Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 08.07.2021, Az.: 2 K 195/19
Einkommensteuerliche Anerkennung eines Ehegatten-Mietverhältnisses; Bestimmung des Umfangs der betrieblichen Nutzung des Pkw
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 08.07.2021
- Aktenzeichen
- 2 K 195/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 72795
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ: VIII B 41/22
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 Nr. 3 EStG
- § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG
- § 4 Abs. 3 EStG
- § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung eines Ehegatten-Mietverhältnisses für die Jahre 2011 bis 2015 sowie der Umfang der betrieblichen Nutzung des Pkw.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie wohnten in den Streitjahren in A. Der Kläger ist 1955 und die Klägerin 1954 geboren.
Der Kläger war von Beruf Rechtsanwalt. Seit dem Jahr 1995 befand sich die Kanzlei in unmittelbarer Nachbarschaft zum Wohnhaus der Kläger. Der Kläger führte damals zunächst zusammen mit X eine Anwaltssozietät. 2002 trennten sich die Gesellschafter und der Kläger betrieb nun alleine in den angemieteten Räumen seine Kanzlei. In der Folgezeit hatte er zunächst verschiedene angestellte Rechtsanwälte. Seit 2005 hat der Kläger die Personalkosten dann immer weiter reduziert. Es gab schließlich ab Februar 2012 keine Fachangestellten mehr. Ab diesem Zeitpunkt hat der Kläger seine Kanzlei alleine geführt. Zwischen 2006 und 2012 gab es lediglich noch einen geringfügig Beschäftigten.
Im 2014 stellte der Kläger schließlich seine Notariatstätigkeit ein, 2018 stellte er auch seine Rechtsanwaltstätigkeit ein.
Die Klägerin war im öffentlichen Dienst beschäftigt.
Das Gebäude, in dem sich die Kanzlei befand, war im Erdgeschoss vor Bezug durch die Kanzlei um einen Anbau erweitert worden und stand zunächst im Miteigentum der Klägerin und der Ehefrau des X. In der ersten Etage des Gebäudes befand sich eine Wohnung, die zunächst eine Altenteilerin aufgrund des ihr eingeräumten Wohnrechts nutzte. Laut vorliegender Nutzflächenberechnung wies das Erdgeschoss eine Nutzfläche von 145,37 m2 auf (Altbau: 66,91 m2, Anbau: 78,46 m2); das Obergeschoss hatte laut einem Bescheid über die Anerkennung von Wohnungen als steuerbegünstigte Wohnungen aus dem Jahre 1969 eine Fläche von 64,14 m2.
Am 15. Juni 1995 schlossen die Eigentümerinnen mit den beiden Rechtsanwälten - dem Kläger und X - einen Mietvertrag über das Grundstück "mit Ausnahme der in der ersten Etage gelegenen Wohnung" zur Nutzung als Rechtsanwalts- und Notarkanzlei. Die Vertragsparteien vereinbarten in § 2 des Mietvertrages, dass das Mietverhältnis auf 30 Jahre abgeschlossen werde und vertragsgemäß 2025 ende. In § 26 dieses Mietvertrages vereinbarten die Vertragsparteien unter anderem, dass abweichend von § 2 dem Mieter ein jederzeitiges Kündigungsrecht mit einer Frist von 6 Monaten zustehe. Zudem hätten nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Mietvertrages schriftlich zu erfolgen (§ 26 S. 3 des Mietvertrages). Der Mietzins betrug zunächst 4.250 DM zuzüglich 637,50 DM Umsatzsteuer. Neben der Miete waren gemäß § 3 Abschn. 2 des Mietvertrages monatliche Vorauszahlungen auf Betriebskosten zu bezahlen. Diese betrugen 300 DM zzgl. 45 DM Umsatzsteuer. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den in den Akten befindlichen Mietvertrag verwiesen.
Nach dem Tod der Altenteilerin in 1997 nutzte die Rechtsanwaltskanzlei seit dem 1. April 1998 auch die Räumlichkeiten in der ersten Etage. In diesem Zusammenhang passten die Mietvertragsparteien die Höhe der Miete an. In der vorliegenden Mietvertragskopie ist auf der ersten Seite ein kleiner Zettel kopiert worden, der die Angabe enthält: "Ab 1.4.98 16% MwSt (= 728 DM). Miete geändert auf 5.278 DM".
Im Jahre 2002 schied der Rechtsanwalt X aus der Rechtsanwaltskanzlei aus, die der Kläger nunmehr als alleiniger Inhaber (zeitweilig mit weiteren Anwälten im Angestelltenverhältnis) fortführte.
Mit notariellem Vertrag vom 10. Dezember 2002 erwarb die Klägerin den Miteigentumsanteil an dem Gebäude, indem sich die Kanzlei befand, von der weiteren Miteigentümerin, der Ehefrau des X. Das Mietverhältnis wurde danach zwischen dem Kläger als Mieter und seiner Ehefrau als Vermieterin fortgeführt. Der schriftliche Mietvertrag wurde zu diesem Zeitpunkt nicht neu gefasst.
In den Streitjahren betrug die Miete einschließlich Umsatzsteuer jeweils monatlich 3.407,24 €, d.h. jährlich 40.886,88 €. Die Miete überwies der Kläger in den Streitjahren von seinem Geschäftskonto auf das Mietkonto der Klägerin (Kontonummer (...)260). Die Überweisung enthielt den Text "Miete Kanzlei (...)".
Den Gewinn aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit ermittelte der Kläger gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Die Umsätze der Anwaltskanzlei des Klägers betrugen in den Streitjahren 56.985 € (2011), 62.065 € (2012), 44.039,80 € (2013), 25.172,35 € (2014) und 26.300,37 € (2015).
Die Klägerin hat in den Streitjahren von einem weiteren, ihr gehörenden Konto (Kontonummer (...-)965) Überweisungen auf das Geschäftskonto des Klägers in Höhe von 45.286 € (2011), 32.384 € (2012), 44.300 € (2013), 55.000 € (2014) und 51.000 € (2015) vorgenommen.
In der ersten Jahreshälfte 2015 erfolgte ein Umbau der Räume im Obergeschoss des Kanzleigebäudes. So wurden Bad und Küche erneuert, die Zwischendecke zum bisherigen Dachboden entfernt und dieser Bereich über eine Innentreppe in die Einheit einbezogen. Die Fläche des ausgebauten Spitzbodens beträgt ca. 12 m2. Die Tochter der Kläger war nach einem längeren Auslandaufenthalt im Juni 2015 zurück nach Deutschland gekommen. Sie hatte zunächst den Spitzboden dieses Gebäudes zum Schlafen genutzt und im Obergeschoss ihre privaten Sachen untergestellt.
Der Kläger schloss einen Leasingvertrag über einen Pkw (Erstzulassung: 23. September 2010) ab und ordnete das Fahrzeug seinem Betriebsvermögen zu. Im Oktober 2014 wechselte er das Fahrzeug gegen einen neuen Pkw des gleichen Modells.
Die Nutzungsentnahme für diese Fahrzeuge ermittelte der Kläger nach der 1%-Regelung und berücksichtigte die folgenden Beträge:
2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | |
---|---|---|---|---|---|
3.787,78 | 3.787,78 | 2.973,98 | 1.009,15 | 4.036,61 |
In den Gewinnermittlungen machte der Kläger daneben Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Höhe von 908,24 € (2011), 1.328,97 € (2012), 2.236,53 € (2013), 1.659,54 € (2014) und 924,95 € (2015) geltend.
Die Kläger reichten am 13. März 2013 ihre Einkommensteuererklärung für 2011 beim Beklagten ein. Sie erklärten unter anderem für die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung des Kanzleigebäudes in Höhe von 12.822 € sowie Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von - 37.772 €. Der Beklagte veranlagte erklärungsgemäß, der Bescheid erging unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Am 25. Oktober 2013 reichten die Kläger dann die Einkommensteuererklärung für 2012 beim Beklagten ein und erklärten für die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung des Kanzleigebäudes in Höhe von 12.079 € sowie Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von - 20.020 €. Der Beklagte veranlagte unter Vorbehalt der Nachprüfung. Nach Einspruch gegen den ursprünglichen Bescheid vom 29. November 2013 und einer korrigierten Anlage KAP, half der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 19. Dezember 2013 dem Einspruchsbegehren der Kläger ab. Der geänderte Bescheid vom 19. Dezember 2013 erging ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Am 10. Dezember 2014 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für 2013 beim Beklagten ein und erklärten für die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung des Kanzleigebäudes in Höhe von 10.891 € sowie Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von - 32.023 €. Der Beklagte veranlagte erklärungsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Am 19. Februar 2016 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für 2014 beim Beklagten ein und erklärten für die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung des Kanzleigebäudes in Höhe von 14.688 € sowie Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von - 43.989 €. Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid vom 3. Mai 2016 lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.694 €. Die erklärten Erhaltungsaufwendungen von 16.243 €, die die Kläger auf 5 Jahre verteilen wollten, berücksichtigte der Beklagte in voller Höhe als Werbungskosten und führte zur Begründung aus, dass eine Verteilung auf 5 Jahre nicht in Betracht komme, da das Mietobjekt keinen Wohnzwecken diene. Der Bescheid erging ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Am 15. Dezember 2016 reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung für 2015 beim Beklagten ein und erklärten für die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung des Kanzleigebäudes in Höhe von 10.404 € sowie Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von - 39.356 €. Der Beklagte veranlagte mit Bescheid vom 28. Februar 2017 erklärungsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Aufgrund Prüfungsanordnung vom 16. März 2017 für die Jahre 2013 bis 2015 und der Prüfungserweiterung vom 10. April 2017 für die Jahre 2011 und 2012 fand bei der Klägerin in der Zeit vom 3. April 2017 bis 12. Dezember 2017 eine Betriebsprüfung statt. Gegenstand dieser Prüfung war unter anderem die Einkommensteuer der Streitjahre.
Aufgrund Prüfungsanordnung vom 15. März 2017 für die Jahre 2013 bis 2015 und der Prüfungserweiterung vom 10. April 2017 für die Jahre 2011 und 2012 fand beim Kläger ebenfalls in der Zeit vom 3. April 2017 bis 12. Dezember 2017 eine Betriebsprüfung statt. Gegenstand dieser Prüfung war unter anderem die Einkommensteuer.
Der Betriebsprüfer vertrat unter anderem die Auffassung, dass das Mietverhältnis zwischen den Klägern nicht anzuerkennen sei. Es handele sich um einen Scheinvertrag, da die Miete nicht endgültig in das Vermögen der Vermieterin übergegangen sei. Zwar habe der Kläger die Miete in Höhe von 3.407,24 € monatlich von seinem Geschäftskonto auf das Mietkonto der Klägerin mit der Kontonummer (...-)260 überwiesen. Allerdings hätte die Klägerin wiederum Überweisungen von ihrem weiteren Konto mit der Kontonummer (...-)965 auf das Geschäftskonto des Klägers in einer Höhe getätigt, die - vom Jahr 2012 abgesehen - mindestens die Höhe der Mietzahlungen erreichten. Die Zahlungen seien dort als Einlagen verbucht worden. Darüber hinaus habe der Kläger aufgrund seiner Kontovollmacht Beträge in Höhe von 7.800 € (2013), 14.700 € (2014) und 35.000 € (2015) von dem Mietkonto seiner Ehefrau mit der Kontonummer (...-)260 auf deren weiteres Konto mit der Kontonummer (...-)965 überwiesen. Aufgrund der relativ geringen und abnehmenden Umsätze seiner Anwaltskanzlei hätte der Kläger aus eigenen Mitteln die Raumkosten gar nicht aufbringen können. Nur durch die Rückflüsse auf das Geschäftskonto hätten die Zahlungen erfolgen können. Der Kläger sei im Ergebnis durch die Mietzahlungen wirtschaftlich nicht belastet.
Dies hatte unter anderem zur Folge, dass der Betriebsprüfer die bisher erklärten Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung nicht mehr berücksichtigte:
2011 | 12.822,00 € |
---|---|
2012 | 12.079,00 € |
2013 | 10.891,00 € |
2014 | 1.694,00 € |
2015 | 10.404,00 € |
Gleichzeitig berücksichtigte er bei den Einkünften des Klägers aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit die Mietaufwendungen für die Büroräume nicht mehr als Betriebsausgaben. Dies waren jährlich 40.885,76 € (34.358,76 € zzgl. 6.527 € Umsatzsteuer).
Der Kläger habe weiterhin nicht dargetan, dass er den Pkw zu mehr als 10% zu betrieblichen Zwecken nutze. Der Kläger fahre per Bahn zu Gerichtsterminen; entsprechende Belege habe er vorgelegt. Nach seinen eigenen Angaben nutze er für innerörtliche Fahrten das Fahrrad. Der Prüfer mutmaßte weiterhin, dass die Ehefrau den Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutze. Von daher sei nicht ersichtlich, dass der Wagen in nennenswertem Maße für Zwecke der Kanzlei genutzt werde. Deshalb handele es sich bei dem Fahrzeug um notwendiges Privatvermögen, so dass die laufenden Kosten nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien; umgekehrt entfalle der Ansatz der Nutzungsentnahme. Ertragsteuerlich berücksichtigte der Prüfer Fahrtkosten im Umfang von pauschal 500 € als Betriebsausgaben. Die Gewinnauswirkungen stellten sich wie folgt dar:
Gesamtaufwand lt. Buchführung | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 |
---|---|---|---|---|---|
Steuer | 106,00 | 106,00 | 106,00 | 162,00 | 156,00 |
Versicherungen | 32,16 | ||||
Lfd. Kosten | 1.930,45 | 1.953,03 | 2.169,17 | 1.168,18 | 1.577,99 |
Reparaturen | 1.738,61 | ||||
Leasing | 3.958,18 | 3.958,18 | 3.958,18 | 3.867,11 | 3.975,84 |
netto | 5.994,63 | 6.017,21 | 6.22,37 | 6.968,06 | 5.709,83 |
VorSt | 1.118,84 | 1.123,13 | 1.164,20 | 1.287,04 | 1.055,23 |
Gewinnerhöh. lt. BP | 7.113,47 | 7.140,34 | 7.397,57 | 8.255,10 | 6.765,06 |
Korrekturen lt. BP | |||||
Pauschale Fahrtkosten | -500,00 | -500,00 | -500,00 | -500,00 | -500,00 |
Korr. PE (1% Regelung) | -3.787,78 | -3.787,78 | -2.973,98 | -1.009,15 | -4.036,61 |
Gewinnauswirk. insg. | +2.825,69 | +2.852,53 | +3.923,59 | +6.745,95 | +2.828,45 |
Der Betriebsprüfer kürzte weitere Betriebsausgaben (vgl. Tz. 14 - 19 Bp-Bericht):
2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | |
---|---|---|---|---|---|
China-Reise, Tz. 14 | 1.247,44 | ||||
Zzgl USt | 22,87 | ||||
Reisekosten Anl. 3 BP | 265,94 | 56,48 | 200,00 | ||
Zzgl USt | 19,62 | 10,73 | 26,60 | ||
Instandhaltung OG, TZ. 15 | 1.349,32 | ||||
Zzgl USt | 256,37 | ||||
Ant. Instandhaltung OG | 1.384,44 | ||||
Zzgl USt | 263,04 | ||||
Handy Sohn, TZ 16 | 245,00 | ||||
Englischkurs, Tz. 17 | 1.004,00 | ||||
Pauschale Kürzung, Tz. 18 | 3.570,00 | 3.570,00 | 3.570,00 | 3.570,00 | 3.570,00 |
Telefonkosten Sohn, Tz. 19 | 357,00 | 837,00 |
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Betriebsprüfungsberichte verwiesen.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und änderte entsprechend am 30. Januar 2018 die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre gemäß § 164 Abs. 2 AO.
Gegen diese Bescheide legten die Kläger am 13. Februar 2018 Einspruch ein und begründeten diesen im Wesentlichen wie folgt:
Zunächst sei festzustellen, dass ein wirksamer Mietvertrag vorgelegen habe. Der 1995 geschlossene Mietvertrag habe auch nach Übertragung des Miteigentumsanteils auf die Klägerin weiterhin Bestand. Zudem sei der Vertrag durch formlose mündliche Vereinbarungen den veränderten Bedürfnissen angepasst und tatsächlich auch durchgeführt worden. Zivilrechtlich seien die Vertragsparteien an ein formularvertraglich vorgesehenes Schriftformerfordernis nicht gebunden, sofern sie formlos übereinstimmend anderes vereinbarten. Dies betreffe insbesondere die gesetzlichen Erhöhungen der Mehrwertsteuer, der Verzicht auf die Abrechnung der Nebenkosten, die Einbeziehung der Wohnung im ersten Obergeschoss nach dem Tod der Wohnrechtsinhaberin, Änderungen des vereinbarten Mietzinses und auch das geänderte Vermieterkonto, auf das der Kläger die Mieten in den Streitjahren eingezahlt habe.
Des Weiteren verkenne der Beklagte, dass es Eheleuten freistehe, eine für sie steuerlich günstige Vertragsgestaltung zu wählen. So sei es der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend zulässig, dass die Miete vom Geschäftskonto des Mieterehegatten auf ein Vermieterkonto überwiesen werde und dann das Geschäftskonto durch Umbuchungen von einem gemeinsamen Konto wieder aufgefüllt werde. Zudem habe der Betriebsprüfer verkannt, dass der Kläger bereits in der Vergangenheit erhebliche Umsätze getätigt habe, die ihm auch in den Streitjahren zur Verfügung gestanden hätten, um die monatlich fälligen Mieten zu bezahlen. So habe er die folgenden Umsätze erzielt:
2005 | 110.482,66 € |
---|---|
2006 | 72.196,22 € |
2007 | 110.489,91 € |
2008 | 99.851,97 € |
2009 | 60.990,97 € |
2010 | 74.589,41 € |
2011 | 56.985,99 € |
2012 | 62.065,67 € |
2013 | 44.039,80 € |
2014 | 25.172,35 € |
2015 | 26.300,37 € |
2016 | 27.075,09 € |
Auch sei dem Beklagten der Umstand bekannt gewesen, dass sich die Umsätze der letzten Jahre verringert hätten, ohne dass er dies bereits zuvor beanstandet hätte. Zudem seien die Gründe für eine plötzliche Beanstandung durch die Betriebsprüfung nicht erkennbar.
Der Mietvertrag sei bereits 1995 geschlossen worden, vor fast 30 Jahren. Er ende voraussichtlich 2025. Die vereinbarten Mietzahlungen habe der Kläger in der Vergangenheit immer bezahlt. Zivilrechtlich sei dieser Vertrag wirksam geschlossen, entsprechend sei er auch steuerlich anzuerkennen.
In der Folgezeit habe die Klägerin "Entnahmen" von ihrem Mietkonto getätigt, die weder der Höhe nach, noch dem Datum nach in Zusammenhang mit den erhaltenen Mieteinnahmen gestanden hätten. So habe sie 2013 7.800 €, 2014 insgesamt 14.700 € und 2015 35.000 € auf ein gemeinsames Konto der Kläger umgebucht. Es entspreche dem üblichen Geschäftsgeschehen, dass der Kläger nun Gelder dieses gemeinsamen Kontos in seine Kanzlei einlege.
Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger genauso wie auch die Klägerin Privatentnahmen aus seinem Betrieb getätigt habe, die er dann auf das gemeinsame Konto der Kläger umgebucht habe. 2008 seien dies 5.000 € gewesen, 2009 1.826 €, 2010 6.600 €, 2011 3.000 €, 2012 1.000 € und 2015 4.500 €.
Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens reichten die Kläger monatliche Mietrechnungen der Klägerin ein, die jeweils das Datum des 10. Mai 2018 tragen. Die Überschrift lautet jeweils: "Kanzlei-Mietvertrag Grundstück (...) vom 15.06.1995 und 01.04.1998", anschließend wird für jeden der insgesamt 60 Kalendermonate von Januar 2011 bis Dezember 2015 die Monatsmiete in Höhe von 2.863,23 € und die Umsatzsteuer in Höhe von 544,01 € abgerechnet. Die Rechnungen sind mit einer fortlaufenden Rechnungsnummer versehen; die Steuernummer der Klägerin wird im Kopf der Rechnung genannt.
Der Beklagte wies die Einsprüche gegen die aufgrund der Außenprüfung geänderten Einkommensteuerbescheide 2011 - 2015 schließlich mit Einspruchsentscheidungen vom 2. September 2019 als unbegründet zurück. Hinsichtlich des streitigen Mietverhältnisses führte der Beklagte aus, dass es sich um einen Scheinvertrag im Sinne des § 41 Abs. 2 AO handele. Es könnten weder die Mietaufwendungen des Klägers als Betriebsausgaben erfasst werden, noch die Mieteinkünfte der Klägerin. Die vom Kläger in den Streitjahren gezahlten Mietaufwendungen seien in nahezu gleicher Höhe wieder von einem Konto der Klägerin auf das Geschäftskonto des Klägers geflossen, ohne dass es hierfür eine rechtliche Verpflichtung gegeben habe.
Ergänzend führt er aus, dass für den Fall, dass das Mietverhältnis anzuerkennen sei, eine Überprüfung der Gewinnerzielungsabsicht erfolgen müsse, da der Kläger bereits seit 2008 durchgehend Verluste erwirtschaftet habe.
Mit ihrer Klage wenden die Kläger sich gegen diese Entscheidungen. Sie sind insbesondere der Auffassung, dass ihr Mietverhältnis steuerlich anzuerkennen sei. Auch die Fahrzeugkosten seien erklärungsgemäß als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren.
Hinsichtlich des Mietverhältnisses führen sie im Wesentlichen aus, dass es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt gehandelt habe, der seinen Ursprung bereits 1995 gehabt habe. Sie heben hervor, dass die ursprünglichen Mietparteien nicht miteinander befreundet gewesen seien und stellen die Historie der Kanzlei und die der angemieteten Räume umfänglich dar. Die zivilrechtliche Wirksamkeit der ursprünglichen Verträge führe auch zu einer steuerlichen Anerkennung des Mietverhältnisses in den Streitjahren, da diese Mietverträge in der Vergangenheit an die aktuellen Gegebenheiten immer wieder angepasst worden seien, auch wenn dies im Einvernehmen mit den Vertragsparteien lediglich mündlich erfolgt sei. So sei es nicht zu beanstanden, dass sich die Vertragsparteien im Laufe der Zeit geändert hätten. Nach dem Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete" (§ 566 BGB) sei nach dem Verkauf des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Gebäude (...) an die Klägerin diese zur alleinigen Vermieterin geworden. Auf Mieterseite sei nach dem Ausscheiden des Rechtsanwalts X aus der vormaligen Anwaltssozietät der Kläger als alleiniger Mieter verblieben. Da zunächst ein Wohnungsrecht der Altenteilerin an der Wohnung im Obergeschoss bestanden habe, habe zunächst der Besitz an dieser Wohnung ausgeschlossen werden müssen. Mit Wegfall des Wohnungsrechts sei dann auch diese Wohnung zunächst an die Sozietät, später an den Kläger vermietet worden. Für den Fortbestand des Mietvertrages sei es unerheblich, dass sich zwischenzeitlich der Steuersatz der Umsatzsteuer, die Miethöhe, die Vereinbarungen hinsichtlich der Nebenkostenabrechnungen und die Bankverbindung geändert hätten. Der Kläger habe die Mietzahlungen auf das "Geschäftskonto" der Klägerin eingezahlt. Damit habe die Klägerin die Verfügungsmacht über das Geld erlangt.
Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass der Mietvertrag den Kriterien für die Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen nicht genüge und einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichen darstelle. Der Vertrag sei von den seinerzeitigen Steuerberatern in jedem Veranlagungsjahr seit 1995 geprüft und nicht beanstandet worden. Der Vertrag sei zudem vor Beginn des Mietverhältnisses mit dem Beklagten abgestimmt worden; ebenfalls habe auch schon in der Vergangenheit eine Betriebsprüfung stattgefunden, in der das Mietverhältnis unbeanstandet geblieben sei. Von daher könnten sich die Kläger nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nun auf Vertrauensschutz berufen.
Zudem lägen auch die Voraussetzungen für ein Scheingeschäft schon deshalb nicht vor, weil der Vertrag seit seinem Abschluss wie vereinbart durchgeführt worden sei. Beide Vertragsparteien hätten bei Eingehung des Vertrages den Abschluss eines Mietvertrages gewollt; die Kanzlei habe die Räume genutzt. Zudem handele es sich bei den Zahlungen des Klägers an seine Ehefrau nicht um Geldrückflüsse. Von dem Konto, auf das der Kläger die Mieten zahle, habe die Ehefrau insgesamt nur 8 Entnahmen getätigt, so dass bereits von daher keine Rückflüsse vorliegen könnten. Dass der Kläger auf sein Geschäftskonto aus privaten Mitteln Einlagen tätige, sei unternehmerisch üblich und nicht zu beanstanden. Auch würden diese Einlagen der Höhe und dem Zeitpunkt nach nicht mit den Mietzahlungen korrespondieren. Es sei steuerrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Mieterehegatte sein betriebliches Konto aus dem gemeinschaftlich erwirtschafteten Geld der Eheleute von einem privaten Konto auffülle.
Zudem seien die Geldflüsse auf das Geschäftskonto des Klägers in den Streitjahren von einem gemeinsamen Konto der Eheleute erfolgt. Auch wenn es sich um ein Konto handele, dass auf den Namen der Klägerin laufe, handele es sich faktisch um ein gemeinsames Konto, denn der Kläger habe eine Kontovollmacht besessen, die Kläger hätten das Konto gleichberechtigt genutzt, um ihre privaten Aufwendungen zu bezahlen und es flössen auch aktuell noch die Einkünfte beider Kläger auf dieses Konto. Bereits in der Vergangenheit habe der Kläger Zahlungen auf dieses Konto geleistet, dies seien im Einzelnen die folgenden Beträge gewesen:
2013 | 4.500,00 € |
---|---|
2012 | 1.000,00 € |
2011 | 3.000,00 € |
2010 | 6.600,00 € |
2009 | 1.826,50 € |
Zwischenzeitlich (seit 2017) werde dieses Konto der Klägerin sowohl von der Pension der Klägerin als auch von den Renteneinkünften des Klägers "gespeist". Es entspreche darüber hinaus dem üblichen Vorgehen, dass Gelder des Mietkontos auf ein "gemeinsames" Konto der Kläger gebucht würden, um dann den Lebensunterhalt damit zu bezahlen. Daher sei auch nicht zu beanstanden, dass von dem Mietkonto der Klägerin Überweisungen in relativ geringem Umfang auf das "gemeinsame" Konto der Kläger erfolgt seien.
Es sei hervorzuheben, dass die Kläger ihre Steuererklärungen mit ihren Steuerberatern erstellt hätten. Sämtliche Ursprungsbescheide hätten die Steuerberater nach Prüfung mit dem Vermerk versehen "die Bescheide sind in Ordnung", ein Hinweis auf den Vorbehalt der Nachprüfung hätten die Berater nicht gegeben. Wenn diese jedoch Zweifel an den rechtlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung gehabt hätten, hätten sie dieses sicherlich geäußert. So sei davon auszugehen, dass auch die damaligen Steuerberater von der Wirksamkeit der Verträge ausgegangen seien. Die Betriebsprüfung habe dann alles auf den Kopf gestellt, was jahrzehntelang steuerrechtlich als richtig behandelt worden sei. Es habe jeglicher Hinweis im Vorfeld hinsichtlich der Anerkennung der Mietverträge gefehlt, so dass die geänderte Sichtweise nun zu einem wirtschaftlichen Ruin der Kläger führen könne.
Der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgend seien Ehegattenverträge anzuerkennen, wenn sie wie im Streitfall tatsächlich durchgeführt worden seien. So sei es dann auch unschädlich, wenn von dem Mietkonto der Klägerin wiederum Gelder im Rahmen von Einlagen auf das Geschäftskonto überwiesen würden. Insoweit sei auf eine Entscheidung des FG Düsseldorf vom 21. Mai 2010, 1 K 292/09E, EFG 2010, 1415 hinzuweisen, nach der ein Ehegattenvertrag nicht zu beanstanden sei, wenn der Mieterehegatte die Miete von seinem betrieblichen Konto auf ein Vermieterehegattenkonto überweise und der Mieterehegatte sein betriebliches Konto aus dem gemeinschaftlich erwirtschafteten Geld der Eheleute von einem privaten Konto auffülle.
Darüber hinaus sei der Entscheidung des BFH vom 11. März 2003, IX R 55/01, BStBl II 2003, 627 zu entnehmen, dass zusammenlebende Eheleute auch im Steuerrecht dem besonderen Schutz des Art. 6 GG unterlägen, was zur Folge habe, dass nach der Grundwertung des Familienrechts das während der Ehe Erworbene gemeinschaftlich erwirtschaftet werde. Die Ehegatten bestimmten in gleichberechtigter Partnerschaft nicht nur ihre persönliche, sondern auch ihre wirtschaftliche Lebensführung. Nach den in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätzen für die Anerkennung von Angehörigenverträgen sei der von den Klägern geschlossene Mietvertrag nicht rechtsmissbräuchlich.
Der BFH habe in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 1999, IX R 39/99, BStBl II 2000, 224 einen Mietvertrag der Eltern mit ihrem Kind steuerlich anerkannt, obwohl das Kind die Miete aus dem ihm von seinen Eltern gewährten Barunterhalt gezahlt habe. Der Streitfall sei noch viel klarer, da es keine monatlich gleichbleibenden Zahlungen der Klägerin auf das Geschäftskonto des Klägers gegeben habe. So könne auch nicht von einem "vorprogrammierten Rückholprogramm" gesprochen werden. Mietzahlungen und Einlagen auf das betriebliche Konto seien bürgerlich-rechtlich und wirtschaftlich unterschiedliche Vorgänge, die auch steuerlich zu trennen seien.
Weiterhin sei vom Gericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu bewerten, ob es sich um ein ernsthaft gewolltes Mietverhältnis gehandelt habe, hierbei sei zu berücksichtigen, welche Mittel dem Mieter zur Verfügung gestanden hätten, um die Miete zu bezahlen. Die Besonderheiten des Streitfalls seien zu berücksichtigen. So handele es sich bei dem Guthaben auf dem Konto der Klägerin mit der Kontonummer (...-)965, von dem entsprechende Überweisungen auf das Geschäftskonto des Klägers durchgeführt worden seien, um gemeinschaftlich erwirtschaftetes Geld. An den Geldflüssen sei ersichtlich, dass es keinerlei Regelmäßigkeit gegeben habe. Zudem seien auch weitere Betriebskosten von dem Geschäftskonto des Klägers gezahlt worden. Die Einlagen hätten also auch insoweit dem Ausgleich dieses Kontos gedient.
Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger jahrzehntelang als Rechtsanwalt und Notar tätig gewesen sei, die Räume ausschließlich betrieblich genutzt worden seien. Es sei nicht verständlich, dass der Kläger die Mietzahlungen aus seinem versteuerten Einkommen zu zahlen habe. Es werde verkannt, dass es hier um gemeinschaftlich erwirtschaftetes Geld gehe, dass er letztlich in den Betrieb eingelegt habe.
Im letzten Schriftsatz heben die Kläger noch einmal hervor, dass der Vertrag gerade nicht zwischen nahestehenden Personen geschlossen worden sei, sondern dass zunächst ein zwischen fremden Dritten geschlossener Vertrag vorgelegen habe. So sei er mit seinem Partner damals zu keinem Zeitpunkt befreundet gewesen. Weiterhin zeige das Fotobuch des "25. Geburtstag(s)" der Kanzlei in 2011, dass die Familie geplant habe, dass die Kinder in die Kanzlei einsteigen und diese dann auch übernehmen sollten. Dies könne den guten Wünschen im Fotobuch entnommen werden.
Zunächst waren die Kläger der Auffassung, dass der Kläger den Pkw in den Streitjahren zu mehr als 50% betrieblich genutzt habe. Der Klägerin stehe ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung. Entsprechend seien die Fahrzeugkosten erklärungsgemäß zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen,
die geänderten Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2015 vom 30. Januar 2018 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 2. September 2019 dahingehend zu ändern, dass das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und der Klägerin in allen Streitjahren anerkannt wird und beim Kläger der betriebliche Personenkraftwagen erklärungsgemäß steuermindernd berücksichtigt wird, so dass die Einkünfte wie folgt geändert werden:
2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | |
---|---|---|---|---|---|
§ 21 EStG (Klägerin) | 12.822,00 € | 12.079,00 € | 10.891,00 € | 1.694,00 € | 10.404,00 € |
§ 18 EStG (Kläger), Mietaufwand | - 40.885,76 € | - 40.885,76 € | - 40.885,76 € | - 40.885,76 € | - 40.885,76 € |
Sonstige Betriebsausgaben Pkw | - 2.825,69 € | - 2.852,53 € | - 3.923,59 € | - 6.745,95 € | - 2.828,45 € |
und die Einkommensteuer in allen Streitjahren entsprechend herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt zunächst bei seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung. Das Mietverhältnis sei als Scheingeschäft steuerlich nicht anzuerkennen.
Nach Ergehen der Entscheidungen des Niedersächsischen Finanzgerichts betreffend die Umsatzsteuer der Streitjahre, AktZ. 5 K 185/19 und 5 K 175/19, und einem entsprechenden Hinweis des Gerichts, teilte der Beklagte mit, dass er mit der Betriebsprüfung davon ausgehe, dass der Kläger das Fahrzeug zu mehr als 10% betrieblich in den Streitjahren genutzt habe. Bei einer Laufleistung von 13.190 km, wie sie der Umsatzsteuersenat in seiner Entscheidung ermittelt habe, seien rund 1.666 km betrieblich veranlasst. Da die betriebliche Nutzung weniger als 50% umfasse, sei die Anwendung der 1%-Regelung ausgeschlossen. Im Schätzungswege könne eine betriebliche Nutzung von 15% angenommen werden. Entsprechend könnten die folgenden weiteren Betriebsausgaben berücksichtigt werden:
2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | |
---|---|---|---|---|---|
Aufwendungen lt. BP | 7.113,47 | 7.140,34 | 7.397,57 | 8.255,10 | 6.765,06 |
15% betrieblich | 1.067,00 | 1.071,00 | 1.109,00 | 1.238,00 | 1.014,00 |
Bisher lt. BP | 500,00 | 500,00 | 500,00 | 500,00 | 500,00 |
Als Betriebsausgaben zu berücksichtigen | 567,00 | 571,00 | 609,00 | 738,00 | 514,00 |
Ein gegen die Kläger eingeleitetes Strafverfahren ist zwischenzeitlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
Neben den Steuerakten sind auch die Akten der Verfahren 5 K 185/19 und 5 K 175/19 beigezogen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist teilweise begründet.
Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
A. Die Klage hat hinsichtlich des Streitpunktes der Zuordnung des Pkw zum Betriebsvermögen teilweise Erfolg. Der Gewinn des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit ist um weitere Fahrzeugkosten in der im Tenor genannten Höhe für die Streitjahre zu mindern und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen. Dies ist ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten nunmehr auch unstreitig. Die Kläger haben sich nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung mit dem Vorschlag des Beklagten einverstanden erklärt, dass weitere Fahrzeugkosten als Betriebsausgaben in der im Tenor genannten Höhe zu berücksichtigen sind.
Der Kläger erzielt mit seiner Rechtsanwaltskanzlei Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Seine Einkünfte sind der Gewinn (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG), den er zulässigerweise im Streitjahr gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmeüberschussrechnung ermittelt hat.
Der Pkw war, wie der Kläger dies auch in seinen Gewinnermittlungen vollzogen hat, dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzuordnen, so dass die laufenden Kosten als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Denn mit den Beteiligten ist davon auszugehen, dass der Kläger das Fahrzeug zu 15%, also mehr als 10%, für betriebliche Zwecke genutzt hatte.
Allerdings ist die private Nutzungsentnahme nicht nach der so genannten 1%-Regelung zu berücksichtigen, denn mit den Beteiligten ist davon auszugehen, dass die betriebliche Nutzung des Fahrzeugs in den Streitjahren 15% betragen hat und damit weniger als 50% (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG). Entsprechend war der Anteil der privaten Nutzung zu schätzen. Das Gericht geht mit den Beteiligten von einer 85%-igen Privatnutzung aus, so dass eine Nutzungsentnahme zu berücksichtigen war, die das Gericht im Einvernehmen mit den Beteiligten mit 85% der Kfz-Kosten bewertet hat. Dem entsprechend sind die vom Beklagten errechneten, im Tenor genannten weiteren Betriebsausgaben gewinnmindernd zu berücksichtigen.
2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | |
---|---|---|---|---|---|
Fahrzeugkosten insges. | -7.113,47 | -7.140,34 | -7.397,57 | -8.255,10 | -6.765,06 |
Nutzungsentnahme (85%) | +6.046,47 | +6.069,34 | +6.288,57 | +7.017,10 | +5.751,06 |
Zwischensumme | -1.067,00 | -1.071,00 | -1.109,00 | -1.238,00 | -1.014,00 |
Fahrzeugkosten lt. BP | +500,00 | +500,00 | +500,00 | +500,00 | +500,00 |
Gewinnminderung, insg. | 567,00 | 571,00 | 609,00 | 738,00 | 514,00 |
B. Die Klage ist hinsichtlich der Anerkennung des Mietverhältnisses zwischen den Klägern unbegründet. Es sind weder die Mietaufwendungen des Klägers als Betriebsausgaben seiner Rechtsanwaltskanzlei gewinnmindernd bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, noch sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Kanzlei gemäß § 21 Abs. 1 EStG bei der Klägerin zu berücksichtigen.
1. Das zwischen den Klägern geschlossene Mietverhältnis ist - in seiner Ausgestaltung für die Streitjahre - mangels Fremdüblichkeit nicht durch die Einkünfteerzielung des Klägers veranlasst. Die Mietaufwendungen stellen keine Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG dar.
a. Ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkünfteerzielung (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG) oder durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen gemäß § 12 Nr. 1 und 2 EStG veranlasst sind, ist, der Neuausrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995, 2 BvR 802/90 (BStBl II 1996, 34, unter B.I.2.) folgend, anhand der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten zu beurteilen. Hierbei ist nach wie vor Voraussetzung, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Jedoch schließt nicht mehr jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juli 2013, X R 31/12, BStBl II 2013, 1015 sowie vom 22. Oktober 2013, X R 26/11, BStBl II 2014, 374, jeweils m.w.N.).
Angesichts des bei Angehörigen vielfach fehlenden natürlichen Interessengegensatzes und der daraus resultierenden Gefahr des steuerlichen Missbrauchs zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten muss sichergestellt sein, dass die Vertragsbeziehung und die auf ihr beruhenden Leistungen tatsächlich dem betrieblichen Bereich zuzurechnen sind. Indiz für die Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich ist insbesondere, ob der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2018, X R 44-45/17, BStBl II 2019, 203). Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85, 88 AO und § 76 Abs. 1 FGO. Er ermöglicht aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch --wie im Streitfall-- unter Angehörigen stattgefunden hat, ob aufgrund eines den Tatbestand einer Einkunftsart erfüllenden Vertrags oder aus privaten, familiären Gründen. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben oder aber um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BFH-Urteil vom 11. Juli 2017 IX R 42/15, BFH/NV 2014, 529 [BFH 21.11.2013 - IX R 26/12], m.w.N.). Im Zuge der erforderlichen Gesamtwürdigung erlangt der Umstand, ob die Vertragschancen und -risiken in fremdüblicher Weise verteilt sind, wesentliche Bedeutung (BFH-Urteile vom 25. Januar 2000, VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393 und vom 22. Oktober 2013 X R 26/11, BStBl II 2014, 374). So spricht gegen die Fremdüblichkeit, wenn das Gesamtbild der Vereinbarungen belegt, dass die weitaus meisten Chancen des Vertrags der einen Seite und die weitaus meisten Risiken der anderen Seite zugewiesen werden (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2018, X R 44-45/17, BStBl II 2019, 203 [BFH 10.10.2018 - IX R 30/17]; Kulosa, Der Betrieb --DB-- 2014, 972, 975).
Eine solche Gesamtwürdigung erfordert, alle maßgeblichen Beweisanzeichen (Indizien) einzubeziehen, die Hauptpflichten der Vertragsparteien müssen klar und eindeutig vereinbart worden sein und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 11. Juli 2017 IX R 42/15, BFH/NV 2014, 529 [BFH 21.11.2013 - IX R 26/12], m.w.N.).
b. Diesen Grundsätzen folgend kommt das Gericht nach einer umfassenden Gesamtwürdigung aller objektiven Umstände zu dem Ergebnis, dass die vorliegende Gestaltung nicht fremdüblich gewesen ist, die erklärten Mietaufwendungen entsprechend nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
aa. In den Streitjahren fehlte bereits eine klare und eindeutige Vertragsgestaltung. So war der ursprüngliche schriftliche Mietvertrag mehrfach abgeändert worden. Diese Änderungen erfolgten jedoch abweichend von der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung nur noch mündlich. Die ursprünglich vorgenommene Aufteilung der Miete in Nettomiete und abzurechnende Nebenkosten hatten die Vertragsparteien über die Jahre nicht beibehalten. Nachdem der Kläger zunächst mehrfach dargelegt hatte, dass der ursprüngliche Vertrag unverändert fortgeführt worden sei, hat er dann in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass Nebenkosten seit dem Tod der Altenteilerin im 1. Obergeschoss des Objekts nicht mehr abgerechnet worden seien. Allerdings konnte der Kläger auf Nachfrage des Gerichts den Inhalt des Vertrages nicht genau benennen. Es ist auch in der mündlichen Verhandlung nicht deutlich geworden, welche Kosten von der Vermieterin und welche Kosten vom Mieter zu zahlen waren. Insbesondere hinsichtlich der Müllgebühren blieb dies offen. Fremde Dritte hätten hier den Vertrag entsprechend geändert und eine eindeutige Regelung getroffen.
bb. Auch alle übrigen vertraglichen Änderungen, wie z.B. die Veränderungen betreffend den Umfang der gemieteten Fläche, die Höhe der Miete, die Nutzungsänderungen 2014/2015 durch den Um- und Ausbau sowie die teilweise Nutzung durch die Tochter hatten die Vertragsparteien entgegen der ausdrücklichen vertraglichen Vorgaben nicht schriftlich abgefasst. Auch hier hätten die Vertragsparteien sich grundsätzlich an die von Ihnen aufgestellten Regeln halten müssen, um einem Fremdvergleich standzuhalten.
cc. Darüber hinaus war insbesondere auch die tatsächliche Durchführung des Vertrages zumindest in den Streitjahren nicht fremdüblich. Denn nach den tatsächlichen Gegebenheiten war der Kläger in den Streitjahren nicht endgültig mit den Mietaufwendungen belastet.
Im Streitfall stehen nach den Feststellungen der Außenprüfung, denen der Kläger nur im Rechtlichen, nicht aber hinsichtlich des ermittelten Zahlenwerks entgegengetreten ist, den Mietzahlungen des Klägers an die Klägerin laufende Zahlungen der Klägerin auf das Geschäfts- und Mietkonto des Klägers gegenüber, die in vier von fünf Streitjahren sowie per Saldo über den gesamten Prüfungszeitraum hinweg die Höhe der Mietzahlungen überstiegen haben.
Der Kläger hat zumindest seit 2008 durchgängig Verluste aus seiner anwaltlichen Tätigkeit erklärt; die Höhe der erklärten Verluste entspricht in den Jahren 2011, 2014 und 2015 in etwa der Höhe der Mietzahlungen; in 2013 erreichen die Verluste ungefähr 78% und in 2012 ungefähr 50% der Mietzahlungen an die Klägerin. In 2014 und 2015 übersteigen die Mietzahlungen die Höhe sämtlicher Honorareinnahmen. Der Kläger wäre mithin ohne die Geldrückflüsse von der Klägerin außerstande gewesen, die Mietzahlungen für die Kanzleiräume mit seiner Anwaltstätigkeit zu erwirtschaften. Aufgrund der über den gesamten Streitzeitraum hinweg der Höhe der Mietzahlungen entsprechenden kehrseitigen Geldbewegungen war der Kläger bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die vereinbarte Miete nicht belastet; die Mietzahlungen sind im Ergebnis nicht endgültig in das Vermögen der Klägerin übergegangen. Dass hier ein Geldkreislauf stattgefunden hat, wird auch dadurch deutlich, dass der Kläger aufgrund seiner Kontovollmacht für das Mietkonto der Klägerin mit der Kontonummer (...-)260 Geldbeträge von diesem Konto auf das private Konto der Klägerin mit der Kontonummer (...-)965 überwiesen hat, von dem aus wiederum die Überweisungen auf das Geschäftskonto des Klägers erfolgten.
Für die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts ist es ohne Belang, dass die von der Klägerin an den Kläger überwiesenen Gelder nicht unmittelbar von dem Mietkonto der Klägerin wieder auf das Geschäftskonto des Klägers gelangt sind. Maßgebend ist, dass es sich um Geld der Klägerin gehandelt hat, sie hat die Zahlungen an den Kläger von einem auf ihren Namen laufenden Konto getätigt.
Diesen Überweisungen der Klägerin auf das Geschäftskonto des Klägers lagen auch keine unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen zugrunde, so dass der Streitfall entgegen der Auffassung des Klägers mit dem vom BFH entschiedenen Fall, Urteil vom 19. Oktober 1999, IX R 39/99, BStBl II 2000, 224, nicht vergleichbar ist. Der BFH führte in seiner Entscheidung aus, dass es nicht rechtsmissbräuchlich sei, wenn Eltern ihrem unterhaltsberechtigtem Kind eine Wohnung vermieten und das Kind die Miete aus dem ihm gewährten Unterhalt finanziert. Hier lägen zwei getrennt zu beurteilende zivilrechtliche Regelungen vor. Anders als im Streitfall hatte das Kind einen Anspruch auf Barunterhalt, den es nutzte, die vertraglich geschuldete Miete zu zahlen. Der hier zu entscheidende Fall ist damit nicht vergleichbar, der Kläger hatte keinen Anspruch gegenüber der Klägerin auf Ehegattenunterhalt. Denn die Eheleute wohnen in einem gemeinsamen Haushalt und sorgen gemeinschaftlich für ihren Unterhalt. Darüber hinaus gehende Ansprüche des Klägers gibt es nicht, insbesondere gibt es keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Ausgleich des Geschäftskontos. Denn der "Ehegattenunterhalt" gemäß §§ 1360, 1360a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) umfasst die von der Klägerin geleisteten Unterstützungszahlungen nicht. Ehegattenunterhalt umfasst lediglich den angemessenen Unterhalt der Familie für alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist. Dies beinhaltet die Kosten, um den Haushalt zu bestreiten sowie Kosten, um die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten abzudecken, wie z.B. Kleidung, ärztliche Behandlungen, kulturelle Bedürfnisse, Freizeit, etc., sowie die Kosten für den gemeinsamen Lebensbedarf der unterhaltsberechtigten Kinder, vgl. Budzikiewicz in Jauernig BGB § 1360a Rz. 4. Nicht zum Ehegattenunterhalt gehören damit freiwillige Unterstützungsleistungen für den Betrieb des Ehegatten.
Aufgrund der freiwilligen, kehrseitigen Geldbewegungen lag im wirtschaftlichen Ergebnis eine unentgeltliche Überlassung der Kanzleiräumlichkeiten durch die Grundstückseigentümerin (die Klägerin) an den Kläger vor. Der Kläger war nicht endgültig mit den Mietzahlungen belastet.
dd. Für die Entscheidung ist es ohne Bedeutung, dass der Beklagte den ursprünglichen Mietvertrag zwischen der Eigentümergemeinschaft und der Sozietät seit 1995 und auch den späteren Vertrag ab dem Jahr 2002 zwischen den Eheleuten zunächst anerkannt hatte und erst seit den Streitjahren dieses Mietverhältnis steuerlich nicht mehr berücksichtigt hat. Denn die Einkommensteuer unterliegt der so genannten Abschnittsbesteuerung, so dass in jedem Veranlagungszeitraum neu zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Mietvertrages vorliegen. Im Streitfall haben sich zudem die Verhältnisse im Vergleich zu den ursprünglichen Verträgen 1995 bzw. 2002 erheblich verändert, so dass die Kläger sich auch schon deshalb nicht auf die Anerkennung der alten Verträge berufen konnten. Dies betraf die Mietparteien, die vermietete Fläche, die Nebenkostenvereinbarungen und insbesondere auch die finanzielle Ausstattung der Rechtsanwaltskanzlei des Klägers und die damit verbundenen Zahlungsmodalitäten.
c. Ob darüber hinaus auch ein Scheingeschäft gemäß § 41 AO vorgelegen hat, wie es der 5. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts in den beiden Umsatzsteuerverfahren, Urteile vom 17. Januar 2020 in den Verfahren 5 K 175/19 und 5 K 185/19, ausgeführt hat, kann letztlich dahingestellt bleiben. Insbesondere muss die Frage, ob ein zunächst tatsächlich gelebter und steuerlich beachtlicher Mietvertrag sich auch zu einem späteren Zeitpunkt zum Scheingeschäft entwickeln kann, wenn die wirtschaftlichen Folgerungen aus dem Vertrag ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr gezogen werden, nicht entschieden werden.
d. Die Gesamtwürdigung aller Umstände führt im Ergebnis dazu, dass das zwischen den Klägern geschlossene Mietverhältnis - in seiner Ausgestaltung für die Streitjahre - mangels Fremdüblichkeit nicht durch die Einkünfteerzielung des Klägers veranlasst ist. Ein fremder Dritter hätte nicht nur klare schriftliche Vereinbarungen über die genauen Vertragsabreden getroffen. Ein fremder Vermieter hätte dem Kläger auch keine entsprechenden Gelder auf sein Geschäftskonto überwiesen.
Dies hat zur Folge, dass aus der unentgeltlichen Grundstücksüberlassung der Kläger die erklärten "Mietaufwendungen" nicht als Betriebsausgaben gewinnmindernd zu berücksichtigen sind.
e. Dieser Gesamtwürdigung steht auch nicht entgegen, dass zusammenlebende Eheleute unter dem besonderen Schutz des Art. 6 Grundgesetz (GG) stehen, sie eine Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs bilden, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhat. Der BFH hatte dies in seinem Urteil vom 11. März 2003, IX R 55/01, BStBl II 2003, 627 hervorgehoben. Auch nach den Grundwertungen des Familienrechts werde das während der Ehe erworbene gemeinschaftlich erwirtschaftet. Der wirtschaftlichen Realität der Ehe werde es danach nicht gerecht, die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander auf ihre unterhaltsrechtlichen Ansprüche nach den §§ 1360ff BGB zu reduzieren. Diesen Grundsätzen folgend, konnten die Kläger in dem vom BFH entschiedenen Fall frei darüber bestimmen, in welcher Weise sie in die Eigentumswohnung (die Ehefrau hatte diese als Eigentümerin ihrem Ehemann für Zwecke der doppelten Haushaltsführung entgeltlich überlassen) investierten, ob --wie geschehen-- die Klägerin oder aber der Kläger das Objekt allein kaufte oder ob sie beide zusammen (als Miteigentümer) die Immobilie erwarben. Das Steuerrecht knüpft, der Auffassung des BFH folgend, an die jeweilige wirtschaftliche Entscheidung der Ehegatten an. Dem Gedanken der Wirtschaftsgemeinschaft entsprach es in dem vom BFH entschiedenen Fall daher auch, dass die auf dem Objektkonto der Klägerin entstandene Unterdeckung durch Überweisungen von dem gemeinsamen Girokonto beseitigt wurde.
Im Streitfall war auch an die Entscheidung der Kläger anzuknüpfen. Diese maßgebende Entscheidung war, dass die Klägerin die Immobilie erworben hatte, ihr diese als Eigentümerin zuzurechnen ist, auch wenn der Kläger diese im Streitzeitraum für seine Kanzlei genutzt hat. Die sich anschließende Frage, ob das zivilrechtlich vereinbarte Mietverhältnis steuerrechtlich anzuerkennen ist, bestimmt sich dann nach den allgemeinen bereits oben dargestellten Grundsätzen. Letztlich bleibt es auch hier den Ehegatten überlassen, wie sie diese Nutzungsüberlassung gestalten. Sie sind frei eine Gestaltung zu wählen, die den steuerlichen Anforderungen genügt.
Wenn allerdings wie im Streitfall, diese steuerlichen Anforderungen nicht erfüllt sind, kann das Mietverhältnis auch nicht steuerlich anerkannt werden.
2. Aus den bereits oben dargelegten Gründen sind dann entsprechend die von der Klägerin erklärten Mieteinkünfte aus der Überlassung der Kanzleiräume an den Kläger gemäß § 21 Abs. 1 EStG nicht steuererhöhend zu berücksichtigen.
Denn auch die Klägerin erzielt mit der Überlassung der Immobilie an den Kläger nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn diese Überlassung der Einkünfteerzielung dient und nicht privat veranlasst ist. Die obigen Ausführungen betreffend die Anerkennung eines Mietvertrages zwischen nahen Angehörigen gelten entsprechend.
So führt auch hier eine Gesamtwürdigung aller Umstände im Ergebnis dazu, dass das zwischen den Klägern geschlossene Mietverhältnis - in seiner Ausgestaltung für die Streitjahre - mangels Fremdüblichkeit auch nicht durch die Einkünfteerzielung der Klägerin veranlasst ist. Ein fremder Dritter hätte nicht nur klare schriftliche Vereinbarungen über die genauen Vertragsabreden getroffen. Ein fremder Vermieter hätte dem Kläger auch keine entsprechenden Gelder auf sein Geschäftskonto überwiesen.
3. Insgesamt hat der Beklagte daher zutreffend sowohl die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin als auch die Einkünfte des Klägers aus der Rechtsanwaltskanzlei wie folgt korrigiert:
2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | |
---|---|---|---|---|---|
§ 21 EStG(Kl'in) | - 12.822,00 € | - 12.079,00 € | - 10.891,00 € | - 1.694,00 € | - 10.404,00 € |
§ 18 EStG (Kl.) | |||||
- Mietaufwand | + 40.885,76 € | + 40.885,76 € | + 40.885,76 € | + 40.885,76 € | + 40.885,76 € |
II. Das Gericht hat dem Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 S. 2 FGO aufgegeben, die Steuer nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen. Er hat den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 S. 3 FGO. Nachdem die Kläger nur zu einem geringen Teil obsiegt haben, entsprach es billigem Ermessen die Kosten insgesamt den Klägern aufzuerlegen.