Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 01.10.2014, Az.: 1 A 13/13

gesundheitliche Einigung; Entlassung; Probebeamter; anderweitige Verwendung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
01.10.2014
Aktenzeichen
1 A 13/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42545
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Vor Entlassung eines Probebeamten allein wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung hat der Dienstherr die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des Betroffenen aktiv und bezogen auf seinen gesamten Bereich zu prüfen und das Ergebnis dieser Prüfung zu dokumentieren.

Tatbestand:

Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen fehlender gesundheitlicher Eignung.

Der am XX.XX.XXX geborene Kläger wurde durch die Beklagte am 01.10.2006 eingestellt und am 27.03.2009 zum Q. ernannt. Seine laufbahnrechtliche Probezeit endete am 26.03.2012. Er leistete Dienst bei der R. S..

Im Rahmen der Begutachtung des Klägers zur Beurteilung seiner Polizeidiensttauglichkeit und seiner gesundheitlichen Eignung zur späteren Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit wurde am 11.01.2012 wegen des Verdachts einer Arthrose eine Magnetresonanztomografie (MRT) des linken Knies durchgeführt. Dabei erwiesen sich eine schwere Retropatellararthrose mit bis zu viertgradigen Knorpelschäden, eine Patellasubluxation, Knochenödeme und das Vorhandensein von zwei größeren freien Gelenkkörpern. Aufgrund dieser Untersuchung kam der Gutachter des T. zu dem Ergebnis, der Kläger sei wegen eines Kniebinnenschadens mit prognostisch ungünstiger Entwicklung dienstunfähig und nicht geeignet zur späteren Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.

Mit Schreiben vom 26.01.2012 stellte die Beklagte die Dienstunfähigkeit des Klägers fest und hörte ihn zur beabsichtigten Entlassung aus der R. an. Am 12.04.2012 ließ der Kläger eine Arthroskopie seines Knies durchführen. Bei der Kniespiegelung wurden zwei große freie Gelenkkörper sowie bis zu viertgradige Knorpelschäden des Knies festgestellt. Die freien Gelenkkörper wurden entfernt und es wurde eine Knorpelglättung durchgeführt. Unter dem 11.06.2012 führte der Gutachter des T. aus, der schwere Verschleiß insbesondere an der Kniescheibenrückfläche, wo der Knorpel teilweise bis auf den Knochen reduziert sei, sei bestätigt worden. Der Kläger sei bei einem derartigen Befund nicht mehr uneingeschränkt gesundheitlich geeignet, den besonderen körperlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes zu genügen. Es drohe eine Arthrose des linken Kniegelenks mit allen Folgewirkungen. Die Prognose sei bei anhaltender körperlicher Belastung, wie sie der originäre Polizeivollzugsdienst erfordere, als eher ungünstig zu beurteilen. Der Kläger sei nicht dienstfähig und nicht gesundheitlich geeignet zur Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Er sei jedoch gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst.

Mit Entlassungsverfügung vom 15.10.2012 entließ die Beklagte den Kläger wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung mit Ablauf des 31.12.2012 aus der R.. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei gesundheitlich nicht zur Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit geeignet. Ein Laufbahnwechsel in den allgemeinen Verwaltungsdienst des Bundes komme nicht in Betracht, weil dieser grundsätzlich für Beamte auf Lebenszeit vorzusehen sei, um deren vorzeitige Zurruhesetzung zu vermeiden. Für Beamte auf Probe beschränke sich ein Laufbahnwechsel auf Ausnahmefälle; ein solcher liege nicht vor. Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, die Frage seiner Eignung sei offen und die Prüfung einer anderweitigen Verwendung sei rechtsfehlerhaft.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10.12.2012 (zugestellt am 13.12.2012) zurück und führte unter anderem aus, bezüglich einer anderweitigen Verwendung stehe es dem Dienstherrn zu, der eigenen Interessenlage gerecht werdende Prioritäten zu setzen. Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr einen Laufbahnwechsel in den allgemeinen Verwaltungsdienst vorrangig für Beamte auf Lebenszeit vorsehe. Daneben bestehe kein weiterer Bedarf an Verwaltungsbeamten innerhalb der R..

Am 11.01.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung rügt er im Wesentlichen eine unzureichende Prüfung der Möglichkeit seiner anderweitigen Verwendung. Diese habe faktisch nicht stattgefunden, weil die Beklagte von vornherein die Priorität zugunsten von Beamten auf Lebenszeit gesetzt habe. Er bestreite, dass bei der Beklagten eine personelle Situation vorliege, bei der Beamte statt einer Entlassung nicht anderweitig verwendet werden könnten. Im Übrigen habe sich die Prüfung auf den gesamten Geschäftsbereich des Dienstherrn zu erstrecken.

Im gerichtlichen Verfahren hat die Beklagte eine weitere Stellungnahme des T. vom 13.05.2014 vorgelegt, in der bestätigt wird, dass das linke Knie des Klägers eine erhebliche Schädigung des Gelenkknorpels mit freiliegender Knochenstruktur aufweise. Aufgrund dieser Schädigung müssten stärkere Belastungen des Knies unterbleiben und es sei mit einer nicht ausreichenden körperlichen Belastbarkeit des Klägers weit vor Erreichen des Ruhestandsalters zu rechnen. Er sei deshalb für eine uneingeschränkte Verwendung als Polizeivollzugsbeamter nicht geeignet. Dagegen sei er für den allgemeinen Verwaltungsdienst und für Umschulungsmaßnahmen, auch heimatfern, ohne Einschränkung geeignet. Auch ein Innendienst im Status eines Polizeivollzugsbeamten wäre denkbar. Im Übrigen wird wegen des Inhalts der Stellungnahme auf die Beiakte C Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt ihres Widerspruchsbescheids. Ergänzend führt sie im Wesentlichen aus: Eine Prüfung der Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des Klägers habe sehr wohl stattgefunden. Dabei komme nur die Zielverwendung als Verwaltungsbeamter in Betracht. Zwar sei die Möglichkeit des Laufbahnwechsels nicht allein Beamten auf Lebenszeit vorbehalten. Diesem Personenkreis sei jedoch vorrangig die Möglichkeit einer entsprechenden Umschulungsmaßnahme einzuräumen. Der Grund liege in der im Vergleich zu Probebeamten weitaus stärkeren Bindung des Dienstherrn gegenüber Beamten auf Lebenszeit sowie in dem Umstand, dass für letztere der Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ gelte. Die der gesamten R. zur Verfügung stehende Umschulungskapazität sei auf etwa 20 Plätze begrenzt. Hierdurch werde selbst der Umschulungsbedarf für Beamte auf Lebenszeit nicht in vollem Umfang gedeckt. Ein Engpass bestehe auch bei der späteren Verwendung im mittleren Verwaltungsdienst. Nahezu alle dieser Dienstposten seien besetzt. Nach den Erfahrungen in vergangenen Jahren sei es nicht einmal möglich, dort alle dienstunfähigen Beamten auf Lebenszeit unterzubringen. Eine bundesweite Prüfung anderweitiger Verwendungsmöglichkeiten wäre angesichts der zurzeit bestehenden Organisationsstrukturen nicht möglich. Die Möglichkeit, Beamte bei anderen Behörden einzusetzen, sei zwar verwaltungsintern vorgesehen, scheitere jedoch in der Praxis im Allgemeinen daran, dass die anderen Behörden keinen Bedarf hätten oder ihn anderweitig deckten. Für den Laufbahnwechsel 2013 seien bundesweit 24 Beamtinnen und Beamte zugelassen worden. Es habe sich um 22 Beamte auf Lebenszeit sowie zwei Probebeamte gehandelt. Einer der Probebeamten sei schwerbehindert, bei dem anderen sei die Nichteignung auf einen Dienstunfall zurückzuführen gewesen. Derartige Besonderheiten lägen beim Kläger nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Entlassungsbescheid der Beklagten vom 15.10.2012 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 10.12.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte hat den Kläger auf der Grundlage von § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Danach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn der Entlassungsgrund der fehlenden Bewährung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG vorliegt. In diesem Fall ist bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 BBG eine anderweitige Verwendung entsprechend zu prüfen. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 BBG ist eine anderweitige Verwendung möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann.

Der Kläger hat sich in der Probezeit nicht bewährt. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG dar. Dies folgt bereits aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach geeignet nur derjenige ist, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist. Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amts in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, BVerwGE 148, 204, m.w.N. insbesondere zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Mangelnde gesundheitliche Bewährung für ein bestimmtes Amt liegt schon dann vor, wenn die Beamtin oder der Beamte nicht allen für die Laufbahn typischen Dienstposten im Sinne des Amts im konkret-funktionellen Sinn gewachsen ist oder wenn aufgrund von in der Probezeit aufgetretenen oder bekannt gewordenen Umständen Zweifel bestehen, ob die Beamtin oder der Beamte den laufbahntypischen Aufgaben auf Dauer gewachsen seien wird (Zängl in Fürst u. a., GKÖD, Bd. I, Stand: Juli 2014, § 34 BBG Rn. 45). Im Fall des Klägers war darauf abzustellen, ob er für die Laufbahn eines Polizeivollzugsbeamten der R. geeignet ist. Dies ist aufgrund der Schädigung seines linken Knies zu verneinen.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (Urteile vom 25.07.2013 - 2 C 12.11 -, BVerwGE 147, 244 und vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, a.a.O.). Während die Beklagte diesen Maßstab bei ihrer Entscheidung über die Entlassung des Klägers zunächst nicht angewandt hatte und auch das ärztliche Gutachten nicht den gesteigerten Anforderungen entsprach, die das Bundesverwaltungsgericht insbesondere im Urteil vom 30.10.2013 stellt, hat die Beklagte im gerichtlichen Verfahren ein neues sozialmedizinisches Gutachten vom 13.05.2014 eingeholt, das die mangelnde Eignung des Klägers für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten ausreichend belegt. Zusammenfassend äußert sich der Gutachter wie folgt:

„Bei der Retropatellararthrose, wie sie gemäß Befund 2. bei [dem Kläger] vorliegt, ist also der Gelenkknorpel teilweise so tief geschädigt, dass die darunter liegende Knochenstruktur frei liegt. Ein Fortschreiten der Erkrankung ist die Regel, so dass bei [dem Kläger] mit einer nicht ausreichenden körperlichen Belastbarkeit weit vor Erreichen des Ruhestandsalters gerechnet werden muss. Darüber hinaus haben stärkere Belastungen zu unterbleiben, um ein Fortschreiten der Knorpeldestruktion möglichst zu verzögern oder zu verhindern. Zu vermeiden sind also längeres Stehen, häufiges Abknien und Hocken oder die Handhabung schwerer Lasten über Höhenunterschiede … Alle diese Tätigkeiten müssen aber von einem Polizeivollzugsbeamten regelmäßig abverlangt werden: Stundenlanges Stehen bei Fanbegleitungen oder bei Absperrmaßnahmen, Tragen der schweren Körperschutzausstattung, Handhabung von technischen Sperren, Gleisräumungen unter Anwendung von unmittelbarem Zwang in Form von einfacher körperlicher Gewalt.

...

Bei einer uneingeschränkten Verwendung als Polizeivollzugsbeamter wird [der Kläger] die damit verbundenen Belastungen nicht bis zum Erreichen des Ruhestandsalters uneingeschränkt ausführen können, da diese den Verlauf der Erkrankung ungünstig beeinflussen. Wenn diese Belastungen von ihm abverlangt würden, würden auch vermehrte krankheitsbedingte Fehlzeiten auftreten.“

Obwohl § 34 Abs. 1 Satz 1 BBG davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden kann, ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet (BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, a.a.O., m.w.N.). § 34 Abs. 1 Satz 2 bestimmt jedoch, dass im Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung eine anderweitige Verwendung entsprechend zu prüfen ist. Für die Entlassung bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung gilt damit in gleicher Weise wie für die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nach § 44 BBG, dass das Beamtenverhältnis nur dann beendet werden soll, wenn der Beamtin oder dem Beamten kein anderes Amt übertragen werden kann, dem sie oder er gesundheitlich gewachsen ist. Nach § 44 Abs. 2 BBG muss das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehören und mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden sein wie das bisherige Amt. Außerdem muss die Beamtin oder der Beamte für das neue Amt entweder die Laufbahnbefähigung besitzen oder erwerben (Zängl in Fürst u. a., a.a.O. Rn. 45). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, a.a.O.) kommt es bei der sinngemäßen Anwendung dieser Vorschrift auf die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die er die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung bestehe im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden könne. Dies sei anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere sei, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die er wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet sei. Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Der sozialmedizinische Gutachter führt im Gutachten vom 13.05.2014 hierzu aus:

„[Der Kläger] ist uneingeschränkt gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst sowie für die erforderlichen Umschulungsmaßnahmen, auch heimatfern. Zwar würden die oben genannten Einschränkungen auch für den allgemeinen Verwaltungsdienst gelten, jedoch ist dieser normalerweise nicht mit solchen Belastungen verbunden.

Selbstverständlich ist eine Verwendung im Innendienst, also eine verwaltungsdienstgleiche Tätigkeit unter Beachtung der oben genannten Einschränkungen, auch im Status eines Polizeivollzugsbeamten möglich. Für den Verlauf der Erkrankung ist die tatsächliche Belastung entscheidend und nicht, in welchem beamtenrechtlichen Status diese ausgeführt wird.

Bei einer Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst oder vergleichbaren Tätigkeiten ist nicht mit übermäßig vermehrten Fehlzeiten oder einer vorzeitigen Zurruhesetzung zu rechnen: Selbst mit eingesteiftem Gelenk können allgemeine Verwaltungstätigkeiten ausgeführt werden, diese Tätigkeiten wirken sich auch nicht verschlimmernd auf die Erkrankung aus.“

Diese Einschätzung des Gutachters legt die Kammer ihrer Entscheidung zugrunde.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Suche nach einer entsprechenden anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn und nicht lediglich auf aktuell freie Stellen, sondern auf Dienstposten zu erstrecken, die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Dabei gibt die Dauer des Vorbereitungsdienstes für den mittleren Dienst von mindestens einem Jahr den zeitlichen Rahmen vor, in dem sich eine Verwendungsmöglichkeit eröffnen muss (BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 2 C 73/08 -, BVerwGE 133, 297). Dagegen begründet § 44 Abs. 2 BBG nicht die Verpflichtung des Dienstherrn, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 26.03.2009, a.a.O., zu § 42 Abs. 3 BBG a.F.). Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 44 Abs. 2 BBG beachtet hat, denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 26.03.2009, a.a.O., m.w.N.). Nach einer anderen Verwendung muss der Dienstherr aktiv suchen; die Suche ist in den Akten zu dokumentieren (Nds. OVG, Beschluss vom 01.07.2013 - 5 ME 109/13 -, NdsVBl 2014, 26).

Nach Auffassung der Kammer hat die Beklagte sich nicht ausreichend um die Prüfung bemüht, ob eine anderweitige Verwendung des Klägers möglich ist. Die durch das Gericht im Verlauf des Verfahrens gestellte Frage, ob es im Innendienst der R. auch Dienstposten gebe, die ein körperlich beeinträchtigter Polizeivollzugsbeamter ohne eine Umschulung ausführen könne, hat sie nur ausweichend beantwortet. Die Frage zielte ersichtlich darauf ab, ob derartige Dienstposten faktisch vorhanden sind und ob in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen entsprechend verfahren worden ist. Die Beklagte hat sich in ihrer Antwort auf die Aussage beschränkt, für polizeidienstunfähige Beamtinnen und Beamte sei eine Umschulung zwingend erforderlich, und auf den hohen Wert der Regelausbildung für die Laufbahn des mittleren Verwaltungsdienstes verwiesen. Auf die Frage nach der tatsächlichen Handhabung ist sie jedoch nicht eingegangen. Dies erscheint der Kammer insbesondere deshalb nicht ausreichend, weil im sozialmedizinischen Gutachten vom 13.05.2014 eine Verwendung als Polizeivollzugsbeamter im Innendienst ausdrücklich als mögliche Alternative zur Tätigkeit nach einer Umschulung genannt wird.

Soweit es die Möglichkeit einer Umschulung angeht, hat die Beklagte zunächst auf einen Engpass bei der Zahl der Umschulungsplätze abgestellt und etwa ein Jahr später vorgetragen, der Engpass bestehe nicht bei den Umschulungsplätzen, sondern in der anschließenden Verwendung im mittleren Verwaltungsdienst. In der mündlichen Verhandlung hat sie nach einem entsprechenden Vorhalt behauptet, es handele sich um einen doppelten Engpass. Unabhängig davon, wie dies zu bewerten ist, reicht es keineswegs aus zu behaupten, es seien nur „etwa 20“ Umschulungsplätze vorhanden. Vielmehr wäre - auf den Bereich des Dienstherrn bezogen - das System des Laufbahnwechsels näher zu erläutern und zu belegen gewesen, wo Umschulungen durchgeführt werden, wie viele Plätze im zeitlichen Zusammenhang mit der Entlassung des Klägers vorhanden waren und durch welche Beamtinnen oder Beamte diese nach welchen Kriterien besetzt wurden. Diese Fragen hat die Beklagte ebenfalls nicht ausreichend beantwortet. Sie hat lediglich vorgetragen, für den Laufbahnwechsel 2013 seien bundesweit 22 Beamte auf Lebenszeit sowie zwei Probebeamte zugelassen worden, bei denen besondere Umstände vorgelegen hätten. Zu der Frage, nach welchen Kriterien die Umschulungsplätze für die Lebenszeitbeamten besetzt worden seien, hat sie sich nicht geäußert, sondern sich auf ihre von Anfang an vertretene Auffassung zurückgezogen, es stehe ihr frei, Lebenszeitbeamte wegen des Grundsatzes „Rehabilitation vor Versorgung“ vorrangig zu berücksichtigen. Dem Gericht ist deshalb nicht bekannt, ob die Umschulungsplätze in vollem Umfang durch Lebenszeitbeamte besetzt worden sind, die der Umschulung zwingend bedurften, um eine Zurruhesetzung zu vermeiden. Bereits dieser Umstand begründet die Annahme, die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des Klägers sei nicht ausreichend dargelegt worden. Selbst wenn man der (nicht zweifelsfreien) Auffassung der Beklagten, Beamte auf Lebenszeit seien bevorzugt zu berücksichtigen, grundsätzlich folgen würde, müsste man doch jeden Einzelfall betrachten, um die Frage beurteilen zu können, ob die Interessen des Klägers an einem Umschulungsplatz möglicherweise höher zu bewerten gewesen wären als diejenigen der zugelassenen Beamtinnen und Beamten. Die Beklagte berücksichtigt bei ihrer Handhabung nicht ausreichend, dass auch Beamtinnen und Beamte auf Probe bereits in einer verhältnismäßig engen Bindung zu ihrem Dienstherrn stehen, nachdem sie die Laufbahnbefähigung erworben haben und mit dem Ziel der späteren Verwendung im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Beamtin oder zum Beamten auf Probe ernannt worden sind (vgl. Zängl in Fürst u. a., a.a.O., Rn. 2). Deshalb handelt es sich auch bei der Entlassung eines Probebeamten um einen schwerwiegenden Eingriff in dessen Rechtsstellung (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 01.07.2013, - 5 ME 109/13 -, a.a.O.), die auch durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 16/12 -, a.a.O.) erkennbar gestärkt werden sollte.

Hinzu kommt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, aktiv und bezogen auf den gesamten Bereich des Dienstherrn - und damit beim Bund und bei den bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen (vgl. insoweit § 4 Abs. 3 BPolBG) - nach Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung des Klägers zu suchen und diese Suche zu dokumentieren. Die Beklagte hat sich jedoch darauf beschränkt, auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, Beamte bei anderen Behörden einzusetzen. Dass sie sich im Fall des Klägers hierum konkret bemüht hat, ist dagegen nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.