Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.12.2000, Az.: L 1 RA 105/00
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 14.12.2000
- Aktenzeichen
- L 1 RA 105/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 41200
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Oldenburg - 06.04.2000 - AZ: S 5 RA 20/99
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung von während einer Pflegetätigkeit vom 1. April 1995 bis 31. März 1997 gezahlter freiwilliger Beiträge als Pflichtbeiträge.
Die im Jahre 1942 geborene Klägerin pflegte seit Ende der 80-er Jahre die pflegebedürftige Frau E. in deren häuslichen Bereich (Bescheinigungen der Pflegebedürftigkeit der Gemeinde F. wegen Imbezillität seit dem Jugendalter, u.a. vom 6. April 1993, Stellungnahmen des Gesundheitsamtes des Landkreises G. u.a. vom 6. Januar 1992). Die Pflegetätigkeit umfasste mehr als 20 Stunden je Woche und wurde von der Klägerin nicht erwerbsmäßig ausgeführt. Neben der Pflegetätigkeit bestand keine versicherungspflichtige Tätigkeit. Da Frau H. weder Leistungen von der gesetzlichen Kranken- noch von der Pflegeversicherung erhielt, zahlte die Gemeinde F. als zuständiger Sozialhilfeträger an die Pflegebedürftige ein Pflegegeld nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG, § 69 Abs. 3 a.F. bzw. § 69a n.F.).
Für die hier nicht streitige Zeit bis zum 31. März 1995 hatte die Klägerin als Pflegeperson freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung an die Beklagte entrichtet. Diese freiwilligen Beiträge waren von der Beklagten auf Antrag der Klägerin in Pflichtbeiträge umgewandelt worden (Bescheid vom 1. November 1995), und zwar für die Zeit vom 1. November 1992 (Antragsmonat) bis zum 31. März 1995 (Außerkrafttreten der gesetzlichen Umwandlungsregelung).
In der vorliegend streitigen Zeit seit dem 1. April 1995 (bis zum 31. März 1997) setzte die Klägerin ihre Pflegetätigkeit für Frau H. im Auftrag der Gemeinde unverändert fort. Auch erhielt sie von der Gemeinde weiterhin einen Beitrag zur Alterssicherung, der von der Körperschaft erneut als freiwilliger Beitrag in Mindesthöhe unmittelbar an die Beklagte gezahlt (Bescheinigung der Gemeinde F.u.a. vom 15. Juni 1998) und von der Beklagten auch als freiwilliger Beitrag im Versicherungsverlauf ausgewiesen wurde.
Mit Wirkung vom 1. Juli 1997 an übernahm die Klägerin eine weitere Pflegetätigkeit, (Pflegefall Frau I.). Da diese Pflegebedürftige Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung bezog, wurden Pflichtbeiträge an die Beklagte entrichtet.
Mit Bescheid vom 28. April 1998 beanstandete die Beklagte gegenüber der Klägerin unter Mitteilung an die Gemeinde F. die von der Gemeinde gezahlten freiwilligen Beiträge für den Pflegefall Frau H. für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis zum 30. April 1998, weil die Klägerin seit dem 1. Juli 1997 pflichtversichert und daneben die Entrichtung freiwilliger Beiträge ausgeschlossen sei; zugleich wies sie auf die Möglichkeit der Beitragserstattung hin.
Die Klägerin erklärte zunächst telefonisch ihr Unverständnis darüber, dass eine Beanstandung der Beiträge erfolge, weil sie davon ausgegangen sei, dass sämtliche von der Gemeinde F. gezahlten Beiträge, also auch diejenigen für den Pflegefall Frau H., als Pflichtbeiträge gelten würden. Daraufhin führte die Beklagte in einem Schreiben vom 28. Mai 1998 aus, dass die Möglichkeit der Umwandlung von freiwilligen Beiträgen in Pflichtbeiträge zum 1. April 1995 geendet habe. Von nun an bestehe nur noch dann Versicherungspflicht, wenn eine pflegebedürftige Person gepflegt werde, die Leistungen nach der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung erhalte. Dies sei bei Frau H. nicht der Fall.
Die Klägerin erhob - nunmehr schriftlich - Widerspruch gegen den "Bescheid vom 28. April 1998" und vertrat die Ansicht, es könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein, dass Beiträge der Pflegepersonen unterschiedlich behandelt würden je danach, ob die pflegebedürftige Person Leistungen aus der Pflegeversicherung oder nach dem BSHG erhalte.
Nach einem weiteren Aufklärungsschreiben vom 31. Juli 1998 erließ die Beklagte den hier angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 1998, mit dem sie den Widerspruch der Klägerin "gegen den Bescheid vom 28. Mai 1998" als unbegründet zurückwies. Eine Umwandlung von freiwilligen in Pflichtbeiträge komme nicht in Betracht, weil Versicherungspflicht für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen gem. § 3 Nr. 1a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nur dann vorliege, wenn der Pflegebedürftige Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung erhalte.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Januar 1998 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben und die Umwandlung der freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge für die streitige Zeit begehrt. Zur Begründung hat sie die Auffassung vertreten, dass Pflegepersonen der einheitlichen Absicherung gegen das Risiko des Alters bedürften, weil und wenn sie wegen der Pflegetätigkeit keiner weiteren Erwerbstätigkeit nachgehen könnten. Auf den sozialrechtlichen Status des Pflegebedürftigen dürfe es daher nicht ankommen. Die gleichwohl erfolgende Ungleichbehandlung stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG dar. Daher sei es auch nicht gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte Möglichkeit der Umwandlung von für die Zeit nicht erwerbsmäßiger Pflege entrichteter freiwilliger Beiträge in Pflichtbeiträge mit dem 31. März 1995 geendet habe. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 6. April 2000 als unbegründet abgewiesen, auf den Wortlaut des § 3 Nr. 1a SGB VI hingewiesen und diese Norm auch nicht für verfassungswidrig gehalten. Eine willkürliche Ungleichbehandlung von Pflegepersonen liege nicht vor, weil die Leistungen nach der Pflegeversicherung beitragsfinanziert, hingegen diejenigen nach dem BSHG steuerfinanziert seien. Es sei dem Gesetzgeber daher unbenommen, bei der beitragsfinanzierten Pflege eine bestimmte Form der Alterssicherung der Pflegepersonen vorzusehen und dies bei der steuerfinanzierten Pflege nach dem BSHG anders zu regeln.
Gegen dieses ihr am 13. April 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 9. Mai 2000 erhobene Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Ziel der Umwandlung der freiwilligen in Pflichtbeiträge für den streitigen Zeitraum weiterverfolgt und ihre Rechtsauffassung aufrechterhält.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 6. April 2000 und den Bescheid der Beklagten vom. Mai 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 1998 aufzuheben,. die Beklagte zu verurteilen, die vom 1. April 1995 bis 31. März 1997 vom Sozialamt der Gemeinde F.für die Klägerin wegen deren Pflegetätigkeit gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge umzuwandeln.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide als zutreffend und bezieht sich zur Begründung ergänzend auf das Urteil des SG.
Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren eine Auskunft der Beklagten zu der Frage eingeholt, welche rentenrechtlichen Nachteile einer Pflegeperson, die im maßgeblichen Zeitraum freiwillige Beiträge gezahlt hat, gegenüber einer solchen Pflegeperson entstehen können, die in demselben Zeitraum Pflichtbeiträge entrichtet hat. Die Beklagte hat dargelegt, dass die unterschiedliche Beitragsart keine Auswirkungen auf die bei den Rentenarten vorausgesetzten allgemeinen und besonderen Wartezeiten sowie auf die Leistungshöhe habe. Nachteilige Auswirkungen könnten sich jedoch bei Leistungsansprüchen ergeben, für deren Gewährung ausschließlich Pflichtbeitragsleistungen Voraussetzung seien. Dies gelte etwa für die Renten wegen verminderter Erwerbstätigkeit (§§ 43, 44 SGB VI: "3/5-Belegung") oder die Altersrenten für Frauen (§ 39 SGB VI: 10 Jahre Pflichtbeiträge nach Vollendung des 40. Lebensjahres) und wegen Arbeitslosigkeit (§ 38 SGB VI: in den letzten 10 Jahren 8 Jahre Pflichtbeiträge).
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die für die Klägerin bei der Beklagten geführte Verwaltungsakte Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat im Einverständnis mit den Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden.
Die gem. §§ 143f. SGG statthafte und zulässige Berufung ist unbegründet.
Weder das Urteil des SG noch der Bescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides sind zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Umwandlung ihrer für den streitigen Zeitraum gezahlten freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge.
Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass Gegenstand der Anfechtungsklage die schriftliche Erklärung der Beklagten vom 28. Mai 1998 ist. Zwar handelte es sich bei dieser Erklärung um ein formloses Schreiben der Beklagten, während ein formeller Bescheid bereits unter dem 28. April 1998 ergangen war. Jedoch war dem Schreiben nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont ein Regelungsgegenstand dergestalt zu entnehmen, dass die von der Klägerin begehrte Umwandlung von freiwilligen in Pflichtbeiträge abgelehnt werde. Diesen Regelungsgehalt hat auch die Klägerin so verstanden (subjektiver Empfängerhorizont) und aufgrund des Schreibens schriftlich Widerspruch eingelegt. Zwar war dieser Rechtsbehelf von der Klägerin in der Bezugszeile überschrieben mit "Bescheid vom 28. April 1998". Aus den sonstigen Umständen ergibt sich aber, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Mai 1998 gerichtet war. Dies gilt namentlich für den Regelungsgehalt, da der Bescheid vom 28. April 1998 zur Beanstandung der freiwilligen Beiträge ergangen war und sich auf den Beitragszeitraum vom 1. Juli 1997 bis 30. April 1998 bezog. Demhingegen hat die Klägerin in ihren schriftsätzlichen Anträgen sowohl gegenüber dem SG als auch gegenüber dem Senat jeweils die Umwandlung der freiwilligen Beiträge in Pflichtbeiträge begehrt und zwar für den Zeitraum vom 1. April 1995 bis 31. März 1997. Die Ablehnung dieser begehrten Umwandlung war aber Regelungsgegenstand des Schreibens vom 28. Mai 1998.
Auch haben sich die Beteiligten im Verlaufe des Ausgangs-, Widerspruchs- und Klagverfahrens erster Instanz stets nur auf den Bescheid vom 28. Mai 1998 bezogen. Insbesondere hat die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid ausdrücklich auf den "Bescheid vom 28. Mai 1998" Bezug genommen und die Klägerin diesen Widerspruchsbescheid angefochten.
Auch in der Beurteilung der materiell-rechtlichen Rechtslage tritt der Senat dem SG bei.
Bis zum Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes zum 1. April 1995, also in der hier nicht streitigen Zeit bis zum 31. März 1995, konnten Träger der Sozialhilfe zum Zwecke der Sicherstellung der Pflege von Pflegebedürftigen im häuslichen Bereich Beiträge der Pflegepersonen für eine angemessene Alterssicherung übernehmen, § 69 Abs. 2 BSHG a.F ... Nach dem zu dieser Zeit geltenden Rentenversicherungsrecht war diese Pflegetätigkeit nicht versicherungspflichtig, § 3 SGB VI in der bis zum 31. März 1995 geltenden Fassung (zuletzt Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 25. Juli 1991, BGBl. I, S. 1606, 1613), jedoch konnten auf Antrag freiwillige Beiträge von Pflegepersonen für Zeiten nicht erwerbsmäßiger häuslicher Pflege in Pflichtbeiträge umgewandelt werden, § 177 SGB VI in der vom 1. Januar 1992 bis zum 31. März 1995 geltenden Fassung (zuletzt Art. 1 Nr. 30 des Gesetzes vom 25. Juli 1991, BGBl. I, S. 1606, 1615). Die Klägerin hatte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Beklagte ihrem diesbezüglichen Antrag entsprochen. Daher waren mit Wirkung ab 11/92 (Antragsmonat, vgl. § 177 Abs. 4 a.F.) mit Bescheid vom 1. November 1995 die von der Gemeinde F. für den Pflegefall Frau H. gezahlten freiwilligen Beiträge für die Zeit bis zum 31. März 1995 in Pflichtbeiträge umgewandelt und im Versicherungsverlauf als solche festgestellt worden. Dies ist unter den Beteiligten unstreitig und wird von der Klägerin auch nicht (verfassungsrechtlich) beanstandet.
Diese Rechtslage änderte sich jedoch maßgeblich. Mit Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes wurde die soziale und private Pflegeversicherung eingeführt und damit zum 1. April 1995 die Alterssicherung der Pflegepersonen neu geregelt. Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen mit einem Pflegeaufwand von mindestens 14 Stunden wöchentlich in häuslicher Umgebung des Pflegebedürftigen waren nunmehr pflichtversichert zur Rentenversicherung, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hatte, § 44 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI; sog. Einweisungsvorschrift) i.V.m. § 3 Nr. 1a SGB VI i.d.F. vom 1. April 1995 (Art. 5 Nr. 2 Buchst. a, Art. 50 - 52 des Pflegeversicherungsgesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I, S. 1014, 1048, 1064). Für Pflegepersonen von Pflegebedürftigen, die keine Leistungsansprüche aus der sozialen oder privaten Pflegeversicherung hatten (zur Subsidiarität der Pflege-Leistungen nach dem BSHG vgl. § 13 Abs. 2 SGB XI), blieb weiterhin die Möglichkeit der Entrichtung freiwilliger Beiträge bestehen. Auch konnten die Sozialhilfeträger zur Sicherstellung der Pflege im häuslichen Bereich weiterhin angemessene Beiträge zur Alterssicherung leisten, also die freiwilligen Beiträge der Pflegeperson übernehmen (durch das Pflegeversicherungsgesetz eingeführten Neufassung der §§ 69, 69b i.d.F. seit dem 1. April 1995, Art. 18 Nr. 5,6, Art. 50 - 52 des Pflegeversicherungsgesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I, S. 1014, 1056, 1057). In Abweichung zur früheren Rechtslage wurde jedoch die Möglichkeit der Umwandlung dieser von Pflegepersonen bzw. von Sozialhilfeträgern für Pflegepersonen gezahlter freiwilliger Beiträge in Pflichtbeiträge aufgehoben, da § 177 SGB VI mit Wirkung ab 1. April 1995 ersatzlos gestrichen wurde (Art. 5 Nr. 14, Art. 50 - 52 des Pflegeversicherungsgesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I, S. 1014, 1049; vgl. hierzu auch §§ 249b, 279e SGB VI).
Diese gesetzlichen Neuregelungen sind auf die Klägerin von der Beklagten zutreffend angewendet worden, weil die Beklagte die im streitigen Zeitraum (1. April 1995 bis 31. März 1997) von der Gemeinde F. gezahlten Beiträge als freiwillige Beiträge anerkannt, jedoch in den angefochtenen Bescheiden die von der Klägerin begehrte Umwandlung in Pflichtbeiträge abgelehnt hat. Auf eine Verletzung von Gesetzesrecht kann die Klägerin daher ihre Berufung nicht stützen.
Soweit die Klägerin das von der Beklagten zutreffend angewendete neue Gesetzesrecht als solches für verfassungswidrig hält, namentlich für gleichheitssatzwidrig i.S.v. Art. 3 GG, vermag ihr der Senat nicht beizutreten:
Die Klägerin macht geltend, dass insbesondere § 3 Nr. 1a SGB VI n.F. (Versicherungspflicht von Pflegepersonen nur bei Pflegefällen, in denen der Pflegebedürftige Leistungen aus der Pflegeversicherung erhält) und die Aufhebung des § 177 SGB VI- (keine Umwandlung mehr von freiwilligen in Pflichtbeiträge bei Pflegepersonen, die nicht unter die Versicherungspflicht des § 3 Nr. 1a SGB VI n.F. fallen) zu einer Ungleichbehandlung von Pflegepersonen führten. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass diese beiden durch das Pflegeversicherungsgesetz getroffenen Neuregelungen zu einer Ungleichbehandlung führen. Hieraus folgt jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 GG, da eine Ungleichbehandlung durch den Gesetzgeber dann verfassungsmäßig ist, wenn sie nicht willkürlich, sondern durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Dies ist bei dem Pflegeversicherungsgesetz der Fall. Dabei lässt der Senat zugunsten der Klägerin dahinstehen, ob diese ein gesetzgeberisches Unterlassen rügt, etwa im Sinne des Unterlassens einer Erweiterung des Kreises der pflichtversicherten Pflegepersonen in § 3 Nr. 1a SGB VI um Pflegefälle nach dem BSHG. Denn einen Anspruch auf ein bestimmtes legislatives Tätigwerden gibt es grundsätzlich nicht. Rechtlich überprüfbar ist regelmäßig nur das vom Gesetzgeber erlassene Gesetz (vgl. zur Problematik nur: Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, BVerfGE 12, 139, 142 [BVerfG 07.02.1961 - 2 BvR 23/61] ). Doch auch soweit die Klägerin einen Verstoß des (bereits erlassenen) Pflegeversicherungsgesetzes gegen den Gleichheitssatz geltend machen will, vermag ihr der Senat nicht beizutreten. Zwar verkennt er nicht, dass die in Rede stehenden unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Alterssicherung bei den betroffenen Pflegepersonen als einschneidend empfunden werden können, weil ohne die Möglichkeit der Entrichtung von Pflichtbeiträgen einzelne Rentenarten bei einer ausschließlichen Tätigkeit als Pflegeperson für diese nicht erreichbar sein werden, darunter die Renten wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit, bei denen Pflichtbeitragsentrichtungen zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gehören (§§ 43, 44 SGB V). Diese Schlechterstellung von Pflegepersonen bei Pflegefällen nach dem BSHG durch das Pflegeversicherungsgesetz erscheint jedoch nicht willkürlich, sondern als eine geeignete und verhältnismäßige Maßnahme zur Erreichung der Zielsetzungen des Pflegeversicherungsgesetzes. Denn die Vorschriften bezwecken nicht vorrangig eine Schlechterstellung der Pflegepersonen nach dem BSHG gegenüber denjenigen nach dem Pflegeversicherungsgesetz (personaler Bezug). Zielsetzung der neuen Rechtslage war vielmehr die Neuordnung der Sachmaterie des Pflegerechts als solcher (sachlicher Bezug; zu den unterschiedlichen, vom BVerfG aufgestellten Anforderungen an gleichheitssatzrelevante Gesetzesregelungen mit personalem und sachlichem Bezug vgl. nur: Jarass, Folgerungen aus der neueren Rspg. des BVerfG für die Prüfung von Verstößen gegen Art. 3 I GG, NJW 1997, S. 2544, 2547f. [BFH 15.04.1997 - VII R 74/96]). Denn mit der Einführung des Pflegeversicherungsrechts zum 1. April 1995 sollten die bis dahin nur unzureichenden Regelungen der Pflege von Pflegebedürftigen deutlich verbessert und hierfür ein einheitlicher neuer Zweig der Sozialversicherung geschaffen werden. Zur Finanzierung der neuen Leistungsformen hat der Gesetzgeber dabei das Beitragssystem gewählt, da dieses sich bereits in anderen Bereichen der Sozialversicherung bewährt hatte (Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung; vgl. etwa: Maschmann, Die soziale Absicherung der familienangehörigen Pflegepersonen, SGB 1995, 325). Unter Zugrundelegung dieser sachlichen Zielsetzung erscheint die rechtliche Behandlung der Pflegepersonen dann aber folgerichtig. Denn da das Beitragsrecht der Sozialversicherung im Regelfall an die Entrichtung von Pflichtbeiträgen anknüpft, erscheint es konsequent, wenn der Gesetzgeber des Pflegeversicherungsgesetzes den Pflichtbeitrag bzw. die zugrundeliegende Pflichtversicherung auch für die Alterssicherung der Pflegepersonen von Pflegeversicherten zur Anwendung bringt und deren Tätigkeit als versicherungspflichtig bzw. die dafür von den Pflegekassen entrichteten Beiträge als Pflichtbeiträge einstuft. Ebenso konsequent erscheint es, wenn die Pflegefälle, die nach dem BSHG zu beurteilen sind, nicht an der Systematik des Pflichtbeitragsrechts teilhaben, die dortigen Pflegepersonen also nicht pflichtversichert sind und allein freiwillige Beiträge entrichten können.
Die aus der Ungleichbehandlung für die einzelne Pflegeperson entstehenden Nachteile sind schließlich auch nicht unverhältnismäßig. Denn die Entrichtung freiwilliger Beiträge - etwa durch die Sozialhilfeträger - kann zur Erfüllung der Wartezeiten für alle Rentenarten führen und bewirkt auch einen Anstieg des rentenanwartschaftlichen Zahlbetrages, so dass erhebliche Anwartschaften erworben werden und die Alterssicherung in erheblichem Umfang möglich bleibt (in diesem Sinne ebenso: BSG, Urteil vom 14.12.1999, Breithaupt 2000, S. 469, 472; LSG Niedersachsen, Urteil vom 28. April 1999, Breithaupt 2000, S. 71, 76; wohl a.A. mit Bedenken zur Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Behandlung der Pflegepersonen, allerdings ohne nähere Begründung: Walloth in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB VI, § 3 Rn. 30).
Nach den rechtlichen Maßstäben des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG sind die Regelungen des Pflegeversicherungsgesetzes daher nicht zu beanstanden. Ob die Schlechterstellung der Pflegepersonen in BSHG-Fällen zweckmäßig ist, kann dahinstehen. Selbst wenn man diese Frage verneint, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn zwar verfolgt auch das BSHG in seinen §§ 69 und 69b die Zielsetzung, die häusliche Pflege der Pflegebedürftigen dadurch zu fördern, dass eine hohe Anzahl von Pflegepersonen u.a. mit den Mitteln einer attraktiven Alterssicherung gewonnen werden soll. Und es könnte die beschriebene Schlechterstellung dieser Pflegepersonen dieses gesetzgeberische Ziel unter Umständen gefährden bzw. unterlaufen. Jedoch liegt zum einen kein unbewusstes Übersehen dieser Auswirkungen durch den Gesetzgeber vor, da die Neuregelungen in §§ 3 und 177 SGB VI und in §§ 69, 69b BSHG einheitlich in demselben Gesetz, nämlich im Pflegeversicherungsgesetz, getroffen wurden (siehe oben). Zum zweiten kommt dem Gesetzgeber namentlich auf dem Gebiet des Sozialrechts wegen der fortwährenden und schnellen Änderungen des Arbeits-, Wirtschafts- und Soziallebens ein besonders weiter Gestaltungsspielraum zu, der namentlich die Frage der Finanzierbarkeit von Sozialleistungen berücksichtigen darf (vgl. nur BVerfGE 77, 84, 106 [BVerfG 06.10.1987 - 1 BvR 1086/82] ). Und zum dritten sind die Gerichte allein zur Rechts-, nicht aber zur Zweckmäßigkeitskontrolle befugt.
Schließlich ergibt sich eine Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Neuregelung auch nicht daraus, dass das Pflegeversicherungsgesetz mit der Aufhebung des § 177 SGB VI zu einer Verschlechterung der Alterssicherungsmöglichkeiten der Klägerin seit dem 1. April 1995 gegenüber dem bis dahin geltenden Recht führte. Denn einen "Bestandssschutz für geltendes Recht" gibt es nicht, vielmehr müssen gesetzgeberische Anpassungsmaßnahmen an sich ändernde Verhältnisse möglich sein, wenn sie - was hier der Fall ist, siehe vorstehend - als solche recht- und verfassungsmäßig sind (vgl. etwa zur bereits mehrfachen Verkürzung der Ausbildungsanrechnungszeiten des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI die Nachweise zur Rechtsentwicklung und zur Rspg. bei: Kasseler-Kommentar-Niesel, § 58 SGB VI, Rn. 66 ff.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache).