Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 14.10.2015, Az.: 1 A 240/14

Hells Angels; Motorradclub; Sicherstellung; Vereinsverbot; Vermögensbeschlagnahme

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
14.10.2015
Aktenzeichen
1 A 240/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45119
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Zurechnung von im Rahmen einer Durchsuchung sichergestellten Sachen im Gewahrsam Dritter zum Vereinsvermögen ist eng auszulegen.

2. Eine Einordnung als Vereinsvermögen erfordert - auch für den nicht fachkundigen Betrachter - eine eindeutige Zuordnung zu dem verbotenen Verein und seinen Symbolen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Sicherstellungsbescheid, mit dem zahlreiche im Gewahrsam des Klägers befindliche Sachen des Vereins „Hells Angels MC Charter H.“ sichergestellt wurden.

Der Kläger ist sog. „Anwärter“ des Vereins „Hells Angels MC Charter H.“.

Der Verein wurde mit Verfügung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 20.10.2014 verboten und aufgelöst. Außerdem wurde unter anderem das Vereinsvermögen sowie Sachen Dritter beschlagnahmt und eingezogen, soweit ihre Überlassung an den Verein dessen strafrechtswidrige Zwecke und Tätigkeit vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Zwecke und Tätigkeiten bestimmt gewesen sind. Die sofortige Vollziehung des Vereinsverbots und der Beschlagnahme war angeordnet worden.

Gegen die Verbotsverfügung hat der Verein beim Niedersächsischen Oberverwaltungsverwaltungsgericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Diesen hat das Gericht mit Beschluss vom 20.04.2015 (11 MS 298/14) abgelehnt. Über die gegen das Vereinsverbot erhobene Klage (11 KS 272/14) hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht Lüneburg noch nicht entschieden.

Das Verwaltungsgericht Göttingen ordnete mit Beschluss vom 22.10.2014 (1 E 205/14) die Durchsuchung der Wohnungen des Klägers an. Zur Begründung hieß es unter anderem:

„..Hinsichtlich des Sicherstellungsbescheids ergeben sich ebenfalls keine Zweifel an der Rechtsmäßigkeit. Insbesondere sind die formellen Anforderungen des § 4 Satz 3 VereinsG-DVO erfüllt. Der Sicherstellungsbescheid enthält eine schriftliche Begründung, in der auf das Vereinsverbot und die Beschlagnahme des Vereinsvermögens hingewiesen wird. Dass die sicherzustellenden Sachen des Vereins erst noch in eine Anlage aufgenommen werden, die während der Durchsuchung erstellt wird, beeinträchtigt die Wirksamkeit des Sicherstellungsbescheides nicht, da ein anderes Verfahren weder rechtlich geboten noch praktikabel ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2011 - 1 S 1864/11 -, juris Rn. 14; VG Aachen, Beschluss vom 03.12.2004 - 6 L 1104/04 -, Juris Rn. 5).

Es bestehen auch Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner zu 1. Vermögensgegenstände des verbotenen Vereins in Gewahrsam haben könnte. Dazu hat der VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 27.10.2011 - 1 S 1864/11 -, juris Rn.11f.) ausgeführt:

„(11) Da ein wesentlicher Zweck der Vermögensbeschlagnahme darin besteht, dem Verein die Mittel zur Fortsetzung der als rechtswidrig erachteten Tätigkeit zu nehmen, gehören nicht nur Gegenstände von wirtschaftlicher, sondern auch von ideeller Bedeutung zum Vereinsvermögen. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob die sicherzustellenden Vermögensgegenstände im Einzelnen tatsächlich zur Fortsetzung einer kriminellen Tätigkeit verwendet werden können. Denn das Vermögen eines verbotenen Vereins unterliegt ohne Rücksicht auf einen bestimmten Verwendungszweck nach § 11 VereinsG der Einziehung (BVerwG, Urt. v. 18.10.1988 - 1 A 89.83 - BVerwGE 80, 299 <305>) und ist auch vorliegend in Nr. 4 der Verbotsverfügung des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 06.06.2011 ohne jede Einschränkung eingezogen worden.

(12) Hier hat der Antragsteller nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Durchsuchung jedenfalls ein Auffinden der zum Vereinsvermögen gehörenden Kutte zu erwarten war. Dieses Kleidungsstück ist für jedes Vereinsmitglied von hohem ideellem Wert, da es die Vereinszugehörigkeit seines Trägers dokumentiert. Die Kutte, die auch von einem „prospect“ getragen werden darf, bringt zum einen dessen Stellung innerhalb des Vereins zum Ausdruck, zum anderen hat sie besondere Bedeutung für das Vereinsverständnis. Die Annahme, der Antragsgegner als mutmaßlicher „prospect“ könnte - ohne dass es der Durchsuchungsanordnung bedurft hätte - zur freiwilligen Herausgabe dieses Kleidungsstücks bereit gewesen sein, erscheint daher fernliegend.“

Dem schließt sich das Gericht an. Die Antragstellerin hat glaubhaft dargelegt, dass der Antragsgegner zu 1. „Prospect“ des Vereins ist und sich Teile des Vereinsvermögens bzw. Unterlagen in seinen Privatwohnungen befinden.“

Am 24.10.2014 erfolgte die Durchsuchung im Zuge des Vereinsverbotsverfahrens. Vor der Durchsuchung wurde dem Kläger die Verbotsverfügung sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen zugestellt.

Im Rahmen der Durchsuchung wurden folgende Gegenstände sichergestellt und in einer Niederschrift verzeichnet:

Lfd.Nr.der Niederschrift

Asservaten-Beschreibung

Grund der Sicherstellung

12.2.2.1 u.12.1.1

2 Aufkleber HAMC H.

Verdacht Vereinsvermögen

12.2.4.1

1 Kutte, MC H. - Prospect -

Verdacht Vereinsvermögen

12.2.4.2.1

1 Pullover mit Aufdruck „Crew 81 H.“

Verdacht Vereinsvermögen

12.2.4.2.2

PC, Marke Gator, SIN: XXX

Beweismittel

12.2.4.2.3

PC, Marke Fujitsu Siemens, SIN:XXX

Beweismittel

12.2.4.2.4

T-Shirt mit Aufdruck „Crew 81 H.“

Verdacht Vereinsvermögen

12.2.4.3

Tablet, Marke Vodafon, XXX

Beweismittel

12.2.4.4

Aufnäher, “Red + White H.”

Verdacht Vereinsvermögen

12.2.4.5

Smartphone, Marke Samsung Galaxy S4

Beweismittel

12.2.5.1

Laptop, Marke Medion, SIN: UMB XXX

Beweismittel

12.2.5.2

Netbook, Marke Asus, PC XXX X

Beweismittel

12.2.6.1

Handy-Hülle, HAMC H.

Verdacht Vereinsvermögen

12.2.6.2

Ausdruck HAMC H.

Verdacht Vereinsvermögen

12.2.6.3

Laptop, Marke Acer Aspire, SIN: XXXXX

Beweismittel

12.2.6.4.1

Chatverlaufsausdruck

Beweismittel

12.2.6.4.2

Roter Schnellhefter mit monatlichen Ausgaben

Beweismittel

12.2.6.4.3

USB-Stick

Beweismittel

12.2.6.4.4

PC, Marke ThinkCenter

Beweismittel

12.2.6.5

Externe Festplatte, Marke Trekstor

Beweismittel

12.2.6.6

Uhr, Aufschrift „Big Red Machine H.“

Beweismittel

Nach Durchführung der Durchsuchung wurde dem Kläger der Sicherstellungsbescheid vom 24.10.2014 nebst den Durchsuchungsniederschriften ausgehändigt. Sie bezeichnen die einzelnen sichergestellten Gegenstände und enthalten den Grund der Mitnahme.

Im Oktober 2014 erhielt der Kläger das Smartphone (Lfd.Nr. 12.2.4.5) und im Dezember 2014 die zwei PC’s (Lfd.Nrn. 12.2.4.2.2 und 12.2.4.2.3), die zwei Laptops (Lfd.Nrn. 12.2.5.1 und 12.2.6.3), das Netbook (Lfd.Nr. 12.2.5.2) und den USB-Stick (Lfd.Nr. 12.2.6.4.3) zurück. Im November 2014 wurden die Festplatte (Lfd.Nr. 12.2.6.5) und der PC (Lfd.Nr. 12.2.6.4.4) an die (damalige) Lebensgefährtin des Klägers herausgegeben.

Am 21.11.2014 hat der Kläger gegen den Sicherstellungsbescheid Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass die Verbotsverfügung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport rechtswidrig sei. Deshalb sei auch der Sicherstellungsbescheid rechtswidrig. Der Sicherstellungsbescheid sei aber auch deshalb rechtswidrig, weil die gesamten sichergestellten Gegenstände zu seinem privaten Vermögen und nicht zum Vereinsvermögen gehörten. Soweit die Beklagte sichergestellte Gegenstände an den Kläger zwischenzeitlich wieder herausgegeben habe, habe sich der Sicherstellungsbescheid nicht erledigt. Eine Erledigung käme nur dann in Betracht, wenn an den Kläger und den Verein sämtliche beschlagnahmte Gegenstände herausgegeben worden seien. Zusätzlich müsse die Verbotsbehörde erklären, dass die Ermittlungen nach dem Vereinsvermögen und nach Sachen Dritter, die dem Verein zur Verfolgung seiner verbotsbegründenden Zwecke und Tätigkeiten mit Vorsatz überlassen worden oder hierzu bestimmt gewesen seien, vollständig und endgültig abgeschlossen seien.

Der Kläger beantragt,

den Sicherstellungsbescheid vom 24.10.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Klage hinsichtlich der bereits herausgegebenen Gegenstände unzulässig sei. Dem Kläger fehle insoweit das erforderliche Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit. Im Übrigen sei der Sicherstellungsbescheid rechtmäßig. Insbesondere würden die sichergestellten Sachen zum Vereinsvermögen gehören. Vor allem die Kleidungsstücke hätten einen hohen Stellenwert für jedes Vereinsmitglied, da sie die Vereinszugehörigkeit ausdrückten. Sie würden den Mitgliedern nur nach Prüfung überlassen und seien auf dem freien Markt nicht erhältlich.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur teilweise erfolgreich.

Die Sicherstellung erfolgte nur hinsichtlich der im Tenor genannten Sachen zu Unrecht. Nur insoweit ist der Sicherstellungsbescheid vom 24.10.2014 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Streitgegenstand ist ausschließlich der auf § 10 Abs. 2 Satz 1 Vereinsgesetz (VereinsG) gestützte Sicherstellungsbescheid. Deshalb ist ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Vermögensbeschlagnahme zu prüfen. Soweit eine Beschlagnahme zum Zweck des Auffindens von Beweismitteln erfolgte, richtet sich der Rechtsschutz nach § 4 Abs. 4 VereinsG i. V. m. § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO. Danach ist ein gesonderter Antrag erforderlich. In diesem Zusammenhang ist misslich, dass die Polizei bei der Niederschrift der Sicherstellung und Beschlagnahme nicht nach dem Durchsuchungszweck unterschieden hat. Vielmehr sind alle Gegenstände in einer Niederschrift aufgeführt. Da die Durchsuchung nach dem Durchsuchungsbeschluss zwei unterschiedlichen Zwecken dient und der Rechtsschutz dagegen unterschiedlich ist, sollte die Polizei zukünftig für jeden Durchsuchungszweck eine eigene Niederschrift fertigen.

Zur Unterscheidung, ob eine Gewahrsamnahme als Beweismittel im Rahmen des Vereinsverbots oder als Vereinsvermögen erfolgte, ist die Einordnung der Polizei ein wichtiges Indiz. Die Einordnung ist allerdings auf Plausibilität zu untersuchen und gegebenenfalls vom Gericht zu korrigieren. Im vorliegenden Fall führt dies in einem Fall zu einer Veränderung der Einordnung. Die Polizei hat eine Uhr mit der Aufschrift „Big Red Maschine H.“ als Beweismittel sichergestellt. Dabei handelt es sich um eine Fehleinschätzung. Bei der Uhr handelt es sich um eine eventuell dem Vereinsvermögen zu zurechnende Sache.

Da die Beklagte ausschließlich Sachen an den Kläger zurückgegeben hat, die als Beweismittel beschlagnahmt worden waren, kommt es auf eine Erledigung des Sicherstellungsbescheids nicht an.

Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 VereinsG können aufgrund der Beschlagnahme Sachen im Gewahrsam des Vereins und aufgrund besonderer Anordnung Sachen im Gewahrsam Dritter sichergestellt werden. Die Beschlagnahme erfolgte durch die vom Ministerium für Inneres und Sport erlassene, vollziehbare Verbots- und Beschlagnahmeanordnung vom 20.10.2014. Einzelheiten der Sicherstellung regeln die §§ 3 und 4 Vereinsgesetz-Durchführungsverordnung (VereinsG-DVO). Zu den unterschiedlichen Regelungen hat der VGH Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 27.10.2011 - 1 S 1864/11 - (juris, Rn. 10) ausgeführt:

„.. Während nach § 3 VereinsG-DVO Sachen im Gewahrsam des Vereins dadurch sichergestellt werden, dass die Vollzugsbehörde sie in Gewahrsam nimmt, schreibt § 4 VereinsG-DVO für Sachen im Gewahrsam Dritter ein besonderes Verfahren vor. Die Rechtfertigung für diese Unterscheidung ergibt sich daraus, dass für Sachen, die sich etwa in den Räumen des Vereins oder eventuell auch in Wohnungen von Vorstandsmitgliedern des Vereins befinden, die Vermutung, dass es sich hier um Sachen des Vereinsvermögens handelt, eher naheliegt als für solche Sachen, die sich im Gewahrsam eines anderen befinden, der nicht Mitglied des für den Verein handelnden Organs ist. § 4 VereinsG-DVO schreibt zum einen den Erlass eines besonderen Sicherstellungsbescheides vor, der schriftlich abzufassen und dem Gewahrsamsinhaber zuzustellen ist. Dieser Sicherstellungsbescheid ist zu begründen, und zwar unter Hinweis auf das Vereinsverbot und die Beschlagnahme des Vereinsvermögens, weiter ist in der Begründung darzulegen, dass die sichergestellte Sache zum Vereinsvermögen gehört. Diese besonderen und gegenüber der Sicherstellung von Sachen im Gewahrsam des Vereins gesteigerten Anforderungen rechtfertigen sich daraus, dass hinsichtlich Dritter die Annahme, sie könnten Gegenstände des Vereinsvermögens in Gewahrsam haben, nicht ohne weiteres auf der Hand liegt, sondern insoweit vielmehr konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, um den erheblichen Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung, der durch eine Beschlagnahme und die dazu erforderliche Durchsuchung eintritt, zu rechtfertigen. In dieser Beziehung ähnelt aber die Position eines "einfachen", nicht mit besonderen Aufgaben betrauten Vereinsmitgliedes eher der eines außerhalb des Vereins stehenden Dritten als der eines Organs des Vereins. Daraus folgt zugleich, dass eine Sicherstellung und eine zum Zweck der Sicherstellung erfolgende Durchsuchung der Wohnung eines "einfachen" Vereinsmitgliedes nicht quasi auf Verdacht zulässig ist. Es müssen darüber hinaus ausreichende Anhaltspunkte nicht nur dafür vorliegen, dass der Betreffende Verbindungen zu dem Verein hat, sondern vielmehr dafür, dass sich Gegenstände aus dem Vermögen des Vereins gerade bei ihm befinden. Diese Anhaltspunkte hat die Vollzugsbehörde bei Beantragung eines Durchsuchungsbefehls im Einzelnen darzulegen. Die Darlegung hat sich speziell auf die Vermutung zu beziehen, dass sich Sachen des Vereinsvermögens im Gewahrsam des Betreffenden befinden (OVG Schlesw.-Holst., Beschl. v. 03.03.1994 - 4 M 142/93 - InfAuslR 1994, 210).“

Für die Grenzziehung, ob sich die Sache im Gewahrsam des Vereins oder eines Dritten befindet, kommt es darauf an, ob der Gewahrsamsinhaber Mitglied des Vorstands und damit für den Verein handelndes Organ ist (vgl. Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.10.2014 - 3 B 147/14 -, juris, Rn. 6 f; VG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 09.01.2015 - 7 A 5407/13 - ).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Kläger Dritter im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 VereinsG. Er ist nicht im Vorstand des Vereins und damit nicht handelndes Organ des Vereins. Als Anwärter ist er nicht einmal Vereinsmitglied. Allerdings bestanden konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er Gegenstände des Vereinsvermögens in seinem Gewahrsam haben könnte. Insoweit wird auf den Durchsuchungsbeschluss des VG Göttingen vom 22.10.2014 (1 E 210/14) verwiesen.

Zur Sicherstellung von Sachen im Gewahrsam des Klägers ist also ein Sicherstellungsbescheid erforderlich. Dieser ist von der Beklagten unter dem 24.10.2014 erlassen worden. In formeller Hinsicht sieht § 4 Satz 3 VereinsG-DVO vor, dass der Sicherstellungsbescheid mit einer schriftlichen Begründung zu versehen ist. Sie muss auf das Vereinsverbot und auf die Beschlagnahme des Vereinsvermögens hinweisen. Außerdem muss sie darlegen, dass die sichergestellten Sachen zum Vereinsvermögen gehören. Diese erhöhten Anforderungen hat die Beklagte nicht vollständig beachtet. Zwar ist in dem Sicherstellungsbescheid auf das Vereinsverbot und auf die Beschlagnahme des Vereinsvermögens hingewiesen worden. Es fehlt aber an der ausreichenden Darlegung, warum die sichergestellten Sachen zum Vereinsvermögen gehören. In der Durchsuchungsniederschrift, die dem Kläger mit dem Sicherstellungsbescheid ausgehändigt wurde, ist lediglich der Grund der Sicherstellung bzw. Beschlagnahme vermerkt. Eine Begründung, warum es sich um Vereinsvermögen handeln solle, enthalten weder der Sicherstellungsbescheid noch die Durchsuchungsniederschriften. Dies genügt § 4 Satz 3 VereinsG-DVO nicht. Die Vorschrift dient dazu, die Gründe offen zu legen, die geeignet sind, die zu Gunsten des Besitzers einer beweglichen Sache streitende Eigentumsvermutung nach § 1006 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit eine für das Vereinsrecht bedeutsame Vermögenszuordnungsvermutung zu widerlegen (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 01.09.1994, a. a. O; VG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 09.01.2015, a. a. O). Dieser Mangel führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Sicherstellungsbescheids. Die unterlassene Begründung kann gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Mit Schriftsatz vom 05.02.2015 hat die Beklagte dargelegt, warum aus ihrer Sicht die sichergestellten Sachen, insbesondere die Kleidungsstücke, zum Vereinsvermögen gehören. Der Mangel der fehlenden Begründung ist damit geheilt. Dass die weitere Konkretisierung der sicherzustellenden Gegenstände erst durch Aufnahme in einer Liste, die während der Durchsuchung erstellt und die als Anlage dem Sicherstellungsbescheid beigefügt wird, erfolgt, beeinträchtigt die Rechtswirksamkeit des Sicherstellungsbescheids ebenfalls nicht. Ein anderes Verfahren ist weder rechtlich geboten noch praktikabel (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2011, a. a. O. Rn. 14; VG Aachen, Beschluss vom 03.12.2004 - 6 L 1108/04 -, juris, Rn. 5).

Entgegen der Auffassung der Beklagten gehören nicht alle noch in ihrem Gewahrsam befindlichen Gegenstände zum Vereinsvermögen. Da ein wesentlicher Zweck der Vermögensbeschlagnahme darin besteht, dem Verein die Mittel zur Fortsetzung der als rechtswidrig erachteten Tätigkeit zu nehmen, gehören nicht nur Gegenstände von wirtschaftlicher, sondern auch von ideeller Bedeutung zum Vereinsvermögen. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob die sicherzustellenden Vermögensgegenstände im Einzelnen tatsächlich zur Fortsetzung einer kriminellen Tätigkeit verwendet werden können. Denn das Vermögen eines verbotenen Vereins unterliegt ohne Rücksicht auf einen bestimmten Verwendungszweck nach § 11 VereinsG der Einziehung (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 01.09.1994, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.10.2011, a. a. O. Rn. 11; VG Oldenburg, Gerichtsbescheid vom 09.01.2015, a. a. O.). Danach sind z.B. vom Vereinsvermögen mit erfasst Informations- und Agitationsmaterial, das der Verein vorrätig hält oder Dritten überlassen hat, Aufnäher mit den Vereinsfarben oder Kleidungsstücke, wie z.B. die Kutte eines Motorradclubs. Der Vermögensbegriff ist im Hinblick auf den Zweck eines Vereinsverbots damit deutlich ausgeweitet. Um einer ausufernden Zurechnung zum Vereinsvermögen und damit einem grundrechtswidrigen Eingriff in die Eigentumsrechte des Betroffenen zu begegnen, bedarf es einer kritischen, zurückhaltenden Zuordnung von Gegenständen in dem Gewahrsam Dritter zu dem Vereinsvermögen. Dies gilt insbesondere für die Einstufung solcher Gegenstände, die von ideeller Bedeutung sind. Denn mit dieser Begründung könnten nahezu alle Sachen, die auch im Entferntesten einen Bezug zum Verein haben, als Vereinsvermögen angesehen werden. Nach Auffassung des Gerichts können nur solche Sachen dem Vereinsvermögen zugerechnet werden, die - auch für den nicht fachkundigen Betrachter - eindeutig eine Zuordnung zu dem verbotenen Verein und dessen Symbolen zulassen. Das Hells Angels Symbol ist ein Totenkopf mit Helm und Flügel. Gegenstände, die dieses Symbol mit der Ortsbezeichnung H. enthalten, stellen deshalb einen unmittelbaren Bezug zu dem verbotenen Verein her und haben aus diesem Grund für jedes Vereinsmitglied einen hohen Stellenwert. Gleiches gilt für Gegenstände mit dem Schriftzug „Hells Angels MC H.“ bzw. „HAMC H.“. Insoweit ist auch sofort für jedermann die Zugehörigkeit zu dem Verein „Hells Angels MC H.“ erkennbar. Bei Gegenständen, die weder das Hells Angels Symbol mit Ortsbezeichnung H. noch den vorgenannten Schriftzug enthalten, ist eine Zuordnung zu dem verbotenen Verein „Hells Angels MC H.“ dagegen nicht eindeutig. Dies gilt im vorliegenden Fall für folgende Gegenstände:

- Pullover und T-Shirt mit dem Aufdruck „Crew 81 H.“ (Lfd. Nrn. 12.2.4.2.1 und 12.2.4.2.4 der Durchsuchungsniederschrift),

- Aufnäher „Red + White H. ” (Lfd .Nr. 12.2.4.4 der Durchsuchungsniederschrift) und

- Uhr, Aufschrift „Big Red Machine H.“ (Lfd. Nr. 12.2.6.6 der Durchsuchungsniederschrift).

Soweit die Beklagte zur Abgrenzung darauf abstellt, ob Sachen auf einem freien Markt käuflich erworben werden können, hält das Gericht dies nicht für ein taugliches Kriterium. Maßgeblich für die Zuordnung muss der direkte inhaltliche Bezug zum verbotenen Verein sein (vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 01.09.1994, a. a. O). Im Übrigen gibt es gerade wegen der ideellen Bedeutung von Sachen mit Symbolen und Schriftzügen eines Vereins für deren Mitglieder sehr häufig keinen freien Markt dafür.

Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Aufdrucke „Crew 81 H.“ bzw. „Red + White Maschine H.“ auf den verbotenen Verein „Hells Angels MC H.“ hinweisen. Doch ist diese Verbindung nicht sofort für den durchschnittlichen Betrachter erkennbar. In der Regel kennen nur Insider der Motorradsclub-Szene diese Codes. Eine Zurechnung zum Vereinsvermögen würde eine zu weite Ausdehnung des Begriffs bedeuten.

Der Sicherstellungsbescheid vom 24.10.2014 ist deshalb in dem Umfang rechtswidrig, in dem die vorgenannten Gegenstände sichergestellt worden sind. Insoweit ist der Bescheid aufzuheben.

Im Übrigen stellen die sichergestellten Gegenstände Vermögen des verbotenen Vereins dar und der Sicherstellungsbescheid ist rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i. V. m. §708 Nr. 11, 711 ZPO.