Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.10.1998, Az.: 12 L 1448/98
Kosovo-Albaner; Gruppenverfolgung; Jugoslawien; Asyl
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 22.10.1998
- Aktenzeichen
- 12 L 1448/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 14237
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1998:1022.12L1448.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Lüneburg 22.01.1998 - 7 A 693/94
Rechtsgrundlagen
- Art. 16a Abs. 1 GG
- § 51 Abs. 1 AuslG
- § 53 AuslG
Fundstelle
- NVwZ 1999, Beilage Nr 5, 44
Amtlicher Leitsatz
1. Albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo waren bis Ende Februar/Anfang März 1998 im Kosovo weiterhin einer (regionalen oder örtlichen) gruppengerichteten Verfolgung nicht ausgesetzt (Bestätigung und Fortschreibung der Senatsrechtsprechung).
2. Albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo sind seit Ende Februar/Anfang März 1998 in den ländlich geprägten Bereichen des Zentral- und (Süd-)Westkosovo einer örtlich begrenzten gruppengerichteten Verfolgung ausgesetzt. Das Vorgehen in den von den bewaffneten Auseinandersetzungen und den Aktionen der serbischen Sicherheitskräfte betroffenen Gebieten stellt sich dar als "Gegenterror" bzw als ein asylerhebliches Vorgehen, das die Grenzen legitimer und statthafter staatlicher Selbstverteidigung, getragen von dem Ziel der Sicherung und Wahrung der staatlichen Einheit und territorialen Integrität gegenüber separatistischen Bewegungen, deutlich überschreitet; ein weitergehendes, auf alle albanischen Volkszugehörigen im Kosovo gerichtetes Verfolgungsprogramm läßt sich nicht feststellen.
3. Es bleibt offen, ob den von der örtlichen Verfolgung Betroffenen in anderen Gebieten des Kosovo, in anderen Teilen der Republik Serbien oder in der Republik Montenegro eine inländische Fluchtalternative offensteht.
4. Auf die örtlich begrenzte gruppengerichtete Verfolgung können sich albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo, die vor deren Einsetzen ausgereist sind, für die Gewährung von Asyl (Art 16a GG) oder Abschiebungsschutz nach § 51 Abs 1 AuslG (AuslG 1990) nicht mit Erfolg als objektiven Nachfluchtgrund berufen (im Anschluß an BVerwG, Urt v 30. April 1996 - BVerwG 9 C 171/95 -, BVerwGE 101, 134-143; Urt v 9. September 1997 - BVerwG 9 C 43/96 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr 194).
5. Abschiebungsschutz nach § 53 Abs 1 bis 3, Abs 4 AuslG (AuslG 1990) iVm der EMRK (MRK) oder - mangels erforderlicher ausländerpolitisch zu verantwortender Leitentscheidung nach § 54 AuslG (AuslG 1990) - nach § 53 Abs 6 AuslG (AuslG 1990) ist jedenfalls nicht vorverfolgt ausgereisten albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo nicht schon wegen ihrer Volkszugehörigkeit zu gewähren. Die Voraussetzungen eines verfassungsunmittelbaren Abschiebungsschutzes sind nicht erfüllt.