Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.06.1997, Az.: 17 UF 187/93

Regelung des Versorgungsausgleichs durch Abänderung eines erstinstanzlichen Urteils; Ausgleich von in der Ehezeit erworbenen volldynamischen Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung; Übertragung gesetzlicher Rentenanwartschaften; Zumutbarkeit einer Beitragszahlung zur Begründung weiterer gesetzlicher Rentenanwartschaften ; Durchführung eines Versorgungsausgleichs in schuldrechtlicher Form; Voraussetzungen für die Fälligkeit der Ausgleichsrente

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
26.06.1997
Aktenzeichen
17 UF 187/93
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1997, 23765
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1997:0626.17UF187.93.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Celle - 14.10.1993 - AZ: 23 F 328/92
BGH - 09.10.1996 - AZ: XII ZB 188/94

Verfahrensgegenstand

Versorgungsausgleich

Der 17. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle hat
am 26. Juni 1997
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und die Anschlußbeschwerde des Antragstellers wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Celle vom 14. Oktober 1993 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (II des Tenors) geändert und der Senatsbeschluß vom 16. September 1994 in dem durch den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 9. Oktober 1996 (XII ZB 188/94) aufgehobenen Teil wie folgt neu gefaßt:

c) Der weitere Ausgleich der Anwartschaften des Ehemannes auf betriebliche Altersversorgung bei der N. P. in Frankfurt/Main hat schuldrechtlich zu erfolgen.

Die Anschlußbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerdeinstanz werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Gründe

1

Mit Beschluß vom 16. September 1994 hat der Senat in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Versorgungsausgleich zwischen den Parteien anderweitig geregelt und dabei die vom Ehemann in der Ehezeit erworbenen (volldynamischen) Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung bei der A. A. GmbH und bei der N. P. in der Weise ausgeglichen, daß zum einen (zusätzliche) gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 70 DM vom Rentenversicherungskonto des Ehemannes auf das Rentenversicherungskonto der Ehefrau übertragen wurden (§ 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG) und zum anderen dem Ehemann aufgegeben wurde, zugunsten der Ehefrau weitere gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 357,19 DM durch Beitragszahlung (68.055,57 DM) zu begründen (§ 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG). Diese Entscheidung hat der BGH auf die weitere Beschwerde des Ehemannes hinsichtlich der angeordneten Beitragszahlung aufgehoben und die Sache insoweit an den Senat zurückverwiesen (Beschluß vom 09.10.1996 - XII ZB 188/94). Die Höhe des vom Senat ermittelten Ausgleichsanspruchs der Ehefrau hat der BGH hingegen bestätigt. Der Senat hat daher nur noch darüber zu entscheiden, in welcher Form der Ausgleich hinsichtlich des im Anschluß an das erweiterte Splitting nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG noch verbleibenden Restbetrages von monatlich 357,19 DM durchzuführen ist. Dabei ist er an die rechtliche Beurteilung des BGH gebunden (§ 565 Abs. 2 ZPO entsprechend).

2

Ein öffentlich-rechtlicher Wertausgleich des genannten Restbetrages käme nur nach § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG in Betracht. Diese Vorschrift ist als Ermessensregelung ausgestaltet, bei der es im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters steht, ob und in welchem Umfang er den Ausgleichsverpflichteten zu Beitragszahlungen heranzieht. Maßstab für die zu treffende Ermessensentscheidung ist nach dem Gesetz die Zumutbarkeit der Beitragszahlung für den Ausgleichsverpflichteten, gemessen an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen. Er braucht nach Auffassung des BGH jedenfalls nicht überwiegende Teile eines ihm gebührenden Zugewinns oder eines sonst ihm nach der Auseinandersetzung verbliebenen Vermögens aufzugeben. Auch ein Einsatz des Erlöses für ein Haus, das während der Ehe der Familie zu Wohnzwecken diente, ist nicht ohne weiteres zumutbar. Ferner ist u.a. zu berücksichtigen, ob der Verpflichtete für seine Altersversorgung auf sein (verbliebenes) Vermögen angewiesen ist und ob der Berechtigte durch den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich abgesichert ist (BGH a.a.O. S. 15 ff).

3

Nach diesen Grundsätzen ist dem Ehemann eine Beitragszahlung zur Begründung weiterer gesetzlicher Rentenanwartschaften für die Ehefrau nicht zumutbar. Er verfügte - bezogen auf das Ende der Ehezeit - über gesetzliche Rentenanwartschaften von insgesamt monatlich 2.364,20 DM. Nach Abzug der aufgrund des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs auf die Ehefrau übertragenen Anwartschaften von monatlich (815,40 DM + 70 DM =) 885,40 DM verbleiben ihm davon monatlich 1.478,80 DM. Hinzu kommen betriebliche Versorgungsanwartschaften von insgesamt monatlich (169,33 DM + 1.153,92 DM =) 1.323,25 DM, wovon noch monatlich 357,19 DM auszugleichen sind, so daß ihm monatlich 966,06 DM verbleiben werden. Insgesamt konnte der Ehemann daher nach dem Stand bei Ehezeitende (30.11.1992) für seinen Ruhestand mit Renten von monatlich (1478,80 DM + 966,06 DM =) 2.444,86 DM rechnen. Dieser Betrag liegt nicht so hoch, daß der Ehemann auf eine zusätzliche Altersversorgung in Form von Erträgnissen seines Vermögens nicht angewiesen wäre.

4

An Vermögenswerten besitzt der Ehemann lediglich seinen Miteigentumsanteil an dem beiden Parteien je zur ideellen Hälfte gehörenden Haus in H.. Der Verkehrswert nach Abzug der Belastungen liegt bei rund 200.000 DM, so daß der Ehemann bei der Vermögensauseinandersetzung mit einem Erlös von rund 100.000 DM rechnen könnte. Die Auflösung der Miteigentumsgemeinschaft ist jedoch kurzfristig nicht zu erwarten. Entgegen der vom Senat in seinem Beschluß vom 16.09.1994 geäußerten Erwartung (die auf den damaligen Angaben der Parteien beruhte) haben die Parteien das Haus, in dem die Ehefrau nach wie vor wohnt, bisher nicht verkauft, weil sie sich nicht einig werden konnten. Auch die im Anschluß an den Beschluß des BGH wieder aufgenommenen Vergleichsgespräche sind gescheitert. Der Ehemann hat nunmehr die Teilungsversteigerung beantragt. Danach ist nicht damit zu rechnen, daß der Ehemann alsbald über seinen Anteil an dem im Hausgrundstück gebundenen Kapital verfügen kann. Außerdem ist auch zweifelhaft, ob überhaupt ein annähernd dem Verkehrswert entsprechender Erlös wird erzielt werden können. Selbst wenn es aber zu einer angemessenen Verwertung des Hausgrundstücks kommen sollte, wäre dem Ehemann nicht zuzumuten, den ihm zustehenden Erlös aus dem Verkauf des Hauses für die Begründung von weiteren Rentenanwartschaften für die Ehefrau zu verwenden. Denn ein Kapitalvermögen von allenfalls 100.000 DM hält sich noch in einem bescheidenen Rahmen und muß dem Ehemann zur Verbesserung seiner Altersversorgung belassen werden, damit er nach dem Eintritt in den Ruhestand seinen Lebensstandard in etwa aufrecht erhalten kann. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß der Ehemann bereits knapp 60 Jahre alt ist und demnächst bereits in den Ruhestand treten will. Er hat daher keine Möglichkeit mehr, durch weitere Erwerbstätigkeit zusätzliche Vesorgungsanwartschaften zu erwerben.

5

Ausreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Ehemann über weiteres nennenswertes Vermögen verfügt, sind nicht ersichtlich. Nach eigenen Angaben besitzt er nur noch ein. Sparbuch mit einem relativ geringfügigen Guthaben von ca. 5.400 DM. Selbst wenn er - wie die Ehefrau (allerdings ohne ausreichende Substanz) behauptet - vor der Trennung über ein Aktiendepot im Nennwert von 25.000 DM verfügt haben sollte und wenn diese Aktien auch jetzt noch in seinem Eigentum stehen sollten, würde dies nicht die Zumutbarkeit der Beitragszahlung begründen. Denn die Ehefrau macht nach eigenen Angaben einen Zugewinnausgleichsanspruch in Höhe von 54.912,70 DM gegen den Ehemann geltend. Er müßte daher, wenn die Ehefrau die Richtigkeit ihres Vorbringens nachweisen könnte, die Hälfte seines in der Ehe erzielten Zugewinns und damit auch des Aktiendepots im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung ausgleichen. Unter diesen Voraussetzungen könnte von ihm nicht auch noch erwartet werden, daß er überwiegende Teile des ihm selbst verbleibenden Zugewinns aufgäbe, um damit zusätzliche Versorgungsanwartschaften für die Ehefrau zu begründen. Auch zu nennenswerten Ratenzahlungen ist der Ehemann nach seinen im einzelnen dargelegten Einkommensverhältnissen nicht in der Lage.

6

Der restliche Versorgungsausgleich zugunsten der Ehefrau kann danach nur in schuldrechtlicher Form erfolgen (§ 2 VAHRG), d.h. daß die Ehefrau nach Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen vom Ehemann eine Geldrente in Höhe des jeweils auszugleichenden Versorgungsbetrages verlangen kann (§ 1587 g BGB). Die Ehefrau erfährt dadurch gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich keine schwerwiegenden Nachteile. Sie kann gemäß § 1587 i BGB vom Ehemann in Höhe der laufenden Ausgleichsrente Abtretung der in den Ausgleich einbezogenen Versorgungsansprüche verlangen. Dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegen nur noch (restliche) Anwartschaften des Ehemannes bei der N. P.. Deren Versicherungsbestimmungen sehen in Art. 4 Abs. 4 eine Hinterbliebenenrente vor. Diese Regelung hat - worauf schon der BGH (a.a.O. Seite 18) hingewiesen hat - zur Folge, daß die Ehefrau auch im Fall eines Vorversterbens des Ehemannes abgesichert ist. Denn gemäß § 3 a Abs. 1 Satz 1 VAHRG kann sie von dem Träger der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung, also von der N. P., bis zur Höhe der Hinterbliebenenrente die Ausgleichsrente verlangen.

7

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen die Voraussetzungen für die Fälligkeit der Ausgleichsrente nach § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB offensichtlich noch nicht vor. Deshalb versteht der Senat den Antrag des Ehemannes, "den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchzuführen", auch nicht dahin, daß insoweit bereits eine Leistungsentscheidung begehrt wird. Vielmehr ist - lediglich zur Klarstellung - aus zusprechen, daß der restliche Ausgleich der betrieblichen Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der N. P. (zu gegebener Zeit) in Form des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu erfolgen hat. Hierzu bedarf es dann eines Antrags eines Beteiligten (§ 1587 f BGB).

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Den Beschwerdewert hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 16. September 1994 festgesetzt. Einer Neufestsetzung bedarf es nicht, weil das weitere Beschwerdeverfahren nach der Zurückverweisung mit dem früheren Verfahren eine Einheit bildet (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, § 565, Rn 2).