie die gebotenen Sicherungsmaßnahmen treffen werde, hat sie bei der Klägerin die berechtigte Erwartung geweckt, sie werde die notwendigen Verkehrssicherungsmaßnahmen in eigener Verantwortung treffen. Die Abgrenzung der Verantwortlichkeit ist eindeutig. Soweit das Landgericht meint, es fehle an klaren Absprachen, die eine Verhinderung der typischerweise mit der Bodenreinigung verbundenen Rutschgefahr durch geeignete Maßnahmen der Streitverkündeten sicherstellten, kann dem nicht beigetreten werden. Die Beklagte musste für eine wirksame Übertragung der Verkehrssicherungspflicht nicht etwa mit der Streitverkündeten vereinbaren, welche konkreten Maßnahmen die Streitverkündete zur Vermeidung einer Rutschgefahr zu ergreifen hatte. Bei der Streitverkündeten handelt es sich um ein Fachunternehmen, das die Reinigungsarbeiten im Krankenhaus seit 1979 ausgeführt hat. Solange nicht Anhaltspunkte für das Gegenteil vorlagen, durfte die Beklagte deshalb davon ausgehen, dass die Streitverkündete die Verkehrssicherungspflichten in eigener Verantwortung ordnungsgemäß erfüllte.

6

Anders wäre es dann, wenn für die Beklagte erkennbar gewesen wäre, dass die von der Streitverkündeten ergriffenen Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichten (MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 294). Dafür liegen indes keine ausreichenden Anhaltspunkte vor.

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Die Beklagte hat auch nicht ihre Kontroll- und Überwachungspflicht verletzt, die sich darauf erstreckte, ob die Streitverkündete der übernommenen Verkehrssicherungspflicht tatsächlich genügte (vgl. BGH, NJW 1996, 2646 [BGH 04.06.1996 - VI ZR 75/95]). Der originär Verkehrssicherungspflichtige kann sich im Allgemeinen auf die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht durch den beauftragten Dritten verlassen (Palandt/Thomas, 62. Aufl., § 823 Rn. 59). Regelmäßige Kontrollen reichen grundsätzlich aus (MünchKomm/Wagner, § 823 Rn. 294). Solche Kontrollen hat die Beklagte durchgeführt. Die Zeugin A., die im Krankenhaus der Beklagten für die Überwachung der Reinigungsfirmen und der Wäschereinigung zuständig ist, hat als Zeugin ausgesagt, dass sie die Reinigungsarbeiten täglich kontrolliere. Die Kontrolle betreffe sowohl die Erfüllung des Leistungsverzeichnisses durch die Reinigungsfirma als auch die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht. Dabei werde von ihr, der Zeugin, insbesondere darauf geachtet, ob die Reinigungsschilder aufgestellt und die Flure halbseitig gereinigt worden seien. Auf Frage hat die Zeugin bekundet, dass sie darauf schon immer, nicht erst seit dem Unfall großen Wert lege. Es habe zwar immer einmal etwas zu beanstanden gegeben, in der Regel seien die Verkehrssicherungsmaßnahmen aber ordnungsgemäß vorgenommen worden. Soweit das zum Unfallzeitpunkt beauftragte Reinigungsunternehmen zum 1. November 2003 ausgeschieden sei, habe dies nicht etwa an Mängeln bei den Reinigungsarbeiten oder der Verkehrssicherung gelegen, sondern ausschließlich auf Kostengesichtspunkten beruht. Der Senat hält die Zeugin für glaubwürdig und hat keine Bedenken ihrer Aussage zu folgen.

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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

9

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.