Amtsgericht Braunschweig
Beschl. v. 04.08.2006, Az.: 34 II 198/05
Bibliographie
- Gericht
- AG Braunschweig
- Datum
- 04.08.2006
- Aktenzeichen
- 34 II 198/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 44913
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGBRAUN:2006:0804.34II198.05.0A
Fundstelle
- ZMR 2007, 403-404 (Volltext mit amtl. LS)
Tenor:
- 1.
Der Antrag des Antragstellers vom 19.12.05 auf Entfernung des auf dem gemeinschaftlichen Grundstück in Vechelde errichteten Klettergerüsts nebst Kinderschaukel und Kinderrutsche, wird zurückgewiesen.
- 2.
Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist wie die Antragsgegner Eigentümer in der Gemeinschaft ... in 38159 Vechelde.
Am Gemeinschaftseigentum sind Sondernutzungsrechte nach § 4 Ziff. 2 der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung vom 16.06.1998 bestellt worden. Die Sondernutzungsrechte bestehen an einzelnen Parzellen des gemeinschaftlichen Grundstücks. Die Antragsgegner halten das Sondernutzungsrecht an der mit Ziff. 3 in der Anlage zu Urkunden-Nr. 151/98 bezeichneten Fläche.
Die Antragsgegner errichteten am 29./30.10.05 auf dieser Sondernutzungsfläche ein Klettergerüst nebst Schaukel und Kinderrutsche. Das Gerüst hat in etwa eine Breite von etwa 5 m und mit Dach eine maximale Höhe von etwa 3,65 m.
Über der 2. Ebene des Klettergerüstes befand sich zunächst ein blaues Dach. Wegen der näheren Beschreibung des Klettergerüstes wird auf die mit Antragstellerschriftsatz vom 28.02.06 zur Akte gereichten Lichtbilder und die Feststellungen am Ortstermin am 06.07.2006 Bezug genommen.
Der Antragsteller ist der Auffassung, in der Errichtung dieses Klettergerüstes liege eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG. Die Errichtung des Klettergerüstes ginge über die Bestimmungen der Teilungserklärung hinaus.
Der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung heißt es zu § 4 Ziff. 2a u.a.:
Die zugewiesenen Flächen Nr. 1 bis 5 sind ausschließlich als Garten einschließlich Terrassen zu nutzen.
Angesichts der erheblichen Dimensionen werde er, der Antragsteller, in seiner freien Sicht von seinem Balkon im 1. OG aus gestört.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegner als Gesamtschuldner zu verpflichten, das auf dem gemeinschaftlichen Grundstück in 38159 Vechelde errichtete Klettergerüst nebst Kinderschaukel und Kinderrutsche zu entfernen.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antragt zurückzuweisen.
Sie sind der Auffassung, das Kinderschaukelgerüst sei keine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 WEG, zumal es nicht im Boden verankert sei. Im übrigen bewirke das Kinderspielgerät keine über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehende optische Beeinträchtigung; der Antragsteller habe nach wie vor einen im wesentlichen unverbauten Ausblick. Lediglich am Häuschen der Rutsche wiese die Dachspitze eine Höhe von 3,50 m auf, im übrigen habe das Klettergerüst eine durchschnittliche Höhe von 2,50 m.
Es sei ferner zu berücksichtigen, dass in fast allen Gärten der Nachbargrundstücke sich ebenfalls Spielgeräte dieser Art befinden.
Die Errichtung des Kinderschaukelgerüstes halte sich im Rahmen der Gemeinschaftsordnung.
Schließlich stelle das Beseitigungsverlangen eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB dar, da sich der Antragsteller zuvor mündlich sinngemäß dahingehend geäußert habe, er wolle der Aufstellung des Kinderspielgerüstes nicht als einziger entgegenstehen. Da der Antragsteller nach Lieferung des Klettergerüstes 3 Wochen lang keine Einwendungen erhoben hätten, könne er nicht nunmehr die Beseitigung des Gerüstes verlangen.
Wegen der weiteren Einlassungen der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 06.07.06 (Bl. 70 ff d.A.) verwiesen.
II.
Der Antrag ist unbegründet.
Der Antragsteller kann nicht von den Antragsgegnern Entfernung des Klettergerüstes verlangen.
Zwar bestimmt § 4 Ziff. 2a der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, dass die Sondernutzungsflächen ausschließlich als Garten einschl. Terrassen zu nutzen sind. Wie die Antragsgegner jedoch zurecht ausführen, beinhaltet diese Regelung bei verständiger Auslegung auch die Nutzung der Gartenfläche für Spielmöglichkeiten von Kindern der Antragsgegner. Es ist nicht ersichtlich, dass die Gartenfläche ausschließlich der optischen Erbauung dienen soll und lediglich zum Rasenmähen betreten werden darf, sondern auch Kinder auf dem Rasen spielen dürfen. Daher gehört hierzu auch das Aufstellen von Spielgeräten, soweit nicht der Rahmen des § 14 Nr. 1 des WEG überschritten wird.
Dies ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht der Fall.
Das Klettergerüst hat Maße von etwa 5 m × 3,65 m.
Zwar gehört das von den Antragsgegnern aufgestellte Spielgerät zu den größeren ihrer Art.
Jedoch ist das Spielgerät ohne feste Verbindung mit Grund und Boden und kann jederzeit entfernt werden.
Auch ist das Spielgerät keine Aufwendung, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 22 Abs. 1 S. 1 WEG hinausgeht.
Vorliegend wird der Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG nicht überschritten. Zu einem geordneten Zusammenleben innerhalb einer Eigentümergemeinschaft gehört auch, dass die in der Liegenschaft wohnenden Eigentümer oder deren Mieter spielende Kinder und daher auch Spielgeräte, auch größerer Art, hinnehmen müssen, so auch das vorliegende Spielgerät, nämlich das Schaukelgerüst, da hiervon nicht eine über das zulässige Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehende Beeinträchtigung ausgeht.
Zum einen wird der architektonische Gesamteindruck der Gartenanlage angesichts der auch in den Nachbargrundstücken aufgestellten Spielgeräten nicht wesentlich verändert. Auch bleibt der Charakter des gesamten Gartens als Gartenanlage erhalten.
Im übrigen ist entscheidend zu berücksichtigen, dass der Antragsteller im 1. OG wohnt und der ebenfalls im 1. Stock befindliche Balkon mit einer Metallbrüstung mit Plexiglas versehen ist, die etwa eine Höhe von 90 cm hat. Das Plexiglas ist nicht vollumfänglich durchsichtig, so dass das von den Antragsgegnern errichtete Spielgerät lediglich zu sehen ist, wenn sich der Antragsteller auf seinem Balkon erhebt. Allenfalls wäre vom Spielgerüst noch das blaue Dach zu sehen, was indes zwischenzeitlich entfernt wurde und von den Antragsgegnern - so deren verbindliche Erklärung - auch nicht wieder angebracht wird.
Soweit der Antragsteller anführt, er könne von seiner 7 m langen Fensterfront das Gerüst sehen, so ist auch diese Beeinträchtigung nicht erheblich im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG. Das Gericht hat sich, im Rahmen des Ortstermins am 06.07.06 einen unmittelbaren Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten verschafft. Es dürfte nach Eindruck des Gerichts nicht wahrscheinlich sein, dass der Antragsteller längere Zeit vor dieser 7 m langen Fensterfront sitzt oder steht und hinausschaut. Im Sitzen ist das Gerüst vom Innenbereich aus nicht zu sehen, eine Beeinträchtigung ist nicht festzustellen.
Da der Antragsteller im Verfahren unterlegen war, trägt er die Gerichtskosten, § 47 S. 1 WEG. Das Gericht hat aber keinen ausreichenden Anlass, von der Grundkosten-Regel in WEG-Verfahren, wonach jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst trägt, abzuweichen, § 47 S. 2 WEG.
Streitwertbeschluss:
Die Festsetzung des Geschäftswertes erfolgte bereits im Ortstermin am 06.07.2006 und beruht auf § 48 Abs. 3 WEG und bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Entfernung des Spielgerüsts. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist das Gericht vom Regel/Gegenstandswert des § 30 KostO ausgegangen.