Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 27.08.2020, Az.: 2 B 141/20

Ausbildungsförderung; Auslandsstudium; Eignungsmangel; Fachrichtungswechsel; Grund, wichtiger; Neigungswandel; Parkstudium

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
27.08.2020
Aktenzeichen
2 B 141/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72055
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Annahme eines wichtigen Grunds für einen Fachrichtungswechsel i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG aus einem Parkstudiengang in den Wunschstudiengang setzt voraus, dass der Wegfall des Hindernisses für das Studium im Wunschstudi-engang Anlass für den Fachrichtungswechsel war (hier verneint für die Aufnahme eines Medizinstudiums im Ausland).

Tenor:

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Gewährung von Ausbildungsförderung für ein Hochschulstudium der Humanmedizin in Rumänien.

Nach Erlangung der allgemeinen Hochschulreife im Jahr 2017 begann die Antragstellerin zum Wintersemester 2018/2019 ein Studium an der Universität Jena in der Fachrichtung Wirtschaft und Sprachen. Dieses Studium gab sie bereits nach dem ersten Fachsemester auf und absolvierte von Januar 2019 bis April 2019 eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin. Zum Sommersemester 2019 begann sie ein Studium an der Universität Göttingen in der Fachrichtung Geowissenschaften. Im Wintersemester 2018/2019, im Sommersemester 2019 und im Wintersemester 2019/2020 bewarb sie sich erfolglos um einen Studienplatz in der Fachrichtung Humanmedizin.

Nach Aufgabe des Studiums der Geowissenschaften begann die Antragstellerin zum Wintersemester 2019/2020 ein Studium in der Fachrichtung Humanmedizin an der Universitatea de Medicina şi Farmacie „Grigore T. Popa“ in Iaşi, Rumänien. Mit Antrag vom 25.09.2019 beantragte sie für dieses Studium und den Bewilligungszeitraum ab Oktober 2019 Ausbildungsförderung. Zur Begründung des zweiten Fachrichtungswechsels führte sie mit Schreiben vom 28.12.2019 aus, dass sie sich nach dem Abitur immer wieder für den Studiengang der Humanmedizin beworben habe. Um herauszufinden, ob sie für diesen Studiengang geeignet sei, habe sie die Ausbildung zur Rettungssanitäterin absolviert. Aufgrund des deutschen Studienplatzvergabesystems seien ihre Bewerbungen erfolglos geblieben. Deshalb habe sie die anderen Studiengänge aufgenommen. Mit Schreiben vom 16.11.2019 trug die Mutter der Antragstellerin ergänzend vor, die Fachrichtungen Geowissenschaften, Sprachen und Wirtschaft hätten die Antragstellerin ebenfalls interessiert, der Studienwunsch der Humanmedizin sei aber stärker.

Mit Bescheid vom 27.01.2020 lehnte der Antragsgegner die Gewährung von Ausbildungsförderung ab. Zur Begründung führte das Studentenwerk aus, ein wichtiger Grund für den zweiten Fachrichtungswechsel sei nicht ersichtlich. Die Antragstellerin habe nicht nachvollziehbar belegt, dass sie für den Studiengang Geowissenschaften ungeeignet sei. Auch ein Neigungswandel sei nicht zu erkennen. Ein solcher könne nur als wichtiger Grund anerkannt werden, wenn er von so schwerwiegender und grundsätzlicher Art sei, dass dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nicht mehr zugemutet werden könne. Es reiche nicht aus, lediglich in einen Studiengang zu wechseln, der den eigenen Neigungen besser entspreche. Ein wichtiger Grund müsse das vorhergehende Studium unmittelbar berühren und auf dieses bezogen sein. Anhaltspunkte hierfür seien nicht ersichtlich.

Am 19.02.2020 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen die Ablehnung ein. Zur Begründung trug sie vor: Nachdem sie gemerkt habe, dass der Studiengang Wirtschaft und Sprache für sie gänzlich ungeeignet gewesen sei, habe sie das Studium der Geowissenschaften begonnen, um keine weitere Zeit zu verlieren. Schon in der Schule habe sie am Fach Geografie viel Freude gehabt. Der Studiengang habe sie aber überfordert, da Anfängerveranstaltungen nur im Wintersemester angeboten worden seien und ihr deshalb das Grundlagenwissen gefehlt habe. Zudem habe man ihr empfohlen, Exkursionen, auf die sie sich wegen des praktischen Inhalts gefreut habe, erst in höheren Semestern zu belegen. Nach gründlichem Überlegen habe sie sich dann entschlossen, das Studium abzubrechen und im Ausland Medizin zu studieren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2020 wies die Landesdirektion Sachsen den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass ein wichtiger Grund für den Wechsel von der Fachrichtung Geowissenschaften zu Humanmedizin weder in einer mangelnden Eignung der Antragstellerin noch in einem Neigungswandel liege. Sie habe schon immer Medizin studieren wollen, was durch ihre Erklärung verdeutlicht werde, sie habe versucht, ihre Zulassungschancen durch die Teilnahme am Medizinertest, die Rettungssanitäter-Ausbildung und ihr Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr und im Freiwilligendienst zu verbessern. Zudem sei ein wichtiger Grund auch zu verneinen, weil die Antragstellerin zwar in Deutschland, nicht jedoch im Ausland gehindert gewesen sei, Medizin zu studieren. Es sei zudem nicht glaubhaft, dass sie das Studium der Geowissenschaften berufsqualifizierend habe abschließen wollen.

Am 13.07.2020 hat die Antragstellerin Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt. Unter Vertiefung ihres Vortrages aus dem Verwaltungsverfahren trägt sie ergänzend vor, dass ein wichtiger Grund für den Fachrichtungswechsel vorliege. Einerseits sei ihre weitere Ausbildung in Göttingen umsichtig geplant und sie sei auch bestrebt gewesen, diese mit Erfolg zu beenden. Hierzu habe sie sich aber nach dem ersten Fachsemester nicht mehr in der Lage gesehen. Das Studium der Geowissenschaften habe kein sogenanntes Parkstudium dargestellt. Unabhängig davon sei ein wichtiger Grund gegeben, weil sie vorgehabt habe, dieses Studium berufsqualifizierend zu beenden, falls sie keine Zulassung zu einem Medizinstudium in Deutschland bekommen würde. Sie sei auch auf eine Förderung angewiesen, da ihr anderweitige Mittel nicht zur Verfügung ständen und deshalb die Fortführung ihrer Ausbildung gefährdet sei. Soweit derzeit kein Präsenz-, sondern nur ein Online-Studium stattfinde, sei dies ein vorübergehender Ausnahmezustand.

Die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig (bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren) unter Vorbehalt der Rückforderung zu verpflichten, ihr für die Zeit von Oktober 2020 bis zum 30.09.2021 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er ist der Auffassung, die Antragstellerin habe einen Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht glaubhaft gemacht. Zum einen habe sie das Studium, für das eine jährliche Gebühr von 5.000,00 Euro zu zahlen sei, trotz angeblich nicht gesicherter finanzieller Grundlage begonnen. Zum anderen habe die Universität wegen der Corona-Pandemie seit März 2020 auf ein Online-Studium umgestellt und die Studierenden angewiesen, nicht auf den Campus zurückzukehren. Es sei daher davon auszugehen, dass die Antragstellerin bei ihren Eltern lebe, von diesen versorgt werde und von Deutschland aus studiere.

Auch ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Die Antragstellerin könne sich nicht darauf berufen, ein wichtiger Grund für den Studienfachwechsel liege in einem Neigungswandel. Nach ihrem Vortrag habe sie von vornherein den Wunsch gehabt, Medizin zu studieren, und die anderen Studiengänge nur begonnen, weil sie in ihrem Wunschstudienfach keinen Studienplatz erhalten habe. Ein wichtiger Grund liege des Weiteren nicht darin, dass die Antragstellerin infolge der Zulassungsbeschränkungen für das Medizinstudium zunächst ein anderes „Parkstudium“ aufgenommen und später nach entsprechender Zulassung zum Wunschstudium gewechselt habe. In dieser Fallgruppe setze die Annahme eines wichtigen Grunds voraus, dass der Auszubildende das Parkstudium zielstrebig mit dem Willen betreibe, es berufsqualifizierend abzuschließen. Fehle dieser Wille und beabsichtige der Studierende lediglich, eine Wartezeit zu überbrücken, sei ein wichtiger Grund für den späteren Fachrichtungswechsel zu verneinen. Die Antragstellerin habe einen entsprechenden Willen zu keiner Zeit gehabt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Akten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

Der Antragsgegner ist passivlegitimiert. Er ist für die Gewährung von Ausbildungsförderung für den Besuch von Ausbildungsstätten in Rumänien bundesweit zuständig (§ 45 Abs. 4 BAföG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 14 BAföG-AuslandszuständigkeitsV und § 3 Abs. 8 SächsAG-BAföG).

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Da nach Wesen und Zweck dieses Verfahrens eine vorläufige Regelung grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen - wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird - in diesem Verfahren nur ausgesprochen werden, wenn der Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen für den entsprechenden Anspruch (sog. Anordnungsanspruch) sowie weiterhin glaubhaft macht, er befinde sich in einer existenziellen Notlage und sei deswegen - mit gerichtlicher Hilfe - auf die sofortige Befriedigung des Anspruchs dringend angewiesen (sog. Anordnungsgrund). Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht i.S.v. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.

Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet, wenn der Auszubildende aus wichtigem Grund (Nr. 1) oder aus unabweisbarem Grund (Nr. 2) die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt hat; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen gilt Nr. 1 nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG wechselt ein Auszubildender die Fachrichtung, wenn er einen anderen berufsqualifizierenden Abschluss oder ein anderes bestimmtes Ausbildungsziel eines rechtlich geregelten Ausbildungsgangs an einer Ausbildungsstätte derselben Ausbildungsstättenart anstrebt. Beim erstmaligen Fachrichtungswechsel oder Abbruch der Ausbildung wird nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG in der Regel vermutet, dass die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG erfüllt sind; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen gilt dies nur, wenn der Wechsel oder Abbruch bis zum Beginn des dritten Fachsemesters erfolgt.

Fachrichtung im vorstehenden Sinn ist ein durch Lehrpläne, Ausbildungs-(Studien-)Ordnungen und/oder Prüfungsordnungen geregelter Ausbildungsgang, der auf einen bestimmten, berufsqualifizierenden Abschluss oder ein bestimmtes Ausbildungsziel ausgerichtet ist (Ziffer 7.3.2 BAföGVwV). Die Fachrichtung wird danach durch den Gegenstand der Ausbildung, d. h. das materielle Wissenssachgebiet, auf dem sie Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, und das Ausbildungsziel, den angestrebten Abschluss bestimmt (Buter in Rothe/Blanke, BAföG, Stand: Juli 2019, § 7 Rn. 47). Kennzeichnend für einen Fachrichtungswechsel ist, dass danach kein neuer Ausbildungsabschnitt beginnt (Ziffer 7.3.3a BAföGVwV). Die Antragstellerin hat sowohl beim Wechsel vom Studium im Fach Wirtschaft und Sprachen zum Studium der Geowissenschaften wie auch beim erneuten Wechsel zum Medizinstudium einen solchen Fachrichtungswechsel vollzogen, denn die Studiengänge sind im Hinblick auf den Gegenstand der Ausbildung jeweils eigenständig und nicht verwandt. In ihrem Fall liegt auch keine vom Fachrichtungswechsel abzugrenzende Schwerpunkverlagerung (vgl. Nr. 7.3.4 BAföGVwV) vor. Um eine bloße Schwerpunktverlagerung handelt es sich, wenn die Studiengänge bis zum Wechsel identisch sind oder die vor der Änderung absolvierten Semester auf den anderen Studiengang voll angerechnet werden, was vorliegend nicht der Fall ist.

Es kann offenbleiben, ob der Antragstellerin für den ersten Fachrichtungswechsel noch die Regelvermutung eines wichtigen Grunds gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG zugutekommt; jedenfalls besteht bei einem zweiten Wechsel eine solche Vermutung nicht mehr.

Bei dem Tatbestandsmerkmal „wichtiger Grund“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach ständiger, von der Kammer geteilter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein wichtiger Grund dann gegeben, wenn eine Güter- und Interessenabwägung ergibt, dass dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nach verständigem Urteil unter Berücksichtigung aller im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erheblichen Umstände und der beiderseitigen die Förderung berührenden Interessen nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. nur Urteile vom 22.06.1989 - 5 C 27/87 und 5 C 42.88 -, juris Rn. 13 bzw. 11 sowie vom 23.09.1999 - 5 C 19/98 -, juris Rn. 11; ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 14.01.2019 - 4 ME 8/19 -, juris Rn. 4; Urteil der beschließenden Kammer vom 24.05.2012 - 2 A 122/11 -, juris Rn. 20; Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl. 2020, § 7 Rn. 133; Buter in Rothe/Blanke, a.a.O. Rn. 42). Nach der Gesetzesbegründung können darunter u. a. mangelnde intellektuelle, psychische oder körperliche Eignung des Auszubildenden, ein Neigungswandel von schwerwiegender und grundsätzlicher Art oder ein Wandel der Weltanschauung bei weltanschaulich gebundenen Berufen fallen (BT-Drucksache 13/4246 S. 15). Ferner kann ein wichtiger Grund nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann vorliegen, wenn der Auszubildende durch hochschulrechtliche Zulassungsbeschränkungen gehindert war, seine Ausbildung von Anfang an in der Fachrichtung zu betreiben, die seiner Neigung am meisten entspricht, und der Wegfall dieses Hindernisses der Anlass für den Fachrichtungswechsel aus dem Parkstudium in das Wunschstudium ist. Voraussetzung für die Annahme eines Parkstudiums ist ferner der Wille des Auszubildenden, dieses Studium seiner zweiten Wahl berufsqualifizierend abzuschließen und nicht lediglich die Wartezeit bis zur Zulassung zum Wunschstudium zu überbrücken (BVerwG, Urteil vom 22.06.1989 - 5 C 42/88 -, juris Rn. 11, 12).

Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass in ihrem Fall ein wichtiger Grund für einen Studienfachwechsel vorlag. Ihr Vortrag hat die Kammer nicht davon überzeugt, dass sie das Studium der Geowissenschaften aufgeben musste, weil sie für dieses Studium nicht geeignet war. Ein Eignungsmangel setzt voraus, dass trotz hinreichender Bemühungen ausreichende Leistungen nicht erzielt werden können (Ramsauer/Stallbaum, a.a.O. Rn. 137). In ihrer Widerspruchsbegründung hat die Antragstellerin ausgeführt, ihr sei nicht bewusst gewesen, dass eine Grundlageneinführung in diesem Studiengang nur im Wintersemester stattfinde, und sie habe schnell festgestellt, dass sie aufgrund des nicht vorhandenen Grundlagenwissens überfordert gewesen sei. Zudem sei ihr empfohlen worden, Exkursionen, auf die sie sich wegen des praktischen Inhalts sehr gefreut habe, erst in einem höheren Semester zu belegen. Dieser Vortrag reicht nicht aus, um eine mangelnde Eignung der Antragstellerin für das Studium der Geowissenschaften zu begründen. Offensichtlich war es möglich, mit dem Studium im Sommersemester zu beginnen, auch wenn dies im Hinblick auf den Vorlesungsplan vielleicht nicht ideal gewesen sein sollte. Die Antragstellerin befand sich somit in derselben Situation wie andere Studierende, deren Studienbeginn im Sommersemester lag und die sich das erforderliche Grundlagenwissen eigeninitiativ verschaffen mussten. Eine mangelnde Eignung und einen entsprechenden Zwang zum Studienabbruch kann die Antragstellerin hiermit nicht belegen. Ihr Vortrag in der Klage- und Antragsbegründung, sie habe sich im Hinblick auf ihre Fähigkeiten, den Lernumfang und den vorhandenen Rückstand nicht mehr in der Lage gesehen, den Studiengang mit Erfolg zu beenden, ist auch im Hinblick darauf, dass sie sich im ersten Fachsemester eines sechssemestrigen Bachelor-Studiums befand, nicht überzeugend. Die Antragstellerin hat zudem keinerlei Nachweise dazu vorgelegt, dass sie sich um ausreichende Studienleistungen bemüht und dass sich die behauptete Überforderung in schlechten Leistungen realisiert hat. Weshalb die Empfehlung, dass Exkursionen erst in höheren Fachsemestern belegt werden sollten, sie eignungsbedingt zum Abbruch des Studiums gezwungen haben sollte, ist gleichfalls nicht ersichtlich.

Die Antragstellerin hat auch nicht überzeugend dargelegt, dass ein wichtiger Grund für den Fachrichtungswechsel in einem Neigungswandel gelegen hat. So trägt sie selbst vor, dass das Medizinstudium ihren Neigungen von vornherein am meisten entsprochen habe; bereits aus diesem Grund kann man kaum von einem Neigungswandel sprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.1983 - 5 C 8/80 -, juris Rn. 12; Ramsauer/Stallbaum, a.a.O. Rn. 142). Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn man hinsichtlich des wichtigen Grunds und damit auch des Neigungswandels auf den bisherigen Studiengang abstellt (vgl. Buter in Rothe/Blanke, a.a.O. Rn. 42). Umstände, die zu der Annahme führen würden, ihre Abneigung gegen das Studium der Geowissenschaften sei so groß gewesen, dass ihr die Fortsetzung des Studiums nicht zumutbar gewesen wäre, sind nicht glaubhaft gemacht worden. Sie selbst hat in Bezug auf den Studiengang Geowissenschaften nur die bereits oben erörterten Gesichtspunkte genannt, die ebenfalls nicht zu der Annahme führen, sie habe insoweit die Neigung vollständig oder zumindest weitgehend verloren. Noch im November 2019 hatte sie durch ihre Mutter vortragen lassen, an der Fachrichtung Geowissenschaften nach wie vor, jedoch weniger stark als an der Fachrichtung Medizin, interessiert zu sein. Besteht jedoch die Neigung für die bisherige Ausbildung fort, so ist ein wichtiger Grund für einen Fachrichtungswechsel auch dann nicht anzuerkennen, wenn aufgrund veränderter Umstände ein anderes Fach, für das eine stärkere Neigung besteht, erstmals studiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.11.2984 - 5 C 119/81 -, juris LS und Rn. 12; Ramsauer/Stallbaum, a.a.O. Rn. 141).

Schließlich hat die Antragstellerin einen wichtigen Grund auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines sog. Parkstudiums glaubhaft gemacht. Zwar geht die Kammer davon aus, dass ein Medizinstudium den Neigungen der Antragstellerin von Anfang an in besonderem Maß entsprach. Das Gericht nimmt angesichts des anwaltlichen Vortrags ihres Prozessbevollmächtigten auch an, dass die Antragstellerin sich mehrfach erfolglos um ein solches Studium in Deutschland beworben hat, obwohl die eingereichten, unvollständigen Absagen den Studiengang nicht ausdrücklich nennen. Die Antragstellerin hat jedoch nicht in einer den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigenden Weise - beispielsweise durch eidesstattliche Versicherung - glaubhaft gemacht, dass sie zu Beginn des Studiums der Geowissenschaften die Absicht hatte, das Studium bis zum berufsqualifizierenden Abschluss zu betreiben. Der Antragsgegner bestreitet eine solche Absicht und die von der Antragstellerin zur Begründung ihrer Motivation genannten Umstände (insbesondere ihr Interesse am Fach Geografie in der Schule) sind so vage und allgemein, dass sie nicht zur Glaubhaftmachung i.S.v. § 294 Abs. 1 ZPO führen.

Zudem setzt die förderungsrechtliche Rechtfertigung eines Wechsels von einem Park- in ein Wunschstudium voraus, dass die Aufgabe des bisherigen Studiums durch den Wegfall hochschulrechtlicher Zulassungsschranken für das Wunschstudium veranlasst war (BVerwG, Urteil vom 22.06.1989 - 5 C 42/88 -, juris Rn. 11; Ramsauer/Stallbaum, a.a.O. Rn. 147). Dies war hier nicht der Fall. Die Antragstellerin hat ihr Studium der Geowissenschaften nicht aufgegeben, weil das Hindernis, in Deutschland Medizin zu studieren, weggefallen war. Dieses Hindernis bestand im Zeitpunkt des Fachrichtungswechsels fort. Grund für ihre Entscheidung zur Aufgabe des Studiums war vielmehr der Entschluss, auf ein Medizinstudium im Ausland auszuweichen. Es ist jedoch nicht ersichtlich und glaubhaft gemacht, dass ihr ein solches Auslandsstudium im Wunschstudiengang nicht bereits nach der Aufgabe des Studiums in der Fachrichtung Wirtschaft und Sprachen und vor der Aufnahme des Studiums der Geowissenschaften möglich gewesen wäre. Der Wegfall des Hindernisses, in Deutschland Medizin zu studieren, war somit nicht ursächlich für den Fachrichtungswechsel; zugleich war die Aufnahme eines Studiums der Geowissenschaften als Parkstudium nicht notwendig, um das jetzt erreichte Ziel zu verfolgen. Dies führt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dazu, dass ein wichtiger Grund dafür, die Fachrichtung erst nach Aufnahme des Studiums der Geowissenschaften als Parkstudium nochmals zu wechseln, nicht in einer Weise glaubhaft gemacht ist, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigt.

Auf das Vorliegen eines Anordnungsgrunds kommt es danach nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.