Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 26.07.2016, Az.: 2 B 3650/16

dienstliches Interesse; Untersagung anwaltlicher Tätigkeit

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
26.07.2016
Aktenzeichen
2 B 3650/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43470
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen, unter denen einem Ruhestandsrichter das Auftreten als Rechtsanwalt vor dem Gericht seiner früheren Dienstleistung zu untersagen ist.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,-Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der am D. geborene Antragsteller war seit 1983 als Richter am Amtsgericht A-Stadt tätig. Er war dort vornehmlich für Strafsachen zuständig. Mit Ablauf des 31.05.2015 wurde er auf seinen Antrag in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Am 27.10.2015 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen. Der Antragsteller hat sich der der Kanzlei E. - F. - A. mit Sitz in A-Stadt angeschlossen.

Mit Schreiben vom 04.04.2016 teilte der Antragsteller dem Direktor des Amtsgerichts A-Stadt mit, dass er in einer vor dem Amtsgericht anhängigen Strafsache als Verteidiger auftreten werde. Am 07.04.2016 nahm er das Mandat in der strafrechtlichen Angelegenheit am Amtsgericht A-Stadt wahr. Mit Bescheid vom 14.04.2016 wies der Antragsgegner den Antragsteller darauf hin, dass er verpflichtet gewesen sei, ihm seine Tätigkeit als Rechtsanwalt anzuzeigen. Außerdem untersagte er dem Antragsteller gemäß § 41 Satz 2 BeamtStG, vor seinem früheren Dienstgericht als Rechtsanwalt aufzutreten. Diese Einschränkung gelte nur für ein Auftreten vor dem Amtsgericht A-Stadt und rückwirkend ab Beginn seines vorzeitigen Ruhestands für die Dauer von 5 Jahren, d. h. bis zum 31.05.2020. Zur Begründung führte der Antragsgegner unter Bezugnahme auf einen Beschluss des OVG Münster vom 02.03.2016 – 1 B 1375/15 – aus, die Tätigkeit des Antragstellers als Rechtsanwalt stehe im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit als Richter beim Amtsgericht A-Stadt und beeinträchtige dienstliche Interessen.

Am 02.05.2016 hat der Antragsteller Klage erhoben (2 A 2858/16). Im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens, mit Datum vom 30.05.2016, wurde der Antragsteller nachträglich zur Untersagungsverfügung angehört. Am 16.06.2016 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO an; auf die Begründung wird Bezug genommen.

Am 30.06.2016 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtschutz nachgesucht. Zur Begründung seines vorläufigen Rechtschutzgesuchs und seiner Klage trägt er vor:

Der Sofortvollzug sei nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründet worden. Es sei bislang sowohl inhaltlich, aber gerade auch von der für einen Sofortvollzug gewichtigen Zeitdimension nicht erkennbar, weshalb nun eine sofortige Vollziehung angeordnet worden sei, die bei vermeidlich erheblicher Dringlichkeit mit dem Ausgangsbescheid selbst, spätestens aber unmittelbar nach Klageeinreichung und nicht erst sieben Wochen später zu erfolgen gehabt hätte. Der Sofortvollzug leide auch daran, dass überhaupt nicht erkennbar sei, dass in irgendeiner Form für diese Ausnahmeentscheidung eine Interessenabwägung stattgefunden habe. Das nun notwendig gewordene Erläutern gegenüber potentiellen Mandantschaften, weder Ordnungswidrigkeiten noch Strafrechtsmandate in klassischer Form übernehmen zu dürfen, beeinträchtige ihn ganz erheblich. Realistischerweise sei davon auszugehen, dass die Personen, die in den nun folgenden Monaten von ihm mandatiert werden sollten, bis zum Zeitpunkt einer etwaigen für ihn positiven Erscheinung nicht mehr als Klientel in Betracht kämen, wenn er ihnen gegenüber erklären müsse, dass er sie vor dem Amtsgericht A-Stadt nicht vertreten dürfe. Diese Personen würden ihn in der Vielzahl nie wieder oder zumindest über viele Jahre hinweg nicht mehr frequentieren.

Die Untersagungsverfügung als solche leide unter formellen Fehlern, weil die erforderliche Anhörung vor Erlass des belastenden Verwaltungsakts nicht erfolgt sei und weil es der Untersagungsverfügung an der erforderlichen Begründung fehle. Soweit der Antragsgegner in der Untersagungsverfügung auf eine Entscheidung des OVG Münster (Beschluss vom 02.03.2016 - 1 B 1375/159) Bezug nehme, werde der Begründungsmangel dadurch nicht ausgeglichen. Der Beschluss des OVG Münster könne schon deshalb nicht als Maßstab für eine etwaige Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung dienen, als das OVG selbst einräume, sich mit seinen tragenden Argumenten bezüglich des Schutzzweckes der Norm des § 41 BeamtStG in Widerspruch zur aktuell jüngsten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gesetzt zu haben. Nach der einschlägigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26.06.2014 - 2 C 23/13 -) könne die Erwerbstätigkeit eines Ruhestandsbeamten nur dann wegen der Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen untersagt werden, wenn sie nachteilige Rückschlüsse auf dessen frühere Amtsführung zulasse. Lege man diese Rechtsprechung zugrunde, sei nicht zu erkennen, welche Aspekte eine Untersagungsverfügung rechtfertigen sollten.

Die Untersagungsverfügung verstoße auch gegen die bisherige Verwaltungspraxis sowohl im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners als auch in anderen umliegenden Gerichtsbezirken. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer G. habe auf die an ihn gerichtete Frage, wie viele Richter nach ihrem Ruhestand als Rechtsanwälte tätig geworden seien und ob es in irgendeinem Falle eine Einschränkung der Berufszulassung gegeben habe, bestätigt, dass seit mehr als neun Jahren zahlreiche ehemalige Richter uneingeschränkt zugelassen worden seien und sein Fall mit einer solchen Untersagungsverfügung der erste sei, der der Rechtsanwaltskammer bekannt geworden sei.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 02.05.2016 (2 A 2585/16) wiederherzustellen,

hilfsweise die sofortige Vollziehung aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt er vor:

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formell und materiell rechtmäßig. Die Erwerbstätigkeit des Antragstellers sei zu untersagen, weil zu besorgen sei, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt würden. Der Antragsteller werbe auf der Homepage der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten, bei der es sich zugleich um die Kanzlei handele, in der er rechtsanwaltlich tätig sei, ausdrücklich damit, in der Zeit von 1983 bis zum 31.05.2015 als Strafrichter beim Amtsgericht A-Stadt tätig gewesen zu sein. Das Verbot diene dazu, mögliche Schäden für das Vertrauen der Allgemeinheit in die loyale, gesetzestreue und unparteiische Dienstleistung während des Beamtenverhältnisses durch Verhinderung nachträglicher Interessens- und Loyalitätskonflikte zu vermeiden, die vor allem dadurch entstehen könnten, dass die korrekte Willensbildung der jetzigen Amtsinhaber durch die besonderen Kenntnisse- und oder Kontakte des Ruhestandsbeamten beeinflusst werden können, oder auch dadurch, dass die frühere Beamtin oder der frühere Beamte eine Tätigkeit bei einem unter seinem früheren Amtsbereich fallenden Interessenten aufnehme, so dass die Integrität der betroffenen Behörde bei Außenstehenden in Zweifel gezogen werden könne. Auf die überzeugenden Erwägungen des OVG Münster in der Entscheidung vom 02.03.2016 werde Bezug genommen. Rechtliche Bedenken ergäben sich auch nicht im Hinblick auf die Dauer der Untersagung, die gesetzlich begrenzt sei (§ 41 Satz 3 BeamtStG). Der Antragsteller sei auf seinen Antrag hin deutlich vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand getreten. Für ihn gelte die fünfjährige Anzeigepflicht nach § 41 Satz 1 BeamtStG in Verb. mit § 79 Satz 1 NBG über § 71 DRiG, § 2 NRiG.

Der Hinweis des Antragstellers auf das Schreiben des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer G. sei für die Entscheidung des vorliegenden Falls ohne Bedeutung, weil es nicht um eine Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft gehe, sondern allein um eine Untersagung der anwaltlichen Tätigkeit vor dem Amtsgericht A-Stadt. Im Übrigen sei der Antragsteller selbstverständlich in keinerlei Hinsicht gehindert, Mandanten zu beraten und zu vertreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Personalakte des Antragstellers Bezug genommen.

II.

Der auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gerichtete Antrag des Antragstellers ist zulässig, denn die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 14.04.2016, mit der ihm untersagt wurde, für die Dauer von 5 Jahren als Rechtsanwalt vor dem Gericht seiner früheren Dienstausübung tätig zu werden, hat keine aufschiebende Wirkung, weil der Antragsgegner die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.

Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig erfolgt. Insbesondere hat der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 14.04.2016 hinreichend und den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügend begründet. Er hat u.a. dargelegt, dass die nunmehr von dem Antragsteller ausgeübte Tätigkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der zuletzt ausgeübten richterlichen Tätigkeit stehe und dienstliche Interessen beeinträchtige. Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass sich der Antragsteller bereits einer Anwaltskanzlei in A-Stadt als Rechtsanwalt angeschlossen habe, bereits in einem Strafverfahren als Verteidiger aufgetreten sei und ausweislich der Internetseite der Anwaltskanzlei E. - F. - A. auch für weitere Mandate zur Verfügung stehe. Angesichts der überschaubaren Größe des Amtsgerichtsbezirks, seiner langjährigen Tätigkeit am Amtsgericht A-Stadt und der damit sowohl örtlichen als auch personellen engen Verbundenheit zu seinem alten Dienstort bestehe das öffentliche Interesse darin, jeglichen Anschein der Beeinflussung der Justiz in der Wahrnehmung des Rechtspflegeauftrags insbesondere deren unabhängigen Ausführung durch ehemalige Richter, die nunmehr auf Anwaltsseite auftreten, zu vermeiden. Während eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestehe die nicht unerhebliche Gefahr, dass gerade aufgrund der übersichtlichen Größe des Gerichtsbezirks und der Bekanntheit des Antragstellers, Mandate vor dem Amtsgerichts A-Stadt von ihm wahrgenommen würden, deren Durchführung unzulässig sei. Der Antragsgegner hat damit hinreichende Gründe dafür angeführt, die Untersagungsverfügung im öffentlichen Interesse sofort zu vollziehen

Der Aussetzungsantrag hat auch in der Sache keinen Erfolg.

Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aufschubinteresse einerseits und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits.

Diese Interessenabwägung fällt hier zu Gunsten des Antragsgegners aus, weil bei der im gerichtlichen Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung Überwiegendes dafür spricht, dass die angefochtene Untersagungsverfügung rechtmäßig ist (1.) und weil auch eine weitere Interessenabwägung, die über die Betrachtung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids hinausgeht, kein überwiegendes privates Interesse des Antragstellers erkennen lässt, von dem sofortigen Vollzug der angefochtenen Verfügung verschont zu bleiben (2.).

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage ist zunächst nicht wegen eines eventuellen Verfahrens- oder Formfehlers wiederherzustellen. Die vor Erlass der Untersagungsverfügung unterbliebene Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG ist nachgeholt worden, der Verfahrensfehler ist damit geheilt (45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG)

Die Untersagungsverfügung ist mit einer den formellen Anforderungen des § 39 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG genügenden Begründung versehen. Mit dem Hinweis auf die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen durch das Auftreten des Antragstellers als Strafverteidiger vor seinem früheren Gericht und der Bezugnahme auf die Entscheidung des OVG Münster in einem ähnlich gelagerten Fall hat der Antragsgegner jedenfalls die wesentlichen Erwägungen aufgeführt, die ihn zu seiner Entscheidung veranlasst haben.

Auch im Übrigen fällt die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus, weil sich die Untersagungsverfügung bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als materiell rechtmäßig erweist.

Rechtsgrundlage für diese Verfügung sind §§ 71 DRiG, 41 Satz 2 und 3 BeamtStG i.V.m. § 2 Nds.RiG. Nach § 41 Satz 1 BeamtStG haben Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes anzuzeigen, die mit der dienstlichen Tätigkeit innerhalb eines Zeitraums, dessen Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, im Zusammenhang steht und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können. Die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung ist nach § 41 Satz 2 BeamtStG zu untersagen, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Das Verbot endet gemäß § 41 Satz 3 BeamtStG spätestens mit Ablauf von fünf Jahren nach Beendigung des Beamtenverhältnisses. Die vorstehenden Regelungen werden durch die landesrechtliche Vorschrift des § 79 NBG ergänzt. Nach dieser Vorschrift beträgt der Zeitraum gemäß § 41 Satz 1 BeamtStG für Ruhestandsbeamtinnen und –beamte, die mit die mit Erreichen der Regelaltersgrenze oder zu einem späteren Zeitpunkt in den Ruhestand treten, drei Jahre nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, für Beamte, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand treten, fünf Jahre. Die Anzeige ist bei der oder dem letzten Dienstvorgesetzten zu erstatten. Gemäß § 2 Nds.RiG gelten diese Vorschriften entsprechend für die Berufsrichterinnen und -richter des Landes.

Es spricht Überwiegendes dafür, dass durch die Tätigkeit des Antragstellers als Rechtsanwalt vor dem Gericht, an dem er jahrelang tätig war, dem Amtsgericht A-Stadt, dienstliche Interessen im Sinne des § 41 Satz 2 BeamtStG beeinträchtigt werden können. Eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen liegt hier darin, dass das Auftreten des Antragstellers vor dem Gericht seiner früheren Dienstleistung ohne weiteres geeignet ist, aus Sicht eines Bürgers den Anschein zu erwecken, dass durch die persönlichen Beziehungen des früheren Richters zu aktiven Richtern und nichtrichterlichen Dienstkräften dieses Gerichts eine dort anhängige Rechtssache in einer nicht sachgerechten Weise gefördert werden könnte. Dabei kommt es nur auf die Eignung an, diesen Anschein zu erzeugen.

Dass die dem Antragsteller untersagte Tätigkeit diesen Anschein hervorrufen kann und deshalb dienstliche Interessen beeinträchtigt, liegt hier insbesondere darin begründet, dass der Antragsteller über 30 Jahre am Amtsgericht A-Stadt tätig und nach den Angaben des Antragsgegners in der Klageerwiderung eine fast durchgehende Alleinzuständigkeit bei dem mit ca. 6 Richterplanstellen besetzten Amtsgericht für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht hatte. Wenn der Antragsteller sich nun ca. 6 Monate nach seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand als Rechtsanwalt am Amtssitz seines früheren Dienstgerichts niederlässt, um dort insbesondere in Strafsachen aufzutreten, dann liegt es wegen der überschaubaren Größe des Amtsgerichts und der jahrzehntelangen engen dienstlichen Verbundenheit nahe, dass bei einem vernünftigen Bürger der Eindruck entstehen kann, der Antragsteller nutze kollegiale Kontakte zu noch aktiven Bediensteten seiner früheren Dienststelle. Dies würde das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität der Justiz erschüttern und deshalb dienstliche Interessen beeinträchtigen. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass sich Mitarbeiter des Amtsgerichts, die viele Jahre mit dem Antragsteller zusammengearbeitet haben, einem Loyalitätskonflikt ausgesetzt sehen, wenn dieser nun auf Anwaltsseite vor dem Amtsgericht auftritt. Auch aus diesem Grund ist zu besorgen, dass durch die Tätigkeit des Antragstellers dienstliche Interessen beeinträchtigt werden.

Dass vom Schutzzweck des § 41 BeamtStG auch das Ziel mit umfasst wird, das Vertrauen in die Integrität öffentlicher Verwaltung zu schützen und dass dieser Auslegung auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.2014 (2 C 23/13; juris) nicht entgegensteht, hat das OVG Münster in seinem Beschluss vom 02.03.2016 (1 B 1375/15; juris) überzeugend herausgearbeitet; hierauf wird Bezug genommen.

Der Frage, ob sich dem Schreiben des Präsidenten der Rechtsanwaltskammer G. vom 17.06.2016 hinreichend entnehmen lässt, dass die Untersagungsverfügung gegen die bisherige Verwaltungspraxis im Dienstbezirk des Antragsgegners verstößt, ist das Gericht nicht weiter nachgegangen. Die Entscheidung der Erwerbstätigkeit nach Beendigung des Beamten- oder Richterverhältnisses steht nicht im Ermessen der Behörde. Es handelt sich um gebundene Verwaltung. Bei Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen ist die Beschäftigung zu untersagen, auch wenn dies in der Verwaltungspraxis bisher nicht so gehandhabt wurde.

Die Festsetzung der Untersagungsdauer begegnet bei summarischer Prüfung ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Frist steht im Einklang mit den Fristen für die Anzeigepflicht nach § 79 NBG und beträgt 5 Jahre, weil der Antragsteller deutlich vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist.

2. Auch eine weitere Interessenabwägung, die über die Betrachtung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids hinausgeht, lässt kein überwiegendes privates Interesse des Antragstellers erkennen, von dem sofortigen Vollzug der angefochtenen Verfügung verschont zu bleiben. Der Antragsteller wird in seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit durch die angefochtene Verfügung allerdings nicht unerheblich eingeschränkt. Als Strafverteidiger kann er einem Beschuldigten in einem Strafverfahren häufig nur dann zur Seite stehenden, wenn er auch vor Gericht auftreten kann. Dies wird dem Antragsteller für die Dauer von 5 Jahren gerade für das Gericht untersagt, an dessen Dienstsitz er sich niedergelassen hat. Seine Einschätzung, er werde dadurch Mandate verlieren, erscheint realistisch. Ob dem Antragsteller in den nächsten 5 Jahren ein ausreichend großes Betätigungsfeld verbleibt, lässt sich im Eilverfahren nicht abschätzen. Diese Erwägungen rechtfertigen es trotzdem nicht, dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage den Vorrang einzuräumen. Denn die Vorschrift des § 41 BeamtStG soll die Integrität des öffentlichen Dienstes schützen und damit letztlich die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes wahren. Diesem Gesetzeszweck kommt eine so überragende Bedeutung zu, dass das öffentliche Interesse an der Vermeidung eines solchen Anscheins bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiegt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 11.06.2010 – 5 ME 78/10 -, juris, RdNr. 9). Das nach innen und außen unverzichtbare Vertrauen in die Integrität der Justiz sind überaus empfindliche Schutzgüter, so dass etwaigen Gefährdungen wirksam begegnet werden muss. Ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung hätte der Antragsteller als Adressat der Untersagungsverfügung, deren Wirkungsdauer bis zum 31.05.2020 begrenzt ist, es ohne Rücksicht auf die Rechtmäßigkeit der Verfügung in der Hand, durch die bloße Ausschöpfung aller Rechtsschutzmöglichkeiten deren Wirkung weitgehend leerlaufen zu lassen. Der von dem Antragsgegner befürchtete Ansehensverlust für den öffentlichen Dienst würde eintreten können, ohne dass diese Wirkung durch eine Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung im Klageverfahren rückgängig gemacht werden könnte (vgl. OVG Lüneburg, , Beschluss vom 11.06.2010 – 5 ME 78/10 - juris, RdNr. 10). Das private Aufschubinteresse hat deshalb zurückzutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.