Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 08.10.2015, Az.: 2 A 231/14
Mischgebiet; überwiegend gewerbliche Nutzung; Wettbüro; kerngebietstypisches Wettbüro
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 08.10.2015
- Aktenzeichen
- 2 A 231/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2015, 44855
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 34 Abs 2 BauGB
- § 6 Abs 2 Nr 8 BauNVO
- § 7 Abs 2 Nr 2 BauNVO
Tatbestand:
Der Antragsteller ist Pächter eines Teils des Grundstücks L. -straße 13, Flurstück M. der Flur 6 in der Gemarkung F.. Er betreibt in den Räumen, die früher von einer Fahrschule genutzt wurden, derzeit aufgrund einer Genehmigung vom 7. August 2014 und eines im Verfahren 2 B 343/14 geschlossenen gerichtlichen Vergleiches eine Wettannahmestelle. Das Grundstück, das südlich an die N. -straße grenzt, liegt im unbeplanten Innenbereich von F.. Auf der südlich gegenüberliegenden Seite der N. -straße beginnt ein durch den Bebauungsplan Nr. 78 der Beklagten überplantes Gebiet. Hierin ist als Nutzungsart ein Kerngebiet ausgewiesen. Durch textliche Festsetzung werden Vergnügungsstätten nur ausnahmsweise für zulässig erklärt. Südlich der Straße „O.“, die etwa 50 Meter südlich vom streitbefangenen Grundstück in die L. -straße mündet, befindet sich ebenfalls ein überplantes Gebiet. Auch mit diesem Bebauungsplan Nr. 72 der Beklagten wird ein Kerngebiet ausgewiesen und werden Vergnügungsstätten nur ausnahmsweise für zulässig erklärt. (Hinsichtlich der Größe und Lage des unbeplanten Bereichs sowie der Lage der angrenzenden überplanten Gebiete wird auf den zu den Akten gereichten Übersichtsplan, Bl. 84 d. Gerichtsakte verwiesen).
Bei der L. -straße handelt es sich um eine Einfahrtstraße in die Innenstadt. Sie verläuft von der Kreuzung P. /L. -straße im Süden bis zur Kreuzung Q. -R. -S. /T. /L. -straße im Norden. Es handelt sich um eine zweispurige Straße, die mit einem circa 2 m breiten Gehweg auf Seiten der Hausnummer 13 versehen ist, der Richtung Süden schmaler wird. Das Baugrundstück mit der Hausanschrift L. -straße 13 liegt östlich angrenzend an die L. -straße.
Nach dem Ergebnis der vom Gericht durchgeführten Einnahme des Augenscheins (vorhandene beschriftete Klingelschilder hat das Gericht als Wohnnutzung bewertet) stellt sich die Nutzung der in der L. -straße vorhandenen Gebäude wie folgt dar (zunächst vom streitbefangenen Grundstück auf derselben Straßenseite in nördliche Richtung):
L. -straße 13, im Erdgeschoss gewerbliche Nutzung durch die Wettannahmestelle des Klägers und eine Änderungsschneiderei. In dem darüber liegenden Geschoss und im Dachgeschoss befinden sich Wohnungen. Der rückwärtige Teil des Gebäudes (Eingang N. -straße) dient insgesamt zu Wohnzwecken.
L. -straße 14, steht zurzeit leer.
L. -straße 15, im Erdgeschoss Nutzung durch den DRK Ortsverband F. e.V.; im Ober- und Dachgeschoss befinden sich Wohnungen.
L. -straße 16, im Erdgeschoss Nutzung durch ein Haarstudio und im 1. Ober- und Dachgeschoss Wohnungen zu Wohnzwecken genutzt.
Südlich des streitbefangenen Grundstücks, jenseits der „N. -straße“ schließen sich folgende Nutzungen an:
L. -straße 11/12, ein Laden für Hörgeräte und eine Spielhalle im Erdgeschoss sowie in einem Gebäudeteil genutzte Wohnungen, im anderen Wohnnutzung in den beiden oberen Etagen.
L. -straße 10, ein Antiquitätengeschäft im Erdgeschoss sowie in einem Obergeschoss teilweise Wohnnutzung, möglicherweise im Übrigen Leerstand.
L. -straße 9, im Erdgeschoss Nutzung durch ein Sanitätshaus, in den Obergeschossen Wohnnutzung.
L. -straße 8, im Erdgeschoss Verkauf von Gebrauchtgegenständen an Bedürftige, in den Obergeschossen Wohnnutzung.
L. -straße 7, ein Chinarestaurant im Erdgeschoss sowie Wohnnutzung in beiden Obergeschossen.
L. -straße 6, keine Nutzung im Erdgeschoss, Wohnnutzung in den Obergeschossen.
L. -straße 5, ein Imbiss im Erdgeschoss, drei Wohneinheiten in den Obergeschossen.
L. -straße 4, ein Hörgerätestudio im Erdgeschoss, in den Obergeschossen drei Ferienwohnungen und eine privat genutzte Wohnung.
L. -straße 3, im Erdgeschoss Nutzung durch einen Frisör und mindestens eine Wohnung in den Obergeschossen.
L. -straße 2, im Erdgeschoss eine Lottoannahmestelle und ein Kiosk, in den Obergeschossen mindestens zwei Wohnungen.
L. -straße 1, im Erdgeschoss eine Fotoagentur in den Obergeschossen mindestens drei Wohnungen.
Auf der westlich gegenüberliegenden Straßenseite befinden sich wie folgt genutzte Häuser in nördlicher Richtung aufeinander folgend:
L. -straße 32, im Erdgeschoss Nutzung durch einen Frisör, in den Obergeschossen Wohnnutzung und Nutzung durch die Jugendhilfe Süd-Niedersachsen e.V.
L. -straße 31, im Erdgeschoss Leerstand, in den Obergeschossen mindestens eine Wohnung.
L. -straße 30, eine Geschäftsstelle der Wüstenrot Bausparkasse im Erdgeschoss sowie mindestens eine Wohnung in den Obergeschossen.
L. -straße 29, ein Geschäft für Sicherheitstechnik im Erdgeschoss und drei Wohnungen in den Obergeschossen.
L. -straße 28, im Erdgeschoss in Kürze geplante Nutzung als Imbiss, in den Obergeschossen zwei Arztpraxen.
L. -straße 27 und 26, im Erdgeschoss Nutzung durch eine Apotheke in den Obergeschossen Arztpraxen.
L. -straße 25, im Erdgeschoss Nutzung durch eine Fahrschule und ein Reisebüro und drei Wohnungen in den Dachgeschossen.
L. -straße 24, im Erdgeschoss ein Getränkefachhandel und Wohnungen in den Obergeschossen.
L. -straße 22 und 23, ein Wohnartstudio im Erdgeschoss und Wohnungen in den Obergeschossen.
L. -straße 21, im Erdgeschoss eine Schlachterei und ein Teeladen sowie eine Wohnung im Obergeschoss.
L. -straße 20, im Erdgeschoss ein Restaurant und eine Wohnung im Obergeschoss.
L. -straße 19, insgesamt Nutzung zu Wohnzwecken.
Im Januar 2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten den Erlass eines bauplanungsrechtlichen Bauvorbescheides für die Änderung der Nutzung von einer Fahrschule in ein Wettbüro für Sportwetten (ohne Tierwetten). Nachdem zunächst eine Fläche von ca. 120 m2 zur Genehmigung gestellt worden war, soll diese Fläche nach Verlegung einer Trennwand nur noch ca. 85 m2 betragen (genau 88,74 m2). Nachdem laut Betriebsbeschreibung das Wettbüro zunächst von Montag bis Freitag von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr und Samstag und Sonntag von 10.00 bis 23.00 Uhr geöffnet sein sollte, korrigierte eine Mitarbeiterin des Klägers dies auf montags bis sonntags von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr. Das Wettbüro soll mit ca. 2-3 Stehtischen und ca. 5-6 Tischen jeweils mit 3 Stühlen ausgestattet werden; an den Wänden sollen ca. 7-8 Monitore angebracht werden. Ein Wettterminal soll zusätzlich die Möglichkeit bieten, Wetten abzuschließen und Informationen über Sportereignisse abzufragen. Kunden, die nicht unbedingt eine Wette abschließen möchten, könnten sich Live-Spiele und Sportevents auf den Monitoren anschauen.
Diese Bauvoranfrage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. März 2014 ab. Zur Begründung gab sie im Wesentlichen an, bei dem geplanten Wettbüro handele es sich um eine Vergnügungsstätte. Infolge ihrer geringen Größe sei die Vergnügungsstätte nicht kerngebietstypisch. Das Baugebiet, in dem diese Vergnügungsstätte betrieben werden solle, entspreche einem Mischgebiet. In einem solchen Gebiet seien Vergnügungsstätten bauplanungsrechtlich nur zulässig, wenn das Gebiet überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt sei. In dem Gebiet überwiege sowohl nach der Geschossfläche als auch der Baumasse indes die Wohnnutzung. Auch eine ausnahmsweise Zulassung des Vorhabens komme nicht in Betracht. Die das Bauvorhaben umgebenden überplanten Gebiete ließen Vergnügungsstätten nur ausnahmsweise zu. Darin komme der planerische Wille zum Ausdruck, die Zulassung von Vergnügungsstätten im Innenstadtbereich restriktiv zu handhaben. Ansonsten bestehe die Gefahr einer Verödung der Innenstadt. Wegen der räumlichen Nähe dieser Plangebiete ließen sich die hierfür angestellten Erwägungen auf das streitbefangene Grundstück übertragen. Abgesehen davon verstieße das Wettbüro gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die geplanten Öffnungszeiten ließen den benachbarten Bewohnern nicht die nötige Ruhe. Insbesondere der an Wochenenden zu erwartende Kundenverkehr sei für die Anwohner unzumutbar.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2014 zurück.
Am 3. Juli 2014 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben.
Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die nähere Umgebung seines Bauvorhabens entspreche einem Kerngebiet; hier seien Vergnügungsstätten bauplanungsrechtlich nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zulässig. Selbst wenn es sich um ein Mischgebiet handeln würde, stünde seinem Vorhaben bauplanungsrechtlich gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO nichts im Wege. Die nähere Umgebung sei dann gewerblich geprägt; insoweit sei für die Betrachtung nur die Erdgeschossebene maßgeblich. Jedenfalls sei sein Vorhaben ausnahmsweise nach § 6 Abs. 3 BauNVO genehmigungsfähig.
Es liege schließlich auch ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO nicht vor; insbesondere widerspreche die beabsichtigte Nutzung nicht der Eigenart des Baugebietes, da es sich um ein faktisches Kern-, jedenfalls jedoch um den gewerblich geprägten Teil eines Mischgebietes handele. Dazu führt er aus, dass sich die L. -straße gerade in ihrem südlichen Bereich bis zum Marktplatz durch die Ansiedelung überregionaler Einrichtungen auszeichne, was dem Charakter eines Kerngebietes entspreche. Jedenfalls überwiege die gewerbliche Nutzung gegenüber der Wohnnutzung, da erstere durch die Belegenheit im Erdgeschoss für den Durchschnittsnutzer stärker in Erscheinung trete. Zudem handele es sich um eine Innenstadtlage, in der längere Öffnungszeiten üblich seien. Auch § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO greife nicht ein, da kein nennenswerter An- und Abfahrtsverkehr stattfinde und der Geräuschpegel auch im Übrigen gering sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 21. März 2014 und ihres Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2014 zu verpflichten, ihm den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angegriffenen Bescheide und legt die Nutzung der umliegenden Gebäude im Einzelnen dar.
Die Kammer hat durch Einnahme des Augenscheins in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben zu der Beschaffenheit und Eigenart der näheren Umgebung des klägerischen Bauvorhabens. Wegen der Einzelheiten der Feststellungen wird, soweit sie nicht Gegenstand des Tatbestandes geworden sind, auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides zur Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit seines Vorhabens nicht, so dass die Bescheide der Beklagten vom 21. März 2014 und 5. Juni 2014 rechtmäßig sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Änderung der Nutzung von einer Wettannahmestelle in ein Wettbüro ist eine Baumaßnahme im Sinne von § 2 Abs. 13 NBauO, da an die beabsichtigte Nutzung andere bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Anforderungen zu stellen sind als an die vormalige Nutzung. Gegenstand eines Bauvorbescheides kann gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 NBauO auch die Frage der Zulässigkeit eines Vorhabens nach städtebaulichem Planungsrecht sein. Den eingeklagten Anspruch hat der Kläger nicht, weil der Betrieb des von ihm geplanten Wettbüros städtebaulichem Planungsrecht widerspricht. Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2014 und deren Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2014 sind rechtmäßig.
Das vom Kläger geplante Vorhaben ist eine Vergnügungsstätte im Sinne der einschlägigen Vorschriften der BauNVO. Die BauNVO enthält keine eigenständige Definition des Begriffs "Vergnügungsstätte". In Abgrenzung zum "sonstigen Gewerbebetrieb" handelt es sich bei einer Vergnügungsstätte um einen Gewerbebetrieb, von dem besondere städtebaulich relevante Störungen ausgehen können. Das Ziel der speziellen planungsrechtlichen Regelungen zu diesen Anlagen besteht nach überwiegender Auffassung darin, negative Auswirkungen vor allem auf Wohnbebauung zu verhindern. Belästigungen durch das Angebot von Vergnügungen können durch zunehmendes Verkehrsaufkommen, eine störende Geräuschkulisse durch die Vergnügungsstätte, aber auch durch störendes Verhalten von Kunden hervorgerufen werden, die die Stätte kurzzeitig oder auf dem Nachhauseweg verlassen. Vor diesem Hintergrund stellt die Rechtsprechung darauf ab, ob die Kunden dazu animiert werden, gemeinsam mit anderen an der Stätte zu verweilen. Denn durch die größere Anzahl an Kunden kann zunächst die Geräuschkulisse während des Besuchs zunehmen. Zudem liegt es nahe, dass Kunden gemeinsam die Stätte verlassen und auch auf den Gehwegen Belästigungen durch Lärm auftreten. So werden Vergnügungsstätten als besondere Gewerbebetriebe angesehen, die in unterschiedlicher Weise unter Ansprache des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebes der kommerziellen Freizeitgestaltung und der Zerstreuung dienen (OVG Koblenz, Beschluss vom 14.04.2011 -8 B 10278/11-; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2007 -8 S 2606/06-; VG Ansbach, Urteil vom 09.04.2014 -AN 9 K 13.01367-;VG Schleswig, Beschluss vom 09.05.2014 -8 B 10/14-, jeweils zitiert nach juris). Da sich die angebotenen Vergnügungen zudem als wandelbar erwiesen haben, kann eine typisierende Betrachtung zwar Anhaltspunkte liefern, entscheidend wird jedoch auf die Wirkung des konkreten Angebotes abzustellen sein. Dabei ist auf das eigentliche "Produkt" ebenso abzustellen wie auf die Gestaltung der Stätte selbst.
Das vorliegende Produkt "Wettgelegenheit" zeichnet sich durch die Möglichkeit aus, zu möglicherweise minütlich wechselnden Quoten während und vor Sportereignissen Wetten abzuschließen. Es erscheint naheliegend, dass dadurch der Reiz entsteht, auf sich verändernde Wettquoten unmittelbar zu reagieren und zu diesem Zweck über einen längeren Zeitraum im Ladenlokal zu verweilen. Diesem Verweilbedürfnis trägt die vom Kläger geplante Ausgestaltung des Wettbüros Rechnung, indem sie die kommerzielle Unterhaltung der Gäste durch Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde unterstützt.
Hinsichtlich der Gestaltung ist, anders als bei der bisher betriebenen Wettannahmestelle, geplant, nicht nur Stehtische, sondern auch Sitzmöglichkeiten mit und ohne direkt auf dem Tisch befindliche Wettmonitore zu installieren. Insbesondere können aktuelle Sportereignisse live auf Monitoren verfolgt werden, ohne dass die Kunden Wetten abschließen müssten. Nach Angaben des Klägers in mündlicher Verhandlung sollen aus einem Kühlschrank auch Getränke angeboten werden. All dies gibt dem Vorhaben den Charakter einer Vergnügungsstätte.
Bei dieser Vergnügungsstätte handelt es sich nicht um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte.
Kerngebietstypische Vergnügungsstätten sind solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kernbereichen nach § 7 BauNVO allgemein zulässig sind, insbesondere weil sie einen größeren Einzugsbereich haben und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen (BVerwG, Urteil vom 21.02.1986 -4 C 31/83-, BauR 1986, 417). Es ist sachgerecht, für die Frage der Kerngebietszuweisung auf die Größe der Nutzfläche oder auf die Zahl der Sitzplätze abzustellen. So wird in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Spielhallen davon ausgegangen, dass bei einem Schwellenwert von unter 100 m2, wie hier, eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte nicht vorliegt (VG Ansbach, a.a.O. Rn. 42; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl., § 4 a Rn. 23.69). Ein anderes Kriterium kann die Zahl der vorgehaltenen Sitzplätze von mehr als 50 sein (Rausch, DÖV 2009, 667). Hier sind weniger als 20 Sitzplätze geplant, so dass auch dieses Kriterium nicht für die Kerngebietstypizität spricht.
Bei der Änderung der Nutzung von einer Wettannahmestelle in ein nicht kerngebietstypisches Wettbüro handelt es sich auch bauplanungsrechtlich um ein Vorhaben nach § 29 Abs. 1 BauGB. Die städtebauliche Relevanz ergibt sich aus der möglichen Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 1 und 2 BauGB genannten Belange privaten Wohnens.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit bestimmt sich nach § 34 Abs. 2 BauGB, da das streitbefangene Grundstück im unbeplanten Innenbereich der Stadt F. liegt und die nähere Umgebung einem der in der BauNVO genannten Gebiete entspricht.
Maßstabsbildend ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Bei der Beurteilung dieser Frage kann auch die unterschiedliche Bebauung diesseits und jenseits einer Straße eine Rolle spielen, wobei es wiederum auf die Art des Unterschiedes ankommen kann. Einzubeziehen ist die tatsächliche Bebauung, ggf. auch die in einem angrenzenden Bebauungsplangebiet, wobei es auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes insoweit nicht ankommt. Schließlich können bei der Bemessung der Reichweite topographische Besonderheiten oder Verkehrswege wie Straßen und Bahntrassen im Einzelfall eine trennende Wirkung entfalten (BVerwG, Beschlüsse vom 13.05.2014 -4 B 38/13-; vom 29.04.1997 -4 B 67/97-, jeweils zitiert nach juris; Urteil der erkennenden Kammer vom 11.08.2010 -2 A 46/09-).
Zur Überzeugung des Gerichts bildet die Bebauung entlang der L. -straße die nähere Umgebung des Bauvorhabens. Die L. -straße ist als Einfallstraße in die Innenstadt durch eine mehr oder minder einheitliche Bebauung und Nutzung geprägt. Die einmündenden Nebenstraßen, „U. Straße“, „N. -straße“, „O.“ und „V. Straße“, sind sowohl von ihrer Größe wie auch von ihrer Verkehrsfrequenz zu unbedeutend, um die durch die L. -straße geprägte Umgebung unterbrechen zu können. Im Norden bildet der Q. -R. S. mit dem Bahndamm eine natürliche Umrandung der Innenstadt, die die Grenze der näheren Umgebung markiert. In Richtung Innenstadt wird die nähere Umgebung durch die verkehrsberuhigte Fußgängerzone begrenzt, die weitere städtebaulich relevante Wirkungen durch die jeweilige Art der baulichen Nutzung des streitbefangenen Grundstücks in südlicher Richtung faktisch ausschließt. Auch die östlich und westlich in die L. -straße einmündenden Straßen zählen nicht mehr zur näheren Umgebung. Dem steht die geschlossene Bauweise auf der L. -straße entgegen, die die Wirkung der dortigen Bebauung in Richtung Osten und Westen begrenzt. Die Nebenstraßen sind enger und unbedeutender als die L. -straße und wirken besonders wegen des zur Einfahrt in die N. -straße zu überquerenden Bürgersteigs nicht wie ein Teil der L. -straße, sondern von dieser im Gegenteil getrennt. Auswirkungen beispielsweise des Fußgängerverkehrs oder des Liefer- und Personenverkehrs, welcher durch die Betriebe der L. -straße hervorgerufen wird, gibt es in die Nebenstraßen hinein nicht.
Nach dem Ergebnis der in mündlicher Verhandlung vorgenommenen Einnahme des Augenscheins steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die so definierte nähere Umgebung des Bauvorhabens ihrer Art nach einem Mischgebiet entspricht.
Welche baulichen Anlagen die Eigenart der näheren Umgebung prägen, richtet sich danach, welche bauliche Anlagen bei objektiver Betrachtung für die städtebauliche Funktion und Eigenschaft der Umgebung quantitativ und qualitativ von Bedeutung sind und damit die Eigenart der Umgebungsbebauung bestimmen. Dieses Kriterium hat vor allem dann Bedeutung, wenn eine bauliche Anlage hinsichtlich der in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Kriterien erkennbar aus dem Rahmen der sonst vorhandenen Bebauung herausfällt. In dieser Hinsicht tragen die Beteiligten nichts vor und auch nach der Augenscheinseinnahme hat das Gericht dafür keine Anhaltspunkte. Es können also alle baulichen Anlagen der näheren Umgebung zur Beurteilung herangezogen werden.
Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers handelt es sich bei der Art der näheren Umgebung nicht um ein Kerngebiet. Ein solches dient nach § 7 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. Zwar zeigen § 7 Abs. 2 Nr. 6 und 7 BauNVO, dass auch eine Wohnnutzung nicht gänzlich ausgeschlossen werden soll; aus den einschränkenden Voraussetzungen, an die sie geknüpft wird, ergibt sich jedoch, dass die Wohnnutzung nur untergeordnete Bedeutung haben soll. Im vorliegenden Fall ist die nähere Umgebung in bedeutendem Maße durch Wohnnutzung geprägt. Einzelne Gebäude (vor allem das Grundstück L. -straße 19) dienen ausschließlich dem Wohnen, die überwiegende Anzahl der weiteren Gebäude wird in den Obergeschossen fast durchgehend zu Wohnzwecken genutzt. Der Wohnnutzung kommt mithin nicht nur untergeordnete Bedeutung zu.
Zudem zeichnen sich "zentrale" Einrichtungen dadurch aus, dass sie einen größeren Einzugsbereich haben und nicht vorwiegend der Versorgung der Bewohner des Gebietes dienen. Auch dies ist nicht erkennbar. Wenn der Kläger ein Versicherungsbüro (gemeint sein wird das in der L. -straße 30 befindliche Büro der Wüstenrot Bausparkasse) als Indiz heranzieht, kommt dem schon mangels einer die Umgebung prägenden Größe des Ladengeschäfts und der Singularität seines Erscheinens keine kerngebietsbegründende Bedeutung zu. Zudem zeigt ein Blick auf die homepage der Wüstenrot Bausparkasse (http://www.wuestenrot.de/de/bsw/kontakt_4/), dass es in Einbeck, Bad Gandersheim, Osterode am Harz und Göttingen weitere Büros gibt. Die regionale Bedeutung des Büros ist daher eher gering.
Demgegenüber dient ein Mischgebiet nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Es ist also durch ein prinzipiell gleichberechtigtes Nebeneinander von Wohnen und Gewerbebetrieben geprägt. Zwar erfordert die Eigenart eines Mischgebietes keine "rechnerische" Gleichwertigkeit dieser beiden Nutzungsarten. Es darf jedoch nicht dazu kommen, dass eine der beiden übergewichtig in Erscheinung tritt. Im vorliegenden Fall prägen ausschließlich solche Nutzungen die Eigenart der näheren Umgebung, die sich auch im Katalog des § 6 Abs. 2 BauNVO wiederfinden. Das gilt für die Wohnbebauung (Nr. 1) ebenso, wie für die Geschäfts- und Bürogebäude des DRK Ortsverbandes F. e.V., der Wüstenrot Bausparkasse und der Fahrschule (Nr. 2), die aufgezählten Restaurants und Gaststätten, die Hörgeräte-, Sanitärwaren- und Sicherheitstechnikgeschäfte, die Weinhandlung, die Fleischerei, das Teegeschäft, das Dekorgeschäft und den Kiosk (Nr. 3), das Fotostudio und das Reisebüro (Nr. 4) und die Spielothek (Nr. 8). Auch ist eine vertikale und horizontale Durchmischung erkennbar. Das Gebiet ist dadurch gekennzeichnet, dass innerhalb der jeweiligen Gebäude Gewerbe- und Wohnnutzung nebeneinander bestehen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass es sich um ein faktisches Mischgebiet i. S. d. § 6 BauNVO handelt.
Die vom Kläger zur Genehmigung gestellte Nutzungsänderung ist in diesem Mischgebiet nicht zulässig.
Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 (nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten) in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 13.6.2005 - 4 B 36/05 –, BauR 2005,1886) ist bei der nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO vorzunehmenden Beurteilung, ob ein Gebietsteil eines Mischgebietes überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt ist, eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Der Bereich für die Abgrenzung des nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO abzugrenzenden Teilgebiets muss so weit gezogen werden, wie sich die konkrete Vergnügungsstätte in städtebaulich relevanter Weise auswirken kann. Das nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO maßgebliche Teilgebiet, das weder mit dem Mischgebiet selbst noch mit der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gleichzusetzen ist, ist nach dem Schutzgedanken der Vorschrift abzugrenzen. Diese bezweckt mit den einschränkenden tatbestandlichen Voraussetzungen, vor allem nachteilige Auswirkungen von Vergnügungsstätten auf die Wohnnutzung und andere sensible Nutzungen zu vermeiden. Zum maßgeblichen Teilgebiet gehören deshalb alle Flächen, auf denen oder von denen aus deutlich erkennbar ist, dass sich „hier bzw. in der Gegend“ eine Vergnügungsstätte befindet. Einzubeziehen sind namentlich auch die vom Ziel- und Quellverkehr betroffenen Gebietsteile, wenn dieser noch deutlich als besonderer, weil auf die Vergnügungsstätte bezogener Verkehr erkennbar ist, desgleichen auch die von Besuchern der Vergnügungsstätte in Anspruch genommenen Stellplätze sowie ihre Zu- und Abfahrten (vgl. BayVGH, Urteil vom18.8.1995 - 26 B 94.952 -, juris m.w.N).
Der Umgriff des maßgeblichen Teils des Mischgebiets konzentriert sich vorliegend – entsprechend dem Einwirkungsbereich des klägerischen Vorhabens - auf die Bebauung entlang der L. -straße, insbesondere in unmittelbarer Nähe zum Kreuzungsbereich U. Straße/N. -straße. In nördlicher Richtung entlang der L. -straße reicht der Einwirkungsbereich des beantragten Vorhabens allenfalls bis zur Kreuzung Q. -R. -S.. Von und bis zu diesen Straßen kommt der Zu- und Abgangsverkehr für das klägerische Wettbüro. In der so eingegrenzten näheren Umgebung des Vorhabens ist die Bebauung nach Aktenlage nicht überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt. Dass dieses Gebiet kleiner ist als die nähere Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB, liegt daran, dass es sich um eine relativ kleine Vergnügungsstätte handelt. Bei 18 Sitzplätzen und weiteren etwa 10 Stehmöglichkeiten erscheint der Kundendurchlauf eher gering. Die Nutzungszeiten von 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr gehen zudem nicht über diejenigen beim Betrieb eines Restaurants, wie es schräg gegenüber vom streitbefangenen Wettbüro betrieben wird, hinaus. Der An- und Abfahrtsverkehr und der Geschäftsbetrieb werden sich daher nicht über ein weiteres Gebiet erstrecken als beschrieben.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Frage einer überwiegenden gewerblichen Prägung nicht allein anhand einer grundstücksbezogenen Betrachtung entschieden werden kann. Auch eine rechnerische Gegenüberstellung der gewerblich genutzten Geschossflächen und der Wohngeschossflächen oder der Baumassen liefert für sich genommen noch keine verlässlichen Kriterien, kann aber ein Anhaltspunkt sein (Fickert/Fieseler, a.a.O. § 6 Rn. 16.21). Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller gebietsprägenden Faktoren, aus der sich ergibt, ob die gewerblichen Nutzungen im betreffenden Gebietsteil vorherrschen. Hierbei kann auch von Bedeutung sein, in welchem Maße die Erdgeschossebene gewerblich genutzt ist und inwieweit die gewerbliche Nutzung bis in die Obergeschosse reicht (BVerwG, Beschluss vom 7.2.1994 - 4 B 179/93 -, NVwZ-RR 1994, 486). Es kommt auch qualitativ darauf an, um welche Art von Gewerbe es sich handelt und wie dieses im Gebiet und in den einzelnen Häusern verteilt ist (BayVGH, Beschluss vom 6.2.2013 – 2 ZB 11.2321 – juris). Weiter ist mit der Rechtsprechung davon auszugehen, dass allein wegen der gewerblichen Nutzung der Erdgeschosse nicht schon eine überwiegende gewerbliche Prägung angenommen werden kann. Die unterschiedlichen Geschosse der Bebauung können nicht als Teile des Baugebiets angesehen werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 16.10.2007 – 2 ZB 07.1996 – juris).
Die nach diesen Maßstäben durchzuführende Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller gebietsprägenden Faktoren ergibt vorliegend nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Umgriff zur Überzeugung des Gerichts eine überwiegend gewerbliche Prägung nicht.
In dem auch vom Kläger genutzten Haus L. -straße 14 befindet sich zusätzlich noch eine Schneiderei, also ein Handwerksbetrieb. Das hiervon ausgehende Lärmpotential dürfte gering sein; infolgedessen auch die prägende Wirkung dieses Gewerbebetriebes. Das Haus L. -straße 14 steht leer, hat also weder in die eine noch in die andere Richtung prägende Wirkung. Das Haus L. -straße 15 wird von einer gemeinnützigen Einrichtung im Erdgeschoss als Bürogebäude genutzt; wenn man überhaupt zugunsten des Klägers von einer gewerblichen Nutzung und nicht einer Nutzung zu sozialen Zwecken (§ 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO) ausgehen will, dann handelt es sich jedenfalls nicht um eine typische gewerbliche Nutzung mit entsprechendem Kundenverkehr und den damit verbundenen Emissionen; ihre Prägewirkung ist gering. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Haus Nr. 21 befindet sich im Erdgeschoss eine Schlachterei, ebenfalls ein Handwerksbetrieb, benachbart zu einem Restaurant in Haus Nr. 20. Das Gebäude L. -straße 19 wird, wie bereits beschrieben, ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt; von ihm geht eine gewerbliche Prägung nicht aus. Zudem sind die Gebäude, soweit sie nicht leer stehen, ab dem 1. Obergeschoss ebenfalls durchgängig zu Wohnzwecken genutzt.
Der in der L. -straße vorhandene Fahrzeugverkehr ist nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck als nicht besonders hochfrequent einzustufen. In den Abendstunden nach allgemeinem Geschäftsschluss ruft derzeit nur das Restaurant in dem zu betrachtenden Raumumgriff Zu- und Abgangsverkehr hervor. Auch insoweit kann vom vorhandenen Störpotential her nicht von einer prägenden gewerblichen Nutzung ausgegangen werden. Nach alledem ist festzustellen, dass gewerbliche und Nutzung zu Wohnzwecken sich allenfalls die Waage halten, wenn nicht sogar die Wohnnutzung dem Gebiet das Gepräge gibt; jedenfalls tut dies nicht die gewerbliche Nutzung.
Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, merkt die Kammer an, dass dieser Eindruck auch bestehen würde, würde man die für die überwiegend gewerbliche Prägung in den Blick zu nehmende Umgebung weiter ziehen und bis zum Beginn des Marktplatzes erstrecken. Hierbei würde die Wohnnutzung nur eine noch größere Bedeutung erlangen, da in dem Bereich jenseits der Straßen „U. Straße“ und „N. -straße“ in Richtung Markt nicht nur 1. Obergeschoss und Dachgeschoss wohngenutzt sind, sondern sowohl 1. wie auch 2. Dachgeschoss zum Wohnen genutzt werden.
Das Wettbüro kann auch nicht ausnahmsweise nach § 6 Abs. 3 BauNVO zugelassen werden. Danach können nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 außerhalb der in Absatz 2 Nr. 8 bezeichneten Teile des Gebiets ausnahmsweise zugelassen werden. Die Beklagte hat das ihr durch diese Vorschrift eingeräumte Ermessen dem Zweck der Vorschrift entsprechend ausgeübt.
Für die Entscheidung über die Zulässigkeit bzw. ausnahmsweise Zulassung sind allein städtebauliche Gesichtspunkte von Bedeutung; weder bauordnungsrechtliche noch Gesichtspunkte eines wirtschaftlichen Bedürfnisses spielen eine Rolle; ebenso wenig individuelle, in der Person des Bauherrn liegende Gründe (Fickert/ Fieseler, a.a.O. Vorbem. §§ 2 -9, 12-14 Rn. 5 und 6.4. a.E.). Derartige städtebauliche Gesichtspunkte führt die Beklagte hier unter Bezugnahme auf ihre Bebauungspläne Nr. 72 und 78 ins Feld. In diesen räumlich an das streitbefangene Grundstück angrenzenden Plangebieten, bei denen es sich um Kerngebiete handelt, sind Vergnügungsstätten nur ausnahmsweise erlaubt. Aus den Begründungen zu diesen Satzungsregelungen ergibt sich, dass es der Beklagten darum zu tun war, einer Verödung ihrer Innenstadt ebenso entgegenzuwirken wie Lärmbelästigungen für ihre Wohnbevölkerung. Die Umwandlung der traditionellen Geschäftsstraßen in Vergnügungsstraßen sollte vermieden werden, da damit zusammenhängend die Innenstadt an Attraktivität für die Mehrheit der Bevölkerung verlieren würde. Bei diesem in der Literatur als “Trading-down-Effekt“ bekannten Phänomen handelt es sich um einen städtebaulichen Belang. Die Einschätzung der Beklagten ist auch nicht sachfremd oder willkürlich, erscheint vielmehr nachvollziehbar. Den Begründungsansatz, textliche Festsetzungen in Bebauungsplänen auch für die Versagung einer Ausnahme in angrenzenden, nicht überplanten, aber städtebaulich ähnlich strukturierten Gebieten heranzuziehen, ist ermessensgerecht. Andere, für die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids sprechende städtebauliche Gründe hat der Kläger nicht vorgetragen und sind für die Kammer auch sonst nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.