Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.09.1963, Az.: P OVG B 1/63
Kündigung zum Zwecke der Berichtigung einer bisherigen irrtümlich zu hohen Eingruppierung; Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung bei Rückgruppierung; Mitbestimmung der Personalvertretung bei Korrektur einer unrichtigen Gruppierung; Kündigung zum Zwecke der Rückgruppierung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.09.1963
- Aktenzeichen
- P OVG B 1/63
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1963, 12549
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1963:0917.P.OVG.B1.63.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 26.02.1963 - AZ: PB 9/62
Rechtsgrundlagen
- § 61 BPersVG
- § 70 Abs. 1 BPersVG
- § 71 Abs. 1 BPersVG
Verfahrensgegenstand
Art der Beteiligung
In der Personalvertretungssache
hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg - Fachsenat für Bundes-Personalvertretungssachen -
in seiner Sitzung
am 17. September 1963
in Lüneburg,
an der teilgenommen haben:
Oberverwaltungsgerichtsrat als Vorsitzender, Redmann
Oberregierungsrat Pulst als ehrenamtlicher Beisitzer,
Postamtmann Sakowski als ehrenamtlicher Beisitzer,
Bundesbahnoberinspektor Habben als ehrenamtlicher Beisitzer,
Angestellter Cerwenka als ehrenamtlicher Beisitzer,
nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Bundes-Personalvertretungssachen - vom 26. Februar 1963 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 31. Juli 1962 beauftragte die Wasser- und Schiffahrtsdirektion ... den beteiligten Dienststellenleiter des Wasser- und Schiffahrtsamtes ..., das Dienstverhältnis mit dem technischen Angestellten ... zu kündigen. Hierbei sei darauf hinzuweisen, daß die Kündigung erfolge zum Zwecke der Berichtigung der bisherigen irrtümlich zu hohen Eingruppierung durch Wiedereinstufung in die frühere Vergütungsgruppe VI a TO.A/BAT und daß der Angestellte im Falle seines Einverständnisses unter Einreihung in diese Vergütungsgruppe weiterbeschäftigt werde. Außerdem wurde das Amt beauftragt, das Kündigungsschreiben der Personalvertretung vorher zur Mitwirkung zu geben, da eine Mitbestimmung der Personalvertretung hier nicht in Frage komme. Das Amt leitete eine Abschrift des Schreibens vom 31. Juli 1962 dem Antragsteller unter Bezugnahme auf § 61 BPersVG zu.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, daß § 71 Abs. 1b BPersVG die Rückgruppierung ohne Einschränkung der Mitbestimmung des Personalrats unterwerfe.
Er hat beantragt,
festzustellen, daß bei der Kündigung des Angestellten Henkelmann zum Zwecke der Rückgruppierung der Personalrat sowohl nach § 70 Abs. 1 b 5 das Mitwirkungs als auch nach § 71 Abs. 1 b BPersVG das Mitbestimmungsrecht hat.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat erwidert, eine Mitbestimmung der Personalvertretung gemäß § 71 BPersVG komme nur bei der Rückgruppierung in Betracht, bei der es sich um die Herabgruppierung wegen geringwertigerer neuer Tätigkeiten des Betroffenen handele, nicht aber in den Fällen, wo der betroffene Bedienstete gleiche Tätigkeiten ausübe und nur eine unrichtige Eingruppierung korrigiert werden solle.
Das Verwaltungsgericht Hannover - Fachkammer für Bundes-Personalvertretungssachen - hat durch Beschluß vom 26. Februar 1963 entschieden, daß bei der Rückgruppierung des Angestellten ... der antragstellende Personalrat gemäß § 71 Abs. 1 b BPersVG mit zu bestimmen habe. Es hat hierzu ausgeführt: Das Gesetz mache seinem Wortlaut nach keinen Unterschied zwischen einer Rückgruppierung, die mit der Übertragung einer anderen Tätigkeit verbunden sei, und einer Rückgruppierung wegen irrtümlich zu hoher Einstufung unter Beibehaltung derselben Tätigkeit. Es falle daher auch die Korrektur einer zu hohen Einstufung durch Rückgruppierung unter die Mitbestimmungsvorschrift des § 71 BPersVG. Eine derartige Rückgruppierung sei vom Willen des Arbeitgebers nicht völlig unabhängig. Im vorliegenden Falle bestünden zwischen den Beteiligten Meinungsverschiedenheiten über die Zulässigkeit der Rückgruppierung. In einem solchen Falle räume aber § 71 Abs. 2a BPersVG der Personalvertretung ausdrücklich ein Mitbestimmungsrecht ein.
Gegen diesen am 4. März 1963 zugestellten Beschluß hat der Beteiligte mit dem am 18. März 1963 bei dem Verwaltungsgericht Hannover eingegangenen Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten Beschwerde eingelegt mit dem Antrage,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses das Feststellungsbegehren des Antragstellers abzulehnen.
Er wiederholt seine in der ersten Instanz vertretene Auffassung, daß die Korrektur einer irrtümlichen Einstufung nicht vom § 71 Abs. 1 b BPersVG erfaßt werde. Dies ergebe sich mittelbar auch aus § 71 Abs. 2 BPersVG, da in den dort aufgezählten Tatbeständen, auf die eine Verweigerung gestützt werden könne, solche Korrekturen nicht erfaßt seien. Dem Personalrat stünde bei der mit einer Neueinstufung verbundenen Neueingruppierung auf Grund eines Tarifvertrages und auch bei der Berichtigung einer falschen Neueingruppierung ein Mitwirkungsrecht zu, hingegen habe der Personalrat kein Mitbestimmungsrecht nach § 71 BPersVG. Bei der Berichtigung einer falschen Eingruppierung könne dem Personalrat kein stärkeres Recht zustehen, als bei der Einstellung und Ersteinstufung.
Der Antragsteller beantragte,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und entgegnet, daß § 71 Abs. 2 BPersVG der hier geforderten Mitbestimmung nicht entgegenstünde. Da hier die vom Beteiligten behauptete falsche Eingruppierung bestritten werde, müsse dem Personalrat die Möglichkeit gegeben werden, zu prüfen, ob eine rechtmäßige Rückgruppierung vorliege.
II.
Die zulässige, frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluß ist mit Recht zu der Feststellung gelangt, daß der Personalrat Bei der Rückgruppierung des Angelstellten ... mit zu bestimmen hat.
Während der Personalrat bei der ersten Einstellung eines Arbeitnehmerbediensteten nur ein Mitwirkungsrecht besitzt (§ 70 Abs. 1 b Ziff. I BPersVG), räumt ihm das Gesetz bei einigen Akten der Umgruppierung, darunter der Rückgruppierung, gemäß § 71 Abs. 1 BPersVG ein Recht zur Mitbestimmung im Sinne der §§ 62 ff ein. Wie Molitor (Komm. z. Bundes-Personalvertretungsgesetz, 2. neubearbeitete Auflage, Rn. 3 zu § 71) zutreffend hervorhebt, ist es der Zweck der Vorschrift, eine ungerechte Behandlung der Bediensteten im Verhältnis zueinander, wie sie sich trotz der selbstverständlichen Pflicht des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn zu einer gerechten Personalpolitik in einigen Fällen ergeben kann, zu verhindern. Die in § 56 BPersVG dem Personalrat bereits allgemein eingeräumte Befugnis mit darüber zu wachen, daß alle Bediensteten gerecht behandelt werden, verdichtet sich bei den besondere Bedeutsamkeit verlangenden Maßnahmen des § 71 Abs. 1 a - c BPersVG zur stärksten Form der Beteiligung, nämlich der Mitbestimmung. Da unter den Begriff der Rückgruppierung alle personellen Maßnahmen fallen, die eine Einstufung in eine niedrigere Lohn- bzw. Gehaltsgruppe zur Folge haben, kann es für die Frage der Mitbestimmung nicht entscheidend sein, wodurch diese Maßnahme ausgelöst worden ist. Das Gesetz differenziert in seinem Wortlaut nicht, sondern unterwirft allgemein Rückgruppierungen der Mitbestimmung des Personalrats. Vom Wortlaut des Gesetzes her besteht daher kein Grund, durch Korrektur der bisherigen irrtümlich zu hohen Einstufung zustande kommende Rückgruppierungen von der Vorschrift des § 71 Abs. 1 BPersVG auszunehmen.
Dem Beschwerdeführer ist zwar, dahin zu folgen, daß durch die Korrektur einer irrigen Eingruppierung ein gesetzmäßiger Zustand wieder hergestellt werden soll, so daß der Personalrat seine Zustimmung zu einer solchen Maßnahme gar nicht verweigern könnte. Ist es aber, wie hier, zwischen den Beteiligten streitig, ob eine falsche Eingruppierung vorliegt und ob die beabsichtigte Rückgruppien nicht doch gegen eine Bestimmung des Tarifvertrages verstößt, dann muß der Personalrat die Möglichkeit haben, das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Einwendungsgrundes aus § 71 Abs. 2 a BPersVG nachzuprüfen und seine Auffassung hierzu der Dienststelle gegenüber darzutun. Es würde damit auch dem Sinne des Gesetzes widersprechen, den Personalrat, dem mit § 71 Abs. 2 BPersVG die Aufgabe eines Hüters der Rechtmäßigkeit der personellen Entscheidung zugewiesen ist, in einem solchen Falle vom Mitbestimmugsrecht auszuschließen.
Die Beschwerde mußte daher zurückgewiesen werden.
Für eine Kostenentscheidung ist, wie der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 4, 357 [359]) bereits wiederholt entschieden hat, im Beschlußverfahren kein Raum.
Die Rechtssache ist von grundsätzlicher Bedeutung, woraus sich die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ergibt (§ 76 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 91 Abs. 3 ArbGG).