Oberlandesgericht Celle
v. 06.11.2015, Az.: 13 VA 14/14 Kart

Verpflichtung des Betreibers einer Inselbahn zur Bereitstellung auf Ausflugs-Schifffahrten abgestimmter Fahrten

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.11.2015
Aktenzeichen
13 VA 14/14 Kart
Entscheidungsform
Entscheidung
Referenz
WKRS 2015, 31327
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2015:1106.13VA14.14KART.0A

Amtlicher Leitsatz

Zur Abgrenzung des Marktes für Inselbahnen und für Ausflugs-Schifffahrten.

Zur Unmöglichkeit der Tätigkeit auf dem der Infrastruktureinrichtung einer Inselbahn nachgelagerten Markt für Ausflugsfahrten, die am Inselhafen starten, wenn auf Ausflugsfahrten abgestimmte Zugfahrten nicht zur Verfügung gestellt werden.

Bei der Prüfung eines Ausbeutungsmissbrauchs nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB kann auf einen Preismissbrauch unter Berücksichtigung von Preisbildungsfaktoren abgestellt werden. Bei dieser Preishöhenkontrolle ist im Ausgangspunkt das Grenzkostenprinzip zu berücksichtigen. Weitere Faktoren - insbesondere Fixkosten- und Gewinnzuschläge - sind angemessen zu berücksichtigen.

Gründe

Nach Erörterung sämtlicher Umstände baten die Beteiligten um die Protokollierung folgenden

V e r g l e i c h e s:

1. Zwischen der S. L. und der R. D. bestand Übereinstimmung darin, dass die S. L. der R. D. ihren Jahresplan mit sämtlichen Fahrzeiten, d. h. einschließlich sogenannter Ausflugsfahrten und Sonderfahren bis spätestens Februar des jeweiligen Jahres mitteilt. In diesem Jahresplan sind sämtliche Abfahrtzeiten der Inselbahn enthalten.

Den Beteiligten ist weiter bekannt, dass es neben diesen planmäßigen Ausflugs- und Sonderfahrten ggf. noch kurzfristig gebuchte individuelle Sonderfahrten geben kann. Diese individuellen Sonderfahren werden der R. D. dann mitgeteilt, wenn sie von der S. L. geplant und gebucht worden sind.

Die R. D. wird ausgehend von dem Jahresplan der S. L. wird spätestens Ende März eines jeden Jahres mitteilen, welche Sonderfahrten zu welchem Zeitpunkt die R. D. in dem jeweiligen Jahr beabsichtigt durchzuführen.

Dabei hat die R. D. die Möglichkeit, monatlich ca. zwei, möglicherweise aber auch ausnahmsweise einmal drei abendliche Sonderfahrten bei der S. L. anzumelden. Die S. L. erklärt sich grundsätzlich bereit, die angemeldeten zwei max. drei Sonderfahrten pro Monat mit der Inselbahn für die R. D. durchzuführen. Im Einzelfall wird sie ihr begründen, warum dies nicht möglich sein kann.

Die R. D. hat zu dem die Möglichkeit, bei der S. L. tagsüber Sonderfahrten zu bestellen. Auch diese Sonderfahrten tagsüber sind bei der S. L. bis Ende März eines jeweiligen Jahres anzumelden.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass die R. D. bei der S. L. sowohl tagsüber Einzelfahrten als Sonderfahrten der Inselbahn buchen kann als auch abendliche Sonderfahrten als Hin- und Rückfahrt.

Zwischen den Beteiligten besteht Übereinstimmung, dass die in dem Jahresfahrplan der S. L. ausgewiesenen Fahrten, seien es fahrplanmäßige Fahrten für den Linienverkehr, Fahrten für Ausflugsfahrten oder auch für Sonderfahrten der S. L. tatsächlich mit der Inselbahn bedient werden müssen, selbst dann, wenn die jeweilig von der S. L. geplante Schifffahrt nicht stattfindet.

Sollte die S. L. beabsichtigen, die Inselbahn abweichend von dem Fahrplan einmal nicht einsetzen zu wollen, wird sie dies der R. D. mitteilen, die dann zu entscheiden hat, ob sie an dem jeweiligen Tag die Inselbahn benötigt oder nicht. Benötigt die R. D. die Inselbahn nicht, ist die S. L. berechtigt, die Bahnfahrt nicht durchzuführen.

2. Für eine Einzelfahrt tagsüber zahlt die R. D. an die S. L. einen Betrag von 150 € netto.

Für eine abendliche Sonderfahrt als Hin- und Rückfahrt zahlt die R. D. der S. L. einen Betrag von 330 € netto.

Die jeweiligen vereinbarten Entgelte sind von der R. D. spätestens sieben Tage, eingehend auf dem Konto der S. L., zu entrichten.

Sollte die R. D. eine von ihr gebuchte/angemeldete Fahrt nicht durchführen,

ist sie berechtigt, diese Fahrt bis sieben Tage vor dem verabredeten Termin kostenfrei zu stornieren.

Storniert die R. D. die angemeldete Fahrt in einem Zeitraum von bis zu einem Tag vor dem Fahrtermin, werden 40 % des vereinbarten Entgeltes fällig. Storniert die R. D. die angemeldete Fahrt an dem Tag der beabsichtigten Fahrt, werden 60 % des verabredeten Entgeltes fällig.

Über die jeweils von der R. D. zu zahlende Vergütung rechnet die S. L. binnen einer Woche nach dem Fahrttermin ab. Evtl. Rückvergütungen sind ebenfalls in diesem Zeitraum zu leisten.

Die R. D. wird die Stornierungen sowohl fernmündlich als auch per Email der S. L. mitteilen. Die S. L. wird der R. D. die Emailadresse, an die die Stornierung zu richten ist, noch mitteilen.

Sollte die R. D. eine zusätzliche einfache Fahrt gebucht haben, und führt die S. L. an diesem Tag beispielsweise aufgrund erheblichen zusätzlichen Rückreiseverkehrs noch außerplanmäßige Sonderfahrten mit der Inselbahn durch, bei denen die Gäste der R. D. die Möglichkeit haben, den jeweiligen Zug zu nutzen, wird die S. L. der R. D. das Entgelt für die von ihr zuvor zusätzlich gebuchte Fahrt nicht berechnen. Ob ein derartiger Fall vorliegen kann, wird jedoch jeweils an dem entsprechenden Tag erst kurzfristig festgestellt werden können.

3. Zwischen der R. D. und der S. L. besteht Übereinstimmung, dass zwischen ihnen jeweils kurzfristig kommuniziert werden wird, wenn es zu geringen Abweichungen der grundsätzlich vereinbarten Abfahrtzeiten der Inselbahn bzw. Ankunftszeiten des Schiffes der R. D. kommen kann. Die S. L. ist grundsätzlich bereit, soweit es für sie zumutbar ist, die Inselbahn bei einer sehr geringfügig verspäteten Ankunftszeit des Schiffes der R. D. nicht vom Hafen abfahren zu lassen. Die R. D. ist grundsätzlich auch damit einverstanden, dass die Inselbahn im Einzelfall einige Minuten früher oder später abfährt, als ursprünglich vereinbart. Dies wird zwischen den Beteiligten jeweils kurzfristig fernmündlich kommuniziert.

4. Der R. D. wird von der S. L. die Option eingeräumt, eine von der S. L. außerhalb des grundsätzlichen Fahrplans kurzfristig individuell anberaumte Sonderfahrt, die von ihr dann aber doch nicht durchgeführt wird, bei der S. L. als eigene Sonderfahrt der Inselbahn zusätzlich zu den von ihr bereits am Jahresanfang angemeldeten Sonderfahrten zu buchen. Diese Sonderfahrt ist dann entsprechend den vereinbarten Konditionen zu begleichen.

5. Die S. L. erlaubt der R. D. auf dem Gelände ihres Bahnhofs in einem der Schaukästen (zur Zeit existiert nur ein Schaukasten innerhalb des Bahnhofsgebäudes) nach Wahl der R. D. deren Ausflugsfahrten zu bewerben. Dies kann mittels einer Werbung in einer Größe von DIN A4 oder DIN A3 stattfinden. Für eine Werbung in der Größe DIN A4 ist ein Jahresentgelt von 100 € netto, für eine Werbung in der Größe DIN A3 ist ein Jahresentgelt von 200 € netto von der R. D. zu bezahlen.

6. Die Parteien sind sich darüber einig, dass diese Vereinbarung zwischen Ihnen gekündigt werden kann, wenn sich die Verhältnisse in einem für diesen Vergleich wesentlichen Punkt nachträglich geändert haben, die Beteiligten ihre Verpflichtungen wiederholt nicht einhalten, oder dieser Vergleich auf unvollständigen, unrichtigen oder irreführenden Angaben der Beteiligten, die zu diesem Vergleich geführt haben, beruht.

Die Parteien sind sich auch darüber einig, dass für diesen Vergleich ein wesentliches Verhältnis ist, dass die R. D. ein ortsansässiger Familienbetrieb ist.

7. Die Landeskartellbehörde erklärt mit Wirkung gegenüber dem Oberlandesgericht:

Ich nehme die Verfügung vom 12.08.2014 zurück.

8. Die Kosten des Verwaltungskartellverfahrens werden gegeneinander aufgehoben, was bedeutet, dass jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Auslagen trägt und die Gerichtskosten zwischen den drei Beteiligten, also Beschwerdeführerin, Beschwerdegegnerin und der R. D. geteilt werden.

Laut diktiert, vorgespielt und genehmigt.