Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 24.04.2007, Az.: 8 A 4236/06
Aufwand; Aufwandsvergütung; Gemeinschaftsverpflegung; Mitglied; Personalrat; Personalratsmitglied; Reisekosten; Tagegeld; Truppenküche; Vergütung; Verpflegung
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 24.04.2007
- Aktenzeichen
- 8 A 4236/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 71892
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG - 11.02.2009 - AZ: 17 LP 13/07
Rechtsgrundlagen
- § 44 Abs 1 S 2 BPersVG
- § 6 BRKG
- § 9 Abs 1 BRKG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Wenn Personalratsmitglieder die Möglichkeit zur Teilnahme an Gemeinschaftsverpflegung in der Truppenküche haben, kann ihnen statt des Tagegeldes eine Aufwandsvergütung gewährt werden.
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über Reisekosten für Personalratsmitglieder.
Der Vorsitzende des Antragstellers unternahm im Februar und Mai 2006 Dienstreisen in Personalvertretungsangelegenheiten nach U. bzw. nach F. und anderen Orten in Süddeutschland und machte dafür seiner Dienststelle gegenüber Reisekostenentschädigung geltend. Mit Bescheiden des Bundeswehrdienstleistungszentrums W. vom 8. März und 10. Juli 2006 wurden Reisekosten nur eingeschränkt erstattet. Für Aufenthaltstage mit der Möglichkeit zur Teilnahme an Gemeinschaftsverpflegung wurde nur der Aufwand für die Gemeinschaftsverpflegung in Höhe von 2,64 Euro berücksichtigt. Der Vorsitzende des Antragstellers hat gegen beide Bescheide Beschwerde eingelegt. Die Wehrbereichsverwaltung Nord hat mit Schreiben vom 12. Juli 2006 auf die Rechtslage hingewiesen und die Berechnung erläutert. Weil Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung bereitgestanden habe, könnten nur die dafür aufzuwendenden Kosten von 2,64 Euro berücksichtigt werden.
Am 11. September 2006 hat der Antragsteller nach entsprechender Beschlussfassung das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet, um den Anspruch von Personalratsmitgliedern auf ungekürztes Tagegeld nach § 6 BRKG feststellen zu lassen. Nach Ansicht des Antragstellers sind sein Vorsitzender oder seine Mitglieder nicht zur Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung verpflichtet. Wenn sie von einer Gemeinschaftsverpflegung keinen Gebrauch machten, könne dies nicht zur Kürzung ihres Anspruchs auf Tagegeld für die entsprechende Verpflegung führen. Die Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung sei bei Dienstreisen kaum möglich, weil man sich in der Truppenküche schon einige Tage vorher anmelden müsse. Die Arbeit in den Personalvertretungen ließe sich nicht immer mit den Öffnungszeiten der Kantine in Übereinstimmung bringen. Die Anrechnung der Gemeinschaftsverpflegung sei eine unzulässige Ungleichbehandlung, weil zum Beispiel Angehörige der Bundespolizei das volle Tagegeld selbst bei entgeltlicher Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung erhielten. Auch im Bereich des Bundesfinanzministeriums werde das volle Tagegeld gewährt. Die Verwaltungsvorschrift zur Anrechnung der Gemeinschaftsverpflegung sei schon formell rechtswidrig, weil der Personalrat dieser Verwaltungsvorschrift nicht zugestimmt habe.
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass Mitgliedern des Antragstellers bei Dienstreisen die Reisekosten für die Zeit des Aufenthalts am Geschäftsort unabhängig von der Möglichkeit der Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung als ungekürztes Tagegeld zu gewähren sind.
Der Beteiligte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verweist darauf, dass nach § 9 BRKG und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften die Aufwandsvergütung nur in Höhe des zu zahlenden Verpflegungsgeldes gewährt werden könne, wenn Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung bereit gestellt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Verfahrensvorgänge.
II.
Der Antrag ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nach §§ 83 BPersVG, 83 ArbGG statthaft und zulässig. Es geht um einen personalvertretungsrechtlichen Streit über Ansprüche des Personalrats gegenüber der Dienststelle wegen Reisekosten.
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob Mitgliedern des Antragstellers das Tagegeld nach § 6 ob ihnen Aufwandsentschädigung nach § 9 BRKG zu gewähren ist, wenn die Möglichkeit zur Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung besteht. Die Abrechnung der Dienstreisen des Vorsitzenden des Antragstellers durch Verfügungen vom 8. März und 10. Juli 2006 sind ist Anlass für das Verfahren, nicht aber Streitgegenstand, auch wenn ihre inhaltliche Richtigkeit von dem Verfahrensausgang abhängt. Der Antragsteller begehrt unabhängig von den Einzelheiten dieser Abrechnungen die Feststellung, dass seinen Mitgliedern Tagegeld nach § 6 BRKG zusteht, wenn sie an Verpflegung in der Truppenküche teilnehmen könnten.
Der zulässige Antrag ist unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass Mitgliedern des Antragstellers bei Dienstreisen für die Zeit des Aufenthalts am Geschäftsort unabhängig von der Möglichkeit zur Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung das ungekürzte Tagegeld nach § 6 BRKG zu gewähren ist. Dabei ist von § 44 BPersVG als Anspruchsgrundlage für die Kostenübernahme durch die Dienststelle auszugehen. Zu den Kosten der Personalratstätigkeit, die von der Dienststelle zu tragen sind, gehören auch die notwendigen Reisekosten, die gem. § 44 Abs. 1 S. 2 BPersVG nach dem BRKG zu berechnen sind.
Das BRKG sieht als Regelfall zur Entschädigung des reisebedingten Mehraufwandes für Verpflegung das Tagegeld nach § 6 BRKG vor. Das Tagegeld kann gekürzt werden, wenn der Reisende Verpflegung unentgeltlich erhält oder die unentgeltlich bereitgestellte Verpflegung ohne triftigen Grund nicht in Anspruch nimmt. Weiter wird das Tagegeld gekürzt, wenn das Entgelt für Verpflegung etwa schon in erstattungsfähigen Übernachtungskosten enthalten ist. Diese Kürzungsregelungen sind aber nicht Gegenstand des Beschlussverfahrens. Die Dienststelle hat nämlich für die Aufenthaltstage nicht Tagegeld nach § 6 BRKG, sondern Aufwandsvergütung nach § 9 BRKG gewährt, die geringer ist als das Tagegeld.
Nach § 9 Abs. 1 BRKG kann Dienstreisenden, denen erfahrungsgemäß geringerer Aufwand für die Verpflegung oder Unterkunft als allgemein üblich entsteht, nach näherer Bestimmung der obersten Dienstbehörde anstelle von Tagegeld, Übernachtungsgeld und Auslagenerstattung eine entsprechende Aufwandsvergütung gewährt werden. Die Aufwandsvergütung ist ein Bestandteil der Reisekostenvergütung, auf die der Dienstreisende einen Rechtsanspruch hat. Sie wird anstelle derjenigen Bestandteile der Reisekostenvergütung gewährt, die dem Dienstreisenden als Entschädigung zur Abgeltung der Mehrauslagen für die Verpflegung und der Auslagen für die Unterkunft oder als Erstattungsbeträge für diese Auslagen zustehen. Die übrigen Aufwendungen, die durch die Dienstreisen verursacht werden, nämlich die Auslagen für Fahrten und die Nebenkosten, werden neben der Aufwandsvergütung erstattet. Die Abfindung durch Aufwandsvergütung nach § 9 Abs. 1 soll zur Vereinfachung der Abrechnung von Dienstreisen beitragen. Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesreisekostengesetz vom 1. Juni 2005 (GMBl. S. 830) soll Aufwandsvergütung vor allem in Fällen festgesetzt werden, in denen regelmäßig aufgrund der besonderen Art des Dienstgeschäfts (z.B. regelmäßige Dienstreisen an den gleichen Geschäftsort oder in ein gleichbleibendes Gebiet) oder der Ausführung der Dienstreisen (z.B. Teilnahme an einer Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung) offenkundig geringere Aufwendungen für Verpflegung und/oder Unterkunft als allgemein entstehen. Wenn Kantinen- oder Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung für bestimmte Dienstzweige oder Dienstgeschäfte typisch ist, kann die Festsetzung einer Aufwandsvergütung nach § 9 Abs. 1 BRKG erforderlich sein (Kopicki/Irlenbusch, Reisekostenrecht, Anm. 10 zur § 9 BRKG).
Von vornherein ausgeschlossen ist eine Aufwandsvergütung für Personalratsmitglieder bei ihren Dienstreisen nicht. Für Personalratsmitglieder gilt gleichermaßen wie für andere Bedienstete, für die das BRKG anzuwenden ist, dass anstelle des Tagegeldes in Anwendung des § 9 BRKG eine Aufwandsvergütung gewährt werden kann (OVG Münster, B. v. 11. März 1986, CB 4/84, RIA 1987, 46). Ein Anspruch auf Berechnung der Reisekostenvergütung ausschließlich nach § 6 BRKG ohne Anwendung der Ermächtigung zur Abfindung durch die geringere Aufwandsvergütung nach § 9 Abs. 1 BRKG besteht für Personalratsmitglieder ebenso wenig wie für Soldaten, Beamte oder Richter im Bundesdienst.
Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 BRKG geht ebenso wie die inhaltsgleiche, aufgehobene Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 1 BRKG von einer generalisierenden Betrachtungsweise aus. Sie erfordert daher nicht, dass im konkreten Abrechnungsfall geringere Aufwendungen als allgemein entstanden sind, sondern geht von den üblicherweise gegebenen Verhältnissen aus. Für die Gewährung einer Aufwandsvergütung genügt es daher, dass es sich um Reisen handelt, für die bei ihrem üblichen Verlauf geringere Aufwendungen entstehen (OVG Münster, a.a.O.). Wenn generell günstige Möglichkeiten für die Verpflegung angenommen werden können, wird dies bei der Aufwandsvergütung zu Lasten des Reisenden berücksichtigt. Eine entgeltliche Gemeinschaftsverpflegung ist wesentlich billiger als die sonst bei Dienstreisen übliche Gaststättenverpflegung. Deshalb ist die Festsetzung einer Aufwandsvergütung nach § 9 Abs. 1 BRKG gerechtfertigt, wenn Kantinen- oder Gemeinschaftsverpflegung gegen Bezahlung für bestimmte Dienstzweige oder Dienstgeschäfte typisch ist, (Kopicki/Irlenbusch, aaO. § 9 Anm. 10). Auch bei Erledigung von Personalratsaufgaben im militärischen Dienstbereich kann die Teilnahme an einer Gemeinschaftsverpflegung als allgemein üblich und zumutbar angenommen werden, auch wenn keine Verpflichtung zur Teilnahme besteht. Der Reisende kann darauf verwiesen werden, die günstige Truppenverpflegung in Anspruch zu nehmen. Der Antragsteller hat nichts dafür vorgetragen, dass sich die Aufgabe seiner Mitglieder, die im weiteren Sinne als Verwaltungstätigkeit einzuschätzen ist, von sonstiger Verwaltungsarbeit so sehr unterscheidet, als dass die Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung erfahrungsgemäß nicht stattfindet. Die Behauptung, die Tagesordnung ließe sich nicht immer so steuern, dass Mittagspause und Kantinenzeiten gleich seien, ist nicht belegt und auch nicht überzeugend. Selbst wenn in Einzelfällen ausnahmsweise eine Mittagspause in der Kantinenzeit nicht möglich sein sollte, schließt dies die generelle Zumutbarkeit des Verweises auf die Gemeinschaftsverpflegung nicht aus. Auch die behauptete lange Voranmeldung steht der Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung nicht entgegen. Zum einen sind Personalratsreisen in der Regel ebenfalls länger im Voraus geplant, so dass neben der Reservierung von Unterkunft auch Truppenverpflegung bestellt werden könnte. Zum anderen ist in den meisten Küchen auch Teilnahme ohne Voranmeldung möglich. Solange davon auszugehen ist, dass auch für Personalratstätigkeit eine Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung erfahrungsgemäß stattfindet, kann die Behörde dies bei der Aufwandsvergütung berücksichtigen. Ob von der Möglichkeit der Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung, Gebrauch gemacht wird, ist dann nicht zu entscheiden. Nach Sinn und Zweck der Regelung in § 9 BRKG, kommt es nicht auf den jeweiligen Einzelfall an. Vielmehr kann die Dienststelle von Erfahrungswerten ausgehen, die den typischen Verlauf der Dienstgeschäfte und der mit ihnen verbundenen Aufwendungen im Falle der Ortsabwesenheit wiedergeben.
Von der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 BRKG zur Gewährung von Aufwandsentschädigung hat die oberste Dienstbehörde durch Erlass des BMVg vom 22. Dezember 2005 formell und inhaltlich rechtmäßig Gebrauch gemacht. Dort sind im Einzelnen Umfang und Voraussetzung der Aufwandsvergütung an Stelle von Tagegeld geregelt, wenn Möglichkeit zur Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung besteht.
Es braucht nicht entschieden oder aufgeklärt zu werden, ob Angehörigen der Bundespolizei oder Bediensteten der Finanzverwaltung Tagegeld statt Aufwandsvergütung gewährt wird. Das BRKG verlangt eine Gleichbehandlung im Bereich der obersten Dienstbehörde, die hier gegeben ist. Ob gleichgeordnete oberste Dienstbehörden günstigere Regelungen getroffen haben als das BMVg, ist hier ohne Belang für die Einhaltung des Gleichbehandlungsgebotes. Jede oberste Dienstbehörde entscheidet für sich im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel über Voraussetzungen und Höhe der Aufwandsvergütung nach § 9 Abs. 1 BRKG.
Die vom Antragstellers gerügte fehlende Zustimmung der Personalvertretung zum Erlass des BMVG vom 22. Dezember 2005 führt nicht zu seiner formellen Rechtswidrigkeit. Die Beteiligung der Personalvertretung an diesem Erlass war nicht erforderlich (vergl. OVG Münster, B. v. 11. März 1986, CB 4/84, RiA 1987, 46).
Der Erlass vom 22. Dezember 2005 über die Gewährung von Aufwandsentschädigung an Stelle von Tagegeld ist frühzeitig bekannt gemacht, so dass auch unter Gesichtspunkten der Fürsorgepflicht, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gegen seine Anwendung für Dienstreisen im Jahr 2006 nichts einzuwenden ist (vergl. dazu Kopicki/Irlenbusch, aaO. Anm. 19 mit Verweis auf OVG Rheinland-Pfalz vom 2. November 1977 - 2 A 90/75 - ZBR 1979, 53). Die betreffenden Bediensteten konnten sich darauf einstellen, dass es bei der Bereitstellung von Truppenverpflegung zu Kürzungen des Tagegeldes durch Gewährung von Aufwandsentschädigung kommt.
Eine Kostenentscheidung ergeht im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht.