Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.06.2007, Az.: 11 K 502/06
Abgeltung von Fahrten zur Überschusseinkünfteerzielung durch die 1%-Regelung; Übernahme der pauschalen Lohnsteuer durch den Arbeitgeber; Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer; Erhebung der Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz für Sachbezüge in Form einer unentgeltlichen Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; Haftung des Arbeitgebers im Rahmen des Lohnsteuer-Abzugsverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 28.06.2007
- Aktenzeichen
- 11 K 502/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 36688
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2007:0628.11K502.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG
- § 9 Abs. 2 EStG
- § 40 Abs. 2 S. 2 EStG
- § 40 Abs. 3 S. 1, 2 EStG
- § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG
- § 191 Abs. 1 S. 1 AO
Fundstellen
- BBK 2008, 7
- DStR 2007, X Heft 39 (Kurzinformation)
- DStRE 2007, 1446-1447 (Volltext mit amtl. LS)
- EFG 2007, 1582-1583 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- NWB direkt 2007, 9
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungs- und Nachforderungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für den Zeitraum Januar 2002 bis Dezember 2004.
Die Klägerin war in den Streitjahren 2002 bis 2004 Arbeitgeberin der Eheleute A (EF) und B (EM), die in diesem Zeitraum zu jeweils der Hälfte an deren Stammkapital beteiligt waren. EF war Geschäftsführerin der Klägerin, EM ebenfalls bei ihr, der Klägerin, angestellt. Sitz und Geschäftsleitung der Klägerin befanden sich im privaten Wohnhaus der Eheleute. Die Eheleute waren auch Gesellschafter und Arbeitnehmer zweier weiterer GmbH, die ihre Geschäftsbetriebe in der Nähe hatten, nämlich in X und in Y. Die Klägerin stellte den Eheleuten jeweils einen PKW zur Verfügung. EF durfte ihren PKW nach dem Anstellungsvertrag "privat nutzen", EM seinen PKW nach dem Nachtrag zum Anstellungsvertrag "auch zu privaten Zwecken". Die Eheleute nutzten die ihnen überlassenen PKW auch zur Ausübung ihrer Arbeitnehmertätigkeiten für weitere GmbH. So fuhr EF im Zeitraum Januar 2002 bis Dezember 2004 mehrmals pro Monat nach X (einfache Entfernung 10 km) und EM an 110 Tagen pro Jahr nach Y (einfache Entfernung 15 km).
Die Kosten für die beiden Fahrzeuge erfasste die Klägerin in den Streitjahren in folgender Höhe als Betriebsausgaben in ihren Gewinnermittlungen:
Jahr | Höhe der Aufwendungen |
---|---|
2002 | 43.960 EUR |
2003 | 45.005 EUR |
2004 | 44.702 EUR |
Die Klägerin versteuerte die PKW-Überlassung an die Eheleute nach der sogenannten 1 v.H.-Regelung, indem sie jeweils 1 v.H. des Bruttolistenpreises des jeweils überlassenen PKW pro Monat der Nutzung als Arbeitslohn erfasste und versteuerte. Für die mit den überlassenen PKW durchgeführten Fahrten der Eheleute für die anderen GmbH setzte die Klägerin keinen weiteren geldwerten Vorteil an. Die Klägerin gab entsprechende Lohnsteueranmeldungen ab.
Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung kam der Beklagte, dem Außenprüfer folgend, zu der Auffassung, für die Fahrten der Eheleute nach X bzw. Y sei ein zusätzlicher geldwerter Vorteil als Arbeitslohn zu erfassen und zu versteuern. Diese Fahrten seien nicht als "private" Fahrten mit der Anwendung der 1 v.H.-Regelung abgegolten. Es sei vielmehr nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zusätzlich für jeden Kalendermonat der Nutzung ein geldwerter Vorteil von 0,03 v.H. des Listenpreises für jeden Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen. Die Fahrten der Eheleute nach X bzw. Y seien nicht etwa Fahrten zwischen mehreren Betriebsstätten, sondern solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Die Räumlichkeiten der Klägerin im privaten Wohnhaus der Eheleute seien nämlich keine Betriebsstätte, da sie in die private Sphäre eingebunden seien. Diese Folge ergebe sich bei Anwendung der im BFH-Urteil vom 25. November 1999 IV R 44/99 (BFH/NV 2000, 699) genannten Grundsätze.
Im Einzelnen setzte der Beklagte einen zusätzlichen geldwerten Vorteil in der Weise an, dass er davon ausging, die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Eheleute führten bei diesen zu Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, so dass insoweit der Klägerin als Arbeitgeberin nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG die Versteuerung mit einem Pauschalsteuersatz von 15 v.H. möglich sei. Für den darüber hinaus gehenden Arbeitslohn der Eheleute hafte die Klägerin als Arbeitgeberin.
Es ergaben sich folgende Beträge:
Ehemann
Jahr | AL gesamt | davon Haftung | Nachforderung |
---|---|---|---|
2002 | 3.649,20 EUR | 2.641,20 EUR | 1.008,00 EUR |
2003 | 4.222,50 EUR | 3.214,50 EUR | 1.008,00 EUR |
2004 | 5.005,60 EUR | 4.195,60 EUR | 810,00 EUR |
Ehefrau
Jahr | AL gesamt | davon Haftung | Nachforderung |
---|---|---|---|
2002 | 1.664,63 EUR | 1.016,63 EUR | 648,00 EUR |
2003 | 1.584,00 EUR | 936,00 EUR | 648,00 EUR |
2004 | 1.584,00 EUR | 1.044,00 EUR | 540,00 EUR |
Der Beklagte forderte mit Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 12. August 2005 die Pauschalsteuer von der Klägerin nach und nahm sie für die darüber hinaus anzusetzende Lohnsteuer mit deren Einverständnis in Haftung.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, zusätzlicher Arbeitslohn für die Nutzung der überlassenen PKW für die Fahrten der Eheleute nach X bzw. Y sei nicht anzusetzen. Daran ändere auch die Entscheidung des BFH mit Urteil vom 26. April 2006 X R 35/05 (BStBl. II 2007, 445) nichts, denn dieses Urteil betreffe die Bewertung der Nutzungsentnahme gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Im Streitfall gehe es hingegen um die Höhe des geldwerten Vorteils, der sich nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG bemesse. Die vom Beklagten für einen zusätzlichen geldwerten Vorteil herangezogene Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG sei im Streitfall nicht einschlägig, da die Fahrten der Eheleute nach X und Y keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschrift seien. Solche könnten nämlich nur Fahrten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zu der Klägerin sein, was nicht der Fall sei. Denn in X bzw. Y würden die Eheleute im Rahmen weiterer Arbeitsverhältnisse tätig. Hilfsweise macht die Klägerin geltend, die vom Beklagten angesetzten Sachbezüge seien zu hoch, soweit es EM betreffe. Da die Eheleute kein Fahrtenbuch geführt hätten, ließe sich die Höhe des Sachbezugs, so er denn für die Fahrten der Eheleute zusätzlich anzusetzen sei, nur im Schätzungswege ermitteln.
Danach ergäben sich folgende Werte:
Jahr | EM | EF | ||
---|---|---|---|---|
Sachbezug | PKW-Kosten | Sachbezug | PKW-Kosten | |
2002 | 1.934,95 EUR | 17.663,75 EUR | 2.126,35 EUR | 10.514,81 EUR |
2003 | 1.535,14 EUR | 18.365,80 EUR | 2.513,72 EUR | 8.739,37 EUR |
2004 | 1.631,39 EUR | 20.416,12 EUR | 3.477,60 EUR | 9.178,92 EUR |
Bei diesem Ansatz sei berücksichtigt, dass EM nur an 110 Tagen pro Jahr nach Y fahre, da er an 70 Arbeitstagen direkt von der Wohnung zu auswärtigen Terminen aufbreche. EF sei dagegen - wie bereits vom Beklagten berücksichtigt - an 180 Tagen nach X gefahren.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungs- und Nachforderungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge vom 12. August 2005 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 13. September 2006 insoweit aufzuheben, als darin zusätzlicher Arbeitslohn in Form von Sachbezügen wegen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit zur Nutzung überlassenen PKW an Arbeitnehmer angesetzt wurde.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest. Für die Fahrten der Eheleute zwischen ihrer Wohnung und ihren jeweiligen Arbeitsstätten sei zusätzlicher Arbeitslohn wegen des in dieser Nutzung liegenden geldwerten Vorteils zu erfassen. Diese Fahrten seien nämlich nicht durch den Ansatz eines geldwerten Vorteils von lediglich 1 v.H. des Listenpreises abgegolten. Wenn dieser geldwerte Vorteil nicht - wie bisher berücksichtigt - mit 0,03 v.H. des Listenpreises pro Entfernungskilometer bewertet werden dürfe, so sei aber festzuhalten, dass die vom Beklagten bisher angesetzten Werte die Höhe des tatsächlichen Sachbezugs noch unterschreite. Mangels Verböserungsmöglichkeit müsse es damit beim bisherigen Ansatz verbleiben.
Die Klage ist nur im erkannten Umfang begründet.
1.
Zu Unrecht hat der Beklagte von der Klägerin pauschale Lohnsteuer und weitere Lohnabzugsbeträge mit der Begründung nachgefordert, die Klägerin habe als Arbeitgeberin pauschale Lohnsteuer für den Eheleuten gewährte Sachbezüge in Form der unentgeltlichen Beförderung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu übernehmen.
Nach § 40 Abs. 3 Satz 1 EStG hat der Arbeitgeber zwar die pauschale Lohnsteuer zu übernehmen und wird damit nach § 40 Abs. 3 Satz 2 1. Hs. EStG Schuldner der pauschalen Lohnsteuer. Im Streitfall sind die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG aber nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift kann ein Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 15 v.H. für Sachbezüge in Form der unentgeltlichen Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erheben, soweit diese Bezüge den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden. Mit "Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte" sind im Sinne dieser Vorschrift nur solche Fahrten gemeint, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zur Klägerin stehen. Die Arbeitsstätten der Eheleute in X und Y gehören jedoch nicht zum Betrieb der Klägerin, sondern werden von den Eheleuten im Rahmen weiterer Arbeitsverhältnisse mit anderen Arbeitgebern angefahren, stehen mithin nicht im Zusammenhang mit dem jeweiligen Arbeitsverhältnis der Eheleute zur Klägerin. Dies schließt die Anwendung des § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG aus.
Da der Beklagte dem Lohnsteueraußenprüfer folgend die Voraussetzungen für die Anwendung eines Pauschsteuersatzes zu Unrecht angenommen und die pauschale Lohnsteuer von der Klägerin als Arbeitgeberin nachgefordert hat, ist der Nachforderungsbescheid insgesamt aufzuheben, da weitere Feststellungen zu Nachforderungen durch die Lohnsteueraußenprüfung nicht getroffen wurden.
2.
Die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin in Haftung zu nehmen, weil sie Arbeitnehmern PKW für deren Fahrten zwischen der Wohnung und den Arbeitsstätten bei anderen Arbeitgebern zur Verfügung gestellt und diesen damit Arbeitslohn in Form von Sachbezügen zugewendet hatte, ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden.
Der Arbeitgeber haftet im Rahmen des Lohnsteuer-Abzugsverfahrens gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG dafür, dass die von seinen Arbeitnehmern geschuldete Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann derjenige, der kraft Gesetzes für eine fremde Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.
a)
Zwar war der geldwerte Vorteil aus der Nutzung der von der Klägerin an die Eheleute überlassenen PKW für deren Fahrten nach X bzw. Y nicht nach der in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG enthaltenen Regelung zu bemessen, wie der erkennende Senat bereits im Beschluss im AdV-Verfahren angedeutet hat. Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ist auf die Fahrten der Eheleute nach X bzw. Y nicht anzuwenden. Wie schon unter 1. ausgeführt sind auch in diesem Zusammenhang mit "Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte" im Sinne dieser Vorschrift nur solche Fahrten gemeint, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zur Klägerin stehen. Die Arbeitsstätten der Eheleute in X und Y gehören jedoch nicht zum Betrieb der Klägerin, sondern werden von den Eheleuten im Rahmen weiterer Arbeitsverhältnisse mit anderen Arbeitgebern angefahren, stehen mithin nicht im Zusammenhang mit dem jeweiligen Arbeitsverhältnis der Eheleute zur Klägerin.
b)
Die Nutzung der überlassenen PKW durch die Eheleute im Rahmen weiterer Arbeitsverhältnisse stellt jedoch einen zusätzlichen Sachbezug dar, der als Arbeitslohn zu erfassen ist. Insoweit sind die durch BFH-Urteil vom 26. April 2006 X R 35/05 (a.a.O.) zur Bewertung der Nutzungsentnahme nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG aufgestellten Grundsätze auf die Bestimmung des Sachbezugswerts von Arbeitnehmern und damit den Streitfall entsprechend anwendbar. So verweist denn auch § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG ausdrücklich auf die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Dadurch tritt, entgegen der Auffassung der Klägerin, keine Abgeltungswirkung durch die Anwendung der 1 v.H.-Regelung für sämtliche nicht für den Arbeitgeber durchgeführten Fahrten ein (so jedoch Oberfinanzdirektion Erfurt vom 27. Januar 1999 S 2177 A -01- St 324 [DStR 1999, 593], ausdrücklich offen gelassen im BFH-Urteil vom 26. April 2006 X R 35/05, a.a.O., dort unter 4. d). Es ist ein zusätzlicher Sachbezug zu erfassen. Dieser ist jedoch nicht, wie oben dargestellt, nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zu bemessen, sondern ist nach den allgemeinen Grundsätzen des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten.
c)
Die Nutzung der überlassenen PKW zur Einkünfteerzielung bei anderen Arbeitgebern ist im Streitfall nicht als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen. Zwar sind die Eheleute bei der Klägerin beherrschende Gesellschafter, so dass bei Zuwendung von geldwerten Vorteilen, die ein Nichtgesellschafter so nicht erhalten hätte, der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung in Betracht käme. Durch die Anstellungsverträge bzw. den Nachtrag zum Anstellungsvertrag war den Klägern jedoch als Arbeitnehmer der Klägerin die PKW-Überlassung vertraglich zugesagt. Diese Zusage war nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Eine PKW-Überlassung ist auch bei Arbeitnehmern, insbesondere leitenden Angestellten, üblich, die nicht Gesellschafter sind. Die vertragliche Zusage der PKW-Überlassung umfasst die Nutzung der PKW zur Einkünfteerzielung außerhalb des Arbeitsverhältnisses zur Klägerin und führt insoweit ebenfalls nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Zwar war nach dem Wortlaut der Überlassungsvereinbarungen die Nutzung der PKW neben den Fahrten für die Klägerin nur zu "privaten" Zwecken gestattet. Diese Formulierung ist aber nicht in der gleichen Weise zu verstehen wie die Auslegung der "privaten Nutzung" i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG durch den BFH im Urteil vom 26. April 2006 X R 35/05 (a.a.O..). Willenserklärungen und Verträge sind nach §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nicht unbedingt am Wortlaut zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen. Diese Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin den Eheleuten die PKW für jede beliebige Nutzung zur Verfügung stellen wollte und nicht etwa Fahrten zu den anderen GmbH, für die die Kläger arbeiteten, untersagen wollte. Zu der Zeit, aus der die Überlassungsvereinbarungen stammten, wurde üblicherweise bei der PKW-Überlassung nur zwischen betrieblichen, also für den Betrieb des Arbeitgebers, und außerbetrieblichen, in diesem Verständnis also "privaten", Nutzungen unterschieden. Ob diese Handhabung durch die Auslegung der Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG durch die Rechtsprechung beeinflusst wird, bleibt für die Zukunft abzuwarten. Die Kläger nutzten die PKW jedenfalls in den Streitjahren stets in einer von der Zusage gedeckten Art und Weise.
d)
Der vom Beklagten bei der Haftungssumme zugrunde gelegte zusätzliche Arbeitslohn ist aber der Höhe nach zu beanstanden:
Die Beteiligten haben sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung darauf tatsächlich verständigt, die zusätzlich als Sachbezug zu erfassenden PKW-Kosten für die Fahrten von EM nach Y und die Fahrten von EF nach X in der von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 4. April 2007 errechneten Höhe anzusetzen. Da die Gewinnermittlungen der Klägerin keine getrennte Erfassung der Kosten für die in den Streitjahren jeweils genutzten Fahrzeuge enthalten, dient die tatsächliche Verständigung der Beseitigung der bestehenden Unsicherheiten.
Nach der getroffenen tatsächlichen Verständigung ist für die PKW-Nutzung von EM für die Fahrten nach Y im Streitjahr 2002 ein zusätzlicher Sachbezug von 1.934,95 EUR, im Streitjahr 2003 von 1.535,14 EUR und im Streitjahr 2004 von 1.631,39 EUR zu erfassen. Der Haftungsbescheid ist insoweit aufzuheben, als der Beklagte darüber hinaus gehende Beträge angesetzt hat.
Beim Sachbezug für EF muss es beim bisherigen Ansatz des Beklagten verbleiben, da die von der Klägerin ermittelte Höhe des Sachbezugs diesen Ansatz sogar übersteigt, eine Verböserung im finanzgerichtlichen Verfahren jedoch nicht möglich ist.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
4.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
5
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), da die Frage der Abgeltungswirkung der 1 v.H.-Regelung in Fällen des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG höchstrichterlicher Klärung bedarf.