Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. 1. 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. EU Nr. L 31 S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2019/1381 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 6. 2019 (ABl. EU Nr. L 231 S. 1), bestimmt die Voraussetzungen und Maßnahmen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit über gesundheitliche Gefahren von Lebensmitteln oder Futtermitteln durch die zuständigen Behörden.
Die Berücksichtigung der beruflichen Geheimhaltungspflicht gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. 3. 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 999/2001, (EG) Nr. 396/2005, (EG) Nr. 1069/2009, (EG) Nr. 1107/2009, (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 652/2014, (EU) 2016/429 und (EU) 2016/2031 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 1/2005 und (EG) Nr. 1099/2009 des Rates sowie der Richtlinien 98/58/EG, 1999/74/EG, 2007/43/EG, 2008/119/EG und 2008/120/EG des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 89/608/EWG, 89/662/EWG, 90/425/EWG, 91/496/EEG, 96/23/EG, 96/93/EG und 97/78/EG des Rates und des Beschlusses 92/438/EWG des Rates (Verordnung über amtliche Kontrollen) (ABl. EU Nr. L 95 S. 1; Nr. L 137 S. 40; 2018 Nr. L 48 S. 44; Nr. L 322 S. 85; 2019 Nr. L 126 S. 73), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2021/1756 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. 10. 2021 (ABl. EU Nr. L 357 S. 27), ist dann hinfällig, wenn die zuständigen Behörden die allgemeine Öffentlichkeit informieren müssen, weil ein begründeter Verdacht besteht, dass Lebens- oder Futtermittel ein Gesundheitsrisiko gemäß Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 darstellen können.
Gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 178/2002 obliegt der Lebensmittelunternehmerin oder dem Lebensmittelunternehmer die Pflicht, ein von ihr oder ihm eingeführtes, erzeugtes, verarbeitetes, hergestelltes oder vertriebenes Lebensmittel, das den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit nicht entspricht, vom Markt zu nehmen, die zuständigen Behörden darüber zu unterrichten und die Endverbraucherinnen und -verbraucher effektiv und genau zu informieren, wenn das Produkt die Endverbraucherinnen und -verbraucher bereits erreicht haben könnte.
§ 40 LFGB i. d. F. vom 15. 9. 2021 (BGBl. I S. 4253; 2022 S. 28), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 20. 12. 2022 (BGBl. I S. 2752), bestimmt in seinem Absatz 1 Satz 1 als Sollvorschrift die Art und Weise der in Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 geregelten Information der Öffentlichkeit über bestimmte Eigenschaften der Lebensmittel und Futtermittel und fügt in Satz 2 weitere Tatbestände als Rechtsgrundlage für gleichartige Informationen hinzu.
Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 LFGB ist eine Information der Öffentlichkeit nach Absatz 1 durch die Behörde nur zulässig, wenn andere ebenso wirksame Maßnahmen, insbesondere eine Information der Öffentlichkeit durch die Lebensmittel- oder Futterunternehmerin oder den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer oder die Wirtschaftsbeteiligte oder den Wirtschaftsbeteiligten, nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden oder die Endverbraucherinnen und -verbraucher nicht erreichen.
Unbeschadet des Satzes 1 kann die Behörde ihrerseits die Öffentlichkeit auf eine Information der Öffentlichkeit oder eine Rücknahme- oder Rückrufaktion durch die Lebensmittelunternehmerin oder den Lebensmittelunternehmer oder die sonstige Wirtschaftsbeteiligte oder den sonstigen Wirtschaftsbeteiligten hinweisen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 LFGB).
Die Behörde kann unter den Voraussetzungen des Satzes 1 auch auf eine Information der Öffentlichkeit einer anderen Behörde hinweisen, soweit berechtigte Interessen der Endverbraucherinnen und -verbraucher in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich berührt sind (§ 40 Abs. 2 Satz 3 LFGB).
Bevor die Behörde die Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1 LFGB informiert, hat sie gemäß § 40 Abs. 3 LFGB die Herstellerin oder den Hersteller oder die Inverkehrbringerin oder den Inverkehrbringer anzuhören, sofern hierdurch die Erreichung des mit der Maßnahme verfolgten Zwecks nicht gefährdet wird. Soll in der Warnmeldung neben der Herstellerin oder dem Hersteller auch die Inverkehrbringerin oder der Inverkehrbringer genannt werden, muss diese bzw. dieser auch angehört werden. Dies gilt nicht in einem Fall des Absatzes 2 Satz 2 oder 3 LFGB.
Zur Publikation von öffentlichen Warnungen und Informationen i. S. des § 40 Abs. 1 und 2 LFGB nutzen die Bundesländer und das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) das Internetportal www.lebensmittelwarnung.de.
Auf der Grundlage des vorhandenen Rechtsrahmens wird durch diesen RdErl. ein einheitliches Verfahren zur Information der Öffentlichkeit und ein einheitliches Verfahren der Nutzung des Internetportals www.lebensmittelwarnung.devorgegeben.
Die folgenden auf Lebensmittel bezogenen Ausführungen gelten entsprechend auch für mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte, kosmetische Mittel, Bedarfsgegenstände und Mittel zum Tätowieren.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Regelungen des § 40 Abs. 1a und des § 40 Abs. 1 LFGB selbstständig nebeneinanderstehen und die Informationen nach getrennten Verfahren und auf getrennten Veröffentlichungsportalen herausgegeben werden.
Zudem sind die Regelungen für Meldungen wie z. B. im Rahmen des Schnellwarnsystems für Lebensmittel und Lebensmittelbedarfsgegenstände - RASFF - (vgl. Bezugserlass zu a), im Rahmen der Amtshilfe und der Zusammenarbeit für die Bereiche Lebensmittel, Wein und Lebensmittelbedarfsgegenstände (vgl. Bezugserlass zu b), im Rahmen von Lebensmittelbetrugsmeldungen für die Bereiche Lebensmittel, Wein und Lebensmittelbedarfsgegenstände (vgl. Bezugserlass zu c) und für das Verfahren für die Nutzung des Schnellwarnsystems für bestimmte Verbraucherprodukte (RAPEX) (Bezugserlass zu d) zu beachten.