Amtsgericht Braunschweig
Urt. v. 17.03.2005, Az.: 116 C 196/05

Bibliographie

Gericht
AG Braunschweig
Datum
17.03.2005
Aktenzeichen
116 C 196/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 43404
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGBRAUN:2005:0317.116C196.05.0A

Fundstelle

  • ZMR 2005, 717-718 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit

...

hat das Amtsgericht Braunschweig im Verfahren gem. § 495 a ZPO am 17.03.2005 im schriftlichen Verfahren durch den Richter am Amtsgericht Hoßbach

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 74,01 € nebst 6,13 % Zinsen für die Zeit vom 01.11.2004 bis 31.12.2004 sowie in Höhe von 6,21 % Zinsen hieraus ab dem 01.01.2005 zu zahlen.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% abzuwenden, sofern nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

    Gegen dieses Urteil wird die Berufung zum Landgericht Braunschweig zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer sog. Kleinreparatur.

2

Der Kläger vermietete mit Mietvertrag vom 05.12.2002 an die Beklagte eine im Hause Schillstraße 2 im 2. Obergeschoss rechts gelegene Zwei-Zimmer-Wohnung. Der monatliche Mietzins beträgt 252,00 € zzgl. Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 36,00 € monatlich.

3

Gemäß § 9 des Mietvertrages enthält die Regelung, dass Kleinreparaturen, die näher beschrieben sind, vom Vermieter vorzunehmen sind. Der Mieter zahlt dem Vermieter im Einzelfall maximal 100,00 € zzgl. jeweils geltender Mehrwertsteuer, maximal 8% der Jahresnettomiete im Kalenderjahr, maximal 300,00 € zzgl. Mehrwertsteuer im Kalenderjahr, auch wenn den Mieter kein Verschulden trifft.

4

Da der Lüfter im Badezimmer der von der Beklagten gemieteten Wohnung ausgefallen war, beauftragte der Kläger durch Durchführung der Instandsetzung die Firma ............. Diese stellte für die von ihr ausgeführten Arbeiten am 18.08.2004 74,01 € in Rechnung.

5

Mit Schreiben vom 24.08.2004 forderte die Hausverwaltung die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages auf. Mit Schreiben vom 26.08.2004 lehnte die Beklagte die Zahlung ab. Die Beklagte ist der Auffassung, die Kleinreparaturklausel sei unwirksam, weil die Beträge von 100,00 € zzgl. Mehrwertsteuer pro Einzelreparatur und 300,00 € pro Jahr den Mieter unangemessen benachteiligen.

6

Die Klägerin hält die Kleinreparaturklausel im Hinblick auf die Inflation für wirksam.

7

Der Kläger beantragt

  1. wie erkannt.

8

Die Beklagte beantragt

  1. Klagabweisung.

Entscheidungsgründe

9

Die Klage ist begründet.

10

Der Kläger hat gegen die Beklagte gem. § 9 des Mietvertrages einen Anspruch auf Ersatz der von ihm verauslagten Kosten für die Beseitigung eines kleineren Mangels in der von der Beklagten bewohnten Wohnung in Höhe von 74,01 €.

11

Die Klage ist zulässig, da der Kläger der Firma .......................... am 16.12.1999 Vollmacht zur Hausverwaltung Einstellung zur Bestellung von Prozessbevollmächtigten erteilt hat und diese wiederum dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.03.2005 Prozessvollmacht erteilt hat.

12

Die Klage ist auch begründet.

13

Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass die von der Firma ........ vorgenommene Reparatur in den Reparaturbereich des § 9 des Mietvertrages fällt und eine Kleinreparatur im Sinne der Rechtssprechung darstellt.

14

Streitig ist zwischen den Parteien, ob die Klausel die Beklagte als Mieterin deswegen unbillig benachteiligt, weil die Beklagte verpflichtet wird, Kleinreparaturen bis zu einem Kostenaufwand von maximal 100,00 € zzgl. jeweils geltender Mehrwertsteuer zu übernehmen.

15

Diese Klause benachteiligt die Beklagte nicht unangemessen im Sinne von § 307 BGB.

16

Es ist in der Rechtssprechung anerkannt, dass in vorformulierten Mietverträgen die Kosten für Kleinreparaturen auf den Mieter abgewälzt werden können, soweit diese Reparaturkosten im Einzelfall nicht unangemessen hoch sind. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Ausgangsentscheidung im Jahre 1997 ( BGHZ 105, 22 ) entschieden, dass die Reparaturkosten im Einzelfall einen Betrag von 100,00 DM nicht übersteigen dürfen. In der Entscheidung vom 06.05.1992 hat der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung mit der Rechtssprechung der Instanzgerichte (vgl. das von der Beklagten zitierte Urteil des OLG Hamburg in WM 1991, Seite 385) einen Betrag von 150,00 DM pro Einzelreparatur als angemessen gebilligt.

17

In der aktuellen Kommentierung dieser Problematik wird bei Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 538 BGB Randnr. 85 und bei Palandt-Weidenkaff, Randnr. 44 zu § 535 BGB ein Betrag von ca. 100,00 bis 125,00 € als noch angemessen angesehen.

18

Rechtssprechung zur Frage, bis zu welcher Höhe im Einzelfall Reparaturkosten nach Einführung des Euro auf den Mieter umgelegt werden können, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht.

19

Das Gericht ist der Auffassung, dass angesichts der Preissteigerung seit 1992 und insbesondere unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der Umstellung der Währung von DM auf Euro beschleunigten Preisentwicklung ein Höchstbetrag von 100,00 € zzgl. 16% Mehrwertsteuer nicht zu beanstanden ist. Dieser Betrag entspricht etwa 1,5 Arbeitsstunden zzgl. regelmäßig anfallender Anfahrtpauschale und Materialkosten. Dabei muss außer Acht bleiben, dass im vorliegenden Fall seitens der Firma ..... lediglich eine Anfahrtpauschale von 5,50 € berechnet worden ist, weil die Wohnung in Braunschweig liegt. Denn der angemessene Betrag in den als AGB verwendeten Kleinreparaturklausel muss auch die Fälle umfassen, wo bei Randlagen oder in ländlichen Gebieten außer der eigentlichen Arbeitszeit eine Anfahrtpauschale anfällt. Da der Gesamtbetrag der jährlich von der Beklagten als Mieterin zu tragenden Kosten für Kleinreparaturen auf 8% der Jahresmiete, maximal 300,00 € begrenzt ist, wird die Beklagte nicht unangemessen benachteiligt, wenn sie im Einzelfall Reparaturkosten bis zu einer Höhe von 100,00 € zzgl. Mehrwertsteuer tragen muss.

20

Der Klage ist daher stattzugeben.

21

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 286 ff BGB.

22

Die weiteren Entscheidungen beruhen auf den §§ 91, 511 Abs. 2, Abs. 4 ZPO.

23

Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen. Zum einen hat die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung, als die Kleinreparaturklausel in einer Vielzahl von vorformulierten Mietverträgen verwendet wird. Da eine gefestigte Rechtssprechung zur Höhe der zulässigen Reparaturkostenbelastung im Einzelfall nach Einführung des Euro sich bislang nicht herausgebildet hat, ist die Entscheidung des Berufungsgerichtes auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung, zumindest im Landgerichtsbezirk, erforderlich.