Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.12.2020, Az.: 1 A 10748/17

Streitwert; Stundung; Widerruf

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
22.12.2020
Aktenzeichen
1 A 10748/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71970
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Bei einer Klage gegen den Widerruf der Stundung eines Abwasserbeitrags mit dem Ziel, weiterhin von der Zahlung des festgesetzten Beitrags verschont zu bleiben, richtet sich der Streitwert auch dann nach Nr. 3.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wenn die Stundung zinslos erfolgt ist (entgegen Nds. OVG, Beschl. v. 08.10.2018 - 9 OA 135/18 -, juris).

Tenor:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.323,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Das Verfahren ist infolge des im Verhandlungstermin am 30. November 2020 geschlossenen Vergleichs, der innerhalb der gesetzten Frist von drei Wochen nicht widerrufen, sondern von der Beklagten unter dem 14. Dezember 2020 bestätigt worden ist, unmittelbar beendet worden.

Die mithin lediglich noch vorzunehmende Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des festgesetzten Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG. Für den Fall einer Klage gegen den Widerruf einer zinslosen Stundung eines Erschließungsbeitrags hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass der Streitwert in Anlehnung an die Streitwertvorgaben für den vorläufigen Rechtsschutz (Nr. 1.5 Satz 1 Halbsatz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (NVwZ-Beilage 2/2013, 57; NordÖR 2014, 11)) mit einem Viertel des gestundeten Betrages anzusetzen sein soll, wenn das erkennbare Klageziel darauf gerichtet ist, weiterhin von einer Zahlung des festgesetzten Beitrags verschont zu bleiben (Beschl. v. 08.10.2018 - 9 OA 135/18 -, juris). Die Kammer hat bislang offen gelassen, ob dieser Streitwertfestsetzungspraxis zu folgen ist und für den Fall des Widerrufs einer verzinsten Stundung Folgendes ausgeführt (Beschl. d. Berichterstatters v. 18.01.2019 - 1 A 6046/18 -, n. v.):

"Vorliegend haben sich die Kläger zwar auch gegen den Widerruf einer Stundung gewehrt. Die Stundung erfolgte allerdings gerade nicht zinslos, so dass auf Nr. 3.2 des Streitwertkatalogs abgestellt werden kann, wonach grundsätzlich 6 v. H. des Hauptsachewertes je Jahr in Ansatz zu bringen ist. Da der sich rechnerisch ergebende Betrag den gestundeten und nunmehr eingeforderten Betrag i. H. v. 1.682,35 EUR übersteigt, ist allerdings eine Deckelung auf den Stundungsbetrag als solchen vorzunehmen. Die festgesetzten Stundungszinsen i. H. v. 4.306,50 EUR sind für den Streitwert daneben vollständig anzusetzen, obwohl nach § 43 Abs. 1 GKG der Wert einer Nebenforderung insbesondere in Gestalt von Zinsen neben einer Hauptforderung nicht zu berücksichtigen ist. Zwar ist nicht maßgeblich, dass den Stundungszinsen vorliegend angesichts ihrer Höhe im Verhältnis zum Stundungsbetrag kein typischer Nebenforderungscharakter zukommt, denn es handelt sich gleichwohl um Zinsen. Da sie indessen durch Bescheid gesondert festgesetzt wurden, geht es gleichwohl nicht um wertmäßig nicht zu berücksichtigende "Zinsen als Nebenforderungen", (vgl. dazu Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 43 GKG Rn. 3c). In einer solchen Situation liegt es anders als bei einer bloßen Kapitalisierung von Zinsen in einem einheitlichen Klageantrag (vgl. zu einer solchen Konstellation: OLG Celle, Beschl. v. 16.07.2009 - 2 W 188/09 -, juris Rn. 4; BGH, Beschl. v. 25.11.2004 - III ZR 325/03 -, juris Rn. 6)."

In der früheren Streitwertbemessungspraxis hat die Kammer auch in Fällen des Widerrufs einer zinslosen Stundung – indessen ohne nähere Problematisierung – den infolge des Widerrufs eingeforderten vollen Betrag zugrunde gelegt (Beschl. v. 18.02.2015 - 1 A 2154/13 -, n. v.; Beschl. v. 23.04.2014 - 1 A 5104/12 -, n. v.; ebenso noch das Nds. OVG in dem dem Urt. v. 23.04.2014 - 1 A 5104/12 - nachgehenden Beschl. v. 28.05.2015 - 9 LA 185/14 -, V. n. b.). Der Einzelrichter hält nach wie vor die Praxis für sachgerecht, sich an Nr. 3.2 des Streitwertkatalogs zu orientieren, den bis zum Widerruf bereits verstrichenen Stundungszeitraum mit 6 % pro Jahr in den Blick zu nehmen und den sich daraus ergebenden Betrag auf den gestundeten Betrag als solchen zu deckeln. Da der Abwasserbeitrag vorliegend seit 1981 gestundet war, ergibt sich ein gedeckelter Betrag von 6.323,00 EUR. Eine Anlehnung an die Streitwertannahmen für den vorläufigen Rechtsschutz überzeugt hingegen nicht. Das Klageziel im Hauptsacheverfahren, weiterhin auf unbeschränkte Zeit von der Zahlung des gestundeten Betrags verschont zu bleiben, lässt nach Auffassung des Einzelrichters eine Parallele zu einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht erkennen. Deshalb erscheint ein Rückgriff auf die dafür geltenden Streitwertannahmen im Streitwertkatalog nicht sachgerecht. Er ist auch nicht nötig, da Nr. 3.2 eine spezielle Regelung für Stundungen vorhält, die auch bei zinslosen Stundungen einschlägig ist.