Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 15.06.2009, Az.: L 11 AY 27/09 B ER
Gewährung von Leistungen gem. § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes; Voraussetzungen für eine Rechtsmissbräuchlichkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 AsylbLG; Vernichtung von Pässen und die Angabe einer falschen Identität als Regelbeispiele rechtsmissbräuchlichen Verhaltens i.S.v. § 2 Abs. 1 AsylbLG
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 15.06.2009
- Aktenzeichen
- L 11 AY 27/09 B ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 18003
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2009:0615.L11AY27.09B.ER.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hildesheim - 30.01.2009 - AZ: S 42 AY 225/08 ER
Rechtsgrundlagen
- Art 1 Abs. 1 GG
- Art 6 Abs. 1 GG
- § 2 Abs. 1 AsylbLG
- § 60a Abs. 2 AufenthG
Tenor:
Der Beschluss des Sozialgerichts Hildesheim vom 30. Januar 2009 wird aufgehoben.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig - unter dem Vorbehalt der Rückforderung und unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - ab 7. November 2008 bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 11. November 2008 gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2008 Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren.
Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller beider Rechtszüge zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen gemäß § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes.
Bei den Antragstellern handelt es sich um die am I. geborene, alleinerziehende und sorgeberechtigte Antragstellerin zu 1. und um ihre fünf minderjährigen Kinder, die in der Bundesrepublik in den Jahren 1992 bis 2000 geboren wurden. Alle Antragsteller werden gemäß § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geduldet. Derzeit geht der Antragsgegner von einer ungeklärten Nationalität aus dem Kosovo für alle Antragsteller aus. Für den im Jahre 1996 geborenen Antragsteller zu 4. hat der deutsche Staatsangehörige J. K. am 7. November 2008 die Vaterschaft anerkannt. Er und die Antragstellerin zu 1. haben am selben Tag die Erklärung über die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge für den Antragsteller zu 4. gem. § 1626a Abs. 1 Ziffer 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abgegeben. Für den im Jahre 2000 geborenen Antragsteller zu 6. hat Herr L. M. die Vaterschaft am 25. Februar 2004 anerkannt, der seit dem Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung die deutsche Staatsangehörigkeit hat. Er und die Antragstellerin zu 1. haben am selben Tag die Erklärung über die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge für den Antragsteller zu 6. gem. § 1626a Abs. 1 Ziffer 1 BGB abgegeben.
Der Antragsgegner hat am 19. Februar 2009, bezogen auf den Antragsteller zu 6. und am 4. Mai 2009 bezogen auf den Antragsteller zu 4., Vaterschaftsanfechtungsklagen vor dem Familiengericht Hildesheim beantragt, weil er davon ausgeht, dass im Zeitpunkt der Vaterschaftsanerkennung sozial-familiäre Beziehungen im Sinne von § 1600 Abs. 4 BGB nicht vorlagen und die Vaterschaftsanerkennungen dem Ziel dienten, die Voraussetzungen für einen erlaubten Aufenthalt der Antragsteller in der Bundesrepublik zu schaffen. Im Übrigen habe die Antragstellerin zu 1. im Jahre 2008 erklärt, dass ein N. O. der Vater des Antragstellers zu 6. sei und dies zudem eidesstattlich am 17. Januar 2003 versichert.
Die Antragstellerin zu 1. reiste vor Vollendung ihres 1. Lebensjahres mit ihren Eltern zum ersten Mal in die Bundesrepublik ein. Der Asylantrag der Familie der Antragstellerin zu 1. wurde mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 9. April 1981 abgelehnt. In den Entscheidungsgründen heißt es, dass die Antragsteller nach ihren Angaben jugoslawische Staatsangehörige albanischen Volkstums seien. Nach einem vermuteten Aufenthalt in Jugoslawien reiste die Antragstellerin im Jahre 1991 erneut mit ihren Eltern in die Bundesrepublik ein. Die Eltern der seinerzeit minderjährigen Antragstellerin zu 1. stellten für sich und ihre minderjährigen Kinder Asylanträge und für die Antragstellerin zu 1. einen Asylfolgeantrag. In dem von der Mutter der Antragstellerin zu 1. unterschriebenem Antragsformular findet sich der Eintrag zur Volkszugehörigkeit "Albanisch". Im Rahmen dieses Asylfolgeverfahrens wurde die Antragstellerin zu 1. durch das Bundesamt angehört (Anhörungsprotokoll vom 12. Januar 1995), wo teilweise von einer männlichen Person namens Herr P. Q. die Rede ist. Eine Frau R. P., geb. am I., bezog sich im Anhörungsprotokoll auf die Asylgründe, die ihre Eltern geltend gemacht haben. Die Anhörung wurde in albanischer Sprache durchgeführt. Der Antrag blieb erfolglos (Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 9. Mai 1995). In den Gründen wurde weitgehend auf das Asylverfahren und auf die Asylgründe der Eltern Bezug genommen. Die Eltern und Geschwister der Antragstellerin zu 1. wurden dort als albanische Volkszugehörige bezeichnet. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Rechtsschutz blieb erfolglos (Beschluss des Verwaltungsgerichts - VG - Hannover vom 31. Mai 1995), so dass die Abschiebungsandrohung seit 31. Mai 1995 vollziehbar war. Die gegen den abgelehnten Asylfolgeantrag, die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung erhobene Klage blieb ebenfalls erfolglos (VG Hannover, Urteil vom 11. August 1995, Az: 13 A 3206/95, Beschluss des OVG Lüneburg vom 11. August 1995, Az: 2 L 5989/95 bzw. 13 A 3206/95). Bestandskraft dieser Entscheidungen trat am 20. August 1996 ein.
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 26. Mai 1997 wurde die Antragstellerin zu 1. auf ihre Ausreisepflicht hingewiesen und gebeten, sich zu einer freiwilligen Ausreise in das Heimatland zu erklären. Andernfalls werde die Rückführung der Antragstellerin zu 1. im Rahmen des Zurückübernahmeabkommens zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Bundesrepublik Jugoslawien beantragt. Am 23. Juli 1998 wurde die Antragstellerin zu 1. erneut auf ihre Ausreisepflicht hingewiesen. Unter Fristsetzung wurde sie aufgefordert, einen jugoslawischen Nationalpass bzw. einen Nachweis über dessen Antragstellung vorzulegen. Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Jugoslawien stellte am 11. August 1998 eine Bescheinigung aus, wonach die Antragstellerin zu 1. am selben Tag vorgesprochen habe. Wegen der erteilten Duldung könne die Antragstellerin zu 1. einen neuen Reisepass nicht beantragen. Für eine freiwillige Ausreise nach Jugoslawien könne die Antragstellerin zu 1. jedoch jederzeit Passersatzpapiere beantragen. Am 13. August 1998 teilte der Antragsgegner mit, dass eine Abschiebung der Antragstellerin zu 1. in die Bundesrepublik Jugoslawien bislang nicht habe erfolgen können, weil tatsächliche Abschiebungshindernisse entgegenstünden. Die Antragstellerin zu 1. sei mehrfach mündlich wie schriftlich aufgefordert worden, sich um die Ausstellung eines jugoslawischen Nationalpasses zu bemühen. Bislang sei hierzu nichts geschehen. Mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 wurde die Antragstellerin zu 1. erneut auf ihre Ausreisepflicht hingewiesen. Zugleich wurden die Bedingungen für eine freiwillige Ausreise dargestellt, die mit Hilfe der Ausstellung eines EU-Laissez-Passer-Papiers möglich sei. Für den Fall, dass die Ausreise nicht freiwillig erfolge, wurde der Antragstellerin zu 1. die Abschiebung angedroht. Mit Schreiben vom 3. Mai 2000 wurde die Antragstellerin zu 1. erneut auf ihre Ausreisepflicht und auf die Möglichkeit und die Bedingungen einer freiwilligen Ausreise in das Kosovo hingewiesen. Falls die Antragstellerin zu 1. nicht freiwillig ausreisen sollte, wurde ihr unverzüglich die Abschiebung angedroht.
Am 24. Mai 2000 bestätigte die Antragstellerin zu 1., dass sie aufgrund der jetzigen Angabe, Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma zu sein, auf die Möglichkeit der Prüfung dieses Vorbringens durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis hingewiesen worden sei.
Am 13. Juni 2000 stellte die Antragstellerin zu 1. daher einen Wiederaufnahmeantrag gemäß § 53 Ausländergesetz (AuslG) bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Im Antragsformular wurde die Volkszugehörigkeit "Roma" angegeben. Die durch den Antragsgegner im August 2001 durchgeführten Sachverhaltsermittlungen zur Überprüfung der ethnischen Zugehörigkeit der Familie der Antragstellerin zu 1. ergab, dass die Eltern dem Volk der sog. "Ägypter" zuzuordnen seien. Im Wiederaufnahmeverfahren gegenüber dem Bundesamt erfolgte keine erneute Anhörung der Antragstellerin zu 1. (Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. Dezember 2008). Der Wiederaufgreifensantrag gemäß § 53 AuslG blieb erfolglos (Bescheid des Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 20. August 2002). In der Begründung wurde ausgeführt, dass nicht dargelegt worden sei, warum der Antragsteller (gemeint ist wohl die Antragstellerin zu 1.) sich während des ersten Asylverfahrens als ethnischer Albaner ausgegeben habe. Am 7. Mai 2003 wurde die Antragstellerin zu 1. erneut auf ihre Ausreisepflicht hingewiesen. Da Abschiebungen bestimmter ethnischer Minderheiten in das Kosovo wieder möglich seien, wurde die Antragstellerin zu 1. gebeten, die Modalitäten einer freiwilligen Ausreise zu klären. Andernfalls wurde ihr die Abschiebung angedroht. Mit Schreiben vom 22. Mai 2003 wurde der Antragstellerin zu 1. und ihren Kindern mitgeteilt, dass der Antragsgegner davon ausginge, dass sie Angehörige des Volkes der "Ägypter" seien. Nach dem Vortrag, Angehörige des Volkes der Roma zu sein, die derzeit noch von Rückführungen ausgenommen seien, würden die Antragstellerin zu 1. und ihre Kinder zunächst weiterhin geduldet. Der gegen den erneuten Ablehnungsbescheid vom 20. August 2002 gerichtete Rechtsschutz, mit dem Vortrag, die Antragstellerin zu 1. sei Roma aus dem Kosovo, blieb erfolglos (Urteil des VG Hannover vom 10. Dezember 2002, Az: 13 A 3906/02, Rechtskraft trat mit demselben Tag ein). Im Oktober 2005 legte die Antragstellerin zu 1. einen Reisepass vor.
Derzeit werden die Antragsteller geduldet. Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104a AufenthG blieben erfolglos (Ablehnungsbescheid vom 19. November 2007). Am 11. November 2008 hat die Antragstellerin zu 1. eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG beantragt. Der Antragsgegner beabsichtigt, das Verfahren über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bis zum Abschluss der Vaterschaftsanfechtungsklage bezogen auf den Antragsteller zu 4. gem. §§ 79 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 90 AufenthG auszusetzen.
Alle Antragsteller erfüllen die Vorbezugszeit von 48 Monaten im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG. Die Antragstellerin bezog seit Ende 1991 Leistungen nach dem AsylbLG bzw. nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2007 bezog sie privilegierte Leistungen gemäß § 2 AsylbLG. Ab 1. Mai 2007 wurden ihr wiederum Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG gewährt. Am 12. August 2008 beantragten die Antragsteller ab sofort die Gewährung von Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG. Zur Begründung führten sie an, dass den volljährigen Kindern der Familie, wozu auch die Antragstellerin zu 1. zähle, nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Juni 2008 privilegierte Leistungen zustünden, da ihnen ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ihrer Eltern nicht vorgehalten werden könne. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 bewilligte der Antragsgegner für den Leistungsmonat November 2008 Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG. Zugleich lehnte er den Antrag auf Gewährung privilegierter Leistungen ab. Der Antragsgegner berief sich auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragstellerin zu 1. Sie habe erst zum Jahreswechsel 1999 bzw. 2000 mitgeteilt, dass sie dem Volke der Roma zugehörig sei, während bis dahin eine albanische Volkszugehörigkeit angegeben worden sei. Nach der niedersächsischen Erlasslage seien zwar zum Jahreswechsel 2000 Abschiebungen von albanischen Volkszugehörigen in das Kosovo, nicht aber von Angehörigen der Roma möglich gewesen. Hiergegen legten die Antragsteller am 11. November 2008 Widerspruch ein. Sie wiesen darauf hin, dass die Angabe, dem Volke der Roma zugehörig zu sein, der Wahrheit entspreche und die Antragstellerin zu 1. seinerzeit selbst keine unrichtigen Angaben zu ihrer Volkszugehörigkeit gemacht habe. Nach der Rechtsprechung des BSG vom 17. Juni 2008 komme es hierauf aber an, so dass das Verhalten ihrer Eltern der volljährigen Antragstellerin zu 1. nicht zugerechnet werden könne. Über diesen Widerspruch ist offensichtlich noch nicht entschieden worden.
Am 7. November 2008 haben die Antragsteller eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel der Leistungsgewährung gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG vor dem Sozialgericht (SG) gestellt. Die durch Bescheid vom 30. Oktober 2008 erfolgte Ablehnung von privilegierten Leistungen sei zu Unrecht erfolgt. Der Antragstellerin zu 1. könne ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht zur Last gelegt werden. Die Ende 1999 bzw. Anfang 2000 erklärte Zugehörigkeit zum Volke der Roma habe die Antragstellerin zu 1. wahrheitsgemäß erklärt. Die Antragstellerin zu 1. habe zuvor auch selbst keine falschen Angaben zu ihrer Volkszugehörigkeit gemacht. Ein etwaiges rechtsmissbräuchliches Verhalten ihrer Eltern dürfe ihr aber nach der Rechtsprechung des BSG vom 17. Juni 2008 nach Erreichen der Volljährigkeit nicht zugerechnet werden. Der Antragsgegner hat sich darauf berufen, dass die Antragstellerin zu 1. auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres die Angaben zu ihrer Volkszugehörigkeit nicht korrigiert habe. Im Asylfolgeverfahren sei von einer albanischen Volkszugehörigkeit ausgegangen worden. Daher komme es auf die Zurechnung des Verhaltens ihrer Eltern nicht an, da eigenes Fehlverhalten im Hinblick auf die Angaben zur Volkszugehörigkeit vorläge.
Mit Beschluss vom 30. Januar 2009 hat das Sozialgericht (SG) Hildesheim den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Das SG ist davon ausgegangen, dass eine freiwillige Rückkehr der Antragsteller nach Serbien und Montenegro möglich und zumutbar sei. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne einer Sozialwidrigkeit liege darin, dass sich die Antragstellerin zu 1. in einem Klageverfahren aus dem Jahre 1995 ausdrücklich darauf berufen habe, zur Gruppe der Kosovo-Albaner zu gehören und sich im Wiederaufnahmeverfahren gem. § 53 Ausländergesetz (AuslG) im Jahre 2000 auf die Volkszugehörigkeit zur Gruppe der Roma berufen habe. Dieses Verhalten sei ihr auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Zweifel am Vorsatz der Antragstellerin zu 1. fehlten. Auf ein etwaiges Verhalten der Eltern komme es nicht an, denn sowohl im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahre 1995 als auch im Zeitpunkt des Wiederaufnahmeantrages im Juni 2000 habe eine eigene aufenthaltsrechtliche Handlungsfähigkeit der Antragstellerin zu 1. vorgelegen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist das SG davon ausgegangen, dass die Antragstellerin zu 1. Kenntnis von der Angabe der Zugehörigkeit zur Gruppe der Kosovo-Albaner in diesen Verfahren gehabt habe. Handlungsfähigkeit im Sinne von § 80 AufenthG liege im Übrigen bereits ab Vollendung des 16. Lebensjahres (S.) vor. Infolgedessen seien die in Bezug genommenen Verfahren auch im eigenen Namen durchgeführt worden. Aus diesem Grunde komme es nicht darauf an, dass die Antragstellerin zu 1. im Jahre 1995 noch nicht volljährig gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des SG Hildesheim komme eine Zurechnung von Erklärungen und Verhaltensweisen im Rahmen von § 2 Abs. 1 AsylbLG in Frage, soweit der Leistungsbezieher handlungsfähig sei. Für eine mangelnde Einsichtsfähigkeit der Antragstellerin zu 1. lägen keine Anhaltspunkte vor. Aus dem Urteil des BSG vom 17. Juni 2008 sei nichts Entgegenstehendes zu entnehmen.
Hiergegen richtet sich die am 30. Januar 2009 eingelegte Beschwerde mit dem Vortrag, dass den Antragstellern zu keinem Zeitpunkt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden könne. Bis zum Zeitpunkt der Volljährigkeit seien die Eltern bzw. die älteren Geschwister über den Inhalt der geführten gerichtlichen bzw. Verwaltungsverfahren informiert gewesen, nicht hingegen die Antragstellerin zu 1., Abschriften der Schriftsätze habe sie nicht erhalten. Ab Vollendung des 18. Lebensjahres habe sie richtigerweise angegeben, Volkszugehörige der Roma zu sein. Die Behörden hätten auch zu keinem Zeitpunkt eine andere Volkszugehörigkeit als Roma für die Antragstellerin zu 1. verwandt. Im Übrigen habe die Antragstellerin zu 1. seit ihrem 16. Lebensjahr nicht abgeschoben werden können, weil die zuständigen Behörden die Rücknahme von Roma in das Kosovo abgelehnt hätten. Ohne ein Rückübernahmeersuchen des Antragsgegners hätte die Antragstellerin zu 1. ohnehin nicht abgeschoben werden können. Angehörige der Roma und andere Minderheiten seien in den hier relevanten Zeiträumen nicht abgeschoben worden. Dass eine Rückübernahme der Antragstellerin zu 1. beantragt worden sei, sei nicht ersichtlich. Im Übrigen dürfe die Antragstellerin auch deshalb nicht abgeschoben werden, weil sie Mutter eines deutschen Kindes sei.
Der Antragsgegner hält die Durchführung von Gerichts- bzw. Verwaltungsverfahren in den Jahren 1995 und 2000 unter wechselnden Angaben zur Volkszugehörigkeit für rechtsmissbräuchlich. Im Übrigen werde auch der wechselnde Vortrag der Antragstellerin zu 1. zur Vaterschaft ihrer Kinder als rechtsmissbräuchlich erachtet. Der Antragsgegner weist darauf hin, dass auch Roma aus dem Kosovo im Zeitraum vor dem Jahre 2000 abgeschoben werden konnten. Aus der Erlasslage des Nds. Innenministeriums ergebe sich, dass im Jahre 1998 Kosovo-Albaner nicht zurückgeführt werden konnten. Erst durch Erlass vom 10. Juni 1998 sei die Rückführung albanischer Volkszugehöriger wiederaufgenommen worden. Ab dem Zeitraum des Jahres 2000 bzw. 2001 seien auch Volkszugehörige der Roma nicht mehr abgeschoben worden. Durch Erlass vom 7. April 2000 sei eine Rückführung von ethnischen Gruppen - hierunter auch die Gruppe der Roma - aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen. Zwar seien zwangsweise Rückführungen von ethnischen Minderheiten in das Kosovo nicht durchgeführt worden, gleichwohl sei eine freiwillige Ausreise auch ethnischer Minderheiten in das Kosovo möglich gewesen. Hierfür bezieht sich der Antragsgegner auf die Erlasslage des Nds. Innenministeriums, die in Kopie zur Gerichtsakte gereicht worden ist.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der erst- und zweitinstanzlichen Prozessakte, den Leistungs- und Ausländerakten des Antragsgegners Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand des Verfahrens gewesen.
II.
Die gemäß §§ 172 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das SG Hildesheim den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruches - die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist - sowie des Anordnungsgrundes - die Eilbedürftigkeit der gewährten vorläufigen Regelung - sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 3 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Senat entscheidet auf der Grundlage des vom Antragsgegner vorgelegten Aktenmaterials (Leistungs- und Ausländerakten). Danach sind die derzeitigen Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens als offen zu bezeichnen, weil es noch an notwendigen Sachverhaltsermittlungen fehlt, um den Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit - für den der Antragsgegner die Darlegungslast trägt - hinreichend sicher beurteilen zu können. In diesem summarischen Verfahren hat die Antragstellerin den Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit mit beachtlichen Argumenten erschüttert, so dass auch unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller - hier insbesondere Art 1 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) die beantragten höheren Leistungen auf dem Sozialhilfeniveau vorläufig zu gewähren sind (vgl. auch Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 12. Mai 2005 Az: BvR 569/05, NVWZ 2005, 927 ff.). Der Antragsgegner kann im Übrigen durch zügige Sachverhaltsermittlungen und Erteilung des Widerspruchsbescheides die Dauer der vorläufigen Leistungsgewährung beeinflussen.
Gemäß § 2 AsylbLG ist das SGB XII abweichend von §§ 3 bis 7 AsylbLG auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Abs. 1 nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Abs. 1 erhält (§ 2 Abs. 3 AsylbLG). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Antragsteller die notwendige Vorbezugszeit erfüllt haben; sie haben über eine Dauer von mehr als 48 Monaten Leistungen gemäß § 3 AsylbLG bezogen.
Zwischen den Beteiligten ist allerdings streitig, ob die Antragsteller die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Hieran verbleiben nach summarischer Prüfung des Sachverhaltes begründete Zweifel, die derzeit zu Lasten des Antragsgegners gehen.
Unter der Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG ist ein sozialwidriges Verhalten des Leistungsempfängers unter Berücksichtigung des Einzelfalles erforderlich, das nicht nur eine objektive, sondern eine subjektive Komponente (Vorsatz bezogen auf die die Aufenthaltsdauer beeinflussende Handlung, mit dem Ziel der Beeinflussung der Aufenthaltsdauer) enthält (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2008, Az: B 8 AY 12/07 R Rdnr 14). Dieses Verhalten muss unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit von solchem Gewicht sein, dass der Leistungsausschluss von privilegierten Leistungen, der sich auch auf die minderjährigen Kinder erstreckt, gerechtfertigt ist.
Der Antragsgegner wirft den Antragstellern im Sinne eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens vor, dass die Antragstellerin zu 1. erst im Jahre 2000 ihre Zugehörigkeit zum Volk der Roma offenbart hat, während sie zuvor behauptet habe, albanische Volkszugehörige zu sein. Hierfür komme es auch nach Auffassung des Antragsgegners nicht auf etwaiges Fehlverhalten der Eltern an, da die Antragstellerin zu 1. nach dem Eintritt der Volljährigkeit ohne Weiteres die Angaben zu ihrer Volkszugehörigkeit hätte korrigieren können. Im Übrigen habe die Antragstellerin zu 1. rechtsmissbräuchlich gehandelt, weil sie unzutreffende Angaben zu der Vaterschaft ihrer Kinder gemacht habe, die lediglich dem Ziel einer Aufenthaltsverlängerung in der Bundesrepublik dienten.
Der Senat geht grundsätzlich davon aus, dass vorsätzlich falsche Angaben über die Volkszugehörigkeit zu den Ethnien im Kosovo rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG sind. Zwar wird die Falschangabe zur Volkszugehörigkeit nicht ausdrücklich in den Gesetzesmaterialien zum AsylblG erwähnt; als Regelbeispiele rechtsmissbräuchlichen Verhaltens werden dort die Vernichtung von Pässen und die Angabe einer falschen Identität genannt (vgl. BT-Drucks. 15/420, Seite 121). Der Senat ist der Auffassung, dass die Identität auch die Volkszugehörigkeit umfasst. Diese Interpretation liegt auch der ausländerrechtlicher Rechtsprechung zugrunde (vgl. z.B. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20. Januar 2009, Az: 10 MI 442/03, InfAuslR 2009, Seite 183 (185); Urteil vom 17. April 2007, Az: 10 LC 262/05; Beschluss vom 14. Juli 2008, Az: 8 ME 39/08; jeweils zur wechselnden Behauptung der Zugehörigkeit zur Gruppe der Albaner bzw. der Roma bei Herkunft aus dem Kosovo).
Dass solche vorsätzlich falschen Angaben auch mit hinreichender Sicherheit allein der Verbesserung der ausländerrechtlichen Stellung und der damit verbundenen Verlängerung des Aufenthaltes dienten, ergibt sich im Übrigen auch aus der Erlasslage des Nds. Innenministeriums. Diese nahm mit Rücksicht auf die Übergriffe von Roma und Askali davon Abstand, Roma (und Ashkali) in das Kosovo abzuschieben. Ein solcher Erlass trat in Niedersachsen ab 7. April 2000 in Kraft und wurde danach fortlaufend verlängert. Daher mussten Volkszugehörige der Roma ab diesem Zeitpunkt nicht davon ausgehen, mit einer Abschiebung rechnen zu müssen. Nach der Erlasslage vom 7. April 2000 waren Rückführungen von albanischen Volkszugehörigen hingegen ab sofort wieder möglich, nachdem Abschiebungen albanischer Volkszugehöriger in die Republik Jugoslawien durch Erlass des Nds. Innenministeriums vom 9. Juni 1998 vorerst nicht mehr durchgeführt worden waren (vgl. ausführlich zur Frage der Verfolgung der Roma und Albaner im ehemaligen Jugoslawien unter Aufarbeitung der nds. Erlasslage, OVG Niedersachsen, Beschluss vom 12. Juni 2000 Az: 8 L 516/97, zitiert nach Rdnr 81).
Derzeit ist eine überwiegend wahrscheinliche Täuschung über die Volkszugehörigkeit durch die Antragstellerin zu 1. bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Es bedarf noch weiterer Sachverhaltsermittlungen, die im Widerspruchsverfahren durchzuführen sind.
Derzeit spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin zu 1. dem Volke der Roma zugehörig ist. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die gegen die Unrichtigkeit dieser Angaben sprechen. Auch wenn der Antragsgegner derzeit von einer ungeklärten Volkszugehörigkeit ausgeht, so haben jedoch die Ermittlungen des Antragsgegners ergeben, dass die Antragstellerin zu 1. Angehörige des Volkes der "Ägypter" ist, die von der albanischen Bevölkerung auch dem Volke der Roma zugerechnet werden (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 21. November 2000). Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird die Angabe, albanische Volkszugehörige zu sein, daher unrichtig gewesen sein. Letztere Angabe ist von den Eltern der seinerzeit minderjährigen Antragstellerin zu 1. sowohl im Asylerstverfahren als auch im Asylfolgeverfahren gemacht worden. Nach der Rechtsprechung des BSG vom 17. Juni 2008 kommt es aber darauf an, dass die Leistungsberechtigten die Aufenthaltsdauer selbst rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben; mithin eine Zurechnung des Fehlverhaltens des gesetzlichen Vertreters ausgeschlossen ist, weil der Missbrauchstatbestand höchstpersönlich zu verwirklichen ist (vgl. B 8/9b AY 1/07 R RdNr. 48). Höchstpersönliche Erklärungen der Antragstellerin zu 1. sind im Asylerstverfahren auszuschließen, weil sie seinerzeit allenfalls das zweite Lebensjahr vollendet hatte. Im Asylfolgeantrag aus dem Jahre 1991 wird aufzuklären sein, ob die Antragstellerin zu 1. eine Falschangabe in eigener Person gemacht hat. Aus dem Anhörungsprotokoll des Jahres 1995 ergibt sich dies nicht. Hier wird nur Bezug genommen auf die Gründe der Erklärung der Eltern, so dass fraglich ist, worauf sich dies bezieht und ob die Antragstellerin zu 1. seinerzeit als Minderjährige das notwenige Einsichtsvermögen und Unrechtsbewusstsein hatte, vorsätzlich falsche Angaben mit dem Ziel der Beeinflussung der Aufenthaltsdauer abzugeben. Dies kann nur durch eine persönliche Anhörung der Antragstellerin zu 1. nachgeholt werden. Dies gilt auch für die Erklärungen in den Gerichtsverfahren aus dem Jahre 1995. Es wird zu überprüfen sein, welche Erklärungen die minderjährige Antragstellerin zu 1. persönlich zu verantworten hatte. Auch das BSG geht davon aus, dass bei Minderjährigen insbesondere die Einsichtsfähigkeit in das rechtsmissbräuchliche Verhalten besonders zu prüfen ist (vgl. BSG a.a.O., Rdnr 47). Hier wird neben dem Alter das seinerzeitige Bildungs- und Sprachniveau der Antragstellerin zu berücksichtigen sein. Der Senat teilt nicht die Auffassung des SG, anstelle solcher Sachverhaltsermittlungen auf die aufenthaltsrechtliche Handlungsfähigkeit der Antragstellerin abstellen zu können.
Schon aus dem Umstand, dass sich die Antragstellerin das Fehlverhalten ihrer Eltern nicht zurechnen lassen muss folgt, dass sie auch nicht gehalten war, das Fehlverhalten der Eltern nachträglich zu korrigieren; denn eine Verantwortung für dieses Verhalten trägt die Antragstellerin zu 1. nicht.
Nach Vollendung des 18. Lebensjahres lässt sich eine Täuschungshandlung über die Volkszugehörigkeit der Antragstellerin zu 1. derzeit nicht hinreichend wahrscheinlich machen. Im Wiederaufnahmeverfahren im Jahre 2000 hat die Antragstellerin die wahrscheinlich richtige Volkszugehörigkeit "Roma" angegeben. Auch nach den Ermittlungen des Antragsgegners (Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. Dezember 2008) ist es zu keiner erneuten Anhörung der Antragstellerin zu 1. im Wiederaufnahmeverfahren gekommen. Insofern kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Bescheid des Bundesamtes vom 20. August 2002 lediglich die Angaben der Eltern aus dem ersten Asylverfahren, namentlich ethnische Albaner zu sein, übernommen worden sind.
Soweit der Antragsgegner meint, der Antragstellerin zu 1. den Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer durch falsche Angaben zur Vaterschaft ihrer Kinder gemacht zu haben, kann dieser Einschätzung derzeit nicht gefolgt werden. Es liegen zwei wirksame Vaterschaftsanerkennungen durch öffentliche Beurkundung vor dem Jugendamt des Antragsgegners vor (§§ 1592 Nr. 2, 1595 Abs. 1, 1597 Abs. 1 BGB). Damit steht ohne Zweifel die deutsche Vaterschaft für die Antragsteller zu 4. und 6. für die Dauer der Wirksamkeit dieser Erklärung im rechtlichen Sinne fest. Andere Gründe, die die Anerkennung unwirksam machen könnten oder ihr entgegenstehen könnten (vgl. § 1594 Abs. 2 und § 1598 Abs. 1 BGB) sind nicht ersichtlich. Diese Regelung dient schließlich der Rechtssicherheit (vgl. BT-Drucks. 13/4899 S. 85 und 16/3291 S. 10 ff m.w.N.). Die durch Vaterschaftsanerkennung begründete Vaterschaft (§ 1592 Nr. 2 BGB) gilt erst dann nicht mehr, wenn aufgrund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt wird, dass der Anerkennende nicht der Vater des Kindes ist (§ 1599 Abs. 1 BGB). Das heißt, selbst eine bewusst wahrheitswidrige, in rechtsmissbräuchlicher Absicht erklärte Vaterschaftsanerkennung ist solange als wirksam anzusehen, wie sie nicht erfolgreich angefochten worden ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. März 2008, Az: 7 A 11276/07; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 24. Oktober 2008, Az: 5 Bs 196/08).
Der Senat sieht auch in dieser Hinsicht erheblichen Aufklärungsbedarf hinsichtlich einer möglichen schützenswerten Familien- und Erziehungsgemeinschaft. Hierzu liegen auch nach den Angaben des Antragsgegners keine ausreichenden Erkenntnisse vor, die eine abschließende Beurteilung erlauben. Im Übrigen kann in diesem summarischen Verfahren nicht den Sachverhaltsfeststellungen der gerichtlichen Vaterschaftsanfechtungsverfahren vorgegriffen werden.
Für die Dauer der Durchführung der Anfechtungsverfahren hält der Senat auch eine freiwillige Ausreise der Antragstellerin zu 1. in das Kosovo für unzumutbar. Schon nach den Gesetzesmaterialien sollen Personen ohne einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel für die Dauer der Durchführung der Vaterschaftsanfechtungsverfahren einen Duldungsanspruch gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Artikel 6 Abs. 1 GG eingeräumt werden, so dass ein rechtliches Abschiebungshindernis derzeit vorliegen dürfte, das zugleich die derzeitige Unzumutbarkeit der Ausreise begründen dürfte (vgl. BT-Drucks. 16/3291, S. 16 und HK-AuslR/Hoffmann § 79 AufenthG 2008, Rdnr 12).
Weiteres rechtsmissbräuchliches Verhalten wirft der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1. nicht vor. Insbesondere hat die Antragstellerin nach Aufforderung durch den Antragsgegner zeitnah am 11. August 1998 vor dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Jugoslawien vorgesprochen mit dem Ergebnis, dass sie einen neuen Reisepass nicht beantragen konnte. Einen solchen hat die Antragstellerin zu 1. gleichwohl im Jahre 2005 dem Antragsgegner vorgelegt. Hinsichtlich der weiteren Mitwirkungspflichten lässt sich nicht hinreichend sicher feststellen, ob die Antragstellerin zu 1. aufgefordert worden ist, Passersatzpapiere für eine freiwillige Ausreise in das Kosovo zu beantragen. Jedenfalls wirft der Antragsgegner der Antragstellerin dies nicht als rechtsmissbräuchliches Verhalten vor. Ob es der Klägerin nach Eintritt ihrer Volljährigkeit zuzumuten gewesen ist, mit ihren Kindern in das Kosovo freiwillig zurückzukehren, kann der Senat derzeit nicht hinreichend sicher beurteilen. Hierfür müsste geklärt werden, aus welchen Gründen der Antragstellerin zu 1. die Duldungen erteilt worden sind. Sollten diese auf humanitären oder familiären Gründen beruhen, so könnten dies Indizien dafür sein, dass aus denselben Gründen auch eine freiwillige Ausreise nicht zumutbar gewesen wäre (vgl. Senatsurteil vom 21. 01. 2009, Az.: L 11 AY 2/08 RdNr. 27 in [...] zur Notwendigkeit der Differenzierung der Duldungsgründe, vgl. auch Nds. OVG, Beschlüsse vom 20. 01.1997, 4 M 7062/96 in [...] und vom 27.01.1997, 12 M 264/97 in [...]; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 27. 10. 1995, Bs IV 130/95 in [...]).
Den minderjährigen Antragstellern zu 2. bis 6. hat der Antragsgegner ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht vorgeworfen und dies ist auch nach Aktenlage nicht ersichtlich. Die vorläufige Leistungspflicht folgt daher aus § 2 Abs. 3 AsylbLG bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens.
Zweifel an der Bedürftigkeit der Antragsteller liegen in diesem summarischen Verfahren nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung in der Sozialgerichtsbarkeit sind die vorläufigen Leistungen daher ab Antragsdatum der gerichtlichen Geltendmachung zuzusprechen.
Die Eilbedürftigkeit dieser Regelungsanordnung ergibt sich, weil es um Leistungen geht, die der Existenzsicherung dienen. Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt nicht vor, da die Leistungen nur vorläufig bis zur Erteilung des Widerspruchsbescheides und der weiteren Sachverhaltsermittlungen ausgesprochen worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).