Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 24.09.2018, Az.: 2 B 379/18
Abschiebungsandrohung; Kein Rechtsschutz nach § 123 VwGO; Nachträgliche Bezeichnung des Herkunftsstaates
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 24.09.2018
- Aktenzeichen
- 2 B 379/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 74210
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 59 Abs 2 AufenthG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Das BAMF ist berechtigt den "Herkunftsstaat" als Zielstaat einer Abschiebungsandrohung zu bezeichnen, wenn es berechtigte Zweifel an der Herkunft der Ausländer hat.
Das BAMF muss später einen Bescheid erlassen, in dem der Zielstaat konkret benannt wird.
Gegen diesen Bescheid ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.
Ein in der Zwischenzeit gegen das BAMF gerichteter Antrag nach § 123 VwGO, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung derzeit nicht erfolgen darf, ist auch dann gemäß § 123 Abs. 5 VwGO unstatthaft, wenn das BAMF der Ausländerbehörde fälschlich mitgeteilt hat, der mit der Klage angefochtene Bescheid sei vollziehbar.
Gründe
Der Antrag,
der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Landrätin des Landkrieses Northeim unverzüglich davon zu unterrichten, dass die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 09. Januar 2018 in Ziffer 4. aufgenommene Abschiebungsandrohung entgegen den Mitteilungen vom 17. und 18. April 2018 noch nicht vollziehbar ist,
hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, weil unstatthaft.
Infolge von Zweifeln an der Staatsangehörigkeit und Herkunft der Antragsteller hat die Antragsgegnerin in ihrem Bescheid vom 09. Januar 2018, mit dem sie das Asylbegehren der Antragsteller als offensichtlich unbegründet angesehen hat, in Ziffer 4. deren Abschiebung in den Herkunftsstaat angedroht. Dies begegnet rechtlichen Bedenken nicht (BVerwG, Urteil vom 25.07.2000 -9 C 42/99-, juris Rn.13). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Ausgangsentscheidung hat das Gericht rechtliche Bedenken gegen diese Entscheidung nicht zu erkennen vermocht (vgl. Beschluss vom 29. März 2018 -2 B 17/18-).
In einem solchen Fall ist dem betroffenen Ausländer vor der Abschiebung der konkrete Zielstaat in einer Weise mitzuteilen, dass er einen den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG genügenden Rechtsschutz erlangen kann. Hierauf weist die im Hauptsacheverfahren 2 A 16/18 angegriffene Entscheidung der Antragsgegnerin vom 09. Januar 2018 zutreffend hin. Zuständig für eine solche Entscheidung ist die Antragsgegnerin (Bauer in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., § 59 Rn. 34; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 13.9.2007 – 11 S 1684/07 – juris Rn. 7 ff.; VV-AufenthG Tz. 59.2.2). Gegen den noch zu erlassenden Bescheid ist Rechtsschutz durch eine kombinierte Anfechtungs- (Abschiebungsandrohung) und Verpflichtungsklage (Abschiebungsverbote) zu erlangen. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist gegen die den Zielstaat konkretisierende Abschiebungsandrohung ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft. Es handelt sich um keinen Fall des § 75 Abs. 1 AsylG, bei dem der Klage aufschiebende Wirkung zukäme; vielmehr teilt die nachträgliche Abschiebungsandrohung noch das Schicksal der Hauptentscheidung, den Asylantrag gemäß § 30 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
Ein derartiger Rechtsschutz ist ausreichend, um dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot effektiven Rechtsschutzes zu genügen. Er kommt rechtzeitig vor einer etwaigen Abschiebung und den Antragstellern gehen derzeit Rechte nicht verloren. Daraus folgt, dass ein Antrag nach § 123 VwGO, wie ihn die Antragsteller hier gestellt haben, gemäß § 123 Abs. 5 VwGO unstatthaft ist.
Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass die Antragsgegnerin der Ausländerbehörde des Landkreises Northeim unter dem 17. April 2018 für den Antragsteller zu 2.) und unter dem 18. April 2018 für die übrigen Antragsteller aufgrund des Beschlusses des Gerichts im Verfahren 2 B 17/18 mitgeteilt hat, die Abschiebungsandrohung sei seit dem 29. März 2018 vollziehbar. Das ist sie zwar in Ermangelung einer Zielstaatsbezeichnung nicht, es droht indes ohne eine solche, von der Antragsgegnerin nachzuholende Bezeichnung auch keine Abschiebung. Dies ist sowohl der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde wie auch der Antragsgegnerin aufgrund deren Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid bewusst.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.