Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 05.09.2002, Az.: 11 U 184/01
Vertragsrecht; Anlageberatungsvertrag; Kreditfinanzierter Erwerb einer Einzimmerwohnung; Haftung für fehlerhafte Anlageberatung; Pflichten eines Finanzierungsdienstleistungsunternehmens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.09.2002
- Aktenzeichen
- 11 U 184/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 20072
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:0905.11U184.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 1 O 3489/99 vom 18. 05. 2001
Rechtsgrundlage
- § 276 BGB
Fundstellen
- KGReport Berlin 2003, 19
- OLGR Düsseldorf 2003, 19
- OLGR Frankfurt 2003, 19
- OLGR Hamm 2003, 19
- OLGR Köln 2003, 19
- OLGReport Gerichtsort 2003, 22-24
- OLGReport Gerichtsort 2003, 19
Amtlicher Leitsatz
Zum Umfang der Pflichten eines renommierten Finanzierungsdienstleistungsunternehmens bei Abschluss eines kreditfinanzierten Erwerbs einer Einzimmerwohnung.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 18. Mai 2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in nämlicher Höhe leistet.
Die Sicherheiten können in der Form des § 108 Abs. 1 ZPO n. F. erbracht werden.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer des Klägers übersteigt 20. 000 EUR.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten, einem namhaften Finanzdienstleiter, Schadensersatz wegen einer seines Erachtens fehlerhaften Beratung durch einen für die Beklagte tätigen Handelsvertreter im Zuge des Erwerbes einer Einzimmerwohnung in #######.
Im Jahr 1992 hatte der Kläger sein Maschinenbaustudium an der Universität ####### abgeschlossen und war seit einem Jahr im technischen Bereich der Firma ####### als Beratungsingenieur tätig. Im Sommer 1992 suchte ihn der für die Beklagte tätige Handelsvertreter ####### auf, nachdem er zuvor telefonischen Kontakt zum Kläger hergestellt und das Treffen verabredet hatte. Bei dem Treffen übergab der Handelsvertreter eine Visitenkarte, die das Logo des beklagten Finanzdienstleistungsunternehmens aufwies, übergab einen Prospekt der Beklagten und erläuterte deren Produktpalette. Das Ergebnis der fünf in der Zeit von Juni bis September 1992 durchgeführten Beratungsgespräche ging dahin, dass der Handelsvertreter sich eine Selbstauskunft des Klägers über dessen Einkommensverhältnisse erteilen ließ und dem Kläger daraufhin zwei Ankaufsberechnungen für den Erwerb einer 20, 18 qm großen Wohnung in dem neu erstellten Wohngebäude ####### in ####### inklusive aller Erwerbsnebenkosten überreichte. Für diese Wohnung entschied sich der Kläger schließlich und erwarb sie am 30. Dezember 1992 zu einem Kaufpreis von 76. 118, 96 DM zuzüglich 6. 150 DM für einen Stellplatz und weiterer nicht näher belegter Kosten, sodass er insgesamt 100. 328 DM zu zahlen hatte. Zur Finanzierung nahm der Kläger bei der ####### in ####### einen Kredit in Höhe von 112. 100 DM auf, der über eine Grundschuld abgesichert worden war.
Der Kläger hat sein Schadensersatzverlangen im Wesentlichen darauf gestützt, dass die von dem Handelsvertreter vorgelegten Ankaufsberechnungen falsch seien und eine monatliche Belastung aufwiesen, die schon, weil die Tilgung fehle, keine realistische Aussage über die wirkliche Belastung erkennen ließen. Zudem habe die Wohnung schon 1992 nur einen Wert von 60. 000 DM und nicht von gut 76. 000 DM gehabt. Auch dies habe ihm der Handelsvertreter nicht mitgeteilt.
Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz im Einzelnen wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, der Kläger habe die vermeintlichen Pflichtverletzungen der Beklagten unzureichend dargetan. Seinen Angaben lasse sich insbesondere nicht entnehmen, warum die Ankaufsberechnungen der Beklagten falsch gewesen seien. Daraus, dass der auf die Tilgung entfallende Betrag in den Ankaufsberechnungen nicht enthalten sei, könne der Kläger nichts für sich Günstiges herleiten, weil darauf hingewiesen sei. Der Kläger,
der eine höhere Schule besucht habe, habe insoweit weiterer Hinweise nicht bedurft. Inwieweit ansonsten einzelne in die Ankaufsberechnungen eingeflossene Zahlenwerte nicht zuträfen, habe der Kläger nicht vorgetragen.
Soweit der Kläger geltend mache, der Handelsvertreter, der für die Beklagte tätig geworden sei, habe zugesagt, die Wohnung könne nach Ablauf von 5 Jahren mit Gewinn veräußert werden, habe es sich nicht um eine haftungsauslösende Zusage, sondern vielmehr nur um eine ersichtlich allgemeine Anpreisung gehandelt, für deren Nichtzutreffen die Beklagte nicht einzustehen habe. Auch für den weiteren Gesichtspunkt, dass die Immobilie schon bei ihrem Ankauf durch den Kläger keine gut 76. 000 DM wert gewesen sei, sondern höchstens 60. 000 DM, habe der Kläger nichts mit Substanz vorgetragen. Vor diesem Hintergrund könne es dahinstehen, ob zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag bestanden habe oder die Beklagte dem Kläger aus culpa in contrahendo verantwortlich sein könne.
Gegen diese Erkenntnis richtet sich die form- und fristgerecht eingereichte Berufung des Klägers.
Unter Erweiterung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Beklagte treffe entgegen den Ausführungen des Landgerichts eine Pflichtverletzung. Der für die Beklagte tätige Handelsvertreter ####### habe den Wohnungskauf als Anlagemöglichkeit ins Gespräch gebracht, weil es dem Kläger auf eine wertbeständige Anlage angekommen sei und in zweiter Linie um die Verfügbarkeit des Geldes auf mittlere Sicht. Der Handelsvertreter habe anhand der Ankaufsberechnungen dargelegt, dass bei einem zu erwartenden Jahreseinkommen des Klägers von etwas mehr als 60. 000 DM die monatliche Belastung für ihn nicht der Rede wert sei und unter 100 DM liege. Dieses wirtschaftliche Ergebnis werde ohne Schwierigkeit mit Hilfe der Mieteinnahmen und der Steuerersparnisse, die der Kläger auf Grund des Immobilienerwerbs erwarten dürfe, erzielt werden. Mit Rücksicht darauf, dass der Kläger beabsichtigte, in einigen Jahren ein Eigenheim zu bauen, habe der Handelsvertreter der Beklagten die Wohnung als sichere Kapitalanlage und für den Kläger geradezu ideales Objekt empfohlen. Er habe es dahin angepriesen, dass es sich um eine neu zu errichtende Studentenappartementanlage in der Wirtschaftsmetropole ####### handele, die in sehr begehrter Lage liege und mit diversen Stellplätzen in "solider Bausubstanz" errichtet würde. Durch die Garantiemiete von monatlich 16, 50 DM pro Quadratmeter und 35 DM pro Stellplatz werde den Erwerbern auch eine hohe Miete gezahlt, die zu den Steuerersparnissen hinzu komme, sodass sich das Objekt praktisch von alleine trage. Wenn der Kläger in Zukunft mehr verdienen werde, wirke sich der Erwerb für ihn wegen der höheren Steuerersparnis sogar noch günstiger aus. Herr ####### habe ferner erklärt, dass die Garantiemiete für fünf Jahre fest in Anspruch genommen werden könne und das sei doch gerade der Zeitraum, nach dem sich, um die Eigenheimpläne des Klägers dann umsetzen zu können, das Objekt "mit Gewinn" für den Kläger verkaufen lasse. Das sei bei diesem Objekt auf Grund seiner, des Handelsvertreters #######, Erfahrung überhaupt kein Problem.
Diese Ratschläge, deren Erteilung der Kläger unter das Zeugnis seiner damaligen Lebensgefährtin, inzwischen Ehefrau, stellt, seien in wesentlichen Punkten unzureichend und auch unzutreffend gewesen. Dies habe der Handelsvertreter auch erkannt, habe ersichtliche Bedenken aber wegen seines Provisionsvorteils entweder bagatellisiert oder unterdrückt. Die Angabe einer monatlichen Unterdeckung, die der Kläger zu erwarten habe in der Bewirtschaftungsphase von rund 39 DM bzw. 54 DM bei einem Steuer-Jahreseinkommen von 63. 000 DM, sei falsch. Schon allein die 1 %-ige Tilgung des Darlehensbetrages von 112. 100 DM führe monatlich zu einer Liquiditätsbelastung von fast 100 DM. Irreführend und falsch sei die Berechnung der Unterdeckung auch im Hinblick darauf gewesen, dass die sonstigen Hauslasten wie Verwaltungsgebühr, Steuern, Abgaben und Versicherungen in den Berechnungen keinen Niederschlag gefunden hätten. Per Saldo habe der Kläger im Monatsdurchschnitt in den Jahren 1993 bis 1998 bei einer Gegenüberstellung von Ausgaben und Kosten einerseits sowie der Mieteinnahmen und Steuervorteile andererseits einen Mehraufwand von fast 300 DM im Monat gehabt. Das sei das Neunfache der Ankaufsberechnung der Beklagten über die monatliche Unterdeckung.
Ferner leide die Anlageempfehlung an mangelnder Plausibilität, was sich dem Handelsvertreter, der für die Beklagte tätig geworden sei, auch habe aufdrängen müssen. Stelle man die jährlichen Einnahmen von 3. 996 DM den Zinsaufwendungen für das Darlehen von 6. 722 DM gegenüber, verbleibe eine jährliche Unterdeckung von 2. 740 DM, monatlich also 228 DM. Hinzuzurechnen seien noch etwa 100 DM für die Tilgung im Monat. Dies sei der Liquiditätsnachteil, den der Kläger jeden Monat aufzubringen habe. Es sei unseriös, dem noch Steuervorteile gegenüber zu stellen. Bei Vollfinanzierung sei eine Anlage überhaupt nur dann als solide zu bezeichnen, wenn sich das Objekt selbst trage. Eine Rendite lasse sich nur dann erzielen, wenn bei solcher Konstellation die Steuerersparnis zusätzlich zur Verfügung stehe.
Die schwerwiegendste Pflichtverletzung sieht der Kläger darin, dass der Handelsvertreter den Falschrat erteilt habe, dass der Kläger das Objekt nach längstens 5 Jahren mit Gewinn werde veräußern können. Der Kläger habe, rechne man alles zusammen, für die Wohnung einen Quadratmeterpreis von knapp 5. 000 DM aufgewandt. Insgesamt habe der Quadratmeterpreis für eine derartige Wohneinheit auf 5. 500 DM steigen müssen, wenn der Kläger nur 10. 000 DM mehr als die Nettokreditsumme und damit eine Rendite von spärlichen 2 % im Jahr habe erzielen wollen. Für jeden wirklich fachkundigen Anlageberater sei es mit Händen greifbar gewesen, dass eine Aussicht dahin, dass der Quadratmeterpreis binnen 5 Jahren oder überhaupt auf 5. 500 DM steigen würde, völlig unrealistisch war.
Hinzu komme, dass an Stelle eines Anstiegs der Quadratmeterpreise tatsächlich derzeit etwa gleich große Eigentumswohnungen wie die des Klägers für 20. 000 DM bis 40. 000 DM angeboten würden und sich auch dafür nicht sofort ein Käufer finde. Zudem sei die Wohnung bei Erwerb nicht 82. 268, 96 DM und mithin pro Quadratmeter nicht 4. 077 DM wert gewesen. Es habe dem Handelsvertreter der Beklagten oblegen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass die in Fachkreisen übliche Faustformel dahin gehe, dass allenfalls das 15-fache des erreichbaren Jahresmietzinses als Kaufpreis angemessen sei, weshalb ein realistischer Verkehrswert der Wohnung unter 60. 000 DM liege, weshalb der Kaufpreis von rund 82. 000 DM um gut 33, 33 % höher und damit überteuert gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils die Beklagte nach den Schlussanträgen des Klägers aus erster Instanz - Haupt- und Hilfsantrag - zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
Auch die Beklagte erweitert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie weist ferner darauf hin, dass der Kläger einen Preis für die Eigentumswohnung in Höhe von 76. 118, 96 DM gezahlt habe und nicht, wie er seinen Berechnungen vielfach zu Grunde lege, 82. 000 DM. Ferner bestreitet sie den Vortrag des Klägers über die vermeintlichen Falschberatungen durch den Handelsvertreter #######. Sie meint, der Handelsvertreter habe auch nicht selbst die vorgelegten Ankaufsberechnungen angestellt, sondern sie über Dritte erstellen lassen. Hierfür habe sie, die Beklagte, keinesfalls einzustehen. Der Handelsvertreter habe hinsichtlich der Werthaltigkeit der Wohnung auch keine Zusicherungen gemacht, sondern sie allenfalls angepriesen. Hinsichtlich der Rentabilitätsaussichten der Ankaufsberechnung weist die Beklagte darauf hin, dass diese den Hinweis, dass die Tilgung in ihr nicht berücksichtigt sei, deutlich enthalten habe. Auch sei der Ankaufsberechnung zu entnehmen gewesen, dass eine Unterdeckung auch bei Berücksichtigung der prognostischen Steuerersparnis noch eintreten werde. Zudem macht sich die Beklagte die Argumentation des Landgerichts zueigen, dass der Kläger nicht konkret vortrage, inwieweit die Ankaufsberechnungen mit den später tatsächlich eingetretenen Steuervorteilen, sehe man einmal von Einkommensentwicklungen ab, nicht übereinstimmten. Der Kläger habe auch nicht dargetan, inwiefern andere als die prognostizierten Steuervorteile und damit eine größere Unterdeckung nicht mit dem Wechsel der Steuerklasse auf Grund der Eheschließung des Klägers zusammenhingen.
Soweit der Kläger geltend mache, die Nebenkosten seien nicht abgezogen, sei darauf hinzuweisen, dass diese größtenteils auf die Mieter umgelegt werden könnten und dementsprechend ihnen keine wesentliche Bedeutung zukomme. Soweit Reparaturrücklagen und Hausverwaltungskosten nicht umlagefähig seien, seien diese Kosten so gering, dass sie bei einer erkennbar pauschalierten Berechnung, wie sie die Ankaufsberechnung darstelle, außer Betracht bleiben könnten.
Soweit der Kläger geltend mache, auf die mangelnde Rentabilität der Wohnungsanschaffung nicht hingewiesen worden zu sein, sei dem entgegen zu halten, dass der Kläger einen Quadratmeterpreis von 3. 771 DM, nämlich 76. 118, 96 DM für 20, 18 qm gezahlt habe. Die weiter zu zahlenden Kosten seien Vertriebs- und Planungskosten gewesen, die nach den steuerlichen Gegebenheiten im ersten Jahr abzugsfähig gewesen seien und dem Kläger eine hohe Steuerersparnis verschafft hätten. Dies sei gewollt und dem Kläger auch bekannt gewesen. Diese zusätzlichen Kosten hätten mit dem Kaufpreis nichts zu tun. Bei Vergleich der richtigen Zahlung sei der Vortrag des Klägers nicht plausibel. Der gezahlte Quadratmeterpreis sei üblich, jedenfalls völlig unauffällig.
Auch auf weitere Risiken habe der Kläger als gut ausgebildete Person mit Hochschulabschluss nicht hingewiesen werden müssen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
1.
Passivlegitimation der Beklagten
Die Beklagte ist allerdings für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch passiv legitimiert. Sie kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, für etwaige Pflichtverletzungen des für sie als Handelsvertreter aufgetretenen Herr #######, der den Kläger beraten hat, nicht einstehen zu müssen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden (Senatsurteile 11 U 128/96 und andere Gleichlautende vom 28. Oktober 1999; Revision insoweit vom BGH nicht angenommen, OLG-Report 2001, S. 122 ff. ), dass regelmäßig zwischen der Beklagten und dem einzelnen Anlageinteressenten, demgegenüber die Beklagte sich von ihr eingesetzter und geschulter Handelsvertreter bedient, ein Anlageberatungsvertrag zu Stande kommt. Dies beruht darauf, dass der Anlageinteressent grundsätzlich kein Interesse hat, in ein direktes Vertragsverhältnis zum Handelsvertreter zu treten, dessen Fähigkeiten und Schulungsstand im Einzelnen er nicht einschätzen kann. Vielmehr kommt es dem Interessenten darauf an, zu der Beklagten, deren Kenntnissen und Wissensstand der Interessent schon wegen deren Bekanntheitsgrad vertraut, in Beziehung zu treten. Die Beklagte vermag dies zu erkennen und macht sich dies auch zu Nutze, was schon daran zu sehen ist, dass im Falle des Wechsels des für einen Kunden zuständigen Handelsvertreters die Beklagte ihrerseits keinesfalls davon ausgeht, dass der Kunde aus ihrem Kundenbestand ausgeschieden sei und dem Handelsvertreter kraft der persönlichen Bindung folge. Vielmehr entsendet die Beklagte, wie der Senat als Fachsenat für Handelsvertreter und Anlagevermittlersachen aus eigener Kenntnis weiß, in derartigen Fällen des Wechsels des Mitarbeiters den nachfolgenden Handelsvertreter an den etwaigen Kunden.
2.
Pflichtverletzung
Im Streitfall scheitert eine Haftung der Beklagten jedoch daran, dass der Senat auf Grund des Klägervortrages eine Pflichtverletzung des für die Beklagte tätig gewordenen Handelsvertreters nicht festzustellen vermochte.
a)
Soweit der Kläger Pflichtverletzungen des Handelsvertreters, die die Beklagte sich zurechnen lassen muss, darin sehen will, dass die Ankaufsberechnungen unzutreffend gewesen seien, hat er damit keinen Erfolg.
Allerdings scheitert die Feststellung einer derartigen Pflichtverletzung entgegen der Ansicht der Beklagten nicht daran, dass der Handelsvertreter die Ankaufsberechnungen weder selbst erstellt, noch von der Beklagten erhalten hat, sondern von Dritten bezog. Die Beklagte muss sich derartige von den für sie tätigen Handelsvertretern zur Hilfe genommene Unterlagen auch dann als ihr im Rahmen der von ihr geschuldeten Anlageberatung zurechenbare Grundlagen entgegenhalten lassen, wenn diese von Dritten stammen. Wie der einzelne Handelsvertreter seine Beratungsleistung ausfüllt, obliegt der Regelung der Beklagten und ihre Handelsvertreter im Innenverhältnis. Eigenmächtigkeiten und Fehlentscheidungen des Handelsvertreters muss die Beklagte als eigene gegen sich gelten lassen, solange der Handelsvertreter nicht (ggf. im Zusammenwirken mit Dritten) vorsätzlich rechtswidrig handelt und die Beklagte hiervon entweder keine Kenntnis hat oder bei Kenntnis oder zureichender Möglichkeit der Kenntnisnahme alle erdenklichen gebotenen Schritte zur Unterbindung unverzüglich vornimmt (vgl. auch die o. a. Senatsurteile 11 U 128/96 u. a. , a. a. O. ) Dergleichen trägt die Beklagte im Streitfall jedoch nicht vor.
Allerdings erweisen sich die vom Kläger vorgetragenen Aspekte, die Unrichtigkeiten der Ankaufsberechnung darstellen sollen, weder einzeln noch in der Gesamtschau als Pflichtverletzungen der Beklagten.
aa)
Soweit der Kläger geltend macht, bei der Berechnung der jährlichen bzw. monatlichen Unterdeckung sei außer Betracht geblieben, dass der Kläger für die Eigentumswohnung Steuern, Versicherungen, Reparaturrücklage und Hausverwaltungskosten aufbringen müsse, lässt sich aus diesem Vorbringen eine Pflichtverletzung nicht feststellen. Zu Recht hält die Beklagte dem Vorbringen entgegen, dass Teile der Positionen, die der Kläger hier anführt, im Rahmen der Mietnebenkosten umlagefähig sind. Es entspricht auch der Lebenswahrscheinlichkeit, dass der Kläger die umlagefähigen Kosten umgelegt haben wird. Dementsprechend reicht sein pauschaler Vortrag, um welche nicht umlagefähige Beträge die Ankaufsberechnung unzutreffend sein soll, nicht aus, um darzustellen, dass die Ankaufsberechnung, die schon auf Grund des Zeitpunkts ihrer Erstellung eine hypothetische Berechnung sein musste und dementsprechend nicht hundertprozentig eintreffen konnte, einen - wie erforderlich - nicht zu vernachlässigenden Fehler enthielt.
bb)
Auch soweit der Kläger eine Pflichtverletzung darin sehen will, dass die Ankaufsberechnung einen Betrag für die Tilgung, die bei etwa 100 DM monatlich liege, nicht enthalte, lässt sich hieraus eine Pflichtverletzung nicht feststellen. Die überreichte Ankaufsberechnung enthält auf ihrer zweiten Seite hinter dem Stichwort Ausgaben den Klammerzusatz "ohne Tilgung". Der Kläger als akademisch Gebildeter wusste aber, dass er eine Immobilienfinanzierung ohne Tilgung nicht erhalten würde. Er macht auch nicht geltend, dass ihm der für die Beklagte tätig gewordene Handelsvertreter etwa die Notwendigkeit, eine Tilgung, die ja das eigene Vermögen mehrt, aufzubringen, verschwiegen hätte. Dementsprechend ergibt sich auch hieraus eine Pflichtverletzung nicht. Der Kläger hätte vielmehr leicht selbst die Tilgung errechnen und zu der monatlichen Unterdeckung hinzuzählen und so den monatlich aufzubringenden Betrag ermitteln können.
cc)
Dass die von dem Handelsvertreter der Beklagten prognostizierten Steuer-ersparnisse für die ersten Jahre unzutreffend ermittelt worden sein sollten, macht der Kläger nicht im Detail geltend.
Ein Auseinanderfallen der prognostizierten und der eingetretenen Steuervorteile in der ersten Zeit nach dem Erwerb, als der Kläger noch unverheiratet war, trägt er nicht vor, obwohl der Abgleich anhand der Bescheide einfach sein dürfte.
Soweit die Steuerersparnisse etwa ab der Verheiratung des Klägers geringer als von dem Handelsvertreter prognostiziert ausgefallen sein sollten, gereicht dies der Beklagten nicht zur Pflichtverletzung. Dies dürfte seinen Grund in dem erniedrigten Steuersatz haben, der für Ehegatten bzw. den Hauptverdiener durch das so genannte Ehegattensplitting eintritt. Auf den Eintritt dieses Umstandes hatte die Beklagte keinen Einfluss. Sie musste auch keine für diesen Fall eingreifenden hypothetischen Ankaufsberechnungen hinzufügen.
b)
Soweit der Kläger eine Pflichtverletzung daraus herleiten will, dass der Handelsvertreter der Beklagten ihm zu dem Immobilienerwerb geraten habe, obwohl in Ermangelung von Eigenkapital die Mieten die aufzubringenden Kapitalkosten nicht deckten, hat er damit keinen Erfolg. Der Einwand des Klägers, Steuervorteile könnten, da sie den monatlich aufzubringenden Unterdeckungsanteil nicht zeitnah ausglichen, bei der Gegenüberstellung von Aufwand und Erträgen nicht in Betracht kommen, ist nicht stichhaltig. Der Kläger als Akademiker, der noch dazu unbestritten den Vortrag der Beklagten hinnimmt, er habe im Jahr 1992 einen Steuerberater gehabt, konnte und musste wissen, dass Steuervorteile immer erst mit zeitlicher Verzögerung gutgeschrieben werden, wenn nicht die Eintragung von Vergünstigungen auf der Lohnsteuerkarte erreicht werden kann. Angesichts seines Bildungsniveaus konnte und durfte der Kläger nicht erwarten, im Rahmen der ihm geschuldeten spezifischen anlegergerechten Beratung insoweit von der Beklagten Hinweise zu erhalten.
c)
Soweit der Kläger einen Falschrat darin sehen will, dass der Handelsvertreter erklärt habe, das Objekt könne nach längstens fünf Jahren mit Gewinn veräußert werden, lässt auch dies eine Pflichtverletzung des Handelsvertreters nicht erkennen. Die vom Kläger behauptete, streitige Äußerung des Handelsvertreters stellt schon auf erste Sicht eine grobe pauschalierende Einschätzung und nicht etwa eine definitive Angabe über zukünftige Entwicklungen dar. Derartige prognostische Angaben stellen immer nur dann Pflichtverletzungen dar, wenn sie erkennbar nicht zutreffen konnten. 1992 war, wie der Senat als Fachsenat für Maklersachen aus eigener Sachkunde beurteilen kann, der Immobilienmarkt hinsichtlich Preisen und Steigerungserwartungen auf seinem Höhepunkt. Dass der für die Beklagte tätig werdende Handelsvertreter zum Zeitpunkt der konkreten Beratung bereits hätte absehen können oder müssen, dass der Höhepunkt überschritten war und weitere Steigerungen und Gewinnerwartungen ins Leere gehen würden, legt der Kläger nicht dar. Entsprechend kann dem pauschalierenden Hinweis des Handelsvertreters eine Pflichtverletzung nicht entnommen werden.
Dass der Handelsvertreter mit der eine Veräußerungsmöglichkeit in Aussicht stellenden Aussage keine Pflichtverletzung insoweit beging, als er die Veräußerungsmöglichkeit als sicher hingestellt haben soll, ergibt sich daneben daraus, dass einer Person mit dem Bildungsniveau des Klägers nicht erläutert zu werden braucht, dass auch eine Immobilie nur dann zu Geld gemacht werden kann, wenn sich Käufer für Immobilien dieser Art finden. Das Risiko, dass ein Käufer evtl. nicht oder nicht schnell gefunden werden könnte, stellt für Personen mit höherer Bildung eine derartige Binsenweisheit dar, dass der Handelsvertreter der Beklagten hierauf nicht hinweisen musste.
d)
Soweit der Kläger meint, eine Pflichtverletzung des Handelsvertreters liege jedenfalls darin, dass er die bereits vorstehend angesprochene Prognose der Veräußerbarkeit der Wohnung nach Ablauf von fünf Jahren mit Gewinn abgegeben habe, obwohl er wusste, dass der Kläger nicht nur den Kaufpreis von 76. 000 DM für die Wohnung aufgebracht , sondern vielmehr noch Nebenkosten getragen hatte, die über den Preis von Wohnung und Stellplatz von insgesamt 82. 000 DM hinaus zu Gesamtaufwendungen von knapp über 100. 000 DM führten, folgt auch hieraus nicht, dass der Senat eine Pflichtverletzung feststellen könnte. Wie sich die zwischen dem notariellen Kaufpreis und den aufgebrachten knapp über 100. 000 DM bestehende Differenz aufteilt und worauf aus diesem Geld Zahlungen erbracht wurden und an wen sie geflossen sind, trägt der Kläger nicht im Einzelnen vor. In der Senatssitzung hierzu persönlich befragt, konnte er nachvollziehbare Angaben nicht machen. Er trägt auch nicht vor, welche Erklärungen zu dieser Differenz ihm der für die Beklagte tätig gewordene Handelsvertreter gegeben haben mag. Dementsprechend vermag der Senat nicht festzustellen, dass im Streitfall eine unzureichende Aufklärung über die Bedeutung von Nebenkosten eine Pflichtverletzung darstellen könnte. Der Vortrag des Klägers insoweit ist unzureichend.
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, auf den vorstehend angesprochenen Gesichtspunkt, den der Kläger persönlich in der mündlichen Verhandlung nicht zu erläutern vermochte, noch in der Weise einzugehen, dass er dem Kläger eine Frist zur Beibringung von Unterlagen insoweit hätte setzen müssen. Der Kläger war auf diesen Gesichtspunkt in der Berufungsinstanz bereits aus dem Vortrag der Beklagten hinreichend hingewiesen, die stets dargetan hatte, dass sich nicht nachvollziehen lasse, wie der Kläger dazu komme, einen quadratmeterbezogenen Erwerbspreis von bis zu 5. 000 DM zu ermitteln. Dies hätte dem Kläger Anlass genug sein müssen, aufzuklären, wie die Differenz zwischen Erwerbspreis von Wohnung und Stellplatz und ausgezahlter Darlehensvaluta, für die sich aus den vertraglichen Unterlagen nichts ersehen lässt, verwendet worden war.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Ausführungen des Klägers im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 1. September 2002 verspätet sind und sie dem Senat auch keinen Anlass geben, etwa erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen gründen sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Senat hat zur Zulassung der Revision keinen Anlass gesehen. Bei der Frage, ob in einem Anlageberatungsverhältnis über einen individuellen Anlagegegenstand Pflichtverletzungen vorgekommen sind, kommt es stets auf die Würdigung von Geschehnissen im konkreten Einzelfall an, die sich in gleicher Weise kaum nochmals zutragen werden. Dementsprechend schien eine grundsätzliche Bedeutung im Streitfall nicht gegeben.