Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 25.07.2016, Az.: 10 B 3186/16

Aufenthaltsverbot; Betretensverbot; Fußballbezogene Gewalt; Problemfan; Ultra; vorläufiger Rechtsschutz

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
25.07.2016
Aktenzeichen
10 B 3186/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43300
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Tatsachen im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG, die die Annahme rechtfertigten, dass der Betroffene im Geltungsbereich eines Aufenthaltsverbots künftig Straftaten begehen werde, können sich schon daraus ergeben, dass der Betroffene mehrfach im Zusammenhang mit fußballbezogener Gewalt polizeilich in Erscheinung getreten ist, auch ohne dass ihm ein strafbares Verhalten vorgeworfen oder nachgewiesen worden ist.

Tenor:

hat das Verwaltungsgericht Hannover - 10. Kammer - am 25. Juli 2016 beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen ein polizeiliches Aufenthaltsverbot für mehrere Bereiche im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Hannover.

Er ist Anhänger von Hannover 96 und wird von der Antragsgegnerin den sogenannten Problemfans zugeordnet. Die Antragsgegnerin bezieht sich dabei auf die folgenden Erkenntnisse:

Der Antragsteller sei mehrfach im Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen angetroffen und identifiziert worden. Er sei eine Führungsfigur der hannoverschen Ultrà-Szene. Am 4. April 2015 sei die Identität des Antragstellers festgestellt worden, als er im Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern von Hannover 96 und Eintracht Frankfurt am Hauptbahnhof Frankfurt angetroffen und überprüft worden sei. Am 12. September 2015 sei seine Identität als Angehöriger einer Gruppe von ca. 100 teilweise vermummten Personen festgestellt worden, die im Hauptbahnhof Hannover die körperliche Auseinandersetzung mit einer Gruppe rivalisierender Fans von Borussia Dortmund gesucht hätten. Am 21. November 2015 sei seine Identität nach körperlichen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Anhängern der Vereine Hannover 96 und Borussia Mönchengladbach als Angehöriger einer Gruppe von 234 Personen mit Bezug zum Verein Hannover 96 festgestellt worden. Die Gruppe sei im Bahnhof Lürrip kontrolliert und wieder Richtung Hannover zurückgewiesen worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. Mai 2015 erteilte die Antragsgegnerin nach Anhörung des Antragstellers diesem unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ein Aufenthaltsverbot, das sich zeitlich und örtlich an allen Heimspielen des Fußball-Zweitligisten Hannover 96 und des Regionalligisten Hannover 96 II in der Saison 2016/2017 orientiert. Das Aufenthaltsverbot beansprucht jeweils Geltung für die Dauer von 6 Stunden vor Spielbeginn bis 6 Stunden nach Spielende; die von der Deutschen Fußball Liga bereits festgelegten Rahmendaten für die einzelnen Spieltage sind der Verfügung mit dem Hinweis beigefügt, dass die konkreten Tage der Spiele noch nicht bestimmt seien.

Örtlich bezieht sich die Verfügung bei den Heimspielen der Zweitligamannschaft auf eine – in der Anlage der Verfügung kartiert dargestellte – Verbotszone, die vom Hauptbahnhof im Norden bis zum Ohedamm im Süden und von der Ricklinger Straße im Westen bis zum Maschsee, der Willy-Brandt-Allee und der Prinzenstraße im Osten reicht, und bei den Heimspielen der Regionalligamannschaft auf eine Verbotszone, die – ebenfalls kartiert – durch die Konrad-Hänisch-Straße im Norden, die Straßenzüge Stammestraße, Beekestraße, An der Bauerwiese und Friedel-Gewecke-Weg im Osten, die Stadtgrenze der Landeshauptstadt A-Stadt im Süden und im Westen durch die Straßenzüge Göttinger Chaussee, Wallensteinstraße, Frankfurter Allee, Ricklinger Kreisel und Friedrich-Ebert-Straße begrenzt ist. Für Spiele der Regionalligamannschaft im Eilenriedestadion ist eine weitere Verbotszone ausgewiesen, die im Norden durch den Theodor-Heuss-Platz und den Radweg südlich des Deutschen Tennisvereins, im Osten durch den Radweg östlich der Sportplätze und den Messeschnellweg, im Süden durch die Hans-Böckler-Allee und im Westen durch die Schackstraße und deren gedachte Verlängerung bis zur Hans-Böckler-Allee begrenzt ist. Mit dem Aufenthaltsverbot wird auch jegliche Durchfahrt durch die Verbotszonen einschließlich der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und von Sonder- und Entlastungszügen untersagt. Innerhalb der Verbotszone „Fußballveranstaltungen HDI-Arena“ liegen die U-Bahn-Stationen Kröpcke, Aegidientorplatz, Steintor, Markthalle/Landtag und Waterloo sowie die oberirdischen Straßenbahnstationen Prinzenstraße, Hauptbahnhof, Steintor, Clevertor, Goetheplatz, Allerweg und Stadionbrücke. Mit der Verfügung wird dem Antragsteller ein gestaffeltes Zwangsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedroht.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, anhand der polizeilichen Erkenntnisse und der Feststellungen ihrer Szenekundigen Beamten sei zu erwarten, dass sich der Antragsteller an Spieltagen innerhalb der als Verbotszonen beschriebenen Bereiche aufhalten und die Auseinandersetzung mit gegnerischen Fußballfans suchen und anlassbezogene Straftaten begehen werde. Ein kurzfristiger Platzverweis sei nicht geeignet, solche Taten zu verhindern, denn er sei nur in engem zeitlichen und örtlichen Rahmen möglich. Wegen der Häufigkeit der Spieltage und der im gesamten Innenstadtbereich drohenden Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fußballfans könne ein Platzverweis daher drohende Auseinandersetzungen nicht so wirksam verhindern wie ein großräumiges Aufenthaltsverbot.

Hiergegen hat der Antragsteller am 1. Juni 2016 Klage erhoben – Az. 10 A 3383/16 –, über die noch nicht entschieden ist, und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Er hält das Aufenthaltsverbot und die Anordnung von dessen sofortiger Vollziehung für rechtswidrig.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei lediglich formelhaft und inhaltlich unzureichend begründet. Der Antragsteller sei unbestraft und werde durch die Verfügung erheblich in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit beeinträchtigt. Es sei auch keine besondere Eilbedürftigkeit der Verfügung zu erkennen. Die Antragsgegnerin habe die Verfügung ursprünglich noch für die letzten Spiele der abgelaufenen Saison erlassen wollen, dann aber – einschließlich des Anhörungsverfahrens – wochenlang gewartet, bis sie die Verfügung schließlich für die kommende Saison erlassen habe. Daran sei erkennbar, dass es für die Antragsgegnerin nicht entscheidend gewesen sei, den Antragsteller sofort und von jedem Spiel fernzuhalten. Entsprechend könne von ihm nicht verlangt werden, sich während der Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorläufig an die Verfügung zu halten.

Die Verfügung selbst sei rechtswidrig, weil er keinen Anlass für die Annahme gebe, dass er während der Verbotszeiten innerhalb der Verbotszonen die prognostizierten Straftaten begehen werde. Er sei weder als „Gewalttäter Sport“ in der gleichnamigen polizeilichen Verbunddatei gespeichert noch seitens des Vereins Hannover 96 mit einem Stadionverbot belegt worden. Auch ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit Fußballspielen sei gegen ihn nie anhängig gewesen. Die von der Antragsgegnerin angeführten Identitätsfeststellungen seien Sammelmaßnahmen gewesen, denen eine Vielzahl – auch unbeteiligter – Personen unterworfen worden sei. In keiner Situation sei der Antragsteller selbst als Störer festgestellt worden; der Kreis der Störer sei nie so klar abgegrenzt gewesen, dass er nicht zwischen dem Anlass der Maßnahmen und der Identitätsfeststellung hätte hinzugekommen sein können.

Die Identitätsfeststellung am 4. April 2015 habe eine Vielzahl von Personen betroffen und sei erst eine Stunde nach den körperlichen Auseinandersetzungen erfolgt, die die Antragsgegnerin als Anlass für die Identitätsfeststellung bezeichne. Er sei an den vorhergehenden Auseinandersetzungen nicht beteiligt gewesen. Der Verlaufsbericht der Polizei erwähne auch keine erheblichen Auseinandersetzungen, sondern „vereinzelte Flaschenwürfe“. Es gebe Videoaufzeichnungen des Geschehens; wenn der Antragsteller daran beteiligt gewesen wäre, hätte er anhand der Aufzeichnungen identifiziert werden können. Der Zusammenhang zwischen der Auseinandersetzung und der Identitätsfeststellung sei konstruiert; tatsächlich sei die Identitätsfeststellung anlasslos erfolgt.

Bei dem Vorfall am 22. November 2015 habe sich der Antragsteller mit zahlreichen anderen Fans und Mitarbeitern des Fanprojekts Hannover 96 in einem Sonderzug befunden, als kurz vor dem Bahnhof Lürrip eine unbekannte Person die Notbremse gezogen habe. Nach der öffentlichen Darstellung der Fanbeauftragten von Hannover 96 sei der Zug sodann unvermittelt von außen von Randalierern angegriffen worden, die teilweise vermummt waren und versucht hätten, Fanmaterialien der Anhänger von Hannover 96 zu entwenden. Die Aggression sei von den Angreifern ausgegangen, die Fans von Hannover 96 hätten sich, auch während der nachgehenden polizeilichen Maßnahmen, ruhig und kooperativ verhalten. Die Bundespolizei habe ihm mitgeteilt, dass er zu diesem Vorfall lediglich als Zeuge geführt werde. Dass seine Identität festgestellt worden sei, gebe daher keinen Aufschluss darüber, dass er als Handlungsstörer in Anspruch genommen worden sei. Der polizeiliche Verlaufsbericht enthalte keine Feststellungen, wie viele Personen den Zug verlassen hätten und hinter den Angreifern hergelaufen seien. Es sei aber nicht davon auszugehen, dass tatsächlich alle der 238 kontrollierten Personen die Angreifer verfolgt hätten. Die Polizei habe nur 15 Personen in dem Zug der (Fan-)Kategorie C und 100 Personen der Kategorie B zugeordnet. Soweit die Antragsgegnerin weiter ausführe, dass auf dem Heimweg 50 Personen in einer Kneipe in Bielefeld randaliert hätten, sei er daran nicht beteiligt gewesen.

Die Identitätsfeststellung am 21. November 2015 sei nicht im Hauptbahnhof erfolgt, sondern in einem Supermarkt am Weißekreuzplatz, in dem der Antragsteller gerade an der Kasse gestanden habe. Er sei dort aufgefordert worden, sich auszuweisen. In einer Gruppe von ca. 100 teilweise vermummten Personen habe er sich nicht befunden. Daneben sei auch die von der Antragsgegnerin angeführte Gruppe von Dortmunder Fans nicht am Hauptbahnhof gewesen. Die Dortmunder Problemfans seien nach dem Spiel von Ricklingen aus abgeleitet worden. Soweit sie nicht mit Autos oder Bussen angereist seien, seien sie zum Bahnhof Linden/Fischerhof gebracht worden. Am Hauptbahnhof hätten sie sich nicht aufgehalten.

Er selbst habe in der Saison 2014/2015, als Teile der entschiedenen Anhänger von Hannover 96 anstelle der Erstligaspiele die Spiele der Amateurmannschaft besucht hätten, kein einziges Mal das Stadion Beekestraße aufgesucht. Gleichwohl prognostiziere die Antragstellerin, dass er dort künftig Straftaten begehen werde. Sie beziehe sich dabei außerdem auf wenigstens zwei Vorfälle bei Auswärtsspielen, die gerade nicht innerhalb der Verbotszonen stattgefunden hätten.

Soweit die Verfügung sich auch auf „Freundschaftsspiele“ erstrecke, sei sie nicht hinreichend bestimmt. Weder im Profi- noch im Amateurbereich trete Hannover 96 zu Freundschaftsspielen an, sondern allenfalls zu Testspielen. Ob diese mit dem Begriff der Freundschaftsspiele erfasst seien, bleibe unklar.

Die Verfügung sei weiterhin unverhältnismäßig. Die Dauer von sechs Stunden vor Spielbeginn bis sechs Stunden nach Spielende lasse die unterschiedlich langen Anreisewege der gegnerischen Fans und deren erwartete Ankunftszeiten außer Betracht. Auch eine Differenzierung der Spiele in Risikoklassen anhand der Erkenntnisse der Szenekundigen Beamten der Antragsgegnerin treffe die Verfügung nicht, sondern untersage ihm den Besuch jedweder Spiele.

Auch der räumliche Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots sei zu weit gefasst und daher übermäßig. Dass die Antragsgegnerin den Geltungsbereich für bis zu 45 Personen identisch festlege, sei ein Indiz für fehlende individuelle Gefahrenprognosen und einen Ermessensausfall. Gleiches gelte für den Umstand, dass der Antragsteller ohne sachgerechten Anknüpfungsgrund die gleiche Behandlung erfahre wie andere Adressaten, die aufgrund einschlägiger Ermittlungsverfahren eine wesentlich „schlechtere“ Gefahrenprognose rechtfertigten.

Die Antragsgegnerin habe möglicherweise unvollständige Vorgänge vorgelegt. Sie nehme in verschiedenen Parallelverfahren auf einen Email-Austausch zwischen der Polizeiinspektion West und der sachbearbeitenden Dienststelle Bezug, die nicht in dem vorgelegten Vorgang abgebildet sei.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 1. Juni 2016 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid. Der Antragsteller sei schon mehrmals im Zusammenhang mit Gewalttätigkeiten am Rande von Fußballspielen in Erscheinung getreten. Er stelle eine unbestrittene Führungsfigur in der hannoverschen Ultrà-Szene dar.

Zwischenzeitlich sei ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung zum Nachteil von Polizeibeamten gegen ihn eingeleitet worden, weil er im Niedersachsenstadion den Schriftzug „ACAB“ gezeigt habe. Weil er damit auch gegen die Stadionordnung von Hannover 96 verstoßen habe, werde ein Stadionverbot gegenwärtig geprüft. Zuständig sei hierfür jedoch der Verein Hannover 96, dessen Bewertung für die polizeiliche Gefahrenprognose nicht entscheidend sei.

Der Antragsteller wendet hiergegen ein, dass das Strafverfahren scheinbar nur mit dem Zweck eingeleitet worden sei, den Antragsteller in die Nähe der Problemfanszene zu rücken. Anlass des Verfahrens sei ein Transparent, das seit langem regelmäßig im Stadion gezeigt werde, ohne dass es bisher beanstandet worden sei. Es sei auch von verschiedenen Personen gehalten worden, nur gegen den Antragsteller sei jedoch ermittelt worden. Im Übrigen sei der vorgehaltene Sachverhalt nicht strafbar, weil der Schriftzug „ACAB“ von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Vorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen. Der Inhalt sämtlicher Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebene Begründung genügt (noch) den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung wird bereits genügt, wenn überhaupt eine schriftliche – einzelfallbezogene und nicht lediglich formelhafte – Begründung vorhanden ist, die die von der Behörde getroffene Interessenabwägung erkennen lässt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung damit begründet, dass die mit dem Aufenthalt des Antragstellers im Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots verbundenen Gefahren für Leib und Leben Unbeteiligter so schwerwiegend und gegenwärtig sind, dass sein privates Interesse (am Betreten des örtlich und zeitlich erfassten Bereichs) hinter den öffentlichen Interessen zurücktreten muss und der Ablauf eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens – das mitunter erst nach Ablauf des Aufenthaltsverbots beendet wäre – nicht abgewartet werden kann. Dass diese im Einzelfall zutreffenden Erwägungen zugleich für eine Großzahl gleichgelagerter Fälle gelten, macht sie nicht weniger zutreffend oder einzelfallbezogen und auch nicht formelhaft. Auch der längere Zeitraum zwischen der Anhörung des Antragstellers und dem Erlass der Verfügung macht die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht rechtswidrig, insbesondere lässt er das Vollzugsinteresse nicht entfallen.

2. Die sodann vom Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende Ermessensentscheidung setzt eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen voraus, in die auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in der Hauptsache einzubeziehen sind. Bei nach summarischer Prüfung offensichtlich Erfolg versprechendem Rechtsbehelf überwiegt im Hinblick auf die Art. 19 Abs. 4 GG zu entnehmende Garantie effektiven Rechtsschutzes das Suspensivinteresse des Betroffenen das öffentliche Vollzugsinteresse, so dass die aufschiebende Wirkung grundsätzlich wiederherzustellen bzw. anzuordnen ist. Ergibt eine summarische Einschätzung des Gerichts, dass die Anfechtungsklage offensichtlich erfolglos bleiben wird, reicht dies zwar allein noch nicht aus, die Anordnung der sofortigen Vollziehung zu rechtfertigen. Erforderlich ist vielmehr ein über den Erlass des Grundverwaltungsaktes hinausgehendes öffentliches Interesse. Hierfür ist allerdings kein besonders gewichtiges oder qualifiziertes öffentliches Interesse zu verlangen; notwendig und ausreichend ist vielmehr, dass überhaupt ein öffentliches Vollzugsinteresse vorliegt. Bei einem offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt reichen daher auch Vollzugsinteressen minderen Gewichts für die gerichtliche Bestätigung der Vollzugsanordnung aus. In offenkundigen Eilfällen, in denen Gefahren von der Allgemeinheit abgewehrt werden sollen, können sich ausnahmsweise die Gründe, die den Sofortvollzug tragen, mit den Gründen decken, die den Grundverwaltungsakt rechtfertigen.

Ausgehend von diesen Abwägungsgrundsätzen überwiegt hier das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Aufenthaltsverbots das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, weil sich die angefochtene Verfügung voraussichtlich als vollumfänglich rechtmäßig erweisen wird.

a. Die Verfügung ist, auch soweit sie auf „Freundschaftsspiele“ Bezug nimmt, hinreichend bestimmt. Gemeint sind damit augenscheinlich alle Spiele, die nicht Pflichtspiele sind.

b. Rechtsgrundlage für das dem Antragsteller gegenüber verhängte Aufenthaltsverbot ist § 17 Abs. 4 Nds. SOG. Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG kann einer Person für eine bestimmte Zeit verboten werden, einen bestimmten örtlichen Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person in dem bestimmten örtlichen Bereich eine Straftat begehen werde. Nach Satz 2 der vorgenannten Vorschrift ist örtlicher Bereich im Sinne des Satzes 1 ein Ort oder ein Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder auch ein gesamtes Gemeindegebiet.

Weitere Voraussetzung nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG ist das Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme rechtfertigten, dass der Antragsteller im Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots künftig Straftaten begehen werde. Diese Annahme darf sich nicht lediglich auf allgemeine Erfahrungssätze, vage Vermutungen oder unzureichende Anhaltspunkte gründen, sondern bedarf weiterer Tatsachenfeststellungen, etwa über ein besonders aggressives Verhalten der Person, das Mitführen von Waffen oder Werkzeugen oder über frühere Gewalttätigkeiten im Zusammenhang mit gleichartigen Situationen oder Veranstaltungen (vgl. Böhrenz/Unger/Siefken, Nds. SOG, 8. Auflage, § 17, Erl. 14). Dabei ist die polizeiliche Gefahrenprognose daran zu messen, ob sie aus Ex-ante-Sicht, das heißt nach den Verhältnissen und dem möglichen Erkenntnisstand zur Zeit des Erlasses der präventiv-polizeilichen Maßnahme, vertretbar ist (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 19.1.2012, 1 A 94/10 m. w. N., juris).

Nach diesem Maßstab spricht aus Sicht des Gerichts Überwiegendes dafür, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Aufenthaltsverbots gegeben sind. Entgegen der Auffassung des Antragstellers bieten bereits die präventivpolizeilichen Identitätsfeststellungen des Antragstellers eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Annahme, dass der Antragsteller künftig Straftaten im Geltungsbereich des Aufenthaltsverbots begehen werde. Denn diese Identitätsfeststellungen sind jeweils in einem Kontext erfolgt, der bei einer Gesamtschau die Annahme der Antragsgegnerin stützt, dass der Antragsteller mit hinreichender Sicherheit der sogen. Problemfanszene und damit einem Personenkreis zuzuordnen ist, der im Zusammenhang mit Fußballspielen regelmäßig die körperliche Auseinandersetzung mit gegnerischen Fangruppen sucht und dabei Straftatbestände verwirklicht. Dass gegen den Antragsteller selbst keine Ermittlungsverfahren geführt worden sind, steht dieser Annahme nicht entgegen, weil die Verfolgung auch zweifelsfrei verwirklichter Straftaten im Zusammenhang mit fußballbezogener Gewalt häufig unmöglich ist, weil die Taten aus Gruppen heraus begangen werden und sich die Täter nicht feststellen lassen.

Das zeigt etwa die Identitätsfeststellung des Klägers am 21. November 2015 am S-Bahnhof Lürrip. Sie erfolgte auf strafprozessualer Grundlage wegen des Anfangsverdachts wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und Missbrauchs der Notbremse, auch wenn der Antragsteller hernach nur als Zeuge geführt worden ist.

Die Identitätsfeststellung am 4. April 2015 in Frankfurt erfolgte ausweislich des Verlaufsberichts der Polizei, nachdem es am Hauptbahnhof Frankfurt zu einem Aufeinandertreffen gegnerischer Fangruppen gekommen war. Nach dem Verlaufsbericht war kurz vor Spielende eine Gruppe von ca. 50 Anhängern von Hannover 96 von der Innenstadt zum Bahnhof Stadion gefahren und hatte sich auf dem Bahnhofsvorplatz formiert. Angehörige der Gruppe begannen, sich zu vermummen. Diese Gruppe sei zum Stadion geleitet, mit „den übrigen Fans“ zusammengeführt und in einer Gruppe von ca. 130 Personen wieder zum Bahnhof Stadion begleitet worden. 85 Personen ordnete die Polizei der Kategorie B, 15 Personen der Kategorie C zu. Nach Ankunft des Zuges am Hauptbahnhof Frankfurt/M. um 18.22 Uhr hätte die Gruppe den Bahnhof zügig durch den Haupteingang verlassen und sei zum Nordeingang des Bahnhofs gelaufen. Die Begleitkräfte hätten die Spitze der Gruppe nicht erreichen können. Am Nordende des Bahnhofs sei die Gruppe auf ca. 45 Anhänger von Eintracht Frankfurt gestoßen. Es seien zunächst verbale Provokationen der Gruppierungen erfolgt, dann vereinzelt zu Flaschenwürfen gekommen und Mitglieder beider Gruppierungen hätten sich vermummt. Die herangerückten Polizeikräfte hätten versucht, die Gruppen zu trennen und die Hannoveraner Richtung Haupteingang zurückzudrängen. Hierbei hätten Pfefferspray und der Schlagstock eingesetzt werden müssen. Eine Gruppe von 15 Personen sei gebunden worden, der Rest habe sich in unbekannte Richtung entfernt. Um 18.45 Uhr seien zusätzliche Kräfte zur Unterstützung angefordert worden. Um 19.00 Uhr hätten Polizeikräfte eine Gruppe von 50-70 Personen auf Gleis 9 festgestellt, die mit dem ICE hätten weiterreisen wollen. Vor Ort waren „schwache Kräfte“ der zuvor am Bahnhofsvorplatz eingesetzten Einheit, die teilweise Personen aus der vorangegangenen Auseinandersetzung erkannten. Der wartende Zug sei teilweise „von den zuvor eingestiegenen Fans“ geräumt worden. Die auf dem Bahnsteig gebundenen Personen seien dann der Identitätsfeststellung unterzogen worden. Eine weitere Gruppe von Personen, die an der Auseinandersetzung am Bahnhofsvorplatz beteiligt gewesen und von Polizeikräften wiedererkannt worden sei, sei an anderer Stelle im Hauptbahnhof gebunden und ebenfalls der Identitätsfeststellung unterzogen worden.

Dem Antragsteller ist zuzugeben, dass aus dem Verlaufsbericht weder deutlich wird, dass er Mitglied einer der Störergruppen war, die erst kurz vor Spielende zum Stadion gezogen ist bzw. auf dem Bahnhofsvorplatz die Auseinandersetzung mit einer gegnerischen Gruppe gesucht hat, noch in welcher der drei letztlich betroffenen Gruppen letztlich seine Identität festgestellt worden ist. Es trifft auch zu, dass der Kreis der festgestellten Störer nicht so abgeschlossen war bzw. geblieben ist, dass er zwingend identisch ist mit den zwei Gruppen der innerhalb des Bahnhofs kontrollierten Personen. Die Möglichkeit, dass der Antragsteller in keiner der Störergruppen aktiv war, sondern erst nachträglich in den Kreis der kontrollierten Personen geraten ist, erachtet die Kammer allerdings als hypothetisch. Sie stellt die Gefahrenprognose der Antragsgegnerin nicht ernsthaft in Zweifel. Denn der Antragsteller hat zum einen nicht glaubhaft gemacht, dass er schon während des Spiels im Waldstadion gewesen ist, wie er den Weg von dort zum Hauptbahnhof zurückgelegt hat und wie er die Zeit bis zur Abfahrt seines Zuges verbracht hat. Zum anderen bewegt sich der Antragsteller seit langem im Umfeld der Anhänger von Hannover 96 und müsste in der Lage sein, Problemfans von „normalen“ Fans zu unterscheiden und sich von der ersteren Gruppe so fernzuhalten, dass er ihr nicht fälschlich zugerechnet wird. Soweit der Antragsteller allerdings sinngemäß vorträgt, es sei keine Auseinandersetzung erfolgt, weil lediglich „vereinzelte Flaschenwürfe“ dokumentiert sind, deutet diese relativierende Beschreibung eher darauf hin, dass ihm an solcher Distanzierung gar nicht gelegen ist.

Selbst wenn der Antragsteller in diesem einen Fall zufällig und ungerechtfertigt in den Kreis der kontrollierten Personen geraten wäre, würde dies die Gefahrenprognose nicht ernsthaft erschüttern. Denn der Antragsteller ist noch zwei weitere Male in ähnlichen Situationen kontrolliert worden; dabei wäre zu erwarten, dass er aufgrund der Vorkommnisse in Frankfurt erst recht die Distanz zu Gruppierungen sucht, in deren Nähe er sich falschen Verdächtigungen ausgesetzt sieht. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Identitätsfeststellung am 21. November 2015 in Mönchengladbach fand ausweislich der Polizeiberichte statt, nachdem ein Regionalzug mit Anhängen von Hannover 96 durch eine unbekannte Person mittels der Notbremse in dem Bahnhof Lürrip zum Halt gebracht worden war. Nach Aussage unbeteiligter Zeugen wurde der Zug von außen durch Bewurf angegriffen. Auf dem Bahnsteig hätten ca. 30-40 vermummte Personen gewartet. Vom Innern des Zuges seien Scheiben herausgetreten worden; dabei sei nicht klar, ob diese zuvor von innen oder von außen beschädigt worden seien. Insassen des Zuges hätten die Türen geöffnet und seien den Angreifern bis auf die angrenzende Volksbadstraße gefolgt. Dort seien Kraftfahrzeuge beschädigt worden. Die vor Ort eingesetzten Polizeikräfte bewerteten den Vorfall wegen der Notbremsung und der wartenden Angreifer als verabredete Drittortauseinandersetzung zwischen 100 und 200 Personen. Die Beteiligten aus dem hannoveraner Umfeld wurden vor Ort festgehalten und erhielten einen großräumigen Platzverweis für das Gebiet des Polizeipräsidiums Mönchengladbach. Zur Identitätsfeststellung wurde ein Zug der Landeseinsatzbereitschaft angefordert, der Absperrlinien im „Trichter-Verfahren“ einrichtete.

Über den Vorfall am 21. November 2015 in Mönchengladbach hat ein Szenekundiger Beamter festgehalten, dass er sich nach dem Nothalt zu dem Bahnhof begeben habe. Ihm sei beschrieben worden, dass sich Personen aus dem Innern des Zuges gegen einen Angriff zur Wehr gesetzt hätten und die vermeintlichen Angreifer in die Flucht geschlagen hätten. Nachdem der Zug wegen der Beschädigungen nicht habe weiterfahren können, hätten die Einsatzkräfte vor Ort „offensichtlich Unbeteiligte“ – genannt sind Familien, Personen mit Einkaufstüten, ältere Menschen, auch „offenkundig normale“ Hannover 96-Fans – die Sperrlinien passieren lassen. Einige Angehörige, die dabei durch die Sperre gelangt seien, seien von den Szenekundigen Beamten identifiziert und zurückgeschickt worden. Es habe dann ein Mitarbeiter des Fanprojekts Hannover Kontakt zu ihm aufgenommen und gebeten, mit „D. und E.“ Kontakt aufzunehmen, die einen hannoverschen Beamten hätten sprechen wollen. Er habe sich dann auf den Bahnsteig begeben und dort den Antragsteller und die Herren F. und G. angetroffen, denen er die Sichtweise des Einsatzleiters auf die Vorkommnisse und die polizeilichen Maßnahmen erläutert habe.

Der pauschale Einwand des Antragstellers, „die Fans von Hannover 96 hätten sich, auch während der nachgehenden polizeilichen Maßnahmen, ruhig und kooperativ verhalten“, ist schon in sich widersprüchlich. Denn der Antragsteller rügt zugleich, der polizeiliche Verlaufsbericht enthalte keine Feststellungen, wie viele Personen hinter den Angreifern hergelaufen seien. Indem der Antragsteller den Vorfall als einseitigen Angriff feindlich gesinnter Gruppierungen auf den Zug darstellt, lässt er den Umstand außer Acht, dass eine erhebliche Anzahl von Personen den Zug verlassen hat, um die Auseinandersetzung mit den Angreifern zu suchen und diese bis auf die angrenzende Straße zu verfolgen. Diese Personen sind mitnichten lediglich angegriffen worden, sondern ihrerseits zum Angriff übergegangen. Mit seinem Vorbringen relativiert der Antragsteller diese Umstände erheblich und stellt letztlich die polizeilichen Maßnahmen insgesamt in Frage. Darin liegt gerade nicht die Distanzierung eines Unbeteiligten, der zufällig in den Kreis der kontrollierten Personen geraten ist. Diese Position hat der Antragsteller offenbar auch bei seinem Gespräch mit dem Szenekundigen Beamten eingenommen. Auch mit dem von der Antragsgegnerin vorgebrachten Umstand, dass „normale Fans“ die Sperrlinien hätten passieren dürfen, setzt sich der Antragsteller nicht substantiiert auseinander. Er macht auch nicht geltend, dass er den Zug erst mit den „normalen“ Personen verlassen hätte, nachdem dieser nicht hat weiterfahren können. Sein Einwand, dass er in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung etc. letztlich als Zeuge geführt worden ist, stellt im Übrigen nicht in Abrede, dass die Identitätsfeststellung auf strafprozessualer Grundlage erfolgt ist, weil gegen ihn ein Anfangsverdacht wegen der genannten Straftaten bestand. Hinsichtlich der Vorkommnisse auf der Rückreise hat der Antragsteller lediglich in Abrede gestellt, dass er zu den ca. 50 Personen gehörte, die in Bielefeld in einer Kneipe randaliert haben. Ob er gemeinsam mit ca. 200 anderen Personen auf der Rückreise von Mönchengladbach nach Hannover den Zug in Bielefeld verlassen hat, die Gaststätte „H.“ aufgesucht hat und um 21.20 Uhr weitergefahren und schließlich mit einer Gruppe von noch ca. 80 Personen aus der Oststadt in die Kramerstraße gezogen ist, erklärt er dagegen nicht. Eine glaubhafte Distanzierung von der Problemfanszene wäre nur anzunehmen, wenn der Antragsteller darlegen könnte, dass er im Gegensatz zu dieser Personengruppe nicht in Bielefeld ausgestiegen, sondern mit dem Zug unmittelbar weiter nach Hannover gefahren ist.

Die Identitätsfeststellung am 12. September 2015 ist erfolgt, nachdem die Bundespolizei der Einsatzleitung der Beklagten um 18.25 Uhr ca. 100 Personen gemeldet hatte, die teilweise vermummt vom Raschplatz aus in Kleingruppen in Richtung Hauptbahnhof zogen. Bei Eintreffen weiterer Polizeikräfte sei die Gruppe in Richtung Weißekreuzplatz/Lister Meile gelaufen; eine Gruppe von 23 Personen sei am Andreas-Hermes-Platz gebunden worden, „Teile h[ätt]en sich in den anliegenden I. -Markt begeben“.

Auch insofern sind die Einwände des Antragstellers selektiv und von Verharmlosungstendenzen geprägt. Er macht im Wesentlichen geltend, die Gästefans seien bereits am Bahnhof Linden/Fischerhof abgereist, es hätten sich deshalb keine Dortmunder Anhänger am Hauptbahnhof befunden. Tatsächlich sind hunderte Dortmunder Anhänger von Linden aus Richtung Westen aufgebrochen; gleichwohl hat die Polizei am Hauptbahnhof noch um 18.36 Uhr die Abfahrt von 600 Gästeanhängern festgestellt. Der Antragsteller macht weiter geltend, er habe gerade im I. -Markt mit seinen Einkäufen an der Kasse gestanden, als er kontrolliert worden sei. Er habe sich nicht in einer Gruppe von 100 Personen befunden. Weshalb der Antragsteller, der in der Südstadt wohnt, relativ kurz nach Spielende in einem I. -Markt in der Oststadt Einkäufe erledigt hat, hat er nicht glaubhaft erklärt. Er hat damit auch nicht die Annahme der Antragsgegnerin in Abrede gestellt, dass er den Supermarkt aus der Gruppe von ca. 100 Personen heraus aufgesucht hat, und wiederum keine glaubhafte Distanzierung zur Problemfanszene gezeigt, der die Antragstellerin diese größere Gruppe angesichts deren Verhalten nachvollziehbar zugeordnet hat.

Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Antragsgegnerin die Begründung ihrer Verfügung in zulässiger Weise um den Umstand ergänzt, dass der Antragsteller einer Personengruppe angehört hat, aus der heraus in einer Nacht vor dem szenewichtigen Erstligaheimspiel gegen Eintracht Braunschweig im November 2013 im Nahbereich des Niedersachsenstadions zwei Polizeibeamte in Zivil genötigt worden sind, ihre Identität und hannoversche Herkunft durch Vorlage ihrer Personalausweise nachzuweisen. Bei einer anschließenden Durchsuchung des Fahrzeugs des Antragstellers fanden die Beamten eine schwarz-weiß-grüne Sturmhaube; die Kammer ordnet diesen Gegenstand nicht den üblichen Bekleidung- und Ausstattungsgegenständen „normaler“ Fußballfans zu. Zu einer vergleichbaren Aktion hatte die Kammer im Übrigen bereits mit Urteil vom 26. März 2015 – 10 A 9932/14 – die Überzeugung geäußert, dass die nächtliche Anwesenheit im Nahbereich des Niedersachsenstadions in der Erwartung erfolgte, dass Anhänger der Eintracht Braunschweig dort Störaktionen durchführen könnten, und im Übrigen kein plausibler Grund dafür ersichtlich ist, im Rahmen einer Auseinandersetzung mit Dritten von diesen deren Ausweise zu verlangen. Auch seine Anwesenheit bei diesem Vorfall kann der Antragsteller nicht mit einem (weiteren) Zufall erklären, zumal einer seiner Begleiter in dieser Nacht zuvor mehrfach polizeilich im Zusammenhang mit fußballbezogener Gewalt in Erscheinung getreten ist.

Die Kammer teilt im Übrigen die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass der Antragsteller als eine der Führungspersönlichkeiten der hannoverschen Ultrà-Szene anzusehen ist. Bei der Vorstellung der Kandidaten zur Wahl zum Fanbeirat von Hannover 96 ist er auf der Internetseite des Vereins wie folgt beschrieben worden: „als Vertreter des "J. " gehört er einer der aktivsten Gruppen der aktiven Fanszene an“ (vgl. https://www.hannover96.de/aktuelles-termine/der-spieltag/details/16982-infos-zur-fanbeiratswahl.html; http://www.haz.de/Nachrichten/Sport/Fussball/Hannover-96/Das-ist-der-neue-Hannover-96-Fanbeirat, jeweils abgerufen am 25.7.2016).

Daneben spricht – unabhängig von seiner Rolle innerhalb der Ultrà-Gruppierung J. – für die Annahme der Antragsgegnerin weiterhin der Umstand, dass er einer von drei Personen war, die am S-Bahnhof Lürrip nach einem hannoverschen Polizeibeamten haben schicken lassen, um sich die polizeilichen Maßnahmen erläutern zu lassen. Er ist dabei aus der Menge der vor Ort befindlichen Personen herausgetreten und als deren Wortführer aufgetreten. Diese Einschätzung der Kammer wird gestützt durch die Anwesenheit von Herrn D. F., der als „Vertreter der K.“ – wie der Antragsteller erfolgreich – für den Fanbeirat kandidiert hat und der Kammer im Übrigen aus einem früheren Verfahren bekannt ist (Urteil vom 5.2.2008 – 10 1764/07 –). Zu seiner Person hatte die Kammer seinerzeit ausgeführt:

Nach der Überzeugung der Kammer war – und ist – der Kläger ein gewaltbereiter Fußballfan, von dem die oben angeführten Gefahren ausgehen. Die Aussage der Beklagten in dem angegriffenen Bescheid, er gelte als Rädelsführer gewaltbereiter Fans, lässt sich zusätzlich zu dem vom Kläger nicht bestrittenen Datenmaterial der Polizei nunmehr auch auf die Erkenntnisse stützen, die die Kammer aus der mündlichen Verhandlung gewonnen hat. Nach den überzeugenden Ausführungen ... von Polizeioberrat Schütte, seit 5 Jahren Einsatzleiter der Polizei bei den Heimspielen von Hannover 96, ist der Kläger alles andere als ein "höchst sozialadäquat ausgerichteter Fußballfan"  – Vortrag des Klägers –, sondern ein seit Jahren aktives Mitglied einer Ultrà-Gruppierung, der innerhalb seiner Fangruppierung eine Führungsrolle innehat. Der Kläger ist insbesondere aufgrund seiner Führungsrolle auch bereits mehrfach Adressat von Gefährderansprachen gewesen, was er selbst nicht bestritten hat.

Die ... Ausführungen des Einsatzleiters der Polizeiinspektion West werden auch durch die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht erschüttert. Soweit der Kläger vorgetragen hat, Busse zu Auswärtsspielen und Lokale anzumieten sowie Fan-Treffen zu organisieren und sich aufgrund dessen in größerem Maße bei Auswärtsspielen verantwortlich zu fühlen, schließt dies die Annahme nicht aus, dass der Kläger zugleich auch an gewalttätigen Auseinandersetzungen "Verantwortung trägt". Seine weitere Behauptung, sich nur deshalb immer im Zentrum von Auseinandersetzungen wieder zu finden, weil er versuche zu schlichten, muss allerdings mit Blick auf die Erkenntnisse der Polizeiinspektion West und in Anbetracht der übrigen Ausführungen aller Beteiligten in der mündlichen Verhandlung als reine Schutzbehauptung gewertet werden.

Rechtfertigen nach alledem hinreichende Tatsachen die Annahme, dass der Antragsteller zukünftig (auch) Straftaten im Zusammenhang mit fußballbezogener Gewalt begehen wird, ist diese Annahme auch gerade hinsichtlich des bestimmten örtlichen Geltungsbereichs der Verfügung gerechtfertigt. Der Antragsteller ist zwar nur einmal – bei der „Personenkontrolle“ am Niedersachsenstadion – im Geltungsbereich der Verfügung in Erscheinung getreten. Gleichwohl wird die fußballbezogene Gewalt, in deren Zusammenhang der Antragsteller in Erscheinung tritt, gerade durch verabredete Drittortauseinandersetzungen charakterisiert, die häufig im Umfeld von Sportstätten und entlang der Anreisewege dorthin stattfinden. So war es bei den Vorfällen in Mönchengladbach und Frankfurt und – aus Dortmunder Sicht – auch bei dem Vorfall am 12. September 2015 im Nahbereich des Hauptbahnhofs. Dass der Antragsteller in der Saison 2014/2015, als Teile der entschiedenen Anhänger von Hannover 96 anstatt der Erstligaspiele die Spiele der Amateurmannschaft besucht haben, kein einziges Mal das Stadion Beekestraße aufgesucht haben will, stellt die Gefahrenprognose daher nicht in Frage.

c. Auch die übrigen Einwände des Antragstellers gegen die Verfügung greifen nicht durch. Die Verfügung ist verhältnismäßig. Sie ist insbesondere geeignet, anlassbezogene Straftaten des Antragstellers im Zusammenhang mit fußballbezogener Gewalt zu verhindern. Die fortbestehende Möglichkeit, bei Auswärtsspielen die Auseinandersetzung mit gegnerischen Gruppierungen zu suchen oder Drittortauseinandersetzungen außerhalb der Verbotszone zu verabreden, stellt die Geeignetheit der Verfügung nicht in Frage. Denn geeignet ist eine Maßnahme nicht erst dann, wenn der mit ihr verfolgte Zweck sicher und vollständig erreicht wird, sondern bereits dann, wenn sie diesem Zweck förderlich ist. Das ist hier schon dadurch gegeben, dass mit der Verfügung die Beteiligung des Antragstellers an Auseinandersetzungen im Nahbereich der Sportstätten und entlang der Hauptrouten zwischen dem Niedersachsenstadion und dem Hauptbahnhof eingedämmt werden kann. Zugleich werden mögliche Drittortauseinandersetzungen an weniger von Publikumsverkehr frequentierte und weniger verkehrsgünstige Orte verdrängt. Hierdurch wird einerseits das polizeiliche Einschreiten in solchen Situation deutlich erleichtert, weil die Störer besser identifizierbar sind und nicht in Menschenmengen und engen Straßen, Gaststätten oder Geschäften der Innenstadt untertauchen können; zum anderen werden weniger unbeteiligte Passanten durch solche Auseinandersetzungen gefährdet.

Soweit der Antragsteller rügt, dass der zeitliche Rahmen der Verfügung übermäßig sei, weil er nicht nach dem Anreiseweg der jeweiligen Gastmannschaft differenziere, greift sein Einwand nicht durch. Die von der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren ergänzend eingeführte Beschreibung der Verabredung einer Drittortauseinandersetzung am 4. März 2016 zeigt ebenso wie die „Bestreifung“ des Nahbereichs des Niedersachsenstadions schon Tage vor der eigentlichen Begegnung, dass Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unabhängig vom Anreiseweg der Gastmannschaft stattfinden können oder verabredet werden. Wenn angesichts dessen der zeitliche Geltungsbereich überhaupt auf Heimspieltage beschränkt wird, ist es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten angemessen, dem zeitlichen Umfeld der jeweiligen Spielpaarung in genereller Betrachtungsweise eine höhere Wahrscheinlichkeit für Auseinandersetzungen beizumessen, ohne nach der jeweiligen Gastmannschaft oder ähnlichen Umständen des Einzelfalls zu differenzieren. Insofern muss der Antragsteller gegen sich gelten lassen, dass das Phänomen fußballbezogener Gewalt seinerseits weitgehend irrationalen Maßstäben folgt, die sich mit den Grundsätzen der polizeirechtlichen Dogmatik nur eingeschränkt abbilden lassen.

Eine anstelle des Aufenthaltsverbots in Betracht kommende Meldeauflage erachtet die Kammer als ebenso geeignet und angemessen, nicht jedoch als milderes Mittel, das die Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots in Frage stellt. Ein Stadionverbot ist schon nicht geeignet, den zu befürchtenden Drittortauseinandersetzungen zu begegnen; das zeigt auch der Umstand, dass in Frankfurt 50 „Fans“ erst kurz vor Spielbeginn am Stadion eintrafen und sich augenblicklich zu vermummen begannen.

Schließlich ist auch ein Ermessensausfall nicht erkennbar; er ergibt sich insbesondere nicht aus dem Erlass gleichartiger Verfügung gegen insgesamt 45 Betroffene. Soweit die Antragsgegnerin hinsichtlich dieser Personen entschieden hat, eine Verfügung zu erlassen, hat sie ihr Entschließungsermessen ausgeübt. Auch ein Ausfall des Auswahlermessens wird weder durch den inhaltlichen Gleichlauf der Verfügungen indiziert noch ist er sonst erkennbar. Der Erlass gleichartiger Verfügungen entspricht den Charakteristika der fußballbezogenen Gewalt als Gruppenphänomen und erleichtert im Übrigen die Durchsetzung der Verfügung, weil Verstöße leichter feststellbar sind, wenn bei Antreffen eines Adressaten der individuelle Geltungsbereich nicht erst ermittelt werden muss. Diese Praktikabilitätserwägungen sind vom Auswahlermessen gedeckt.

3. Auch die Zwangsgeldandrohung erweist sich als offensichtlich rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 64, 65, 67, 70 Nds. SOG und ist auch in Bezug auf die (gestaffelte) Höhe des angedrohten Zwangsgeldes nicht zu beanstanden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Eine Reduzierung des Streitwerts im Eilverfahren ist nicht angezeigt, weil mit der Entscheidung die Hauptsache im Wesentlichen vorweggenommen wird.