Amtsgericht Braunschweig
Urt. v. 21.03.2006, Az.: 116 C 4849/05

Bibliographie

Gericht
AG Braunschweig
Datum
21.03.2006
Aktenzeichen
116 C 4849/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 44915
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGBRAUN:2006:0321.116C4849.05.0A

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Braunschweig e. V.,

Beklagter

hat das Amtsgericht Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 10.03.2006

durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Von der Darstellung wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

2

Die Klage ist unbegründet.

3

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf anteilige Rückzahlung des Reisepreises für die von dem Beklagten veranstaltete Jugendreise nach Cesenatico vom 28.07. bis 12.08.2005 zu.

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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagte am 02.08.2005 das zwischen den Parteien aufgrund der Anmeldung vom 06.03.2005 bestehende Vertragsverhältnis zu Recht gemäß § 314 BGB fristlos gekündigt hat.

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In der Anmeldung hatten die Parteien vereinbart, dass der Teilnehmer bei groben Verstoß gegen die Gruppenregeln auf eigene Kosten zurückgeschickt werden kann.

6

Bei dem Begriff des groben Verstoßes gegen die Gruppenregeln handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Soweit der Kläger vorträgt, dass in der Vorbesprechung die Rede davon gewesen sei, dass ein grober Verstoß gegen die Gruppenregeln dann vorliege, wenn der Teilnehmer extrem Alkohol konsumiere, Drogen konsumiere oder Straftaten begehe, so handelt es sich lediglich um eine exemplarische Ausschmückung des unbestimmten Rechtsbegriffes. Ein grober Verstoß gegen die Gruppenregeln liegt allgemein aber bereits dann vor, wenn das Verhalten des Teilnehmers den Vertragszweck, nämlich die Durchführung einer dreizehntätigen Gruppenreise für 13- bis 17-Jährige Jugendliche gefährdet. Dass diese Voraussetzungen vorgelegen haben, hat die Beweisaufnahme ergeben.

7

Die Zeugen K und N haben ausführlich geschildert, dass der Kläger gemeinsam mit Jan W, David K und Xhemsid B von Beginn an gegen die Anweisungen der Betreuer verstoßen haben und sich den von den Betreuern aufgestellten Gruppenregeln nicht unterworfen haben. Dabei mag jeder einzelne Fall für sich betrachtet ein relativ geringer Verstoß sein, insgesamt hat sich nach der Darstellung der Zeugen K und N das Verhalten des Klägers und der ebenfalls mit ihm zurückgeschickten Jugendlichen als derartig massive Störung des Gruppenlebens dargestellt, dass ohne die Rücksendung des Klägers und der anderen drei Jugendlichen ein störungsfreier Aufenthalt der gesamten übrigen Gruppe nicht mehr möglich gewesen wäre. Die Zeugen K und N haben geschildert, dass der Kläger und die anderen Jugendlichen den Zapfenstreich nicht beachtet haben, die Nachtruhe gestört haben und gegen das Rauchverbot in den Zimmern verstoßen haben.

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Dies hat dazu geführt, dass sich Anwohner des Hotels gegenüber den Betreuern beschwert haben. Dies hat auch der Zeuge Steffen A eingeräumt. Auch der Hotelier, bzw. der Juniorchef des Hotels, in dem die Gruppe untergebracht war, hat gegenüber den Jugendlichen erklärt, dass sie mit den Störungen aufhören sollten, da sich durch das Verhalten des Klägers und der anderen drei Jugendlichen die übrigen Gäste des Hotels gestört fühlten. Dies hat der Zeuge S A als Mitbetroffener Jugendlicher eingeräumt. Auch die Zeugen K und N haben bestätigt, dass der Hotelier sich an sie als Betreuer gewandt hat und die Betreuer gebeten hat, auf die Jugendlichen, zu dem auch der Kläger gehörte, einzuwirken, dass sie die Nachtruhe einhalten sollten, weil der Kläger und die anderen Jugendlichen die Gäste störten. Die Zeugen K und N haben auch glaubhaft dargelegt, dass sie den Kläger und die anderen Jugendlichen wegen ihres Verhaltens mehrfach ermahnt haben. Der Kläger hat jedoch die Ermahnungen der Betreuer nicht akzeptiert, wie er selbst eingeräumt hat. Das Verhalten des Klägers und der anderen mit nach Hause geschickten Jugendlichen hat die Betreuer K und N dann veranlasst, den Kläger und drei andere Jugendliche aus dem Bungalowbereich, der von den Betreuern nicht in gleichem Maße kontrolliert werden konnte wie die Zimmer im Haupthaus, in das Haupthaus zu verlegen. Dies ist von dem Kläger und den anderen Jugendlichen als Strafmaßnahme der Betreuer verstanden worden. Der Kläger und die anderen Jugendlichen wollten die Verlegung, die zwangsläufig mit einer Beschränkung ihrer Freiheiten verbunden war, nicht einsehen. Diese Anordnung der Betreuer musste zwangsläufig vom Kläger und den anderen umquartierten Jugendlichen als deutliche Warnung verstanden werden, dass sie in Zukunft sich an die Gemeinschaftsregeln halten müssten und andernfalls härtere Maßnahmen drohten.

9

Gleichwohl haben der Kläger und J W und D K bereits in der ersten Nacht, als sie verlegt worden waren, sich nicht an die Gemeinschaftsregeln gehalten. Der Kläger ist nach 24:00 Uhr entgegen der strikten Anweisungen in ein anderes Hotelzimmer, das mit Mädchen aus der Jugendgruppe belegt war, gegangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Mädchen mit diesem nächtlichen Besuch des Klägers und seiner Begleiter einverstanden gewesen sind. Dieses Verhalten des Klägers hat dann zwangsläufig zum Eingreifen der Zeugin N geführt. Dabei ist zu bedenken, dass nicht nur 17-Jährige Jugendliche wie der Kläger und J W, sondern auch deutlich jüngere Jugendliche im Alter zwischen 13 und 16 Jahren an der Gruppenreise teilgenommen haben. Insoweit oblag den Betreuern naturgemäß gegenüber den jüngeren Reiseteilnehmern eine besondere Fürsorge und Aufsichtspflicht. Die durch den Besuch des Mädchenzimmers veranlasste Maßnahme der Betreuerin N hat dann dazu geführt, dass es gegen 01:00 Uhr zwangsläufig wiederum zu Lärm im Hotel gekommen ist. Nachdem dann der Kläger und seine Begleiter ihr Zimmer wieder aufgesucht hatten, war offenbar nach wie vor nicht Ruhe, sodass der Juniorchef des Hotels das Zimmer des Klägers aufgesucht hat. Ob dann im Hotelzimmer des Klägers der Junior des Hotels tatsächlich aus dem nichtigen Anlass, den der Kläger, J W und D K dargestellt haben, gegenüber dem Kläger und den anderen Mitbewohnern tätlich geworden ist, kann dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass jedenfalls der Kläger und die Mitbewohner selbst das Eingreifen des Hoteliers durch ihr Verhalten provoziert haben.

10

Der Kläger, J W und D K haben dann anschließend gegen 01:30 Uhr die Betreuerin N dadurch in Angst und Schrecken gesetzt, dass sie nach dem Vorfall die Betreuerin in ihrem Zimmer nicht nur aufgesucht, sondern auch bedrängt haben. Der Kläger und J W haben eingeräumt, dass sie gegen den Willen der Betreuerin verhindert haben, dass diese die Tür schließen konnte, indem sie einen Fuß in die Tür gestellt haben. Dies hat dazu geführt, dass die Betreuerin N den Kollegen K zur Hilfe rief. Selbst wenn der Kläger und die anderen Jugendlichen zu Recht über das unangemessene Verhalten des Hoteliers aufgeregt gewesen sein sollten, so hätten sie doch wahrnehmen müssen, dass die Zeugin N angesichts der nachtschlafenden Zeit und der gesamten Umstände verständlicherweise den Vorfall nicht wiederum auf dem Hotelflur erörtern wollte. Irgendwelche Maßnahmen hätten ohnehin nicht getroffen werden können.

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Das gesamte Verhalten des Klägers und der anderen Jugendlichen hat daher gezeigt, dass diese nicht bereit waren, sich den Gruppenregeln zu unterwerfen. Der Zeuge W hat auch deutlich gemacht, dass er die Gemeinschaftsregeln für unangemessen erachtet hat und deshalb nicht bereit war, sich daran zu halten. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger genauso wie die übrigen Teilnehmer der Gruppenfahrt noch minderjährig waren und den Betreuern daher die Aufsichtspflicht gegenüber dem Kläger und den anderen Jugendlichen oblegen hat, ist es für die Durchführung einer Gruppenreise jedoch erforderlich, dass den Anordnungen der Betreuer Folge geleistet wird. Andernfalls ist eine derartige Jugendreise nicht zu organisieren und durchzuführen. Das Verhalten des Klägers hat daher die Durchführung der Gruppenreise bis zum Ende gefährdet, sodass die Betreuer nach Rücksprache mit dem Beklagten berechtigt waren, den Vertrag mit dem Kläger fristlos zu kündigen. Diese fristlose Kündigung ist auch gegenüber den Erziehungsberechtigten des Klägers ausgesprochen worden, da diese telefonisch benachrichtigt wurden, dass der Kläger zurückgeschickt werde.

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Der Reisevertrag ist daher mit der fristlosen Kündigung vom 02.08.2005 mit sofortiger Wirkung beendet worden.

13

Ein Anspruch auf Rückerstattung anteiliger Reisekosten gemäß § 812 BGB besteht nicht.

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Denn Rechtsgrund für die Zahlung des Reisepreises war der abgeschlossene Vertrag.

15

Das vom Kläger eingezahlte Geld ist seitens des Beklagten verwendet worden. Durch die Rücksendung des Klägers hat der Beklagte keine Aufwendungen erspart. Denn die Reisekosten und Aufenthaltskosten sind trotz des Abbruchs der Reise für den Kläger angefallen, da ein Ersatzteilnehmer naturgemäß nicht mehr nachrücken konnte. Soweit der Kläger die Rückzahlung des bei dem Betreuer des Beklagten des in Verwahrung gegebenen Taschengeldes von 70,00 € geltend macht, ist dieser Rückzahlungsanspruch durch die seitens des Beklagten erklärten Aufrechnung mit den Kosten der Rücksendung des Klägers erloschen. Durch die vom Kläger selbst verschuldete Rücksendung hat der Beklagte besondere Aufwendungen gehabt. Allein die Kosten für den Flug belaufen sich auf rund 190,00 €. Dieser Betrag übersteigt den Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des anteiligen Taschengeldes von 70,00 deutlich.

16

Die Klage ist daher unbegründet.

17

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708, 713 ZPO.