Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.11.2011, Az.: 6 K 320/09

Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Forderungen gegenüber einem verbundenen Unternehmen; Geltung des Nennwertes als Anschaffungskosten bei originär in der Person der Steuerpflichtigen durch Vertrag oder Gesetz entstehenden Forderungen; Ansetzung einer Darlehensforderung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG mit dem niedrigeren Teilwert

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.11.2011
Aktenzeichen
6 K 320/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 33698
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2011:1117.6K320.09.0A

Fundstelle

  • StBW 2012, 150

Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2005 und 2006

Zu den Voraussetzungen von Teilwertabschreibungen auf an 100%ige Tochtergesellschaften gewährte eigenkapitalersetzende Darlehen i.S.v.§ 32a GmbH-Gesetz a.F.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Forderungen gegenüber einem verbundenen Unternehmen.

2

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Form einer eingetragenen Genossenschaft (eG). Sie verfügt über kein eigenes Kraftfutterwerk, sondern bezieht Futtermittel von einer Firma aus X. Das Futtermittel wird durch die Klägerin durch einen eigenen Fuhrpark ausgeliefert. Weiterhin verkauft die Klägerin Düngemittel. Insoweit verfügt sie über eine eigene Mischanlage für Düngemittel. Weiter betrieb die Klägerin bis Mitte 2007 einen Landmaschinenhandel und eine Reparaturwerkstatt mit Ausweitung auf den Bereich des Anlagenbaus (Stahl- und Hallenbau).

3

Mit Vertrag vom 23. Dezember 2003 erwarb die Klägerin sämtliche Anteile an der A-GmbH für 67.500 EUR. Der Nennwert der Anteile betrug 350.000 EUR. Grundlage für die Kaufpreisfindung waren die Bilanzen zum 31.12.2001 und 31.12.2002. Die Bilanz zum 31.12.2002 wies aufgelaufene Verluste i.H.v. 192.893,97 EUR aus. Das Eigenkapital betrug 157.106,03 EUR. Im Lagebericht zum Jahresabschluss 2003 der Klägerin vom 02.12.2004 heißt es: "Der Erwerb der Gesellschaftsanteile der A-GmbH soll zusammen mit der genossenschaftlichen Werkstatt in Y in ein ausreichend dimensioniertes zukunftsfähiges Agrartechnikgeschäft münden." Neben der Fertigung von Siloanlagen handelte die A-GmbH mit Landmaschinen aller Art und führte entsprechende Reparaturen aus. Zum 1. Mai 2004 wurde für die A-GmbH ein neuer Geschäftsführer bestellt.

4

Die Klägerin gewährte der A-GmbH in der Folgezeit drei Darlehen und zwar am 8. Juni 2004 über 150.000 EUR, am 21. September 2004 über 100.000 EUR und am 2. Dezember 2005 über 250.000 EUR. Die Darlehen waren jeweils mit 5,5% zu verzinsen bei Laufzeiten von jeweils einem Jahr. Das am 8. Juni 2004 gewährte erste Darlehen über 150.000 EUR war für die Aufnahme des Vertriebs von Euro-Silos bestimmt.

5

Eine Prognoseberechnung der Klägerin vom 12. Juli 2004 zur Entwicklung der A-GmbH ging für das Jahr 2004 von einem Verlust in Höhe von 44.000 EUR und für 2005 - bei einem geplanten Einsparpotential von 118.000 EUR - von einem Gewinn in Höhe von 212.000 EUR aus. Mit Schlusszeichnung vom 9. August 2004 lag der Jahresabschluss zum 31.12.2003 für die A-GmbH vor. Er wies statt des Ende 2003 noch erwarteten geringen Gewinns einen Verlust von 88.000 EUR aus. Das am 21. September 2004 gewährte Darlehen über 100.000 EUR war ebenfalls für die Aufnahme des Vertriebs von Euro-Silos bestimmt. Am 16. Mai 2005 wurde das erste Darlehen um ein Jahr verlängert. Der Zweck der Darlehensverlängerung bestand in der Liquiditätsstützung der A-GmbH. Am 1. Juni 2005 übernahm die Klägerin die Bürgschaft für ein der A-GmbH von der Bank gewährtes Darlehen über 400.000 EUR. Am 20. September 2005 verlängerte die Klägerin das zweite der A-GmbH gewährte Darlehen ebenfalls um ein Jahr. Mit Schlusszeichnung 1. November 2005 lag der Jahresabschluss der A-GmbH zum 31.12.2004 vor. Er weist einen Verlust von 162.000 EUR aus. Die Summe der aufgelaufenen Verluste betrug nunmehr 443.000 EUR. Erstmals lag damit eine Überschuldung von - nominal - 93.000 EUR vor. Am 2. November 2005 erklärte die Klägerin gegenüber ihrer Tochtergesellschaft "zur Beseitigung einer drohenden Überschuldung und Vermeidung eines Insolvenzverfahrens im Falle ihrer Inanspruchnahme aus der Bürgschaft vom 1. Juni 2005 einen Regressanspruch hieraus im Range erst hinter den Forderungen aller bestehenden und künftigen Gläubiger der GmbH geltend zu machen". Außerdem stellte die Klägerin die A-GmbH von dem betreffenden Bankdarlehen frei, solange und soweit hieraus eine Überschuldung drohe oder eintrete. Am 14. November 2005 erstellte die Klägerin eine neue Prognose für die Entwicklung der A-GmbH. Hiernach wurde nunmehr für 2005 mit einem Verlust von 244.000 EUR und für 2006 mit einem Gewinn von 4.000 EUR gerechnet. Am 02.12.2005 gewährte die Klägerin der GmbH das dritte Darlehen über 250.000 EUR zum Ausgleich von Kontokorrentkrediten. Zum 1. Januar 2006 schloss die Klägerin einen Dienstleistungsvertrag mit einem Berater für Agrartechnik, der bis zum 30. September 2006 für die A-GmbH tätig war. Am 16. Mai 2006 verlängerte die Klägerin das erste Darlehen zum zweiten Mal um ein Jahr. In der für die Klägerin am 18. Mai 2006 gem. § 48 Genossenschaftsgesetz (GenG) festgestellten Bilanz zum 31.12.2005 schrieb sie die beiden erstgenannten Darlehen auf 0 EUR ab. Am 30. Mai 2006 erwarb die Klägerin das bis dahin von der A-GmbH angemietete Grundstück. Zum 1. September 2006 stellte sie für die A-GmbH einen neuen Geschäftsführer ein.

6

Mitte 2007 gab die Klägerin den Betriebszweig Landmaschinenhandel und Reparaturwerkstatt auf. Sie veräußerte das Ersatzteillager an die B-GmbH, welche ab Mitte 2007 die von der Klägerin errichtete Werkstatt pachtete. An der B-GmbH ist die Klägerin zu 30 v.H. beteiligt. Die A-GmbH veräußerte ihr Ersatzteillager ebenfalls an die B-GmbH. Damit gab sie den Betriebszweig Reparatur und Handel mit Landmaschinen im Kalenderjahr 2007 auf.

7

Für die Streitjahre 2005 und 2006 reichte die Klägerin am 17. Oktober 2006 bzw. am 5. Oktober 2007 ihre Körperschaftsteuererklärungen einschließlich der Jahresabschlüsse auf den 31.12.2005 und 31.12.2006 ein. In dem Jahresabschluss zum 31.12.2005 hatte die Klägerin ihre Anschaffungskosten für die Beteiligung an der A-GmbH i.H.v. 67.500 EUR und ihre Darlehensforderungen gegenüber der GmbH i.H.v. 250.000 EUR auf 0 EUR abgeschrieben. In dem Jahresabschluss zum 31.12.2006 nahm die Klägerin auf das dritte Darlehen eine Teilwertabschreibung von 250.000 EUR vor.

8

Die Veranlagungen erfolgten insoweit erklärungsgemäß. Sie standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

9

In der Zeit von November 2007 bis Januar 2008 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung statt. Der Betriebsprüfer vertrat die Auffassung, dass die Darlehen als eigenkapitalersetzend anzusehen seien und die Forderungsabschreibungen gem. § 8b Abs. 3 KStG bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens hinzuzurechnen seien.

10

Das FA folgte dieser Auffassung und erließ unter dem Datum des 6. März 2008 entsprechend geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer 2005 und 2006. Gegen diese geänderten Körperschaftsteuerbescheide wandte sich die Klägerin mit ihren Einsprüchen vom 28. Mai 2008. Nachdem das FA im Verlaufe des Einspruchsverfahrens die Auffassung vertreten hatte, vorrangig sei die Frage zu prüfen, ob die Teilwertabschreibungen zu Recht erfolgt seien, vertrat die Klägerin die Auffassung, es habe sich bei der Anschaffung der GmbH-Anteile und der Hingabe der Darlehen um Fehlmaßnahmen gehandelt. Da der bisherige Inhaber und Geschäftsführer der A-GmbH zunächst weiter beschäftigt worden und die Buchhaltung beim bisherigen Steuerberater verblieben sei, habe die Klägerin die negative Entwicklung der GmbH zu spät erkannt. Auch ein neu eingestellter Geschäftsführer habe die Erwartungen nicht erfüllt. Erst unter dem nunmehr dritten Geschäftsleiter zeige sich eine Besserung der Lage.

11

Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens fand beim Finanzamt am 8. Dezember 2008 eine Besprechung statt, an der unter anderem der Geschäftsführer der Klägerin sowie Vertreter des Genossenschaftsverbands C eG teilnahmen. Aus einem vom FA darüber gefertigten Gesprächsvermerk ergibt sich unter Bezugnahme auf den Lagebericht zum Jahresabschluss 2003 der Klägerin vom 3. Dezember 2004, dass die Klägerin sich durch den Erwerb der Anteile an der A-GmbH die Ausweitung und Verstärkung eines bereits vorhandenen Betriebszweiges versprochen habe. Hinsichtlich der erwarteten positiven Ergebnisse ist in dieser Besprechung ein vom Steuerberater der A-GmbH erstellter Zwischenabschluss zum 30. September 2003 vorgelegt worden, der einen Überschuss von knapp 10.000 EUR ausweist nach rund 75.000 EUR Verlust im Vorjahr. Die Klägerin habe Einsparmöglichkeiten i.H.v. rund 130.000 EUR gesehen durch die Kürzung des Geschäftsführergehaltes und die Abschaffung des Firmen-Pkw, was auch erfolgt sei. Auch in der Hingabe der Darlehen, die zu einer geringeren Verzinsung an die A-GmbH gegeben wurden, als die Bank angeboten habe, die aber andererseits der Klägerin mehr Zinsen eingebracht hätten, als von der Bank geboten, habe man Vorteile für beide Seiten gesehen. Der erste für die A-GmbH selbst erstellte Jahresabschluss sei im Mai 2006 zum 31.12.2005 erfolgt. Erst zu diesem Zeitpunkt habe man die weiterhin bestehende negative Tendenz und die Überschuldung erkannt. Zu diesem Zeitpunkt die Darlehen zu kündigen oder nicht zu verlängern, habe keinen Sinn gemacht. Die Klägerin hätte kein Geld zurückbekommen und zudem 15 Arbeitnehmer nach Hause schicken müssen.

12

Das FA wies den Einspruch zurück. Die Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen gegenüber dem Tochterunternehmen A-GmbH seien steuerlich nicht zu berücksichtigen, da eine dauernde Wertminderung der Darlehensforderungen zu den Bilanzstichtagen 31.12.2005 und 31.12.2006 nicht nachgewiesen sei. Die Klägerin habe sowohl finanzielle als auch organisatorische Maßnahmen ergriffen, um ihr Tochterunternehmen in die Rentabilität zu führen. Sie habe trotz Kenntnis der - entgegen der ursprünglichen Annahme - nachhaltig schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der A-GmbH ihr Engagement noch verstärkt. Sie habe der A-GmbH am 2. Dezember 2005 ein drittes Darlehen gewährt, einen externen Berater eingeschaltet und nochmals den Geschäftsführer gewechselt. Diese Maßnahmen hätten ganz offensichtlich auf die Fortführung des Betriebs des Tochterunternehmens und die Wiederherstellung der Rentabilität der GmbH gezielt. Die Klägerin habe in ihren Lageberichten zu den Jahresabschlüssen zum 31.12.2005 und 31.12.2006 selbst von Sanierungsmaßnahmen gesprochen. Insoweit habe sie ausgeführt, "im Geschäftjahr 2005/2006 hat sich die negative wirtschaftliche Entwicklung unseres Tochterunternehmens ... fortgesetzt. Inzwischen sind Sanierungsmaßnahmen mit dem Ziel, das Unternehmen rentabel umzugestalten, eingeleitet worden"; "seit Herbst 2006 ist ein neues Management eingesetzt worden, mit dem Ziel, das Unternehmen kurzfristig aus der Verlustzone zu führen". Die Klägerin habe eine Verbesserung der Rentabilität der A-GmbH für möglich gehalten. So habe sie für das Jahr 2006 ein Ergebnis von + 4.000 EUR erwartet. Das Engagement in der Tochtergesellschaft sei folglich keine Fehlmaßnahme gewesen.

13

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Die Klägerin verweist darauf, dass in der Schlussbesprechung vom 25. Januar 2008 über die Teilwertabschreibung der in Rede stehenden Darlehen gesprochen worden sei. Die Vertreter der Finanzverwaltung hätten seinerzeit die gewährten Darlehen als Eigenkapital angesehen, bzw. sie seien angewiesen gewesen, eigenkapitalersetzende Darlehen als einen Teil der Beteiligung anzusehen, wodurch eine Gewinnminderung mit steuerlicher Wirkung nach § 8b Abs. 3 KStG nicht gegeben sei. Die Vertreter der Finanzverwaltung hätten jedoch die Frage bejaht, ob die Wertberichtigungen als solche anzuerkennen seien. Es sei mit den Vertretern des FA besprochen worden, dass die Klägerin Einspruch gegen die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG einlege. Erst im Verlaufe des Einspruchsverfahrens habe das FA die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung hätten nicht vorgelegen.

14

Die A-GmbH sei zu dem Bilanzstichtag 31.12.2005 und 31.12.2006 buchmäßig überschuldet gewesen. Die Überschuldung sei sogar weiter angestiegen. Es seien keine Wirtschaftsgüter vorhanden gewesen, die stille Reserven enthalten hätten. Die Klägerin habe nach dem Kauf der Anteile verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Rentabilität der GmbH wiederherstellen zu können. Hierzu zählten: Entlassung des Geschäftsführers, Entlassung leitende Angestellter, Wechsel des Steuerbüros, Übernahme der Buchführung durch die Klägerin, Kostenkontrolle, Bürgschaften gegenüber Kreditinstituten, Verlängerung von kurzfristigen Darlehen, Rangrücktrittserklärungen, Forderungsverzicht mit Besserungsschein. Entgegen der Auffassung des FA liege eine dauernde Wertminderung vor. Ein Erwerber der Geschäftsanteile der A-GmbH würde im Rahmen des Gesamtkaufpreises für die in Rede stehenden Darlehen keinen Betrag ansetzen, und zwar weder zum 31.12.2005 noch zum 31.12.2006. Beim Ausbuchen der Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Klägerin würde sich zum 31.12.2006 immer noch ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 184.849 EUR errechnen. Ein solcher Verzicht auf die Darlehensforderung i.H.v. insgesamt 500.000 EUR sei im Dezember 2007 gegen Erteilung eines Besserungsscheins erfolgt (Bl. 48 FG-Akte). Der Ende 2007 erklärte Darlehensverzicht sowie die Rangrücktrittserklärung hinsichtlich der Darlehen aus 2004 und 2005 mit der Klassifizierung als Eigenkapital ersetzende Darlehen, die am 8. August 2007 unterzeichnet worden sei, zeige bei einer retrograden Betrachtung, dass bei der Teilwertabschreibung der Darlehen zum 31.12.2005 und 2006 nicht nur von einer voraussichtlichen, sondern von einer dauernden Wertminderung auszugehen gewesen sei. Die Klägerin sei bei Erwerb der Beteiligung davon ausgegangen, dass sich diese positiv entwickeln werde. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag habe bei der A-GmbH zum 31.12.2006 684.849 EUR betragen. Die Klägerin müsse in ihrer Bilanz die wahren Vermögenswerte ausweisen. Sie könne keine Darlehensforderungen ausweisen, wenn der Schuldner, die A-GmbH, vermögenslos sei.

15

Die Klägerin beantragt,

die geänderten Bescheide über Körperschaftsteuer für 2005 und 2006 vom 6. März 2008 in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 21. August 2009 dahingehend zu ändern, dass für 2005 und für 2006 jeweils Teilwertabschreibungen auf Darlehen in Höhe von jeweils 250.000 Euro berücksichtigt werden.

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Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

17

Das FA nimmt auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug und weist weiter darauf hin, dass die Klägerin eine Vielzahl von Maßnahmen unternommen habe, um die Rentabilität der A-GmbH wiederherzustellen. Die Klägerin sei stets um die Fortführung des Geschäftsbetriebes ihrer Tochtergesellschaft bemüht gewesen. Bezüglich der Frage der Teilwertabschreibung sei nicht allein auf die Vermögenssituation des Tochterunternehmens, auf dessen Überschuldung und fortgesetzte Verlustsituation abzustellen, sondern darauf, ob der innere Wert der Beteiligung gesunken sei. Die Klägerin habe ihr finanzielles und organisatorisches Engagement fortgesetzt, obwohl ihre Ergebniserwartungen sich nicht erfüllt hätten und immer wieder hätten korrigiert werden müssen. Noch nach der Rangrücktritts- und Bürgschaftserklärung vom 2. November 2005 "zur Beseitigung einer drohenden Überschuldung und Vermeidung eines Insolvenzverfahrens" habe die Klägerin ihrer Tochtergesellschaft am 2. Dezember 2005 ein drittes Darlehen über 250.000 EUR gewährt. Ferner habe sie im Mai 2006 das bisher von der GmbH gepachtete Betriebsgrundstück erworben und im September 2006 einen neuen Geschäftsführer eingestellt. Sämtliche Maßnahmen seien also auf die Fortführung des Betriebs der Tochtergesellschaft gerichtet gewesen. Die Klägerin habe sich hierbei von kaufmännischen Überlegungen leiten lassen, die auch ein Erwerber des ganzen Betriebes der Klägerin angestellt hätte. Nach der ständigen Rechtsprechung der Finanzgerichte fänden auf die Beurteilung von Teilwertabschreibungen von Anschaffungskosten auf Beteiligungen einerseits und eigenkapitalersetzende Darlehen andererseits dieselben Kriterien Anwendung. Erwerbe ein Unternehmer eine 100%ige Beteiligung an einem anderen Unternehmen, so liege der Kaufentscheidung - neben einer zukünftigen Gewinnerwartung für das erworbene Unternehmen - häufig auch die Erwartung anderer Vorteile zugrunde, wie die Erweiterung des Gesamtunternehmens um einen weiteren Geschäftszweig, Synergieeffekte bei der Verwaltung, Preisvorteile durch gemeinsamen Einkauf, Know-how-Transfer, Gleich-/Ausschaltung eines Konkurrenten, Optimierung der Finanzwirtschaft o.ä.

Entscheidungsgründe

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I.

Die Klage ist nicht begründet.

19

Die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide 2005 und 2006 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Darlehensforderungen der Klägerin gegen ihre 100%ige Tochtergesellschaft, die A-GmbH, waren zum 31.12.2005 bzw. zum 31.12.2006 jeweils mit ihrem Nennwert von 250.000 bzw. 500.000 EUR in der Bilanz anzusetzen. Teilwertabschreibungen waren insoweit nicht vorzunehmen.

20

1. Als nichtabnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens der Klägerin waren die Darlehensforderungen der Klägerin gegen die Tochtergesellschaft, die A-GmbH, gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Bei originär in der Person der Steuerpflichtigen durch Vertrag oder Gesetz entstehenden Forderungen gilt der Nennwert als Anschaffungskosten (BFH-Urteile vom 30. November 1988 I R 114/84, BStBl II 1990, 117; vom 24. Januar 1990 I R 157/85 u. I R 145/86, BStBl II 1990, 639; vom24. Oktober 2006 I R 2/06, BStBl II 2007, 469). Im Streitfall ergab sich der Nennwert der Forderungen jeweils aus den als Darlehen ausgereichten Beträgen i.H.v. 150.000 EUR am 8. Juni 2004, i.H.v. 100.000 EUR am 21. September 2004 und i.H.v. 250.000 EUR am 2. Dezember 2005. Die Darlehen waren nach den insoweit getroffenen Vereinbarungen jeweils aufgrund der Darlehensverlängerungen vom 16. Mai 2005 bzw. 16. Mai 2006 (bezüglich des 1. Darlehens, bzw. vom 20. September 2005 bzgl. des 2. Darlehens) nach einem Jahr zurückzuzahlen.

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2. Die Darlehensforderung durfte auch nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt werden.

22

a) Voraussetzung für eine Bewertung mit den niedrigeren Teilwert (sogenannte Teilwertabschreibung) ist gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, dass der Teilwert des entsprechenden Wirtschaftsgutes - soweit nicht eine Fehlmaßnahme vorliegt - unter dem nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG anzusetzenden Wert liegt und dass dies auf einer voraussichtlich dauernden Wertminderung beruht. Daran fehlt es im Streitfall.

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b) Der jeweilige Teilwert der Darlehensforderungen lag zum 31.12.2005 bzw. zum 31.12.2006 nicht unter dem als Anschaffungskosten anzusetzenden Nennwert. Gemäߧ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG ist der Teilwert der Betrag, den ein (gedachter Erwerber) des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. In Bezug auf im Rahmen einer Betriebsaufspaltung von der Besitzgesellschaft oder deren Gesellschafter an die Betriebsgesellschaft gewährte eigenkapitalersetzende Darlehen hat der Bundesfinanzhof wiederholt (vgl. Urteile vom 6. November 2003 IV R 10/01, BStBl II 2004, 416 [BFH 06.11.2003 - IV R 10/01]; vom 10. November 2005 IV R 13/04, BStBl II 2006, 618; vom 14. Oktober 2009 X R 45/06, BStBl II 2010, 274) entschieden, dass ein gedachter Erwerber des Besitzunternehmens, zu dessen Betriebsvermögen die Anteile an einer Betriebskapitalgesellschaft sowie eigenkapitalersetzende Darlehen an die Betriebsgesellschaft gehören, den Wert der eigenkapitalersetzenden Darlehensforderung in ähnlicher Weise ermitteln würde, wie den Wert der Anteile am Betriebsunternehmen selbst. Beide Werte würden nicht nur durch die Substanz und die Ertragsaussichten des Betriebsunternehmens, sondern auch durch die wirtschaftliche Bedeutung des Betriebsunternehmens für die gesamte unternehmerische Betätigung im Rahmen der Doppelkonstruktion vom Besitz- und Betriebsunternehmen bestimmt. Für eine Teilwertabschreibung habe der Steuerpflichtige demnach nachzuweisen bzw. konkrete Tatsachen und Umstände dafür vorzulegen, dass bei Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten diese dauerhaft in einem solchen Maße gesunken seien, dass ein Erwerber des Besitzunternehmens für die zu dessen Betriebsvermögen gehörenden Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft einen hinter den Anschaffungskosten zurückbleibenden Preis zahlen würde. Entsprechendes gelte hinsichtlich der durch das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen gewährten eigenkapitalersetzenden Darlehen.

24

c) Der Senat ist der Auffassung, dass diese Rechtsprechung unabhängig vom Vorliegen einer Betriebsaufspaltung auf die Fälle eigenkapitalersetzender Darlehen i.S.v. § 32a GmbH-Gesetz (GmbHG) a.F., die an 100%ige Tochtergesellschaften gewährt werden, zu übertragen ist (vgl. dazu Kulosa in Schmidt, EStG 30. Auflage, § 6 Rdz. 307). Ob der Senat der weitergehenden Auffassung folgen könnte, diese Rechtsprechung sei generell auf jedwede an eine Tochterkapitalgesellschaft gewährte Darlehen zu übertragen (vgl. zum Stand der Diskussion insoweit das Urteil des FG Münster vom 11.04.2011 9 K 209/08 K, F, BB 2011, 1774 [FG Münster 11.04.2011 - 9 K 209/08 K,F] ), kann dahinstehen.

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(1) Jedenfalls handelt es sich bei den im Streitfall in Rede stehenden von der Klägerin an ihre 100%ige Tochtergesellschaft, die A-GmbH, gewährte Darlehen um eigenkapitalersetzende Darlehen i.S.v. § 32a GmbHG a.F. Dies ist zum einen zwischen den Beteiligten unstreitig. Zudem ergibt sich der eigenkapitalersetzende Charakter der Darlehen auch daraus, dass die Klägerin am 1. Juli 2005 zusätzlich die Bürgschaft für ein der A-GmbH von der Bank gewährtes Darlehen über 400.000 EUR übernommen hat. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin zur Beseitigung einer drohenden Überschuldung und zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens bei der A-GmbH erklärt, im Falle einer Anspruchnahme aus der Bürgschaft durch die Z-Bank AG den Regressanspruch erst im Range hinter den Forderungen aller bestehenden und künftigen Gläubiger der A-GmbH geltend zu machen. Ferner hat die Klägerin darüber hinaus erklärt, die A-GmbH von den Verbindlichkeiten aus dem vorerwähnten Darlehen, für welche die Bürgschaft gegeben wurde, freizustellen, soweit und solange durch die Geltendmachung des Darlehens der Z-Bank AG eine Überschuldung der A-GmbH drohe oder eintrete.

26

(2) Nach Auffassung des Senats hätte ein gedachter Erwerber des gesamten Betriebs der Klägerin im Rahmen des Gesamtkaufpreises für die der A-GmbH gewährten eigenkapitalersetzenden Darlehen keinen unter dem Nennwert liegenden Betrag angesetzt. Insoweit gelten die für die Bewertung von Beteiligungen an einer Gesellschaft entsprechenden Grundsätze. Dies folgt vorliegend aus dem besonderen Zusammenhang des Erwerbs der Beteiligung und der Hingabe der Darlehen an die A-GmbH. Maßgebend ist dafür die Bedeutung der Tochtergesellschaft für das Unternehmen der Klägerin. Der Klägerin kam es mit dem Erwerb der Gesellschaftsanteile der A-GmbH darauf an, zusammen mit der bereits bestehenden genossenschaftlichen Werkstatt in Y ein ausreichend dimensioniertes zukunftsfähiges Agrartechnikgeschäft zu eröffnen. Dies ergibt sich aus dem Lagebericht zum Jahresabschluss 2003 der Klägerin vom 2. Dezember 2004. Das darin angegebene Ziel hat die Klägerin auch in den Streitjahren weiter verfolgt. Die besondere Bedeutung der A-GmbH, die neben dem Anlagenbau und der Fertigung von Siloanlagen auch einen Landmaschinenhandel und einen Reparaturbetrieb unterhielt, bestand bei der Klägerin darin, dass diese Futtermittel vertrieb, die üblicherweise in Siloanlagen gelagert werden und darüber hinaus eine genossenschaftliche Werkstatt in Y unterhielt. Das von ihr in ihren Lageberichten selbst angegebene Ziel, insoweit ein zukunftsfähiges Agrartechnikgeschäft zu betreiben, hat die Klägerin durch die Kreditgewährungen sowie durch die Bürgschaften in den Streitjahren immer weiter verfolgt. Sie hat von diesem Ziel erst Ende des Jahres 2007 Abstand genommen, als sie den Betriebszweig Reparatur und Handel eingestellt hat.

27

(3) Unter diesen Voraussetzungen hätte es weiterer Darlegungen dazu bedurft, dass eine Teilwertabschreibung auf die in Rede stehenden Darlehensforderungen vorzunehmen gewesen sei (vgl. insoweit Kulosa in Schmidt, a.a.O. Rdz. 307). Die Klägerin hat jedoch hierfür keine weitergehenden Umstände dargelegt, als diejenigen, dass die A-GmbH Verluste erzielt hat. Der Senat setzt sich insoweit nicht in Widerspruch zu den Ausführungen des BFH in dem Urteil vom 14. Januar 2009 (I R 52/08, BStBl II 2009, 674). Dort hat der BFH zwar entschieden, dass Teilwertabschreibungen auf sogenannte eigenkapitalersetzende Darlehen keine bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigende Gewinnminderungen i.S.v. § 8b Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. bis zur Änderung durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007 sind. Im dortigen Streitfall stand jedoch die Berechtigung zur Teilwertabschreibungen als solche - anders als im hier zur Entscheidung anstehenden Fall - nicht im Streit.

28

d) Es ist auch nicht feststellbar, dass es sich bei der Hingabe der Darlehen an die A-GmbH um Fehlmaßnahmen gehandelt hat. Als Fehlmaßnahme ist die Anschaffung eines Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens zu werten, wenn ihr wirtschaftlicher Nutzen bei objektiver Betrachtung derart hinter dem für den Erwerb getätigten Aufwand zurückbleibt, dass ein gedachter Erwerber des gesamten Betriebs diesen Aufwand im Kaufpreis nicht honorieren würde. Dies ist maßgeblich dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige sich über Faktoren, die den Wert des Wirtschaftsgutes bestimmen, geirrt hat (Urteil des Hessisches Finanzgerichts vom 18. November 1999 4 K 5476/97, EFG 2000, 249). Gegen einen solchen Irrtum sprechen bereits das Festhalten der Klägerin an der Beteiligung an der A-GmbH trotz der zunächst angefallenen Verluste sowie der Umstand, dass die Klägerin trotz des negativen Geschäftsverlaufs weitere hohe Darlehen an die A-GmbH ausgereicht hat. Weiter hat die Klägerin Organisationsmaßnahmen getroffen (z.B. Wechsel des Geschäftsführers, Erwerb des von der Tochtergesellschaft genutzten Grundstücks), um die Ertragsaussichten der A-GmbH zu verbessern. Dieses Verhalten spricht dafür, dass es der Klägerin in erster Linie um den Erhalt der A-GmbH und deren Geschäftsbetrieb gegangen ist und die Klägerin eine Sanierung der A-GmbH angestrebt hat. Zudem hat die Klägerin wiederholt Prognoseberechnungen für die A-GmbH erstellt, aufgrund derer die Klägerin für die nähere Zukunft für die A-GmbH von einem Erreichen der der Gewinnzone ausging. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin nicht den Nachweis erbringen können, dass es sich bei der Ausreichung der Darlehen an die A-GmbH um Fehlmaßnahmen gehandelt hat.

29

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

30

III.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.