Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.01.1964, Az.: P OVG L 5/63
Heranziehung von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen für Volksschulen; Mitwirkungsrechte des Personalrates bei der Abordnung von Lehrern; Beamtenrechtliche Abordnung bei Wechsel der Dienststelle
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.01.1964
- Aktenzeichen
- P OVG L 5/63
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1964, 10797
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1964:0107.P.OVG.L5.63.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Braunschweig - 13.11.1963 - AZ: P (L) 3/63
Rechtsgrundlagen
- § 85 Abs. 1c NPersVG
- § 77 Abs. 1 b NPersVG
- § 9 Abs. 2 S. 1 NPersVG
Redaktioneller Leitsatz
Eine Abordnung im Sinne des Personalvertretungsrechts ist nur dann gegeben, wenn der Dienstherr den betroffenen Bediensteten - vorübergehend - aus seinem bisherigen Dienstbereich entläßt und ihn vollständiger einer anderen Dienststelle zur Tätigkeit zuweist.
In der Personalvertretungssache
hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein - Fachsenat für Landes-Personalvertretungssachen - in Lüneburg
in seiner Sitzung vom 7. Januar 1964,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Schrödter als Vorsitzender,
Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. Lindenborn als Richter,
Oberverwaltungsgerichtsrat Mühlenfeld als Richter,
Regierungsdirektor Müller als ehrenamtlicher Beisitzer,
Angestellter Popp als ehrenamtlicher Beisitzer,
nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Braunschweig - Fachkammer für Landes-Personalvertretungssachen - vom 13. November 1963 aufgehoben.
Der Antrag des Antragsteller wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Verfahrenswert wird für beide Rechtszüge auf 3.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Durch Verordnung vom 8. Juli 1960 (NdsGVBl 140) hat das Niedersächsische Landesministerium auf Grund des § 18 Abs. 2 des Gesetzes über das öffentliche Schulwesen in Niedersachsen vom 14. September 1954 (NdsGVBl 89) für die Volksschulpflicht mit Beginn des Schuljahres 1962 das neunte Schuljahr eingeführt. Durch Erlaß des Niedersächsischen Kultusministers vom 31. Januar 1962 war bestimmt worden, daß der durch die Einführung des neunten Schuljahres auftretende Mangel an Volksschullehrern durch vorübergehende Heranziehung von Lehrkräften an den berufsbildenden Schulen auszugleichen sei. Im einzelnen heißt es in diesem Erlaß u.a.:
"Betr.: Vorübergehende Beschäftigung von Lehrkräften des berufsbildenden Schulwesens im Volksschuldienst.
Da zu Ostern 1962 beim Übergang zur neunjährigen Schulpflicht nur in einem geringen Umfange Schüler in die Berufsschulen und Berufsfachschulen eintreten werden, wird es möglich sein, Lehrkräfte dieser Schulen vorübergehend ganz oder teilweise an den Volksschulen zu beschäftigen ...
Die Lehrkräfte des berufsbildenden Schulwesens wurden entsprechend den Erfordernissen ihrer Lehraufgaben ausgebildet. Ihre Beschäftigung an der Volksschule muß, wenn sie für Erziehung und Unterricht dieser Schule fruchtbar werden soll, ihre Vorbildung und die im Bereiche des berufsbildenden Schulwesens gewonnene Lehrerfahrung ohne Engherzigkeit berücksichtigen.
Da sie bisher ausschließlich der Volksschulpflicht bereits entwachsene Jugendliche unterrichtet haben, wird sich ihre Verwendung in der Volksschuloberstufe empfehlen. Besonders der Unterricht im 9. Schuljahr kann durch sie eine wertvolle Bereicherung in einzelnen Fachgebieten erfahren. Die Beschäftigung von Lehrkräften des berufsbildenden Schulwesens in der Grundschule bitte ich grundsätzlich zu vermeiden, es sei denn, dies entspräche der besonderen Eignung und Neigung der betreffenden Lehrkraft.
Der Status der Lehrkräfte bleibt beamtenrechtlich und haushaltsrechtlich unberührt. Ich darf erwarten, daß sie die Notwendigkeit einer zeitweiligen Beschäftigung im Volksschuldienst und die Verantwortung, die ihnen im Rahmen der Maßnahmen zur Einführung der neunjährigen Schulpflicht zufällt, erkennen und bejahen.
Dort, wo rechtliche Bedenken geäußert werden, bitte ich, auf § 72 NBG zu verweisen. Danach ist der Beamte verpflichtet, auf Verlangen seines Dienstherrn eine Nebentätigkeit (Nebenamt, Nebenbeschäftigung) im öffentlichen Dienst zu übernehmen und fortzuführen, wenn diese Tätigkeit seiner Vorbildung oder Berufsausbildung entspricht. Das muß auch gelten, wenn die Nebentätigkeit vorübergehend einen größeren Umfang als die Tätigkeit im Hauptamt annimmt oder vorübergehend eine Beschäftigung im Hauptamt nicht erfolgt. An Stelle einer Vergütung für die Tätigkeit an der Volksschule wird der betreffenden Lehrkraft Stundennachlaß im Rahmen der Tätigkeit im berufsbildenden Schulwesen gewährt. Für Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis gilt gemäß § 11 BAT das Entsprechende.
Soweit durch die vorübergehende Beschäftigung von Lehrkräften der berufsbildenden Schulen an Volksschulen Reisekosten entstehen, richtet sich ihre Vergütung nach den allgemeinen Bestimmungen."
Der Beteiligte zu 1.) hat den ihm unterstehenden Schulräten den vorbezeichneten Erlaß mit Verfügung vom 7. Februar 1962 übermittelt, in der es heißt:
"Die Herren Schulräte werden ... gebeten, mir die Vorschläge auf Abordnung der betreffenden Berufsschullehrkräfte an die vorgesehenen Volksschulen mit den entsprechenden Wochenstundenzahlen ... herzureichen."
Die Abstellung von Berufsschullehrkräften an die Volksschulen hat der Beteiligte zu 1.) unter Verwendung eines Vordrucks verfügt, in dem es heißt:
"Bei Wahrung Ihrer bisherigen Rechtsstellung beauftrage ich Sie, im Rahmen Ihrer Pflichtstundenzahl mit Wirkung vom ... wöchentlich ... Stunden an ... der Volksschule in ... zu unterrichten.
Soweit durch diesen Auftrag Reisekosten entstehen, richtet sich Ihre Vergütung nach den allgemeinen Bestimmungen."
Der Antragsteller vertritt die Ansicht, daß er beim Einsatz von Lehrkräften berufsbildender Schulen im Volksschulunterricht mitzuwirken habe. Der Beteiligte zu 1.) hat diese Mitwirkung abgelehnt. Daraufhin hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht beantragt,
festzustellen, daß die vom Beteiligten vorgenommenen Umsetzungen von Lehrern an, berufsbildenden Schulen an die Volksschulen der Mitwirkung des Antragstellers bedürfen, sofern die Anordnung zeitlich unbegrenzt ist oder den Zeitraum von einem Monat überschreitet.
Der Antragsteller hat vorgetragen, die Wahrnehmung von Unterrichtsstunden an Volksschulen durch Lehrer der berufsbildenden Schulen könne nicht als Nebentätigkeit im Sinne von § 72 des Niedersächsischen Beamtengesetzes bezeichnet werden. Der Beteiligte zu 1.) habe beispielsweise einen in ..., Kreis ... tätigen Gartenbauoberlehrer mit 12 Wochenstunden an der Volksschule in ..., Kreis ..., und eine ebendort beschäftigte Landwirtschaftsoberlehrerin mit 18 Wochenstunden an 3 verschiedenen Volksschulen im Kreis ..., desgleichen eine landwirtschaftliche Berufsschullehrerin aus ... mit 8 Wochenstunden in Schneverdingen, Kreis ..., eine Gewerbeoberlehrerin in ... 8 Wochenstunden an einer Volksschule in ... sowie einen Gewerbeoberlehrer aus ... mit 9 Stunden in ... Kreis ... Derartige Umsetzungen von Lehrkräften seien ... als Abordnungsverfügungen anzusehen, bei denen die Personalvertretung mitzuwirken habe. Diese Mitwirkung sei um so mehr erforderlich, als durch Abstellungen der, hier in Rede stehenden Art in die Beamtenrechte der betroffenen Lehrkräfte eingegriffen werde.
Der Beteiligte zu 1.) hat beantragt,
den Feststellungsantrag als unbegründet abzuweisen,
und erwidert, die von dem Antragsteller begehrte Mitwirkung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Eine mitwirkungsbedürftige Abordnung liege nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 13. November 1963 dem Antrag stattgegeben und hierzu ausgeführt, das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz habe - im Gegensatz zu dem Personalvertretungsgesetz des Bundes, das die Beteiligung des Personalrats bei Abordnungen nur in Personalangelegenheiten der Angestellten und Arbeiter kenne - das Mitwirkungsrecht der Personalvertretung ... auf Abordnungen von Beamten erweitert. Diese Gesetzestendenz verbiete eine enge Auslegung des Abordnungsbegriffs: Alle Anordnungen des Dienstherrn in Personalangelegenheiten, die in ihrer Wirkung und Bedeutung für den betroffenen Bediensteten und sein Amt einer Abordnung gleichkämen, seien hiernach personalvertretungsrechtlich wie echte unzweifelhafte Abordnungen zu behandeln, einerlei, ob sie als "Aufträge", als "Umsetzungen", als "vorübergehende Beschäftigung" oder als "Übertragung einer Nebentätigkeit" bezeichnet seien. Für alle diese Maßnahmen sei die Mitwirkung der Personalvertretung erforderlich, soweit sie zeitlich unbeschränkt seien und der Zeitraum von einem Monat überschritten werde. Das müsse auch für die an Lehrer berufsbildender Schulen erteilten Aufträge, Anordnungen oder Weisungen der Schulbehörde gelten, Unterricht an Volksschulen zu erteilen. ... Biese Maßnahme komme in ihrer Auswirkung und Bedeutung einer Abordnung gleich, selbst wenn der Lehrer im Einzelfalle zur Dienstleistung an der Volksschule nur in beschränktem Umfange mit einer bestimmten Zahl von Wochenstunden, herangezogen werde. Eine derartige Weisung der Behörde sei für den Bediensteten von einschneidender Bedeutung und könne ihn zeitlich und fachlich erheblich belasten. Gerade derartige Maßnahmen sollten - das lasse der Sinn des Personalvertretungsgesetzes erkennen - unter Beteiligung der Personalvertretung getroffen werden. Darauf, wie die den Berufsschullehrern erteilten Aufträge beamtenrechtlich zu beurteilen seien, komme es personalvertretungsrechtlich nicht an.
Gegen diesen am 18. November 1963 zugestellten Beschluß richtet sich die am 19. November 1963 bei Gericht eingegangene Beschwerde des Beteiligten zu 1.). Unter Vorlage einer Liste der Lehrkräfte der berufsbildenden Schulen im Regierungsbezirk ..., die ab 1. April 1962 bei den Volksschulen eingesetzt worden sind, beantragt der Beteiligte zu 1.),
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 13. November 1963 aufzuheben und den Feststellungsantrag des Lehrerbezirkspersonalrats beim Regierungspräsidenten in ... als unbegründet zurückzuweisen.
Unter Widerholung seines Vorbringens im ersten Rechtszuge verharrt der Beteiligte bei seiner Rechtsauffassung, daß die Teilbeschäftigung von Lehrkräften berufsbildender Schulen an Volksschulen keine mitwirkungsbedürftige Abordnung sei. Insofern liege eine Nebentätigkeit vor, für die eine Mitwirkung des Personalrats im Gesetz nicht vorgesehen sei. Im Rahmen der ihm zustehenden Organisationsgewalt sei der Dienstherr ermächtigt, zu bestimmen, ob ein konkretes Amt als Hauptamt oder Nebenamt wahrgenommen werden solle. Von dieser Ermächtigung sei mit der durch den Erlaß vom 31. Januar 1962 eingeführten Regelung Gebrauch gemacht worden. Durch die Einrichtung des neunten Schuljahres an den Volksschulen trete vorübergehend eine Entlastung der Berufsschullehrkräfte ein, die es rechtfertige, diese Lehrkräfte gleichsam als Aushilfe an der Volksschule besonders im Fachunterricht der Volksschuloberstufe - einzusetzen, bis die zusätzlich notwendigen Volksschullehrer bereitstünden und Übergangsmaßnahmen entbehrlich seien. Eine Beteiligung des Personalrats an derartigen organisatorischen Maßnahmen sehe das Gesetz nicht vor. Sie könne auch nicht in sinngemäßer Anwendung der für die Abordnung von Bediensteten gesetzlich notwendigen Mitwirkung der Personalvertretung erfolgen. Von den in der vorgelegten Liste aufgeführten Berufsschullehrkräften sei eine Anzahl Ostern 1963 wieder voll bei den Berufsschulen tätig; eine erneute Abnahme werde Ostern 1964 eintreten und die gesamte Aktion Ostern 1965 ihre Erledigung finden.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Er vermeint, daß die den Lehrkräften berufsbildender Schulen übertragene Lehrtätigkeit an Volksschulen als nebenamtliche Tätigkeit angesehen werden könne. Den betroffenen Lehrkräften seien vielmehr unselbständige Teile des Hauptamtes eines Volksschullehrers übertragen worden. Alle derartigen Umsetzungen seien als Abordnungen zu werten, die der Mitwirkung der Personalvertretung bedürftig und ohne diese unzulässig seien. Zwar sei jeder Beamte verpflichtet, innerhalb des Bereichs seiner Dienststelle Vertretungen wahrzunehmen, ohne daß es hierzu der Mitwirkung des Personalrats bedürfe. Der Beteiligte zu 1.) habe den betroffenen Berufsschullehrkräften jedoch eine Tätigkeit außerhalb ihrer. Dienststelle - der Berufsschule - übertragen und im übrigen seine im Einzelfall an Lehrkräfte erlassenen Weisungen, Wochenstunden an einer fremden Schule wahrzunehmen, herkömmlich als "Abordnung" bezeichnet. Eine Tätigkeit im Nebenamt liege nicht vor, vielmehr eine Teilabordnung; diese sei im Rahmen des Beamtengesetzes zulässig und unterliege der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung.
Die Beteiligte zu 2.) stellt keinen Antrag.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze Bezug genommen. Der wesentliche Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie der beigezogenen Gerichtsakten II OVG A 100/62 und V OVG A 2/65 des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (nebst Beiakten) ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht worden.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 85 Abs. 2 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachsen - NdsPersVG - vom 4. März 1961 (NdsGVBl 79) in Verbindung mit § 87 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes - ArbGG -); sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt. Insbesondere entspricht die Beschwerdeschrift vom 19. November 1963 unter Berücksichtigung des weiteren, innerhalb der Beschwerdefrist bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatzes des Beteiligten zu 1.) vom 27. November 1963 den Erfordernissen des § 89 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 ArbGG. Die Zulässigkeit des Antrages ist zu bejahen. Bei der zur Entscheidung gestellten Frage handelt es sich um, die Abgrenzung der Zuständigkeit der Personalvertretung gemäß § 85 Abs. 1 lit. c NdsPersVG. Zwar kann die Klärung einer lediglich abstrakten Rechtsfrage grundsätzlich nicht zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens gemacht werden. Um eine solche handelt es sich indessen dann nicht, wenn - wie hier - zwischen den Beteiligten Streit über den Umfang der der Personalvertretung zustehenden Beteiligungsrechte besteht (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 19. Juni 1959 - P OVG 4/59 - und vom 28. Mai 1963 - P OVG L 2/63 -).
Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Der Beteiligte zu 1.) ist beschwerdeberechtigt (vgl. Engelhard-Ballerstedt, RdNr. 28 zu § 85 NdsPersVG); im Streit befangen sind Personalmaßnahmen des Beteiligten zu 1.), an denen, falls eine Personalvertretung mitzuwirken hat, der Antragsteller als die zuständige Stufenvertretung zu beteiligen wäre (§ 82 Abs. 2 NdsPersVG).
Wie sich aus der von dem Beteiligten zu 1.) dem Senat vorgelegten Liste der ab 1. April 1962 bei den Volksschulen eingesetzten Lehrkräfte der berufsbildenden Schulen ergibt, sind von diesem Zeitpunkt ab zahlreiche Lehrkräfte berufsbildender Schulen, die an diesen Schulen grundsätzlich eine verbindliche Wochenstundenzahl von 26 Stunden abzuleisten haben, mit einer größeren oder kleineren Anzahl dieser Stunden an Volksschulen innerhalb und auch außerhalb ihres Beschäftigungsortes eingesetzt worden. Diese in dem vorbezeichneten Erlaß des Niedersächsischen Kultusministers als "vorübergehend" bezeichnete Verwendung der genannten Lehrkräfte ist bisher nicht abgeschlossen; ob und inwieweit sich die Zahl der auf diese Weise beschäftigen Lehrpersonen inzwischen verringert hat, kann dahingestellt bleiben. Ferner kann hier die weiterhin aus der Liste ersichtliche Tatsache unerörtert bleiben, daß eine kleine Anzahl der darin bezeichneten Lehrer - möglicherweise einem von ihnen geäußerten Wunsche entsprechend - mit ihrer vollen Wochenstundenzahl an den Volksschulen tätig geworden ist. Hierauf kommt es in dem vorliegenden Zusammenhang nicht an. Denn wie schon die von dem Antragsteller im ersten Rechtszuge vorgetragene Aufzählung von Beispielen ergibt, streiten die Beteiligten nur darüber, ob bei der teilweisen Heranziehung von Lehrkräften der berufsbildenden Schulen zum Unterricht an der Volksschule, wie sie der Beteiligte zu 1.) in einer weit überwiegenden Anzahl von Einzelfällen angeordnet hat, der zuständige Personalrat zu beteiligen ist. Diese Frage hat der Senat verneint.
Die Beteiligung des Personalrats in Personalangelegenheiten der Beamten - auch die Lehrer an den öffentlichen Schulen sind grundsätzlich in das Beamtenverhältnis zu berufen (§ 24 des Niedersächsischen Schulverwaltungsgesetzes vom 28. März 1962, NdsGVBl 1962, 37) - in § 77 NdsPersVG geregelt. Diese Bestimmung enthält einen erschöpfenden Katalog aller derjenigen Personalangelegenheiten der Beamten, in denen dem Personalrat eine Mitwirkung eingeräumt ist, die demzufolge ... rechtzeitig vor der Durchführung mit dem Personalrat zu erörtern sind (§ 70 Abs. 1 NdsPersVG), Die Beteiligung des Personalrats an diesen Maßnahmen dient in gleicher Weise dem Schutz des Bediensteten und der Beratung der Dienststelle. Sie ist durch § 77 NdsPersVG abschließend geregelt und findet somit nur in den Fällen statt, die in § 77 Abs. 1 lit. a bis f ausdrücklich aufgeführt sind.
Ein Fall der in § 77 Abs. 1 lit. a und c bis f aufgeführten Fälle liegt hier nicht vor; darüber besteht unter den Beteiligten kein Streit. Auch § 77 Abs. 1 lit. b aaO-Erste Alternative -, wonach der Personalrat bei der Versetzung eines Beamten mitzuwirken hat, ist auf die von dem Beteiligten zu 1.) angeordnete Teilbeschäftigung von Lehrkräften berufsbildender Schulen an Volksschulen nicht anzuwenden. Aber auch eine Abordnung, die - sofern sie den Zeitraum von einem Monat überschreitet - nach § 77 Abs. 1 lit. b a.a.O. Zweite Alternative - ebenfalls der Mitwirkung und bei Lehrkräften im Angestelltenverhältnis nach § 78 Abs. 1 lit. c a.a.O. der Mitbestimmung durch den Personalrat bedarf, liegt in diesen Fällen nicht vor.
Der im NdsPersVG verwendete Begriff der Abordnung hat eine selbständige personalvertretungsrechtliche Bedeutung, da er sich auf alle Bediensteten, also nicht nur auf Beamte, sondern auch auf Angestellte und Arbeiter erstreckt. Er ist daher mit dem rein beamtenrechtlichen Begriff der Abordnung, wie er beispielsweise in § 31 des Niedersächsischen Beamtengesetzes - NBG - in der Fassung vom 1. März 1963 (NdsGVBl 95) erwähnt wird, nicht ohne weiteres identifizierbar (vgl. BVerwG, Beschl. vom 8. Juni 1962 - VII P 7.61 -, BVerwGE 14 , 241). Für den Begriff der Abordnung im Personalvertretungsrecht ist in erster Linie wesentlich, daß mit ihrer Durchführung ein Wechsel der Dienststelle eintritt: Eine Abordnung liegt vor, wenn der Bedienstete einer anderen Dienststelle zur vorübergehenden Dienstleistung zugeteilt wird; sie begründet die vorübergehende Zugehörigkeit des Bediensteten zu dieser Dienststelle (vgl. Ballerstedt-Engelhard, RdNr. 17 zu Art. 9 Bay. PVG; BVerwG, Beschl. vom 8. Juni 1962 aaO; Hess. VGH - Fachsenat für Personalvertretungssachen -, Beschl. vom 16. Juli 1962 - HPV 4/61 -; OVG Berlin - Fachsenat für Personalvertretungssachen -, Beschl. vom 21. Juni 1963 - VII B - PV - 2.63 -; OVG Bremen - Fachsenat für Personalvertretungssachen (Land) -, Beschl. vom 4. November 1963 - PV 3/1962, B 3/1962. -).
Der beamtenrechtliche Abordnungsbegriff deckt sich mit dem hier in Rede stehenden Abordnungsbegriff nur dann, wenn der Bedienstete vorübergehend zu einer seinem Amt entsprechenden Tätigkeit an eine andere Dienststelle abgeordnet wird. Nur die - echte - Abordnung, die die völlige vorübergehende Beschäftigung eines Beamten in einem anderen Aufgabenbereich oder bei einer anderen Dienststelle ohne Änderung seiner Planstelle und mit dem Vorbehalt der Rückkehr des Beamten in seine bisherige Funktion (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 27. November 1956 - II OVG B 47/56 -, VerwRspr 9, 816) bezweckt, ist der des Personalvertretungsrechts vergleichbar. Entsprechendes gilt gemäß § 12 Abs. 1 des Bundes-Angestelltentarifvertrages vom 23. Februar 1961 (vgl. NdsMBl 1961, 210) und nach § 9 Abs. 7 des Mantel-Tarifvertrages für Arbeiter der Länder vom 14. Januar 1959 (NdsMBl 1959, 142) für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes (vgl. Engelhard-Ballerstedt, RdNr. 17 zu § 9, RdNr. 7 zu § 68, RdNr. 17 zu §77 und RdNr. 14 zu § 78 NdsPersVG). Die Frage, ob es etwa daneben beamtenrechtlich noch den Begriff der Teilabordnung gibt, kann unerörtert bleiben. Das ergibt sich bereits aus der in § 9 Abs. 2 Satz 1 und 2 NdsPersVG für die Wahlberechtigung abgeordneter Bediensteter zum Personalrat getroffenen Regelung, wonach, wer "zu einer Dienststelle abgeordnet" ist, bei ihr nach, einer dreimonatigen Dauer der Abordnung wahlberechtigt wird und im gleichen Zeitpunkt sein Wahlrecht bei der alten Dienststelle verliert. Darauf, daß § 77 Abs. 1 lit. b NdsPersVG die Mitwirkung bereits dann gewährt, wenn die Abordnung den Zeitraum von einem Monat überschreitet, § 9 NdsPersVG dagegen eine Dreimonatsfrist enthält, kommt es nicht an. Denn § 77 Abs. 1 lit. b wie z.B. auch § 68 Abs. 3 NdsPersVG gehen in erster Linie von dem auch vom Antragsteller herausgestellten Sinngehalt aus, die Personalvertretung in ihrem Bestand zu erhalten; § 9 dagegen regelt die Wahlberechtigung für den Fall, daß ein Bediensteter für längere Zeit von der Dienststelle abwesend ist. Eine Abordnung im Sinne des Personalvertretungsrechts ist daher nur dann gegeben, wenn der Dienstherr den betroffenen Bediensteten - vorübergehend - aus seinem bisherigen Dienstbereich entläßt und ihn vollständiger einer anderen Dienststelle zur Tätigkeit zuweist. Das liegt hier nicht vor. Denn Dienststellen im Sinne des NdsPersVG sind nach § 92 Abs. 1 Nr. 2 a.a.O. für Lehrer an den berufsbildenden Schulen die Schulen. Der auf Grund des Erlasses des Niedersächsischen Kultusministers vom 31. Januar 1962 einer Berufsschullehrkraft erteilte Auftrag, außer an der Berufsschule dienstliche Verrichtungen stundenweise auch bei einer oder mehreren Volksschulen wahrzunehmen, ist somit keine Abordnung im Sinne des Personalvertretungsrechts, da die betroffene Lehrkraft - wenn auch mit verringerter Pflichtstundenzahl - bei ihrer alten Dienststelle beschäftigt bleibt, daher kein Dienststellen wechsel eintritt.
Die hier von dem Senat vorgenommene Auslegung des personalvertretungsrechtlichen Abordnungsbegriffs dient zugleich der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Denn eine weitergehende Begriffsbestimmung, die jede in ihrer Wirkung und Bedeutung einer Abordnung auch nur nahekommende Anordnung des Dienstherrn umfaßt, würde die vom Gesetz gewollte klare Abgrenzung nicht mehr gewährleisten, die die Mitwirkung der Personalvertretung insoweit nur bei Abordnungen zugestanden hat, und damit die zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und zum Wohl der Bediensteten notwendige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalrat beeinträchtigen (vgl. § 65 Abs. 1 NdsPersVG, BVerwG, Beschl. vom 28. Februar 1958 - VII P 19-57 -, ZBR 1958, 211 [BVerwG 28.02.1958 - BVerwG VII P 19.57]; OVG Münster, Beschl. vom 23. Februar 1961 - C L 1/61 -, ZBR 1961, 218 = DÖD 1961, 137).
Liegt somit eine Abordnung im Sinne der Bestimmungen des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes bei nur teilweisen Übertragung von Kunstleistung an den Volkswerte nicht vor, dann entfällt die Mitwirkung der Personalvertretung, die der Antragsteller mit seinem Antrag festgestellt wissen will. Dem steht nicht entgegen, daß nach dem insoweit unbestrittenen Sachvortrag des Antragstellers in der Verwaltungspraxis des Beteiligten zu 1.) die stundenweise Beschäftigung von Lehrkräften an fremden Schulen als "Abordnung" bezeichnet zu werden pflegt.
Im Rahmen des vorliegenden Anhörungsverfahrens bedarf es mit keiner abschließenden Prüfung des Rechtscharakters der hier in Rede stehenden Anordnungen des Beteiligten zu 1.). Daher muß unerörtert bleiben, ob diese Maßnahmen im Einzelfalle nach geltendem Beamtenrecht zulässig und gerechtfertigt sind; es muß insbesondere ungeprüft bleiben, ob insoweit die Rechtsauffassung des Beteiligten zu 1.) zutrifft, in den hier in Rede stehenden Fällen liege eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst vor, die auszuüben und fortzuführen die betroffenen Lehrkräfte nach § 72 NBG verpflichtet seien, oder ob dies nicht der Fall ist, soweit die verbindlichen Unterrichtsstunden überwiegend an der Volksschule abgeleistet werden. Denn die Übertragung einer Nebentätigkeit durch den Dienstherrn oder den Erteilung einen einfahren Kunstleistungsantrags bedarf nicht der Mitwirkung der Personalvertretung (vgl. Engelhard-Ballerstedt, RdNr. 18 zu § 78 NdsPersVG).
Nach alledem war zur Sache wie geschehen zu "beschließen.
Für eine Kostenentscheidung ist, wie der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 4 , 359 [BVerwG 02.05.1957 - BVerwG II CO 2.56]) wiederholt entschieden hat, im Beschlußverfahren kein Raum. Dagegen kann auch nach den in Personalvertretungssachen anzuwendenden Bestimmungen des arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahrens der Verfahrenswerf festgesetzt werden; dieser war entsprechend dem in. § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGebO vorgesehenen Regelbetrag von 3.000 DM festzusetzen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 21. Dezember 1960 - P OVG 4/60 - mit weiteren Hinweisen).
Die Rechtssache ist von grundsätzlicher Bedeutung, woraus sich die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ergibt (§ 85 Abs. 2 NdsPersVG in Verbindung mit § 91 Abs. 3 ArbGG).
Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg, Uelzener Straße 40, oder bei dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin-Charlottenburg 2, Hardenbergrstraße 31, einzulegen. Die Rechtsbeschwerde muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (§ 85 Abs. 2 NdsPersVG in Verbindung mit § 94 Abs. 1 ArbGG). Die Rechtsbeschwerdeschrift muß angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestellen soll (§ 85 Abs. 2 NdsPersVG in Verbindung mit § 94 Abs. 2 ArbGG).
Streitwertbeschluss:
Der Verfahrenswert wird für beide Rechtszüge auf 3.000 DM festgesetzt.