Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 05.04.2018, Az.: 6 A 428/17
arithmetisches Mittel; Einigung; Mittelwert; Notenabweichung; reformatio in peius; Verschlechterung
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 05.04.2018
- Aktenzeichen
- 6 A 428/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74127
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tatbestand:
ie Klägerin begehrt im Rahmen der ersten juristischen Staatsprüfung ihre Zulassung zur mündlichen Prüfung in der Pflichtfachprüfung.
Im Oktober 2016 fertigte die Klägerin die im Rahmen der Pflichtfachprüfung zu absolvierenden Klausuren an. Mit Bescheid vom 20. Februar 2017 teilte der Beklagte ihr mit, dass diese wie folgt bewertet worden seien:
Klausur ZR1 | mangelhaft | 2,0 Punkte, |
---|---|---|
Klausur ZR 2 | mangelhaft | 3,0 Punkte, |
Klausur ZR 3 | ausreichend | 4,0 Punkte (angefochten), |
Klausur SR | mangelhaft | 3,0 Punkte, |
Klausur ÖR 1 | ausreichend | 4,0 Punkte, |
Klausur ÖR 2 | ausreichend | 4,0 Punkte (angefochten). |
Da die Summe der aus den Aufsichtsarbeiten erzielten Punkte nicht mindestens 21 ergebe, so führte der Beklagte weiter aus, sei die Pflichtfachprüfung nicht bestanden. Die Note für die Klausur ZR 3 ist dabei der Mittelwert aus von dem Erstkorrektor unter dem 31. Januar 2017 vergebenen 5 Punkten und von dem Zweikorrektor unter dem 16. Januar 2017 vergebenen 3 Punkten. Zunächst hatte der Erstkorrektor die Klausur unter dem 22. November 2016 mit 6 Punkten bewertet. Er hatte die Herabstufung um einen Notenpunkt mit dem Vermerk „Nach erneuter Durchsicht der Bearbeitung bewerte ich die Bearbeitung nunmehr mit (knapp) ausreichend (5 Pkt).“ vorgenommen, während der Zweitkorrektor dagegen unter dem 14. Februar 2017 ein Schreiben an den Beklagten gerichtet hatte, in dem er mitgeteilt hatte, er halte an seiner ursprünglichen Bewertung fest.
Die Klägerin erhob gegen den Bescheid mit Schreiben vom 1. März 2017, bei dem Beklagten eingegangenen am 2. März 2017, Widerspruch. Zur Begründung gab sie an, sie halte die Bewertung der Klausuren ZR 3 und ÖR 2 für sachlich nicht gerechtfertigt, unzureichend begründet und hinsichtlich der Notenstufe zu niedrig angesetzt.
Zur Klausur ZR 3, einer aus zwei Teilen bestehenden zivilrechtlichen Klausur, deren erster Teil seinen Schwerpunkt im Zwangsvollstreckungsrecht hat und deren zweiter Teil die sich aus dem „Dieselskandal“ ergebenden kaufrechtlichen Gewährleistungsproblematiken betrifft, wendete sie ein, sie habe im ersten Teil einschlägige Rechtsbehelfe erkannt und auch thematisiert, dass die Minderjährigkeit des D dessen Eigentumserwerb nicht entgegenstehe. Dass sie § 758a ZPO nicht herausgearbeitet habe, mache ihre Ausführungen nicht komplett unbrauchbar. Im zweiten Teil habe sie zwar einen Anspruch auf Minderung übersehen, wohl aber Ansprüche auf Nacherfüllung und vertraglichen Schadensersatz geprüft, womit sie gezeigt habe, dass sie die wesentlichen Grundzüge des Kaufrechts beherrsche. Soweit sie bei dem Sachmangel auf die im Alltagsbetrieb auftretenden höheren Emissionswerte abstelle, sei dieser Anknüpfungspunkt in der Lösungsskizze zumindest auch als möglich angegeben und dürfe daher nicht als unzureichend gewertet werden. Sie beantrage, die Klausur mit insgesamt mindestens 5 Punkten zu bewerten.
Hinsichtlich der Klausur ÖR 2, in der es in den Schwerpunkten um die Lösung von Fragen zum Recht zur Einberufung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses sowie die Rückforderung von Mitteln der Fraktionsfinanzierung nach dem Abgeordnetengesetz ging, führte die Klägerin aus, sie prüfe bezüglich der ersten Aufgabe zunächst die Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens gegen die unterbliebene Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Hierbei erkenne sie, dass die A-Fraktion ein mit eigenen Rechten ausgestatteter Organteil des Bundestages und daher tauglicher Antragsteller sei. Bei der Antragsbefugnis stelle sie auf einen Anspruch im Hinblick auf § 126a GOBT ab, was vertretbar und von dem ihr eröffneten Antwortspielraum gedeckt sei. Im zweiten Aufgabenteil gehe sie auf § 49a VwVfG ein und prüfe, ob die Auszahlung der Mittel zur Fraktionsfinanzierung eine Subvention darstelle. Dies verneinend stelle sie fest, dass ein Verwaltungsakt und damit ein Rückzahlungsanspruch aus § 49a VwVfG nicht vorliege. Ihr sei hoch anzurechnen, dass sie anschließend einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zufriedenstellend prüfe. Entgegen der Einschätzung des Zweitkorrektors fehle in ihrer Bearbeitung ein Eingehen auf die Entreicherungsproblematik nicht völlig, da sie auf §§ 818 ff. BGB verweise. Soweit sie im dritten Aufgabenteil die Fraktion als privatrechtliche Vereinigung qualifiziere, sei diese Einordnung vertretbar und nicht fernliegend. Ihre Feststellung, Fraktionen seien einerseits privatrechtliche Vereinigungen und würden andererseits aus Mitgliedern des Bundestages gebildet, durch die sie am Verfassungsleben teilnähmen, sei entgegen der geäußerten Kritik nicht inkonsequent, sondern lasse auf die rechtliche Doppelnatur von Fraktionen schließen. Sie seien sowohl Teile des Organs Bundestag als auch rechtlich verselbstständigte Vereinigungen, was von ihr in der Klausurlösung hinreichend dargestellt werde. Insgesamt sei ihre Klausurlösung mit mindestens 5 Punkten zu bewerten.
Der Beklagte übermittelte die Einwendungen der Klägerin den Erst- und Zweitkorrektoren der Klausuren ZR 3 und ÖR 2, die hierzu jeweils Stellung bezogen und sämtlich an ihren Bewertungen festhielten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahmen der Korrektoren verwiesen (Blatt 26-28, 32 f. der Verwaltungsvorgänge des Beklagten).
Mit der Klägerin am 29. Juni 2017 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2017 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Stellungnahmen der Korrektoren und ergänzt, die Klägerin setze insbesondere hinsichtlich der Klausur ZR 3 im Wesentlichen ihre eigenen Beurteilungsmaßstäbe an die Stelle derjenigen der Korrektoren. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf die Gründe des Widerspruchsbescheides verwiesen.
Die Klägerin hat am 27. Juli 2017 Klage erhoben. Sie nimmt Bezug auf ihre Einwendungen im Widerspruchsverfahren, wiederholt diese teilweise und ergänzt, die Bewertung der Klausur ZR 3 sei nicht fehlerfrei zustande gekommen, da der Erstkorrektor eine Abwertung der Klausur von 6 auf 5 Punkte ohne Begründung vorgenommen habe. Daraus werde ersichtlich, dass das Prüfungsergebnis nicht frei von Willkür sei. Der Erstkorrektor weise überdies darauf hin, dass die Klausur, soweit Fragen des Zwangsvollstreckungsrechts betroffen seien, einen erhöhten Schwierigkeitsgrad aufweise. Dieser Schwierigkeitsgrad müsse bei der Benotung des ersten Klausurteils Berücksichtigung und mehr Gewichtung finden. Hinsichtlich der Klausur ÖR 2 hätten beide Korrektoren angemerkt, die Ausführungen zum Vorliegen einer Subvention seien fernliegend. Dies verstoße gegen den allgemeinen Bewertungsgrundsatz, nach dem Vertretbares nicht als unvertretbar eingestuft werden dürfe. Es seien, wie sie in ihrer Klausurlösung ausgeführt habe, drei von vier Tatbestandsvoraussetzungen einer Subvention erfüllt, weshalb gegen die Prüfung keine Bedenken bestehen dürften. Ferner werde ihr die Verwendung der Legaldefinition der Subvention aus § 264 Abs. 7 StGB angelastet. Eine Legaldefinition diene aber gerade dem Zweck, allen am Rechtsverkehr Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich an den vom Gesetzgeber vorgegebenen Merkmalen zu orientieren und Rechtsfolgen aus diesen abzuleiten.
Die Klägerin beantragt,
das beklagte Amt unter Aufhebung seines Bescheides vom 20.02.2017 sowie des Widerspruchsbescheides vom 27.06.2017 zu verpflichten, sämtliche Aufsichtsarbeiten der Klägerin neu bewerten zu lassen, als keine bessere Note erreicht worden ist, und alsdann erneut über das Gesamtergebnis der ersten juristischen Staatsprüfung zu befinden,
hilfsweise die Klägerin erneut zur ersten juristischen Staatsprüfung zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
I. Sie ist hinsichtlich des Hauptantrages zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Februar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung nach teilweiser Neubewertung ihrer Prüfungsleistungen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Die Bewertung von Prüfungsleistungen – hier der inhaltlich allein angegriffenen Klausuren ZR 3 und ÖR 2 in der Pflichtfachprüfung der ersten juristischen Staatsprüfung – unterliegt einer nur eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 -, juris) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.02.1993 - 6 C 32.92 -, juris; Urt. v. 24.02.1993 - 6 C 35.92 -, juris) ist bei berufsbezogenen Prüfungen zu unterscheiden zwischen Fachfragen und prüfungsspezifischen Wertungen. Bei Fachfragen hat das Gericht darüber zu befinden, ob die von dem Prüfer als falsch bewertete Lösung im Gegenteil richtig oder mit der vorgenommenen Begründung jedenfalls vertretbar ist. Lässt die Prüfungsfrage unterschiedliche Ansichten zu, ist dem Prüfer ein Bewertungsspielraum eingeräumt; umgekehrt steht allerdings auch dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zu. Unter Fachfragen sind solche Fragen zu verstehen, die einer fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich sind. Dagegen steht den Prüfern ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Bewertungsspielraum zu, soweit sie prüfungsspezifische Wertungen treffen müssen. Dem liegt das Gebot der vergleichenden Beurteilung von Prüfungsleistungen zugrunde, das aus dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit herzuleiten ist. Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben. Prüfungsnoten dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden. Ihre Festsetzung erfolgt in einem Bezugssystem, das von den persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, lassen sich nicht regelhaft erfassen. Eine gerichtliche Kontrolle würde insoweit die Maßstäbe verzerren. Denn in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eines einzelnen Kandidaten könnte das Gericht die Bewertungskriterien, die für die Gesamtheit vergleichbarer Prüfungskandidaten maßgebend waren, nicht aufdecken, um sie auf eine nur in Umrissen rekonstruierbare Prüfungssituation anzuwenden. Es müsste eigene Bewertungskriterien entwickeln und an die Stelle derjenigen der Prüfer setzen. Dies wäre mit dem Grundsatz der Chancengleichheit unvereinbar, weil einzelne Kandidaten so die Möglichkeit einer vom Vergleichsrahmen der Prüfer unabhängigen Bewertung erhielten.
Soweit den Prüfern danach im Hinblick auf prüfungsspezifische Wertungen ein Bewertungsspielraum offensteht, ist das Gericht lediglich befugt zu überprüfen, ob die Grenzen dieses Spielraums überschritten worden sind. Eine solche Überschreitung kommt etwa in Betracht, wenn die Prüfer von falschen Tatsachen ausgegangen sind, allgemein anerkannte Bewertungsgrundsätze missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1993 - 6 C 12/92 -, juris, Rn. 20; Urt. v. 02.03.2017 - 2 C 21/16 -, juris, Rn. 15; BFH, Urt. v. 08.02.2000 - VII R 52/99 -, juris, Rn. 26). Zu diesen prüfungsspezifischen Fragen, die der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen bleiben, gehören insbesondere die Benotung, die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung und die Würdigung der Qualität der Darstellung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.12.1997 - 6 B 55/97 -, juris, Rn. 5).
Dies vorausgeschickt ist festzustellen, dass die Einwendungen der Klägerin annähernd ausschließlich Aspekte aufgreifen, die in den Beurteilungsspielraum der Korrektoren fallen. Dies betrifft insbesondere die Frage der zu vergebenden Punktzahl. Dass die Grenzen des bestehenden Beurteilungsspielraumes überschritten worden wären und ein Beurteilungsmangel vorliegt, wird von der Klägerin nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Einwendungen, die nicht in den Beurteilungsspielraum der Korrektoren fallende Umstände betreffen, bringt die Klägerin lediglich vor, soweit sie anführt,
in der Klausur ZR 3
1. habe sie als Anknüpfungspunkt für die Prüfung von Gewährleistungsrechten die höheren Emissionen im Alltagsbetrieb gewählt, was als unzureichend gewertet worden sei, obwohl dieser Anknüpfungspunkt in der Lösungsskizze angegeben sei;
2. zeuge die Herabsetzung der ursprünglichen Bewertung durch den Erstkorrektor von 6 auf 5 Punkte von Willkür und
in der Klausur ÖR 2
3. sei das von ihr vorgenommene Abstellen auf § 126a GOBT zumindest vertretbar gewesen und habe daher nicht bemängelt werden dürfen;
4. fehle eine Auseinandersetzung mit der Entreicherungsproblematik keineswegs, vielmehr habe sie auf die §§ 818 ff. BGB verwiesen;
5. sei die Einordnung von Fraktionen als privatrechtliche Vereinigungen vertretbar;
6. sei es vertretbar, eine Prüfung des Vorliegens von Subventionen vorzunehmen.
Auch mit diesen Einwendungen dringt die Klägerin allerdings nicht durch. Denn hinsichtlich der Einwendungen zu 1), 3) und 5) ist festzustellen, dass keiner der Korrektoren den jeweils betroffenen Teil der Klausurlösung als unvertretbar einstuft; hinsichtlich des Abstellens auf § 126a GOBT gibt der Erstkorrektor in seinem Votum vielmehr sogar ganz ausdrücklich an, die insoweit vertretene Auffassung sei vertretbar. Die Einwendungen gehen mithin ins Leere.
Die Einwendung zu 2) bleibt ebenfalls ohne Erfolg. § 13 Abs. 1 Satz 1 NJAG sieht vor, dass schriftliche Prüfungsleistungen von zwei Mitgliedern des Landesjustizprüfungsamtes nacheinander bewertet werden. Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 NJAG gilt als Note der Mittelwert aus beiden Bewertungen, wenn diese nicht um mehr als drei Punkte voneinander abweichen und eine Einigung nicht erzielt wird. Das danach in § 13 Abs. 1 Satz 3, 2. Hs. NJAG vorgesehene Einigungsverfahren im Falle der Divergenz von zwei Bewertungen um bis zu drei Punkte zielt darauf ab, die Bewertungen einander anzugleichen. Eine solche Angleichung bedingt zwingend die Änderung mindestens einer der vergebenen Bewertungen. Entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung ist das Einigungsverfahren dabei nicht erst dann ordnungsgemäß durchgeführt, wenn eine Einigung beider Korrektoren auf die gleiche Punktzahl erfolgt ist. Vielmehr ist das Ausbleiben einer solchen – vollständigen – Einigung nach dem Wortlaut der Norm gerade tatbestandliche Voraussetzung für die Notenermittlung im Wege der Berechnung eines Mittelwertes. Bedenken begegnet die Ermittlung der Gesamtklausurnote im Wege der Bildung eines solchen arithmetischen Mittels nicht (vgl. zu § 22 Abs. 1 Satz 4, 5 Bay. JAPO i.d.F. vom 8. Dezember 1982: BVerwG, Beschl. v. 15.12.1987 - 7 B 216/87 -, juris, Rn. 7). Die Anpassung der vom Erstkorrektor vergebenen Punktzahl erfolgte daher nicht willkürlich, sondern sie entspricht dem Ziel des Einigungsverfahrens: Beide Korrektoren erhalten aufgrund der Divergenz der Bewertungen Gelegenheit, ihre jeweilige Bewertung vor dem Hintergrund der Bewertung des anderen Korrektors zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Erstkorrektor vorgenommene Anpassung aus sachfremden Erwägungen erfolgt ist, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Mit der Einwendung zu 4) zeigt die Klägerin ebenfalls einen Bewertungsmangel nicht auf. Der Zweitkorrektor, von dem die von der Einwendung betroffene Kritik stammt, hat in der Überdenkung deutlich gemacht, dass er die Erwähnung der §§ 818 ff. BGB im Schlusssatz des entsprechenden Teils der Klausurlösung wahrgenommen hat, seine Kritik allerdings den Umstand betrifft, dass die Klägerin sich mit Fragen der Entreicherung inhaltlich nicht befasst hat. Gegen diese Feststellung ist nichts zu erinnern. In der Tat lässt die Klausurlösung der Klägerin eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Entreicherung der A-Fraktion vermissen; das schlichte Erwähnen der §§ 818 ff. BGB stellt eine inhaltliche Auseinandersetzung weder dar, noch ersetzt sie sie.
Auch die Einwendung zu 6) geht – wie die Einwendungen zu 1), 3) und 5) – ins Leere. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin stuft der Erstkorrektor mit der Randbemerkung „Subvention ist fernliegend u. nicht vertretbar“ weder dem Wortlaut nach noch sinngemäß die Prüfung des Vorliegens von Subventionen als unvertretbar ein. Vielmehr kann die Randbemerkung nur dahingehend verstanden werden, dass die – von der Klägerin nicht vorgenommene und vom Korrektor auch nicht unterstellte – Bejahung des Vorliegens einer Subvention unvertretbar sei. Soweit die Prüfung des Vorliegens einer Subvention betroffen ist, führt der Erstkorrektor weder in seinem Votum noch in der Überdenkung aus, er halte diese für unvertretbar; insoweit bedient er sich vielmehr (nur) der Attribute „fernliegend“ (Votum) und „verfehlt“ (Überdenkung). Diese Einstufung begegnet keinen Bedenken. Dass eine Subvention unter den durch den Sachverhalt vorgegebenen Umständen nicht vorliegt, ist offensichtlich; ihr Vorliegen zu prüfen, ist daher in der Tat fernliegend.
Selbst wenn man entgegen dem Vorstehenden annehmen wollte, der Erstkorrektor habe nicht nur die Feststellung getroffen, die Annahme, es liege eine Subvention vor, sei unvertretbar, sondern es sei bereits unvertretbar zu prüfen, ob eine Subvention vorliege, hätte die Einwendung keinen Erfolg. Denn die Frage, ob die Wahl eines bestimmten Lösungsansatzes angemessen ist oder nicht, stellt keine wissenschaftliche Fachfrage dar, die sich „richtig“, „falsch“ oder zumindest „vertretbar“ beantworten ließe. Diese Einstufungsmöglichkeit ist auf das durch die Wahl und das Verfolgen eines bestimmten Lösungsansatzes erzielte Ergebnis – übertragen auf die in Rede stehende Einwendung mithin auf die Frage, ob eine Subvention vorliegt oder nicht – beschränkt. „Vertretbar“ kann nur eine mit gewichtigen Argumenten folgerichtig vertretene Lösung sein (vgl. Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 841 m.w.N.); ein Lösungsansatz entzieht sich der Einstufbarkeit als „vertretbar“. Wollte man das in der Randbemerkung verwendete Attribut „unvertretbar“ auf den Lösungsansatz beziehen, beträfe es die Überzeugungskraft des Aufbaus und damit die Qualität der Argumentation, die – wie ausgeführt – einen in den Beurteilungsspielraum der Korrektoren fallenden Aspekt darstellt. Die Grenzen des demnach bestehenden Beurteilungsspielraum wären bei einem solchen Verständnis nicht überschritten.
II. Hinsichtlich des Hilfsantrages ist die Klage unzulässig. Eine einmalige erneute Zulassung zur ersten juristischen Staatsprüfung ist gemäß § 17 Abs. 1 NJAG nach einem Nichtbestehen zwar möglich. Eine solche erneute Zulassung vermag der Beklagte allerdings nicht von Amts wegen vorzunehmen, sondern sie bedingt einen entsprechenden Antrag der Klägerin an den Beklagten, der indes bisher nicht gestellt wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.