Sozialgericht Aurich
Urt. v. 15.12.2016, Az.: S 13 SO 86/14

Bibliographie

Gericht
SG Aurich
Datum
15.12.2016
Aktenzeichen
S 13 SO 86/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 35710
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Bescheid vom 14.05.2014, geändert am 04.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2014 wird insoweit abgeändert, als dass der Klägerin weitere 244,51 Euro an Leistungen nach dem SGB XII nachzuzahlen sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt 20 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Klägerin, im Rahmen der ihr bewilligten Leistungen der Grundsicherung für erwerbsgeminderte Menschen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) höhere Leistungen für einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung und aufgrund höherer Absetzungen von ihren Renteneinkommen zu erhalten.

Die Klägerin ist am G. 1960 geboren und lebt im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten in der Gemeinde H ... Sie ist anerkannte Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 90 und dem zuerkannten Merkzeichen "G". An gesundheitlichen Einschränkungen leidet sie an einer Multiplen Sklerose Erkrankung, einer obstruktiven Lungenerkrankung, des Weiteren durchlitt sie Ende 2011 eine Brustkrebserkrankung und bereits seit dem Jahre 1983 ist ihr rechtes Knie unfallbedingt geschädigt. Sie hatte im Rahmen der Ausbildung zur Pferdewirtschafterin einen Arbeitsunfall erlitten.

Die Klägerin stand bis zum Jahre 2012 im laufenden Bezug für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) beim Jobcenter des Beklagten. Seit dem Jahre 1983 erhält sie eine Unfallrente der zuständigen Berufsgenossenschaft wegen des beruflichen Reitunfalls mit einer anerkannten Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30. Diese Rente erreichte bis zum 30.06.2013 einen Auszahlungsbetrag von 412,46 Euro und ab dem 01.07.2013 413,39 Euro. Neben dieser Rente bewilligte die zuständige Rentenversicherung I. auf Antrag vom 16.03.2012 mit Bescheid vom 30.01.2013 der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer. Die Rente erreichte ab dem 01.03.2013 einen Auszahlungsbetrag von 194,87 Euro monatlich. Eine Nachzahlung für die Zeit vom 01.02.2012 bis zum 28.02.2013 leistete die Rentenversicherung in Höhe von 2.514,88 Euro unmittelbar an die Klägerin am 30.10.2013.

Auf ersten Leistungsantrag bewilligte der Beklagte für die Zeit bis zum 31.03.2014 Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII als Grundsicherung für erwerbsgeminderte Menschen. Dieser Bewilligung legte er mit letztgültigem Bescheid vom 31.07.2013 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 10 % des maßgeblichen Regelbedarfes, also 38,20 Euro, zugrunde.

Den Widerspruch gegen diese Entscheidung wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2014 zurück (Gegenstand des Verfahrens zum Aktenzeichen S 13 SO 43/14 vor dem Sozialgericht Aurich, Urteil vom 15.12.2016).

Mit hier streitigem Bescheid vom 14.05.2014 bewilligte der Beklagte die laufenden Leistungen für die Zeit vom 01.04.2014 bis 31.03.2015 ohne die Zuerkennung eines Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung. Er änderte den Bescheid mit Bescheid vom 04.06.2014 aufgrund der Rentenanpassung zum 01.07.2014. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 17.06.2014 Widerspruch ein. Sie begründete den Widerspruch damit, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu niedrig angesetzt sei. Sie berief sich darauf, dass sie frische Nahrungsmittel kaufen müsse, welche deutlich teurer seien als andere. Auf Nachfrage des Beklagten legte sie hierzu eine Aufstellung vor, aus der sich bestimmte Beträge für den Einkauf bestimmter Nahrungsmittel ergaben. Sie betonte des Weiteren, dass sie keine verdorbenen Nahrungsmittel zu sich nehmen dürfe. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gegen den vorherigen Bewilligungsbescheid ermittelte der Beklagte wiederum durch Anhörung des Amtsärztlichen Dienstes. So bescheinigte der Amtsarzt am 06.02.2014, dass unstreitig die Anschaffung frischer Nahrungsmittel erforderlich sein dürfte, verdorbene Nahrungsmittel im Sinne von verschimmelten Nahrungsmitteln aber ohnehin nicht verkauft und nicht genutzt werden dürften. Frische Ware im Sinne von nicht verdorbener Ware sei im allgemeinen Handel verfügbar zu normalen Preisen. Aufgrund dieses Ergebnisses der Ermittlungen im Verwaltungsverfahren betreffs des früheren Widerspruches der Klägerin wies der Beklagte mit streitigem Widerspruchsbescheid vom 02.12.2014 den Widerspruch unter Berufung auf die Ermittlungen des Amtsarztes zurück.

Ebenfalls rügte die Klägerin mit ihrem Widerspruch, dass die Beträge für ihre Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung nicht von den Renteneinkommen als Absatzbeträge abgesetzt worden seien, sie sei auf ein Kraftfahrzeug angewiesen. Im Widerspruchsbescheid wies der Beklagte auch den Absatz der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsbeiträge ab, die Klägerin könne aus gesundheitlichen Gründen den öffentlichen Personennahverkehr nutzen und eine Haltestelle eines Busses sei nicht mehr als 1,3 km Wegstrecke entfernt.

Die Klägerin vertritt im gerichtlichen Verfahren die Auffassung, dass ihr Leistungen für besondere kostenaufwändige Ernährung über die bereits gewährten Leistungen hinaus zustehen. Neben den bereits benannten Erkrankungen bestehe ein Eisenmangel, der nicht medikamentös behandelt werde seit dem Monat Juli 2013. Die Gesamtschau der vielfältigen Erkrankungen bedinge eine besonders kostenaufwändige Ernährung. Diese habe der behandelnde Arzt empfohlen. Des Weiteren vertritt sie die Auffassung, dass sie auf ein Kraftfahrzeug angewiesen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 14.05.2014, geändert mit Bescheid vom 04.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2014 insoweit abzuändern, als dass ihr ein erhöhter Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung bewilligt wird und die nachgewiesenen Beiträge zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung von ihren Einkünften monatlich abgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist auch nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen der medizinischen Situation weiterhin der Auffassung, dass der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung der Klägerin in ausreichender Höhe gewährt sei. Die bei ihr bestehenden Erkrankungen rechtfertigten jedenfalls nicht den Ansatz einer höheren Leistung für die diesbezüglichen Mehrbedarfe. Er ist auch der Auffassung, dass der Absatz der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsbeiträge nicht gerechtfertigt sei, da öffentlicher Nahverkehr nutzbar und verfügbar sei.

Das Gericht hat in diesem Verfahren und im parallelen Verfahren der Klägerin mit dem Aktenzeichen S 13 SO 43/14 medizinische Ermittlungen dergestalt durchgeführt, dass Befundberichte der von der Klägerin als behandelnd angegeben Ärzte eingeholt wurden. Bezüglich der Inhalte der Befundberichte wird auf die in den Gerichtsakten befindlichen Ausfertigungen Bezug genommen. Des Weiteren hat das Gericht Entlassungsberichte bezüglich stationärer Rehabilitationsmaßnahmen der Klägerin, die diese bzw. die behandelnden Ärzte eingereicht haben, seiner Bewertung der Angelegenheit zugrunde gelegt. Das Gericht hat des Weiteren das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs im Rahmen der Datenbank "Fahrplaner" des Verkehrsverbundes Bremen Niedersachsen (VBN) für den Wohnbereich der Klägerin überprüft.

Das Gericht hat am 15.12.2016 eine mündliche Verhandlung in der Angelegenheit durchgeführt, bezüglich deren Ergebnisses auf das in den Gerichtsakten befindliche Protokoll Bezug genommen wird. Neben den bereits erwähnten Unterlagen war der weitere Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Parallelverfahrens der Klägerin (a.a.O.) Gegenstand der Entscheidungsfindung sowie der Inhalt aller vom Beklagten überreichten Verwaltungsvorgänge.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfange begründet und im Übrigen unbegründet. Die angegriffenen Bescheide sind in Bezug auf das Begehren der Klägerin zum Erhalt eines höheren Mehrbedarfes wegen kostenaufwändiger Ernährung rechtmäßig ergangen und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Bescheide sind jedoch bezüglich des fehlenden Absatzes der nachgewiesenen Versicherungsbeiträge vom Renteneinkommen der Klägerin aufgrund der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung rechtswidrig ergangen und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten.

Die Klägerin kann nicht nach § 30 Abs. 5 SGB XII einen höheren Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung beanspruchen. Die bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen führen nicht dazu, dass der Klägerin höhere Leistungen nach dem SGB XII deswegen zu bewilligen sind, weil bei ihr ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Bezug auf einen höheren Betrag als 38,20 Euro besteht.

Die Regelung des § 30 Abs. 5 SGB XII lautet: Für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

Damit ist nach dem Wortlaut des Gesetzes Voraussetzung für die Gewährung des Zuschlages, dass aufgrund einer Krankheit oder Behinderung ein Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung besteht. Der Gesundheitszustand muss kausal für die höheren Kosten der Ernährung sein (BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 48/12 R -; BSG, Urteil vom 20.01.2016 - B 14 AS 8/15 R -; vgl. Urteil vom 09.06.2011 - B 8 SO 11/10 R jeweils zitiert nach ). Ein höherer Kostenaufwand im Sinne der gesetzlichen Regelung besteht dann, wenn die Ernährung in Relation zum Regelbedarf höhere Kosten zur Beschaffung verursacht und damit von den in Regelbedarf pauschal gewährten Leistungen abweicht (BSG a.a.O.).

Das Gericht greift für die Beurteilung, ob Erkrankungen der Klägerin einen mehrkostenverursachenden erhöhenden Ernährungsaufwand bedingen zum einen auf die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in der 4. neu erarbeiteten Auflage 2014 zurück und zum anderen auf das Ergebnis der medizinischen Sachverhaltsermittlungen.

Bei der Klägerin ist zunächst der von ihr geltend gemachte Eisenmangel mit daraus resultierenden Ernährungskosten nicht nachgewiesen. Aus den ärztlichen Unterlagen ist ein solcher Eisenmangel nicht erkennbar. Kein Arzt hat diese Erkrankung bescheinigt. Des Weiteren wird eine solche Erkrankung nicht medikamentös behandelt bzw. der Eisenmangel mit Medikamenten substituiert.

Des Weiteren stellt sich dieses Ergebnis der medizinischen Ermittlungen auch vor dem Hintergrund der dem Gericht vorliegenden Blutbilder der Klägerin als nachvollziehbar und überzeugend dar. Es finden sich Laborergebnisse bezüglich des Hämoglobinwertes der Klägerin vom 19.09.2013 mit einem Wert von 13,3 sowie vom 10.04.2015 mit einem Wert von 14, was kein pathologisch reduziertes Niveau zeigt. Damit liegt auch kein zu einem reduzierten Wert führender Eisenmangel vor.

Bezüglich der durchlittenen Krebserkrankung findet sich ebenfalls kein Hinweis, dass ein behandelnder Mediziner aufgrund dieser Erkrankung eine besondere Diät verordnet hätte. Des Weiteren finden sich dankenswerter Weise keine Nachweise einer aktuell bestehenden aktiven Krebserkrankung der Klägerin.

Auch die bei der Klägerin bestehende Erkrankung an Multipler Sklerose als schwerer chronischer Erkrankung bedingt nicht die Bewilligung eines höheren Mehrbedarfes als bereits mit dem angegriffenen Bescheid ausgewiesen. Nach den Empfehlungen Deutschen Vereins gilt im Regelfall, dass bei verzehrenden Erkrankungen und gestörter Nährstoffaufnahme bzw. Nährstoffverwertung im konkreten Einzelfall ein erhöhter Bedarf an Ernährung vorliegen kann. Bei diesen Erkrankungen ist dabei im Regelfall die sogenannte "Vollkost" die allgemein empfohlene Ernährungsform, deren Kosten in den Regelsatzleistungen nach dem SGB XII enthalten sind. Ein krankheitsbedingter Mehrbedarf aufgrund einer solchen Erkrankung wird nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins daher nur dann vorliegen, wenn schwere Verläufe oder besondere Umstände einer Erkrankung vorliegen. Regelbeispielhaft führt der Deutsche Verein dazu aus, dass von einem erhöhten Ernährungsbedarf ausgegangen werden kann, wenn der Body-Mas-Index (BMI) dauerhaft unter 18,5 liegt und zugleich das Untergewicht Folge der Erkrankung ist oder ein schneller, krankheitsbedingter Gewichtsverlust zu verzeichnen ist (siehe Empfehlungen des Deutschen Vereins, abrufbar unter www.deutscherverein.de). Ausweislich der medizinischen Unterlagen ist erkennbar, dass die Klägerin keinen BMI von 18,5 oder weniger hat und ebenfalls ist kein erkrankungsbedingter Gewichtsverlust in schwerem Maße nachgewiesen. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass für das Bestehen einer entsprechenden Erkrankung die Empfehlungen des Deutschen Vereins nur Indizien darstellen, wobei im Einzelfall Ermittlungen des Gerichts erforderlich sind (vgl. BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 49/10 R - zitiert nach ). Jedoch bestätigen die Ergebnisse der medizinischen Einzelfallermittlungen des Gerichts den Umstand, dass keine besonders abweichende Art der Erkrankung an Multiple Sklerose bei der Klägerin besteht. Zunächst ist festzustellen, dass der dem Gericht zur Kenntnis gelangte Bericht der Anschlussheilbehandlung nach einer Knieoperation vom 12.06.2013 keinerlei Aussage bezüglich der Einnahme einer besonderen Diät während der Durchführung der Maßnahme umfasst. Ebenfalls bescheinigt der Entlassungsbericht der stationären medizinischen Rehabilitation in J. vom 04.11.2013 zwar eine Besserung der Schmerzsituation, aber keine besondere Diät.

Es wird aus diesem Bericht nur ersichtlich, dass die Kläger selbst angibt, sich besonders aufmerksam ernähren zu müssen. Ebenfalls bescheinigt der aktuelle Befundbericht des Hausarztes Dr. K. vom 02.04.2015 nicht, dass er der Klägerin eine besondere kostenaufwändige Diät verordnet habe. Ausdrücklich wird hier ausgeführt, dass eine hochwertige Mischkost erforderlich sei. Eine solche Mischkost ist nicht kausal für einen ernährungsbedingten erhöhten Kostenaufwand. Diese sogenannte Vollkost ist vom Regelsatz des § 20 SGB II umfasst. Hierzu bezieht sich das Gericht auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in 3. Auflage vom 01.10.2008 und das von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu diesem Thema erstelle Fachgutachten (abrufbar unter www.dge.de). Der weitere Befundbericht des weiteren Hausarztes Dr. L. vom 18.06.2015, den dieser gegenüber dem Gericht erstellt hat, belegt ebenfalls nicht, dass dieser Arzt der Klägerin eine besondere Ernährung verordnet hätte. Insbesondere bescheinigt der Arzt auf nochmalige ausdrückliche Nachfrage mit Schreiben vom 29.06.2015, dass er keine besondere Ernährung zur Behandlung der Erkrankungen der Klägerin verordnet hätte. Vor dem Hintergrund dieser zweimaligen ausdrücklichen dem Gericht gegenüber erteilte Auskunft erscheint die von der Klägerin beigebrachte formularmäßige ärztliche Bescheinigung des gleichen Arztes vom 30.10.2015 nicht durchzugreifen. In dieser Bescheinigung wird nur pauschal ausgeführt, dass "bisherige Zulage war nicht ausreichend" sei. Eine Begründung für diese Einschätzung findet sich nicht. Das Gericht erkennt auch nicht aus den vorliegenden weiteren medizinischen Unterlagen eine nachvollziehbare Grundlage dieser Bewertung des Mediziners. Vielmehr liegen keine individuellen Indizien vor, die eine Abweichung von dem in den Empfehlungen des Deutschen Vereins aufgeführten Regelfall bedingen. Es ist auch festzustellen, dass die von der Klägerin selbst vorgetragene besondere Ernährung, die sie ihrer Ansicht nach einnehmen muss, einer Vollkost entspricht. Die diesbezügliche Bewertung des Beklagten und des Amtsarztes, das verdorbene Lebensmittel ohnehin nicht verkauft oder eingenommen werden dürfen, trifft zu.

Weitere von der Klägerin im Rahmen des Gerichtsverfahrens vorgelegte Unterlagen belegen ebenfalls nicht das Erfordernis einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung.

Von den Renteneinkünften der Klägerin im streitigen Zeitraum ist jedoch gem. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII ein Betrag von insgesamt 244,51 Euro an nachgewiesenen Beiträgen zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung abzusetzen.

Die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung stellt im Rahmen des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII eine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung dar. Der Abschluss dieser Versicherung und damit einhergehend das Halten eines Kraftfahrzeuges stellt sich im Falle der Klägerin als angemessen dar.

Grundsätzlich erfordert der Absatz der Versicherungsbeiträge von Einkünften im Rahmen der Grundsicherungsleistungen für erwerbsgeminderte Menschen nach dem 4. Kapitel SGB XII, dass die Haltung des Kraftfahrzeuges notwendig und angemessen ist, wie z.B. für Fahrten zur Arbeit oder zu notwendigen medizinischen Behandlungen (vgl. Geiger in LPK-SGB XII 10. Aufl. 2015 § 82 Rn 81). Das Gericht stellt in diesem Zusammenhang zunächst fest, dass die Tatsache, dass die Klägerin nach Bewertung des Beklagten gesundheitlich in der Lage ist, öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen, diesbezüglich nicht entscheidungserheblich ist. Bezüglich der Frage der Haltung eines Kraftfahrzeuges kommt es nach dem gesetzlichen Wortlaut auf die eine allgemein gehaltene Angemessenheit und Notwendigkeit an und nicht wie beispielsweise bei Eingliederungshilfeleistungen auf eine medizinisch begründete bzw. behinderungsbedingte Notwendigkeit. Vielmehr kann allgemein auf besondere Lebenslagen Bezug genommen werden. (Vgl. Geiger a.a.O.). Es ist im Rahmen dieser Bewertung nach Auffassung des Gerichts auch auf den Faktor des Wohnortes und dessen Angebundenheit an öffentlichen Personennahverkehr abzustellen. Zwar ist die nächstgelegene Haltestelle entgegen der Auffassung der Klägerin nicht 1,3 - 1,4 km Luftlinie entfernt, sondern 1,3 - 1,4 km Wegstrecke. Aber nach dem Ergebnis der Ermittlungen des Gerichts und Heranziehung des Internetangebotes "Fahrplaner" des VBN ist erkennbar, dass von dieser Haltestelle nur dreimal täglich überhaupt die Möglichkeit besteht, per öffentlichem Busverkehr in die Kreisstadt zu gelangen. Nur um kurz nach halb neun, kurz nach halb zehn und kurz vor eins werden die nächstgelegenen Haltestellen überhaupt angefahren. Diese reduzierten Angebote des öffentlichen Nahverkehrs bedingen nach Auffassung der Kammer insbesondere vor dem Hintergrund der ärztlichen Behandlungen der Klägerin die Notwendigkeit der Haltung eines Kraftfahrzeuges. Die Klägerin kann bei diesem minimalen Angebot nicht in zumutbarer Weise die sie laufend behandelnden Ärzte und Mediziner erreichen. Somit kommt es nicht auf die Frage an, ob die Klägerin einer Erwerbstätigkeit tatsächlich nachgeht oder nachzugehen beabsichtigt.

Die Klägerin hat ausweislich der Verwaltungsakten nachgewiesen, dass der halbjährliche Beitrag für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung im Jahre 2013 bei 122,30 Euro lag und im Jahre 2014 bei 122,21 Euro, also jährlich keine wesentliche Veränderung besteht, so dass insgesamt im streitigen Jahreszeitraum 244,51 Euro abzusetzen sind. In Anbetracht des streitgegenständlichen Zeitraumes von zwölf Monaten bedarf es nach Auffassung des Gerichts keiner Entscheidung darüber, ob diese Beiträge monatlich mit einem Durchschnittsbetrag vom Einkommen abzusetzen wären oder ob die Beiträge bei Fälligkeit im entsprechendem Monat in voller Höhe vom angerechneten Renteneinkommen abzusetzen wären. Im Ergebnis kommt es zur ausgewiesenen Nachzahlung von 244,51 Euro in beiden Fällen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

Die Klägerin ist mit ihrem Begehren bezüglich der Erzielung höherer Mehrbedarfsleistungen nicht durchgedrungen, bezüglich des Begehrens der höheren Leistungen aufgrund höherer Absatzbeträgen wegen der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung ist sie jedoch durchgedrungen. In Anbetracht des von der Klägerin geäußerten Begehrens eine höhere Mehrbedarfsleistung in Höhe von weiteren 100,00 Euro pro Monat stellt das Obsiegen mit etwas mehr als 20,00 Euro rechnerisch pro Monat ein quotales Obsiegen von ca. 20 % dar. Aus Veranlassungsgesichtspunkten weicht die Kammer nicht von dieser Kostenquote ab.