Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.02.2020, Az.: 8 U 171/19

Rechtsstellung des Gebäude-, Inhalts- und Ertragsausfallversicherers einer Gaststätte bei ihm unbekanntem Betrieb als Swinger-Club; Wirksamkeit der Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.02.2020
Aktenzeichen
8 U 171/19
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 54173
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 10.07.2019 - AZ: 23 O 81/17

Fundstellen

  • NJW-RR 2020, 1158-1165 "Brand in Swingerclub"
  • NZM 2020, 988-991
  • VersR 2020, 830
  • zfs 2021, 155-158

Amtlicher Leitsatz

Die Angabe der Betriebsart „Gaststätte“ im Vertrag über eine Inhalts-, Gebäude- und Ertragsausfallversicherung kann den Versicherer zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berechtigen, wenn der Pächter des Versicherungsnehmers in den Räumen - wenn auch im Besitz der insofern notwendigen Gaststättenerlaubnis - tatsächlich einen „Swingerclub“ betreibt.

In dem Rechtsstreit
R. E. ... Ltd., ...,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
R. ...
H. K., ...,
Streithelfer der Klägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Dr. S. ...
gegen
W. Versicherung AG, ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
B. ...
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2020 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin und ihres Streithelfers gegen das am 10. Juli 2019 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Ausgenommen sind die Kosten der Streithilfe; diese trägt der Streithelfer der Klägerin selbst.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage Ansprüche aus einer Inhalts-, Gebäude- und Ertragsausfallversicherung wegen eines Brandschadens am 9. November 2014 geltend.

Die Klägerin war ab dem 30. Mai 2011 Miteigentümerin in Erbengemeinschaft und ist seit dem 5. Oktober 2016 Alleineigentümerin des Grundstücks E. in S. Das Grundstück war mit einem Geschäftsgebäude bebaut und zunächst an Frau S. M. A. und ab dem 6. Mai 2014 an die (inzwischen wegen Vermögenslosigkeit gelöschte) F. ... UG (haftungsbeschränkt) verpachtet. Die Pächter betrieben in dem Objekt den Swingerclub "B."; ob in dem Swingerclub Prostituierte tätig waren, ist streitig.

Am 22. September 2011 übermittelte die Beklagte dem Streithelfer der Klägerin (nachfolgend nur als Streithelfer bezeichnet), der für die Klägerin als Versicherungsmakler tätig und von dieser bevollmächtigt war, ihre Interessen gegenüber der Beklagten zu vertreten, eine Preisinformation für eine Firmen-Police, die eine Inhalts-, Gebäude- und Ertragsausfallversicherung umfasste und unter anderem das Risiko Feuer abdeckte (Anlage BLD 3 und Anlage K 40; alle Anlagen in den Anlagenordnern bzw. im Anlagenhefter). In der Preisinformation war als Betriebsart "Gaststätte" angegeben. Nachdem die Klägerin, vertreten durch Herrn P., dem Vorschlag am 29. September 2011 zugestimmt hatte, übermittelte der Streithelfer die Preisinformation am 30. September 2011 der Beklagten per Telefax als Deckungsaufgabe. Die Beklagte policierte den Vertrag am 20. Oktober 2011 auf der Grundlage der Verbundenen Versicherungsbedingungen für die Firmen Sachversicherung (VFS 2010) und weiterer Bedingungen. Wegen der Einzelheiten des Vertrags wird auf die Anlagen K 1 bis K 5 und BLD 1 Bezug genommen.

Am 9. November 2014 wurde das Gebäude infolge von Brandstiftung vollständig zerstört.

Nachdem die Klägerin der Beklagten den Schaden gemeldet hatte, trat diese in die Leistungsprüfung ein. Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 5. Dezember 2014 (Anlage K 10), gerichtet an Rechtsanwalt S., der sich zwischenzeitlich für die Klägerin gemeldet hatte, erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Vertrag, hilfsweise eine Vertragsanpassung, weil bei Antragstellung die Betriebsart falsch angegeben worden sei. Ferner forderte die Beklagte die Klägerin zur Erteilung verschiedener Auskünfte und Einreichung von Unterlagen auf, was in der Folgezeit unterblieb. Mit weiterem Schreiben vom 30. Oktober 2015 (Anlagen K 11 und BLD 21), nunmehr gerichtet an Rechtsanwalt B., der sich mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 für die Klägerin legitimiert hatte, erklärte die Beklagte wegen der falschen Angabe der Betriebsart die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung.

Die Klägerin hat die Anfechtung, den Rücktritt sowie die hilfsweise erklärte Vertragsanpassung für unwirksam erachtet. Sie hat behauptet, der Mitarbeiter H. der Beklagten sei vor Erstellung der Preisinformation vom 22. September 2011 durch den Streithelfer über den Betrieb eines Swingerclubs informiert worden. Rechtsanwalt S. sei zur Entgegennahme von Erklärungen nicht bevollmächtigt gewesen. Den Zugang des Schreibens vom 30. Oktober 2015 bei Rechtsanwalt B. hat die Klägerin bestritten.

Die Klägerin hat im Wege der Leistungsklage folgende Ansprüche geltend gemacht (jeweils netto):

Zeitwertschaden (Gebäude)

1.235.000,00 €

Betriebseinrichtung

90.000,00 €

Vorräte

10.000,00 €

Mietausfall (24 Monate)

60.000,00 €

Abbruchkosten

126.500,00 €

1.521.500,00 €

Im Wege der Feststellungsklage hat sie von der Stadt S. berechnete Absperrkosten in Höhe von 34.960,00 € sowie die Neuwertspitze (Gebäudeschaden) in Höhe von 665.000,00 € geltend gemacht.

Hinsichtlich des die Versicherungssumme von 600.000,00 € übersteigenden Gebäudeschadens hat die Klägerin gemeint, die Versicherungssumme habe, weil es sich um eine dynamische Neuwertversicherung gehandelt habe, angepasst werden müssen. Wegen der verbleibenden Differenz stehe ihr ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung zu. Sie hat behauptet, der Mitarbeiter H. der Beklagten habe in einem Telefonat mit dem Streithelfer zugesagt, das Objekt hinsichtlich der Versicherungssumme in Augenschein nehmen zu lassen.

Die Klägerin und ihr Streithelfer haben beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.521.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. Dezember 2014 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin in vollem Umfang Deckungsschutz zu gewähren unter der streitgegenständlichen Versicherungspolice (Anlage K 1) für Absperrkosten, die die Stadt S. gemäß Anlage K 18 in Höhe von 34.960,35 € gegen die Klägerin geltend macht,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weitere 665.000,00 € zu zahlen, wenn und soweit die Klägerin nach angemessener Frist sichergestellt hat, dass sie den genannten Betrag verwenden wird, um ein Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung auf dem Objekt E., S., wiederherzustellen, wie es sich dort vor dem Brandschaden vom 9. November 2014 befunden hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Feststellungsanträge für unzulässig gehalten und - mit Blick auf Mitversicherte - die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede genommen.

Sie hat die Anfechtung (sowie Rücktritt und hilfsweise Vertragsanpassung) für wirksam erachtet und dazu behauptet, sie und ihre Mitarbeiter hätten erstmals nach dem Brandschaden von dem Betrieb eines Swingerclubs erfahren. Wäre bei Antragstellung bekannt gewesen, dass in dem Objekt ein Swingerclub betrieben werde, wäre ein Versicherungsvertrag nach ihren Zeichnungsrichtlinien allenfalls auf der Grundlage einer Direktionsentscheidung und zu anderen Bedingungen als bei einer Gaststätte zustande gekommen. Bei dem Swingerclub habe es sich um einen bordellartigen Betrieb gehandelt, in dem Prostituierte zum Einsatz gekommen seien.

Hilfsweise hat sich die Beklagte Vortrag des Streithelfers zu eigen gemacht und behauptet, dieser habe ihren Mitarbeiter H. telefonisch vor Antragstellung von dem Betrieb eines Swingerclubs in Kenntnis gesetzt, woraufhin ihr Mitarbeiter H. erklärt habe, ein Swingerclub sei nicht versicherbar.

Die Beklagte hat weiter gemeint, wegen einer nicht angezeigten Gefahrerhöhung leistungsfrei zu sein. Dazu hat sie behauptet, es habe eine Bedrohungslage durch die H. A. bestanden. Ferner seien in dem Objekt Drogengeschäfte getätigt worden.

Schließlich hat die Beklagte gemeint, leistungsfrei zu sein, weil die Klägerin vorsätzlich die erbetenen Auskünfte und Unterlagen nicht erteilt bzw. eingereicht habe.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung mehrerer Zeugen. Sodann hat das Landgericht mit Urteil vom 10. Juli 2019 (Bl. 472 ff. d. A.; berichtigt durch Beschluss vom 20. August 2019, Bl. 530 f. d. A.), auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Die Klageanträge zu 2 und 3 seien unzulässig. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2 fehle das Feststellungsinteresse, weil eine Leistungsklage möglich und vorrangig sei. Hinsichtlich des Klageantrags zu 3 fehle es an einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis, weil der Anspruch auf die Neuwertspitze erst mit Sicherstellung der Wiederherstellung entstehe und dementsprechend auch nicht Verjährung drohe.

Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Versicherungsvertrag sei aufgrund der von der Beklagten erklärten Anfechtung nichtig. Der Streithelfer habe die Beklagte arglistig getäuscht, indem er in der Deckungsaufgabe als Betriebsart "Gaststätte" angegeben und dies nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht mündlich richtiggestellt habe. Arglist sei auch anzunehmen, falls der Streithelfer Herrn H. in einem ersten Telefonat den Betrieb eines Swingerclubs mitgeteilt und Herr H. erklärt hätte, ein Swingerclub sei nicht versicherbar; in diesem Fall liege die Arglist des Streithelfers darin, in Kenntnis der mangelnden Versicherbarkeit eines Swingerclubs in der Deckungsaufgabe als Betriebsart "Gaststätte" angegeben zu haben. Die arglistige Täuschung des Streithelfers müsse sich die Klägerin, für die der Streithelfer als Makler tätig gewesen sei, zurechnen lassen. Die arglistige Täuschung sei für den Vertragsschluss kausal geworden, weil der Vertrag bei Mitteilung der zutreffenden Betriebsart "Swingerclub" entweder gar nicht oder nur aufgrund einer Direktionsentscheidung zu anderen Bedingungen zustande gekommen wäre.

Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch wegen einer Beratungspflichtverletzung gegen die Beklagte zu. Die Beklagte sei gemäß § 6 Abs. 6 VVG nicht zur Beratung verpflichtet gewesen, weil auf Seiten der Klägerin ein Versicherungsmakler tätig gewesen sei. Dass sich die Beklagte zur Wertermittlung verpflichtet habe, habe die Klägerin nicht bewiesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerin und ihr Streithelfer mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Die Klägerin macht geltend, das Landgericht habe die Feststellungsanträge zu Unrecht als unzulässig behandelt. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2 sei das Feststellungsinteresse schon deshalb zu bejahen, weil zu erwarten sei, dass die Beklagte auch auf ein Feststellungsurteil leisten werde. Hinsichtlich des Klageantrags zu 3 liege ebenfalls ein Feststellungsinteresse vor. Im Hinblick auf die Neuwertspitze handele es sich um ein gegenwärtiges, wenn auch bedingtes Rechtsverhältnis.

Das Landgericht sei zu Unrecht von einer wirksamen Anfechtung ausgegangen. Insoweit habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass sie den Zugang des Schreibens vom 30. Oktober 2015 bestritten habe. Einer Anfechtung stehe auch entgegen, dass die Beklagte keinerlei Fragen in Textform gestellt habe. Es fehle ferner an einer Täuschung über Tatsachen. Die Bezeichnung des Betriebs als "Gaststätte" sei zutreffend gewesen, weil die Gaststättenerlaubnis neben der Gewerbeerlaubnis die einzig erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigung für den Betrieb gewesen sei. Das Landgericht sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass es einen "zweiten Anlauf" im Hinblick auf Deckungsschutz gegeben habe; vielmehr habe sich das gesamte Geschehen innerhalb weniger Wochen abgespielt, und in die Preisinformation vom 22. September 2011 sei gegenüber der ersten Preisinformation vom 17. August 2011 (Anlage BLD 2) ein Risikozuschlag für den Swingerclub eingepreist worden. Arglist scheide auch aus, weil der Streithelfer dem Mitarbeiter H. der Beklagten den Betrieb eines Swingerclubs mitgeteilt habe und weil die Beklagte grundsätzlich Swingerclubs versichere. Der Streithelfer sei zudem faktisch Außendienst der Beklagten gewesen; deswegen finde die Auge-und-Ohr-Rechtsprechung des BGH Anwendung. Weitere Feststellungen des Landgerichts seien ebenfalls unzutreffend und einseitig zulasten der Klägerin.

Der Streithelfer greift die Beweiswürdigung des Landgerichts als einseitig an und macht geltend, das Landgericht habe die bei der Beklagten liegende Beweislast für die Voraussetzungen einer Arglistanfechtung verkannt.

Die Klägerin und ihr Streithelfer beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hannover vom 10. Juli 2019 (23 O 81/17)

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.521.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. Dezember 2014 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin in vollem Umfang Deckungsschutz zu gewähren unter der streitgegenständlichen Versicherungspolice (Anlage K 1) für Absperrkosten, die die Stadt S. gemäß Anlage K 18 in Höhe von 34.960,35 € gegen die Klägerin geltend macht,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weitere 665.000,00 € zu zahlen, wenn und soweit die Klägerin nach angemessener Frist sichergestellt hat, dass sie den genannten Betrag verwenden wird, um ein Gebäude in gleicher Art und Zweckbestimmung auf dem Objekt E., S., wiederherzustellen, wie es sich dort vor dem Brandschaden vom 9. November 2014 befunden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin und ihres Streithelfers hat in der Sache keinen Erfolg. Sie führt lediglich insoweit zu einer Änderung des angefochtenen Urteils, als die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen ist.

A. Die zwischenzeitliche Löschung der Klägerin im Gesellschaftsregister des e. C. H. steht der Fortführung des Verfahrens nicht entgegen, nachdem die Klägerin die Wiedereintragung betrieben hat und seit dem 7. Januar 2020 wieder eingetragen ist.

Zwar führt die Löschung einer noch nicht anwaltlich vertretenen Limited, deren Wiedereintragung noch betrieben werden kann, zu einer Unterbrechung des Verfahrens entsprechend §§ 239, 241 ZPO (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 - VII ZR 112/14, juris, Rn. 21 ff.). Vorliegend war aber bereits vor der Löschung der Klägerin ein Prozessbevollmächtigter bestellt. Dementsprechend findet § 246 Abs. 1 ZPO entsprechende Anwendung, wonach das Verfahren auf Antrag auszusetzen ist (vgl. zur Anwendung des § 246 Abs. 1 ZPO BGH, a. a. O., Rn. 28). Eine Aussetzung des Verfahrens ist nicht beantragt worden.

B. Die Klage ist insgesamt zulässig.

1. Die (vom Landgericht verneinte) Zulässigkeit der Feststellungsanträge ist unabhängig davon zu prüfen, ob die Feststellungsanträge begründet sind oder nicht. Denn der Senat ist durch das Verschlechterungsverbot (reformatio in peius) nicht gehindert, die Prozessabweisung in erster Instanz allein auf die Berufung des Klägers durch eine Sachabweisung zu ersetzen (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 528 Rn. 32).

2. Abweichend von der Auffassung des Landgerichts erachtet der Senat die Feststellungsanträge für zulässig.

a) Zulässig ist zunächst der die Absperrkosten betreffende Feststellungsantrag (Klageantrag zu 2).

Im Grundsatz zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse dann fehlt, wenn eine Leistungsklage möglich und zumutbar ist. Die Klägerin könnte auch Leistungsklage erheben. Dass sie die von der Stadt S. mit Schreiben vom 10. April 2017 (Anlage K 18) angeforderten Absperrkosten bislang nicht ausglich, steht einer Leistungsklage nicht entgegen. Zwar sieht C. § 3 Nr. 4 lit. a dd VFS 2010 den "Ersatz" von Absperrkosten vor. Absperrkosten sind allerdings definiert als "Aufwendungen für das Absperren von Straßen, Wegen und Grundstücken". "Aufwendungen" liegen jedoch bereits dann vor, wenn eine entsprechende Verbindlichkeit besteht; ein Geldfluss ist nicht erforderlich (ähnlich OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 15. Juni 2012 - 7 U 246/11, juris, Rn. 42).

Allerdings wird ein Feststellungsinteresse trotz möglicher Leistungsklage angenommen, wenn schon das Feststellungsurteil zur endgültigen Streitbeilegung führt, weil zu erwarten ist, dass der Beklagte bereits auf ein Feststellungsurteil leistet (BGH, Urteil vom 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15, juris, Rn. 16). Das kann bei einer Versicherungsgesellschaft angenommen werden (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - VI ZR 195/98, juris, Rn. 19).

b) Auch der die Neuwertspitze betreffende Feststellungsantrag (Klageantrag zu 3) ist zumindest aufgrund der Umstände des vorliegenden Sachverhalts zulässig.

aa) Das Landgericht hat seine Auffassung damit begründet, dass kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO vorliege, weil der Anspruch auf die Neuwertentschädigung erst mit der fristgerechten Sicherstellung der Wiederherstellung entstehe, und sich insoweit auf eine Entscheidung des OLG Köln berufen. Dem vermag der Senat jedenfalls aufgrund der Umstände des vorliegenden Sachverhalts nicht zu folgen.

Richtig ist zwar, dass das OLG Köln diese Auffassung im Rahmen eines PKH-Beschwerdeverfahrens vertreten hat (OLG Köln, Beschluss vom 12. März 2018 - 9 W 7/18, juris, Rn. 6). Allerdings betraf diese Entscheidung ausweislich der Gründe der Entscheidung einen deutlich weitergehenden Antrag, als es vorliegend der Fall ist; insbesondere griff der dort gestellte Antrag nicht die Voraussetzungen eines Anspruchs auf die Neuwertspitze auf (vgl. OLG Köln, a. a. O., Rn. 4). Das vom OLG Köln herangezogene Argument, dass die strenge Wiederherstellungsklausel dazu diene, das subjektive Risiko des Versicherers zu begrenzen und zu verhindern, dass der Versicherungsnehmer durch die Möglichkeit der freien Verwendung der Versicherungssumme in Versuchung gerate, Versicherungsfälle vorzutäuschen, entfaltet im vorliegenden Fall aufgrund der eingeschränkten Formulierung des Feststellungsantrags keine Bedeutung.

Demgegenüber hat das OLG Koblenz (Urteil vom 18. Januar 2019 - 12 U 129/18, juris, Rn. 36, 40 ff.) ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis und damit die Zulässigkeit eines die Neuwertspitze betreffenden Feststellungsantrags angenommen. Auch der Bundesgerichtshof hat bereits in einer älteren Entscheidung zu einer (ebenfalls strengen) Wiederherstellungsklausel in einem Feststellungsausspruch, der inhaltlich der streitgegenständlichen Antragstellung entspricht, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Versicherers gesehen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 1978 - IV ZR 129/77, juris, Rn. 10, 18, 31, 34). Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

bb) Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ein Feststellungsinteresse des Versicherungsnehmers im Zusammenhang mit der Neuwertspitze nicht generell verneint. Zwar soll ein Feststellungsantrag unzulässig sein, wenn danach der Versicherer verpflichtet wäre, den Neuwertschaden zu ersetzen, ohne sich auf die fehlende Sicherstellung der zweckentsprechenden Verwendung berufen zu können (Günther, r+s 2017, 340, unter 1.2). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil der Feststellungsantrag in der vorliegend gewählten Formulierung sicherstellt, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf die Neuwertspitze zu gegebener Zeit geprüft werden können. Umgekehrt soll eine Feststellungsklage zulässig sein, die sich auf die Feststellung beschränkt, dass nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zum Anspruchsgrund eine Nachfrist für die Sicherstellung der Wiederherstellung besteht (Günther, a. a. O., unter 3.1). Die Feststellung des Bestehens einer Nachfrist ist aber nicht zielführend, wenn nicht klar ist, welche Folgen im Falle der Einhaltung dieser Nachfrist eintreten. Auch das spricht für eine weitergehende Zulässigkeit der Feststellungsklage.

Auch nach dieser Auffassung ist die Zulässigkeit der Feststellungsklage anzunehmen. Denn die Beklagte hat keine Erklärung dahingehend abgegeben, dass sie sich für den Fall der gerichtlichen Ausurteilung ihrer generellen Leistungspflicht nicht auf das Verstreichen der 3-Jahres-Frist berufen werde.

C. Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag zu. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Vertrag aufgrund der von der Beklagten erklärten Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig ist, § 22 VVG, § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB.

a) Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 30. Oktober 2015 die Anfechtung ihrer Vertragserklärung wegen der falschen Angabe der Bezeichnung des Objekts als "Gaststätte" erklärte.

Zuzugestehen ist der Klägerin zwar, dass diese - was das Landgericht offensichtlich missverstanden hat - den Zugang des Schreibens vom 30. Oktober 2015 bei ihrem damaligen anwaltlichen Vertreter, Rechtsanwalt B., bestritten hat. Das ist im Ergebnis jedoch ohne Bedeutung. Denn der Zugang dieses Schreibens steht aufgrund der Aktenlage fest.

Der spätere anwaltliche Vertreter der Klägerin, Rechtsanwalt Dr. S., teilte in seinem Schreiben vom 14. April 2016 (Anlage BLD 23) mit, "unsere Mandantin", also die Klägerin, habe ihm unter anderem das Schreiben vom 30. Oktober 2015 vorgelegt. Das war aber nur möglich, wenn das Schreiben vom 30. Oktober 2015 Rechtsanwalt B. zugegangen (und an die Klägerin weitergeleitet worden) war. Dass sich das Schreiben des Rechtsanwalts Dr. S. auf ein anderes Schreiben vom 30. Oktober 2015 als dasjenige mit der Anfechtungserklärung bezogen haben könnte, behauptet die Klägerin nicht und liegt fern. Bezeichnenderweise hat die Klägerin das Schreiben vom 30. Oktober 2015 auch selbst mit der Klageschrift als Anlage K 11 vorgelegt, ohne zugleich den Zugang bei Rechtsanwalt B. zu bestreiten oder zu erläutern, wie sie sonst in den Besitz dieses Schreibens gekommen sein will. Letzteres hat sie im Übrigen auch nicht getan, als sie im weiteren Verfahrensverlauf - mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2018 (Bl. 175 d. A.) - den Zugang bei Rechtsanwalt B. bestritten hat.

Soweit sich die Klägerin nunmehr erstmals im Schriftsatz vom 9. Januar 2020 bezüglich des Zugangs des Schreibens vom 30. Oktober 2015 gegenbeweislich auf das Zeugnis des Rechtsanwalts B. berufen hat, ist sie damit gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. Die Klägerin hat die Voraussetzungen einer Zulassung dieses Beweisantritts gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht dargelegt. Es ist auch davon auszugehen, dass das Unterlassen dieses Beweisantritts in erster Instanz auf Nachlässigkeit beruht. Das Schreiben des Rechtsanwalts Dr. S. vom 14. April 2016, aus dem sich der Zugang des Anfechtungsschreibens vom 30. Oktober 2015 ergibt, ist bereits mit der Klageerwiderung vorgelegt worden. Bereits im Zeitpunkt des Bestreitens des Zugangs des Anfechtungsschreibens hätte die Klägerin daher Veranlassung gehabt, Gegenbeweis anzutreten. Spätestens bestand dazu Veranlassung, nachdem das Landgericht durch Erlass des Beweisbeschlusses vom 13. Februar 2019 (Bl. 218 ff. d. A.) zu erkennen gegeben hatte, dass es die Frage der arglistigen Täuschung aufklären wollte. Dies war nur dann geboten, wenn das Landgericht ohne (mangels Beweisantritts auch gar nicht mögliche) Beweisaufnahme von einem Zugang der Anfechtungserklärung ausgehen wollte.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei insoweit angemerkt, dass auf der Grundlage der Ausführungen des Rechtsanwalts Dr. S. in seinem Schreiben vom 14. April 2016 das Bestreiten des Zugangs des Anfechtungsschreibens durch die Klägerin eine Verletzung der Wahrheitspflicht des § 138 Abs. 1 ZPO darstellt.

b) Soweit die Klägerin infrage stellt, ob das Schreiben vom 30. Oktober 2015 innerhalb der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB zuging, ist das ohne Bedeutung. Denn die Beweislast für alle Voraussetzungen des Erlöschens des Anfechtungsrechts trägt der Anfechtungsgegner, hier also die Klägerin (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl., § 124 Rn. 5 mit weiteren Nachweisen). Es wäre also Sache der Klägerin, darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, dass das Schreiben vom 30. Oktober 2015 erst nach Ablauf der Jahresfrist bei Rechtsanwalt B. einging. Derartiger Vortrag wäre der Klägerin auch ohne weiteres möglich, weil sie von ihrem früheren anwaltlichen Vertreter eine entsprechende Auskunft verlangen könnte. Hierzu verhält sich der Vortrag der Klägerin jedoch nicht, obwohl sogar die Beklagte in der Berufungserwiderung (dort Seite 12, Bl. 678 d. A.) ausdrücklich auf die bei der Klägerin liegende Beweislast hingewiesen hat.

c) Das Landgericht ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte zur Anfechtung berechtigt war. Der Streithelfer täuschte die Beklagte bei Vertragsschluss arglistig. Die Klägerin muss sich dieses Verhalten des Streithelfers zurechnen lassen. Die Vertragserklärung der Beklagten beruhte auf dieser Täuschung.

aa) Eine arglistige Täuschung der Beklagten durch den Streithelfer liegt vor.

(1) Die Annahme einer von einem Versicherungsnehmer begangenen arglistigen Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Falsche Angaben in einem Versicherungsantrag allein rechtfertigen den Schluss auf eine arglistige Täuschung nicht. Es existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer Antragsfrage immer und nur in Manipulationsabsicht erfolgt (vgl. BGH VersR 2011, 338; BGH VersR 2007, 785 [BGH 28.02.2007 - IV ZR 331/05]). In subjektiver Hinsicht setzt die Annahme von Arglist vielmehr zusätzlich voraus, dass der Versicherungsnehmer erkennt und billigt, dass der Versicherer seinen Antrag bei Kenntnis des wahren Sachverhalts gar nicht oder nur zu anderen Konditionen annehmen werde (vgl. BGH VersR 2011, 338 [BGH 24.11.2010 - IV ZR 252/08]).

Die Beweislast für die Täuschungsabsicht des Versicherungsnehmers trägt der Versicherer. Liegen objektiv falsche Angaben vor, trifft den Versicherungsnehmer allerdings eine sekundäre Darlegungslast; er muss plausibel darlegen, wie und weshalb es zu den objektiv falschen Angaben gekommen ist (BGH VersR 2011, 909, 910 [BGH 11.05.2011 - IV ZR 148/09]).

(2) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht eine arglistige Täuschung durch den Streithelfer zu Recht bejaht.

(a) Das Landgericht hat zunächst zu Recht angenommen, dass die Angabe der Betriebsart "Gaststätte", obwohl in dem zu versichernden Gebäude tatsächlich ein Swingerclub betrieben wurde, eine Täuschung in diesem Sinne darstellt.

Unter einer Gaststätte versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch einen Betrieb im Gastgewerbe, in dem Getränke oder Speisen zum sofortigen Verzehr verkauft werden und der dafür eine Aufenthaltsmöglichkeit bietet (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Gaststätte). Der Hauptzweck einer Gaststätte ist mithin der Verzehr von Getränken oder Speisen. Das gilt für einen Swingerclub nicht. Auch wenn der Verzehr von Getränken oder Speisen in einem Swingerclub üblich und das im "B." angebotene Buffet reichhaltig gewesen sein mag, ist das doch zweifelsfrei nicht der Hauptzweck eines Swingerclubs. Dort geht es in erster Linie um das Ausleben der Sexualität (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Swingerclub). Das ergibt sich im Übrigen zwanglos auch aus den von der Klägerin als Anlagenkonvolut K 27a vorgelegten Fotos; die Ausstattung zumindest einiger der darauf gezeigten Räumlichkeiten ist für den Verzehr von Getränken oder Speisen (als Hauptzweck) denkbar ungeeignet. Auch das als Anlage K 27 vorgelegte Video zeigt - beispielsweise ab Minute 20:40 - Situationen, die ersichtlich nichts mit dem Verzehr von Getränken oder Speisen zu tun haben.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Angabe der Betriebsart "Gaststätte" sei deshalb zutreffend, weil die Gaststättenerlaubnis die einzig erforderliche öffentlich-rechtliche Erlaubnis für den Betrieb des Swingerclubs gewesen sei, ist dem nicht zu folgen. Richtig ist zwar, dass der Betrieb eines Swingerclubs, in dem Getränke und/oder Speisen angeboten werden, zugleich den Betrieb eines Gaststättengewerbes darstellt. Denn ein Gaststättengewerbe betreibt gemäß § 1 GastG, wer im stehenden Gewerbe Getränke (Schankwirtschaft) oder zubereitete Speisen (Speisewirtschaft) zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist. Das ändert aber nichts daran, dass eine Gaststätte etwas anderes ist als ein Swingerclub.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, eine Täuschung scheide schon deshalb aus, weil in der der Beklagten überlassenen Gewerbe-Anmeldung vom 27. Februar 1997 (Anlage SH 1) bei "Art des angemeldeten Betriebes" "Sonstiges" angekreuzt und bei der Frage nach einer Erlaubnis auf die am gleichen Tage erteilte Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz hingewiesen worden sei und die Beklagte keine Rückfragen gestellt habe, trägt das ebenfalls nicht. Die Angabe "Sonstiges" trifft für alle Betriebe zu, die nicht den weiteren Optionen "Industrie", "Handwerk" oder "Handel" unterfallen. Sie gab der Beklagten mithin keine Veranlassung für eine Nachfrage, ob es sich bei der in der Deckungsaufgabe so bezeichneten "Gaststätte" um etwas anderes als um eine Gaststätte im Sinne des üblichen Sprachgebrauchs handeln könnte.

Dass die Beklagte zwischen einer Gaststätte und einem Swingerclub unterschied, ergibt sich im Übrigen aus den von der Klägerin vorgelegten Versicherungsscheinen für ein Objekt in Ba., die jeweils einen ausdrücklichen Hinweis auf einen Swingerclub enthalten (Anlagen K 14, K 23a, K 36, K 37).

(b) Der Annahme einer arglistigen Täuschung steht die Behauptung der Klägerin, der Streithelfer habe die Beklagte von dem Betrieb eines Swingerclubs in Kenntnis gesetzt, nicht entgegen. Zwar scheidet jedenfalls eine Irrtumserregung und damit eine Kausalität der Täuschung aus, wenn der Versicherer den unrichtig angezeigten Umstand kennt. Dies hat das Landgericht vorliegend jedoch zu Recht verneint.

(aa) Entgegen der Auffassung des Streithelfers ist das Landgericht insoweit zutreffend davon ausgegangen, dass die Beweislast für die Voraussetzungen einer arglistigen Täuschung beim Anfechtenden liegt, hier also bei der Beklagten. Das folgt aus der Formulierung auf Seite 18 des Urteils vor (1), die objektiv falsche Angabe "Gaststätte" sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht (mündlich) richtiggestellt worden. Das Landgericht hat mithin die unterbliebene Richtigstellung positiv festgestellt und nicht (was fehlerhaft gewesen wäre) eine Beweislastentscheidung zulasten der Klägerin getroffen.

Bei der von der Beklagten zu beweisenden unterbliebenen Richtigstellung handelt es sich um eine negative Tatsache. Das hat zur Konsequenz, dass die Klägerin aufgrund einer sekundären Darlegungslast darlegen muss, wann und wie die Richtigstellung erfolgt sein soll; die Beweislast der Beklagten beschränkt sich auf die Widerlegung dieser Behauptung.

(bb) Das Landgericht hat dahinstehen lassen, ob der Streithelfer entsprechend seiner Zeugenaussage dem Mitarbeiter H. der Beklagten die E-Mail des Hausverwalters A. vom 22. Juli 2011 (Anlage K 23) weiterleitete oder ihm gegenüber in einem ersten Telefonat erwähnte, dass in dem Objekt ein Swingerclub betrieben werde, weil beides einer arglistigen Täuschung in der Folgezeit nicht entgegenstehe. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden.

Unterstellt man die Aussage des Streithelfers insoweit als zutreffend, gilt das notwendigerweise auch dafür, dass Herr H. erklärt habe, das Objekt so nicht versichern zu können. Denn insoweit stehen die Angaben des Streithelfers im Rahmen seiner Zeugenaussage in einem untrennbaren Zusammenhang. Hatte aber Herr H. die Versicherung eines Swingerclubs nach Maßgabe der ihm erteilten Informationen abgelehnt, kommt eine arglistige Täuschung über die Betriebsart in der Folgezeit ohne weiteres in Betracht.

Ausgangspunkt der Überlegungen muss sein, dass die Beklagte bzw. der für sie tätige Herr H. nach der telefonisch mitgeteilten Ablehnung einer Versicherung keine Veranlassung hatten, von sich aus weiter tätig zu werden. Dass der Streithelfer in der Folgezeit gleichwohl eine Preisinformation erhielt, setzt daher voraus, dass er erneut an die Beklagte herantrat, um eine solche Preisinformation zu erhalten. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht von einem "zweiten Anlauf" gesprochen hat, mag dieser auch nur verhältnismäßig kurze Zeit nach dem ersten erfolgt sein.

Zu beachten ist, dass nicht jede einem Mitarbeiter eines Versicherers zu irgendeinem Zeitpunkt mitgeteilte Tatsache dem Versicherer als Kenntnis zuzurechnen ist. Maßgeblich ist die Kenntnis der für die Vorbereitung des Vertragsschlusses zuständigen Abteilung; dass Daten in Computern oder Akten aufgrund früherer Vorgänge vorhanden sind, reicht per se nicht aus (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 22 Rn. 14). Vor diesem Hintergrund käme eine Zurechnung der Herrn H. etwa erteilten Informationen nur dann in Betracht, wenn bei dem "zweiten Anlauf" klar gewesen wäre, dass sich dieser auf das schon einmal angefragte Objekt bezog. Dass dieser Zusammenhang deutlich gemacht worden wäre, hat die - sekundär darlegungsbelastete - Klägerin nicht dargelegt, sieht man von den gesondert zu erörternden Behauptungen bezüglich eines zweiten Telefonats ab.

Selbst wenn aber ein Zusammenhang zwischen den Anfragen hergestellt worden wäre, stünde das der Annahme einer arglistigen Täuschung nicht entgegen. Denn in diesem Fall ergäbe die Beantragung von Versicherungsschutz für eine "Gaststätte", nachdem zuvor Versicherungsschutz für einen Swingerclub abgelehnt worden war, nur dann Sinn, wenn bei dem zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten der Eindruck erweckt werden sollte, das Objekt werde nunmehr als Gaststätte betrieben. Anderenfalls hätte es bei der Beantragung von Versicherungsschutz für einen Swingerclub bleiben können.

(cc) Das Landgericht hat sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gebildet, dass der Betrieb eines Swingerclubs nicht in einem zweiten Telefonat zwischen dem Streithelfer und Herrn H., bei dem Herr P. anwesend gewesen sei, erörtert worden sei.

An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich gebunden. Das gilt nur dann nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich aus Fehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, NJW 2014, 74, 75 f. [BGH 02.07.2013 - VI ZR 110/13]; NJW 2003, 3480, 3481 [BGH 15.07.2003 - VI ZR 361/02]).

Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung begründen würden, vermag der Senat nicht zu erkennen. Das Landgericht hat sämtliche angebotenen Beweise erhoben und diese in dem angefochtenen Urteil gründlich und überzeugend gewürdigt.

(α) Das Landgericht hat sich bei seiner Überzeugungsbildung maßgeblich auf die Aussagen der Zeugen H. und Hb. gestützt. Das ist nicht zu beanstanden. Zwar haben beide Zeugen bekundet, sich an den konkreten Vorgang nicht erinnern zu können. Das schließt es aber nicht aus, ihre Aussagen zur Grundlage der Überzeugungsbildung zu machen. Denn die Zeugen haben weiter - insoweit in Übereinstimmung mit der Aussage des weiteren Zeugen M. und den zu den Akten gereichten Zeichnungsrichtlinien der Beklagten (Anlage BLD 39) - bekundet, dass die Betriebsart "Swingerclub" nicht durch sie habe bearbeitet werden dürfen, sondern eine Direktionsvorlage erforderlich gewesen sei. Anhaltspunkte dafür, dass Herr H. oder Herr Hb. im vorliegenden Fall von ihrer üblichen Praxis abgewichen sein und gegen die Zeichnungsrichtlinie der Beklagten verstoßen haben könnten, hat das Landgericht zu Recht nicht gesehen und insoweit insbesondere darauf verwiesen, dass die Herren H. und H. nach Aussage des Zeugen M. kein Interesse an einer falschen Angabe der Betriebsart des zu versichernden Objekts gehabt hätten. Der Zeuge M. hat insoweit bekundet, dass ein Sachbearbeiter keine Vorteile durch die Policierung eines Swingerclubs als Gaststätte habe.

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass der Zeuge H. in seiner ersten Zeugenvernehmung am 8. Mai 2019 nicht ausgeschlossen habe, dass er im Jahr 2011 den Vertrag für den Swingerclub in Ba. (Anlage K 37) policiert habe, steht das der Überzeugungsbildung nicht entgegen. Denn der Zeuge hat in seiner weiteren Vernehmung am 19. Juni 2019 bekundet, dass sich aus der ihm vorgelegten Anlage K 36 ergebe, dass eine Sonderprüfung durchgeführt worden sei; das folge aus dem Sondervermerk über den Betrieb eines Swingerclubs. Bei einem Wechsel des Versicherungsnehmers - darum handelt es sich bei der in der ersten Zeugenvernehmung erörterten Anlage K 37 - finde eine erneute Prüfung nicht statt. Vor diesem Hintergrund stellt die Erwägung des Zeugen H., die Umschreibung gemäß Anlage K 37 eventuell selbst vorgenommen haben zu können, seine einen Neuabschluss betreffende Aussage, dafür sei eine Direktionsentscheidung erforderlich, nicht infrage.

(β) Das Landgericht hat die Zeugenaussagen des Streithelfers und des Zeugen P. nicht als ausreichend angesehen, um Zweifel an der aufgrund der Aussagen der Zeugen H. und Hb. (sowie M.) gewonnenen Überzeugung zu wecken. Auch das ist nicht zu beanstanden.

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Zeugenaussage des Streithelfers in sich nicht schlüssig ist. Das gilt insbesondere, wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, dafür, dass er Herrn H. gebeten haben will, jemanden zu dem Objekt zu schicken, um nachzusehen, ob dort ein Swingerclub betrieben wird. Nachdem Herr A. in seiner E-Mail vom 22. Juli 2011, die Grundlage des Tätigwerdens des Streithelfers war, das Objekt als "Erotic-Disco und Swinger-Club" bezeichnet hatte, gab es für den Streithelfer keine Veranlassung, dies infrage zu stellen. Selbst wenn er aber Zweifel am Betrieb eines Swingerclubs gehabt haben sollte, hätte er, worauf das Landgericht zu Recht hingewiesen hat, mit dem angeblich bei dem Telefonat anwesenden, für die Klägerin tätigen Zeugen P. klären können, was für ein Betrieb sich in dem zu versichernden Objekt befand.

Auch die Aussage des Zeugen P. hat das Landgericht zu Recht als nicht schlüssig angesehen. Insoweit hat das Landgericht insbesondere überzeugend darauf abgestellt, dass der geschilderte Ablauf des Telefonats nicht zu dem von dem Zeugen P. bekundeten Anlass für das Telefonat passe, zu klären, ob auch nur ein Teil des Gebäudes versichert werden könne. Dass diese angebliche Frage des Zeugen P. in dem Telefonat behandelt und einer Klärung zugeführt worden wäre, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen nicht.

Das Landgericht hat weiter zutreffend herausgearbeitet, dass die Aussagen des Streithelfers und des Zeugen P. sowohl jeweils in sich als auch untereinander deutliche Widersprüche aufweisen:

• Hervorzuheben ist insoweit insbesondere, dass der Zeuge P. bekundet hat, das Telefon sei laut gestellt gewesen (Bl. 317 d. A.). Demgegenüber hat der Streithelfer in seiner Zeugenaussage angegeben, das Telefon sei nicht laut gestellt gewesen, Herr P. habe aber das gehört, was er (der Streithelfer) gesagt habe (Bl. 313 d. A.).

• Ein weiterer erheblicher Widerspruch findet sich bezüglich der Übergabe der Gewerbeanmeldung. Der Streithelfer hat bekundet, ihm habe die Gewerbeanmeldung bei dem Telefonat, bei dem der Zeuge P. anwesend gewesen sei, bereits vorgelegen (Bl. 311 d. A.). Demgegenüber hat dieser bekundet, die Gewerbeanmeldung erst nach dem Telefonat übergeben zu haben (Bl. 318 d. A.).

• Ein dritter erheblicher Widerspruch steht im Zusammenhang mit dem (angeblichen) ersten Telefonat des Streithelfers mit Herrn H. Der Streithelfer hat bekundet, er habe Herrn P. im Anschluss an das Telefonat mitgeteilt, das Objekt werde so nicht versichert, woraufhin Herr P. ihm die Gewerbeanmeldung gebracht habe (Bl. 311 d. A.). Der Zeuge P. hat demgegenüber in Abrede genommen, dass der Streithelfer ihm von Schwierigkeiten mit der Versicherung des Swingerclubs berichtet habe (Bl. 318 d. A.); insoweit es allerdings unklar, warum der Zeuge P. in diesem Fall überhaupt eine Gewerbeanmeldung der Pächterin des Objekts bei sich hatte, als er den Streithelfer aufsuchte.

(γ) Die (weiteren) Einwendungen der Klägerin und des Streithelfers gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts greifen nicht durch.

(αα) Soweit die Klägerin auf den Prämienunterschied zwischen den als Anlagen BLD 2 und BLD 3 vorgelegten Preisinformationen verweist und daraus folgert, die Beklagte habe bereits einen Risikozuschlag für einen Swingerclub berücksichtigt, geht das fehl. Vergleicht man die Anlagen BLD 2 und BLD 3, lässt sich daraus der Grund für die Prämiendifferenz, die im Übrigen nur die Inhalts- und Ertragsausfallversicherung, nicht aber die Gebäudeversicherung betrifft, ohne weiteres entnehmen. Der als Anlage BLD 2 vorgelegten Preisinformation liegt nämlich eine gemischte Nutzung mit 70 % Gaststätte und 30 % Wohnungen zugrunde, wohingegen die als Anlage BLD 3 vorgelegte Preisinformation eine reine Nutzung als Gaststätte (100 %) berücksichtigt. Dass sich diese unterschiedliche Nutzung auf die Prämienhöhe der Inhalts- und Ertragsausfallversicherung auswirkt, liegt auf der Hand.

(ββ) Soweit die Klägerin - ohne dafür konkrete tatsächliche Anhaltspunkte zu benennen - geltend macht, die als Anlage BLD 3 vorliegende Preisinformation vom 22. September 2011 und die darin enthaltene Prämienerhöhung gegenüber der als Anlage BLD 2 vorliegenden vom 17. August 2011 müsse darauf beruhen, dass die Beklagte einen Maklerbetreuer oder sonstigen Beauftragten zu dem Objekt gesandt und dieser Feststellungen zur Nutzung getroffen habe, steht dem schon der Inhalt der Preisinformationen entgegen. Denn diese weisen - abgesehen von unterschiedlichen Vertragsnummern - Abweichungen auf, die sich nicht mit der Vermutung der Klägerin in Einklang bringen lassen.

Zunächst ist im Kopf der Anlage BLD 3 zutreffend die Firma der Beklagten aufgeführt. Im Kopf der Anlage BLD 2 ist demgegenüber eine "R. E. ... Ltd." genannt. Warum ein Ortstermin eines Beauftragten der Beklagten diese Änderung zur Folge hätte haben sollen, erschließt sich nicht, zumal die Klägerin nicht behauptet, bei einem solchen Ortstermin vertreten gewesen zu sein.

Während der Versicherungsort in der Anlage BLD 2 jeweils zutreffend angegeben ist, enthielt die Anlage BLD 3 für die Gebäude- und Ertragsausfallversicherung zunächst einen abweichenden Versicherungsort, der handschriftlich korrigiert wurde. Diese Änderung gegenüber der Anlage BLD 2 lässt sich durch einen Ortstermin eines Beauftragten der Beklagten ebenfalls nicht erklären.

Vor allem aber spricht gegen die Annahme, dass die Anlage BLD 3 auf einem Ortstermin eines Beauftragten der Beklagten beruhen könne, die Aussage des Zeugen H. Dieser hat nämlich - wie bereits ausgeführt - erläutert, dass er die Durchführung einer Prüfung hinsichtlich des Objekts in Ba. dem Sondervermerk auf dem Versicherungsschein über die Nutzung als Swingerclub entnehme. Hätte der Anlage BLD 3 eine Vor-Ort-Prüfung mit dem Ergebnis des Betriebs eines Swingerclubs zugrunde gelegen, wäre daher zu erwarten, dass die Anlage BLD 3 einen entsprechenden Sondervermerk enthielt. Das ist aber nicht der Fall.

(γγ) Soweit die Klägerin spekuliert, die Direktion der Beklagten könne das Risiko geprüft und freigegeben haben, kann davon nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gerade nicht ausgegangen werden. Auch insoweit ist die vorstehend wiedergegebene Aussage des Zeugen H. hinsichtlich des Sondervermerks auf dem Versicherungsschein für das Objekt in Ba. von Bedeutung. Denn ein solcher Sondervermerk findet sich auf dem Versicherungsschein des streitgegenständlichen Vertrages nicht.

(δδ) Soweit die Klägerin spekuliert, dass die Mitarbeiter der Beklagten den Umstand der Nutzung als Swingerclub vergessen haben könnten, ist das ohne Bedeutung. Denn das Landgericht hat in nicht zu beanstandender und bindender Weise festgestellt, dass diese Information in dem zweiten Telefonat nicht erteilt wurde.

(dd) Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, das Wissen des Streithelfers sei nach den Grundsätzen der "Auge-und-Ohr"-Rechtsprechung der Beklagten zuzurechnen, kann dem nicht gefolgt werden.

Die Klägerin stützt sich insoweit auf eine Äußerung des Zeugen M., wonach der Streithelfer "Außendienst in diesem Sinne" gewesen sei. Richtig ist zwar, dass der Zeuge M. diese Formulierung verwendet hat. Aus dem Zusammenhang seiner Aussage ergibt sich aber, dass es dabei ausschließlich um die Frage ging, wer für die Bestimmung der Betriebsart des zu versichernden Objekts zuständig ist. Dass sich die Mitarbeiter der Beklagten ("Innendienst") diesbezüglich auf die Angaben der Versicherungsmakler ("Außendienst") verlassen, macht die Versicherungsmakler - und damit auch den Streithelfer - nicht zu Versicherungsvertretern. Die vom BGH zu § 44 VVG a. F. entwickelte "Auge-und-Ohr"-Rechtsprechung, die mit der VVG-Reform in § 70 VVG kodifiziert wurde, gilt aber nur für Versicherungsvertreter, nicht für Versicherungsmakler.

(c) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Streithelfer arglistig handelte.

Der Streithelfer wusste nach eigenen Angaben in seiner Zeugenvernehmung, dass in dem zu versichernden Objekt - jedenfalls nach den ihm aus der Sphäre der Klägerin übermittelten Informationen, insbesondere nach der E-Mail des Herrn A., - ein Swingerclub betrieben wurde. Er wusste nach eigenen Angaben ferner, dass die Versicherungsprämie bei einem Swingerclub höher ist als bei einer normalen Gaststätte. Damit war ihm aber klar, dass er, indem er der Beklagten das - jedenfalls nach Information von Seiten der Klägerin - einen Swingerclub beinhaltende Objekt als "Gaststätte" andiente, zumindest im Hinblick auf die Prämienhöhe auf die Vertragsentscheidung auf Seiten der Beklagten Einfluss nahm. Das reicht für die Annahme von Arglist aus. Ob der Streithelfer darüber hinaus Kenntnis davon hatte, dass für die Versicherung eines Swingerclubs eine Direktionsentscheidung erforderlich war, ist ohne Bedeutung. Ebenso wenig steht der Annahme von Arglist entgegen, dass es auch bei der Angabe der richtigen Betriebsart möglicherweise zu einem Vertragsschluss gekommen wäre.

Soweit die Klägerin meint, Arglist des Streithelfers scheide aus, weil dieser davon ausgegangen sei, dass die Beklagte Kenntnis von dem Betrieb eines Swingerclubs gehabt habe, trifft das nicht zu. Der Streithelfer wusste aufgrund der Versicherungsscheine für das Objekt in Ba., dass die Beklagte einen Swingerclub durch einen entsprechenden ausdrücklichen Hinweis kennzeichnete. Er wusste ferner, dass die als Anlagen BLD 2 und BLD 3 vorliegenden Preisinformationen einen solchen Hinweis nicht enthielten, sondern das Objekt dort jeweils nur als "Gaststätte" bezeichnet war. Damit war klar, dass die Beklagte nicht vom Betrieb eines Swingerclubs ausging.

Soweit die Klägerin meint, Arglist sei schon deshalb nicht anzunehmen, weil anderenfalls das Objekt von Anfang an nicht als Swingerclub bezeichnet worden wäre, trifft das nicht zu. Denn selbst wenn - was das Landgericht offengelassen hat - Herrn H. gegenüber ursprünglich von einem Swingerclub die Rede gewesen sein sollte, schließt das doch nicht aus, dass sich der Streithelfer zu einer Täuschung entschloss, nachdem es zunächst Schwierigkeiten mit dem Vertragsschluss gegeben hatte.

Soweit die Klägerin meint, Arglist des Streithelfers stehe entgegen, dass dieser kein wirtschaftliches Interesse daran gehabt habe, "der Beklagten dieses Objekt als Gaststätte 'unterzuschieben'", weil das Haftungsrisiko die zu erwartende Courtage deutlich überstiegen habe, überzeugt auch das nicht. Denn Motivation für ein entsprechendes Handeln könnte beispielsweise auch die langjährige Zusammenarbeit mit Herrn P. gewesen sein. Das wäre im Übrigen auch eine mögliche Erklärung für das weitere von der Klägerin herangezogene Argument, dass der Streithelfer das vorhandene Risiko nicht schriftlich gegenüber der Klägerin dokumentierte.

bb) Die Klägerin muss sich das Handeln des von ihr als Versicherungsmakler eingeschalteten Streithelfers gemäß § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2014 - IV ZR 306/13, juris, Rn. 22).

cc) Infolge der Täuschung wurde bei dem zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten ein Irrtum erweckt. Dies folgt schon daraus, dass das streitgegenständliche Objekt ausweislich des Versicherungsscheins als "Gaststätte" versichert wurde, wohingegen die Versicherungsscheine für den Swingerclub in Ba. einen ausdrücklichen Hinweis auf den Betrieb eines Swingerclubs enthalten.

Dass der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten das streitgegenständliche Objekt trotz positiver Kenntnis vom Betrieb eines Swingerclubs als Gaststätte versichert haben könnte, liegt fern. Im Übrigen wäre dann von einem kollusiven Zusammenwirken zulasten der Beklagten auszugehen, welches diese ebenfalls zur Anfechtung berechtigen würde.

dd) Das Landgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass die arglistige Täuschung durch den Streithelfer für den Vertragsschluss ursächlich wurde.

Insoweit ist das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen werden kann, davon ausgegangen, dass ein Vertragsschluss im Falle der Angabe der zutreffenden Betriebsart "Swingerclub" nur nach einer Direktionsentscheidung auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung und zu einer höheren Versicherungsprämie erfolgt wäre. Das genügt für die erforderliche Kausalität.

Soweit die Klägerin die Kausalität damit verneinen möchte, dass aufgrund der vollständigen gewerblichen Nutzung des Objekts und einer Versicherungssumme von mehr als 100.000,00 € ein Vertragsschluss ohnehin eine Inaugenscheinnahme durch einen Maklerbetreuer oder sonstigen Beauftragten vorausgesetzt habe, trifft das nicht zu. Die Klägerin bezieht sich insoweit auf die Aussage des Zeugen M. im Verhandlungstermin am 8. Mai 2019, die sie indes missversteht. Der Zeuge hat nicht bekundet, dass beim Abschluss von Versicherungsverträgen mit einer Versicherungssumme von mehr als 100.000,00 € generell eine Inaugenscheinnahme des Versicherungsobjekts erforderlich sei. Vielmehr hat er, wie sich aus dem Zusammenhang seiner Aussage zweifelsfrei ergibt, bekundet, dass bei der Versicherung von Vergnügungsbetrieben eine Inaugenscheinnahme grundsätzlich erforderlich, bei kleineren Versicherungssummen bis 100.000,00 € aber entbehrlich sei (vgl. Bl. 322 d. A.). Die hier in Rede stehende Versicherung eines Objekts als Gaststätte ist davon also gar nicht betroffen.

ee) Auch die weiteren Angriffe der Klägerin und des Streithelfers gegen das landgerichtliche Urteil greifen nicht durch.

Soweit die Klägerin geltend macht, bei einem Swingerclub wie dem "B." handele es sich entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht um einen Rotlicht-Betrieb, kann dem so nicht gefolgt werden. Aus der von der Klägerin zitierten Baden-Württembergischen Verwaltungsvorschrift (richtig: Ziff. 1.2.3 ProstSchVwV-Gewerbe) folgt zwar, dass es sich bei einem Swingerclub, in dem keine Prostituierten tätig werden, nicht um eine Prostitutionsstätte handelt. Das führt aber nicht weiter. Denn das Landgericht hat ersichtlich den Begriff eines Rotlicht-Betriebes nicht mit dem einer Prostitutionsstätte (deren Definition sich im Übrigen in § 2 Abs. 4 ProstSchG findet) gleichgesetzt. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch werden diese Begriffe nicht synonym verwendet; vielmehr finden sich in Rotlichtvierteln neben Bordellen durchaus auch andere Betriebe (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Rotlichtviertel). Dass das "B." als Rotlicht-Betrieb im Wortsinn bezeichnet werden kann, folgt schon aus den von der Klägerin als Anlagenkonvolut K 27a vorgelegten Fotos, auf denen erkennbar ist, dass Einrichtung und Beleuchtung überwiegend in Rottönen gehalten sind.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Annahme des Landgerichts, dass die Gewerbeerlaubnis aus dem Jahr 1997 zusammen mit der Deckungsaufgabe übermittelt worden sei, sei frei erfunden, trifft das nicht zu. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich aus der Faxzeile auf der Anlage BLD 3 eine gemeinsame Übermittlung dieser Unterlagen entnehmen lässt. Auch dem im Rahmen der Anlagen K 40 und SH 2 vorgelegten Sendebericht lässt sich entnehmen, dass insgesamt sechs Seiten an die Beklagte übermittelt wurden. Was diese sechste Seite gewesen sein soll, wenn nicht die bei der Beklagten eingegangene Gewerbeanmeldung, legt die Klägerin nicht dar.

Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, dass das Landgericht von einer Deckungsaufgabe gesprochen habe, und geltend macht, dass die Preisinformation, in der als Betriebsart "Gaststätte" angegeben sei, von der Beklagten stamme, greift auch das nicht durch. Richtig ist zwar, dass die unter anderem als Anlage BLD 3 vorliegende Preisinformation ursprünglich von der Beklagten erstellt wurde. Das ändert aber nichts daran, dass sie den Charakter einer Deckungsaufgabe erhielt, als der Streithelfer sie zum Zwecke des Abschlusses eines Versicherungsvertrags an die Beklagte übermittelte. Dabei hätte er die falsch angegebene Betriebsart "Gaststätte" korrigieren können und müssen. Immerhin enthält das der Beklagten übermittelte Dokument auch andere handschriftliche Korrekturen.

Soweit die Klägerin die von dem Streithelfer bekundete Äußerung des Herrn H. im ersten Telefonat, der Swingerclub könne so nicht versichert werden, abweichend vom Verständnis des Landgerichts dahin verstehen möchte, dass (nur) weitere Unterlagen/Angaben notwendig gewesen seien, überzeugt das nicht. Hätte Herr H. dies zum Ausdruck bringen wollen, hätte es sich Herrn H. aufgedrängt, die fehlenden Unterlagen bzw. Angaben konkret zu bezeichnen. Umgekehrt hätte es sich für den Streithelfer, hätte dieser die Erklärung des Herrn H. entsprechend verstanden, aufgedrängt, mit Herrn H. zu klären, welche Unterlagen bzw. Angaben beizubringen sind. Davon hat der Streithelfer indes nichts berichtet.

Soweit die Klägerin dem Landgericht vorwirft, es habe zu Unrecht unterstellt, es habe keine andere Versicherung gegeben, welche das streitgegenständliche Risiko übernommen hätte, geht dieser Vorwurf fehl. Das Landgericht hat, wie sich unmissverständlich aus Seite 25 des Urteils ergibt, lediglich angenommen, dass eine Versicherung zu denselben Konditionen nicht möglich gewesen sei. Dass diese Annahme zutrifft, ergibt sich aus der von der Klägerin herangezogenen Aussage des Zeugen P., wonach das Alternativangebot eine Selbstbeteiligung zwischen 3.000,00 € und 5.000,00 € beinhaltet habe; der streitgegenständliche Vertrag sieht lediglich für die Inhaltsversicherung einen Selbstbehalt vor, zudem nur in Höhe von 1.000,00 €.

Soweit die Klägerin dem Landgericht vorwirft, es habe zu Unrecht zu ihren Lasten unterstellt, dass der Streithelfer habe erkennen können, dass der Betrieb eines Swingerclubs in die Prämie nicht eingepreist gewesen sei, geht dieser Vorwurf ebenfalls fehl. Dies konnte der Streithelfer - auch ohne Kenntnis von Einzelheiten der Prämienkalkulation der Beklagten - schon dem Umstand entnehmen, dass die Betriebsart uneingeschränkt nur als "Gaststätte" bezeichnet war, wohingegen sich auf den Versicherungsscheinen für das Objekt in Ba. jeweils ein Hinweis auf den Betrieb eines Swingerclubs befand.

Letztlich versuchen die Klägerin und der Streithelfer lediglich, die Beweiswürdigung des Landgerichts durch ihre eigene Beweiswürdigung zu ersetzen. Besonders deutlich wird das aus den Ausführungen der Klägerin auf Seite 5 f. ihrer Berufungsbegründung, wo sie darstellt, von welchem Sachverhalt sie aufgrund der Aussagen des Zeugen P. und des Streithelfers ausgeht. Aber auch der Streithelfer beschränkt sich, sieht man von dem Hinweis auf die Verteilung der Beweislast ab, letztlich darauf, darzulegen, wie er die Zeugenaussagen würdigen würde.

d) Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei ausgeschlossen, weil weder eine Fragestellung in Textform vorliege noch eine Belehrung gemäß § 19 Abs. 5 VVG erteilt worden sei, ist das falsch. Die Klägerin missversteht offensichtlich die von ihr zitierte Begründung des Regierungsentwurfs zur VVG-Reform und die Kommentierung bei Prölss/Martin. Die Regelungen in §§ 19 ff. VVG lassen das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, unberührt, § 22 VVG (so auch ausdrücklich die von der Klägerin herangezogene Begründung, BT-Drucks. 16/3945, Seite 67).

Hinzu kommt, dass die Klägerin auf Seite 6 des Schriftsatzes vom 26. April 2018 (181 d. A.) vorgetragen hat:

"Die Beklagte hatte immer nur ganz pauschal nach 'Betriebsbeschreibung' gefragt."

Es gab also nach dem eigenen Vortrag der Klägerin eine Fragestellung hinsichtlich der Betriebsart.

Im Übrigen geht es vorliegend nicht um den Vorwurf einer unterlassenen Angabe, die im Regelfall eine Fragestellung voraussetzt, sondern um die positive falsche Angabe "Gaststätte". Macht der Versicherungsnehmer von sich aus bestimmte Angaben, müssen diese richtig sein. Das gilt vorliegend für alle Angaben in der Deckungsaufgabe, die sich der Streithelfer durch die Rücksendung zu eigen machte.

2. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht unter dem Aspekt eines Schadensersatzanspruchs.

Insoweit ist das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen werden kann, zu Recht davon ausgegangen, dass eine Beratungspflicht der Beklagten weder kraft Gesetzes noch aufgrund ausdrücklicher Übernahme bestand.

Im Übrigen wäre durch eine unterbliebene Beratung zur Höhe der Versicherungssumme auch kein Schaden entstanden. Da der Vertrag aufgrund der wirksamen Anfechtung der Beklagten nichtig ist, ist die Höhe der Versicherungssumme bedeutungslos.

3. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen.

4. Aus den unter 1. und 2. dargelegten Gründen sind die beiden Feststellungsanträge ebenfalls unbegründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

IV.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 21. Januar 2020 hat keine Veranlassung gegeben, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Er enthält keinen neuen erheblichen Sachvortrag.