Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 07.01.1964, Az.: P OVG L 7/63
Mitbestimmung bei der Zuweisung von Wohnungen; Bestimmung der Frist zur Begründung einer Beschwerde; Notwendiger Inhalt einer Beschwerdeschrift
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 07.01.1964
- Aktenzeichen
- P OVG L 7/63
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1964, 12477
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1964:0107.P.OVG.L7.63.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 04.11.1963 - AZ: PL 5/63
Rechtsgrundlagen
- § 66 ArbGG
- 89 ArbGG
- § 85 Abs. 2 PersVG,NI
Verfahrensgegenstand
Mitbestimmung
In der Personalvertretungssache
hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein - Fachsenat für Landes-Personalvertretungssachen -
in seiner Sitzung vom 7. Januar 1964,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Schrödter als Vorsitzender,
Oberverwaltungsgerichtsrat Lindner als Richter,
Oberverwaltungsgerichtsrat Mühlenfeld als Richter,
Regierungsdirektor Müller als ehrenamtlicher Beisitzer,
Angestellter Popp als ehrenamtlicher Beisitzer,
nach mündlicher Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerden des Antragstellers vom 29. November 1963 und 4. Januar 1964 gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Hannover - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 4. November 1963 werden als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß er berechtigt sei, bei der Zuweisung von Wohnungen, über die der Beteiligte verfüge, im Rahmen seiner Zuständigkeit mitzubestimmen.
Das Verwaltungsgericht Hannover - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - hat durch Beschluß vom 4. November 1963 den Antrag abgelehnt und folgende Rechtsmittelbelehrung gegeben:
"Gegen diesen Beschluß steht den Beteiligten die Beschwerde zu. Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung bei dem Verwaltungsgericht Hannover in Hannover oder bei dem Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg schriftlich einzulegen und muß von einem Rechtsanwalt oder einer nach § 11 Abs. 2 Satz 2 ArbGG zur Vertretung befugten Person unterzeichnet sein. Die Beschwerdeschrift muß angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird und auf welche im einzelnen aufzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird."
Dieser Beschluß ist den Beteiligten am 16. November 1963 zugestellt worden. Gegen ihn hat der Antragsteller durch seinen Prozeßbevollmächtigten mit dem am 30. November 1963 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 29. November 1963 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift hat folgenden Wortlaut:
"In [pp.] lege ich gegen den Beschluss vom 4.11.1963
Beschwerde
ein mit dem Antrag,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses gemäß dem gestellten Antrag zu entscheiden.
Die Begründung wird nachgereicht."
Der Antragsteller hat mit dem am 5. Januar 1964 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 4. Januar 1964 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 4. November 1963 nochmals Beschwerde eingelegt und hat vorgetragen: Die Bestimmungen über Fristen im Berufungsverfahren der Arbeitsgerichte seien entsprechend anzuwenden. § 66 ArbGG bestimme eine Frist von je 2 Wochen für die Berufung und deren Begründung. Da ein Berufungskläger demnach vier Wochen Zeit für die die Begründung seiner Berufung habe, müsse der Beschwerdeführer im Beschlussverfahren die gleiche Zeit haben. Die von dem Verwaltungsgericht erteilte Rechtsmittelbelehrung entspreche dem nicht, dadurch sei eine Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt. Im übrigen sei ein Verstoss gegen Mussvorschriften heilbar. Sollte das Fehlen der Beschwerdebegründung in der Beschwerdeschrift nicht heilbar sein, so sei jedenfalls die Wiederholung der Beschwerde möglich und zulässig, da die Rechtsmittelbelehrung, wie dargelegt nicht ordnungsgemäß sei. Mit Rücksicht auf diese Möglichkeit sei die Beschwerde wiederholt worden.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen
da die Beschwerde nicht begründet seien
Für das Vorbringen der Beteiligten im einzelnen wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden sind unzulässig, denn die Beschwerdeschriften vom 29. November 1963 und 4. Januar 1964 entsprechen nicht den Anforderungen des § 89 ArbGG i.V.m. . § 85 Abs. 2 NdsPersVG.
§ 85 Nds. PersVG bestimmt in Abs. 1 die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte und hinsichtlich der Verfahrensvorschriften in Abs. 2, daß die Torschriften des ArbeitsgerichtsgesetzesArbGGüber das Beschlussverfahren entsprechend gelten. Somit treten die Vorschriften der §§ 80 ff ArbGGüber das Beschlussverfahren in allen Rechtszügen an die Stelle der Vorschriften über das allgemeine verwaltungsgerichtliche Verfahren (VwGO), die in Personalvertretungssachen auch nicht ergänzend herangezogen werden können (Engelhard-Ballerstedt: Personalvertretungsgesetz für das Land Niedersachsen, RdNr. 24 zu § 85 mit weiteren Hinweisen, vgl. auch Ballerstedt-Engelhard, Bayer. Personalvertretungsgesetz, 2. Aufl.,1963 RdNr. 26 zu Art. 76 mit weiteren Hinweisen). Nach §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG beträgt die Beschwerdefrist zwei Wochen. Eine besondere Beschwerde begründungsfrist ist im Gesetz nicht vorgesehen. (Nach § 89 Abs. 2 ArbGG muss bereits die Beschwerdeschrift angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird und auf welche im einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird. Die Beschwerde muss daher innerhalb der 2-Wochen-Frist auch begründet werden (Engelhard-Ballerstedt aaO, RdNr. 30 zu § 85 Nds. PersVG, vgl. auch Ballerstedt-Engelhard aaO, RdNr. 32 zu Art. 76 Bayer. PersVG; OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Februar 1962 - P OVG L 1/62 NJW 1962 S.1459 -; OVG Bremen, Beschluß vom 11. September 1963 - P V 3/1962, 1/1963 Dietz-Nikisch; Arbeitsgerichtsgesetzes, Band-Nr. 9 zu 89 ArbGG, Huek-Nipperdez, Lehrbuch des Arbeitsrechts 7. Aufl., 1963, S.981 Fußnote 32) Die in § 89 Abs. 2 ArbGG aufgeführten Angaben sind ein notwendiger Inhalt der Beschwerdeschrift. Die gesetzliche Form der Beschwerdeschrift ist verletzt, wenn sie fehlt. Innerhalb der Beschwerdefrist von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts ist nur die Beschwerdeschrift vom 29. November 1963 bei Gericht eingegangen. Die Beschwerdeschrift enthält jedoch keine Begründung, sondern nur den Vermerk, daß die Begründung nachgereicht werde. Sie lässt somit sogar erkennen, daß aus der Tatsache der Einlegung der Beschwerde keinerlei Schlüsse auf die Beschwerdegründe gezogen werden sollten, vielmehr, daß der Beschwerdeführer sich die Begründung ausdrücklich noch vorbehalten wollte. Da in der Beschwerdeschrift jedoch erklärt werden muß auf welche im einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird, muß die Beschwerde vom 29. November 1963 gemäß § 89 Abs.3 ArbGG verworfen werden. Denn eine Heilung dieses Mangels des Beschwerdeschrift durch Setzung einer Nachfrist zur Einreichung der Beschwerdebegründung auch nach Ablauf der Beschwerdefrist ist im Gesetz nicht vorgesehen. Die Beschwerdebegründung gehört nach § 89 Abs. 2 ArbGG zum notwendigen Inhalt der Beschwerdeschrift, die gemäß § 89 ArbGG allein die Beschwerdefrist wahrt. § 89 Abs. 3 ArbGG bestimmt ausdrücklich, daß eine nicht in der gesetzlichen Form öder Frist eingelegte Beschwerde als unzulässig zu verwerfen ist. Der Zusammenhang dieser Bestimmungen schließt es aus, daß für eine fehlende Beschwerdebegründung eine Nachfrist gesetzt oder die Beschwerdefrist verlängert werden kann (vgl. Ballersedt-Engelhard a.a.O. Rd-Nr. 32 zu AM 76; Dietz-Nikisch, Arbeitsgerichtsgesetzes Rand-Nr. 14, 15, 18 zu § 89; Hueck-Nipperdey a.a.O. S. 982; Haus, Handbuch des Arbeitsrechts, X, Rand-Nr. 7 - 12 zu § 89 ArbGG). Es kann daher unverhandelt bleiben, ob, die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung Anwendung finden könnten, eine Nachfrist für die Beschwerdebeschreibung gemacht werden könnte (vgl. BVersGE 3, 75, 12, 189; 13, 94; DVBl. 1960 S. 898; BVersGE 13, 90; 13; 181; NJW 1962 S. 1268).
Die Beschwerdeschrift vom 4. Januar 1964 ist unstreitig nach Ende der Beschwerdefrist von zwei Wochen eingegangen. Da die in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Rechtsmittelbelehrung den Anforderungen des § 9 Abs. 4 ArbGG entspricht, war auch diese Beschwerde, da sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist eingereicht wurde, gemäß § 89 Abs. 3 ArbGG als unzulässig zu verwerfen.
Für eine Kostenentscheidung ist im Beschlussverfahren kein Raum (BVerwGE 4, 357 [359]).
Diese Entscheidung ist endgültig (§ 89 Abs. 3 Satz 2. ArbGG i.V.m. . § 85 Abs. 2 Nds PersVG).