Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 06.07.2023, Az.: 2 B 29/23

Biotop; Drainage; Wiederherstellungsanordnung; Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Biotop-Zustands durch Entfernung von Drainage-Rohren

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
06.07.2023
Aktenzeichen
2 B 29/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 24452
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2023:0706.2B29.23.00

Amtlicher Leitsatz

Erfolgloser Eilantrag gegen die Verpflichtung zur Wiederherstellung des bisherigen Zustands auf einem Grundstück, für das ein Biotop kartiert ist, indem die von der Antragstellerin instandgesetzten bzw. neu eingebauten Drainage-Rohre zu entfernen sind.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Eilantrag gegen eine naturschutzrechtliche Wiederherstellungsanordnung sowie gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes.

Die Antragstellerin, deren Gesellschafter Herr E. und Frau F. sind, ist seit Januar 2022 Pächterin des Flurstücks G., Flur H., Gemarkung Sahrendorf mit einer Größe von 7.376 qm, das im Eigentum der I. steht. Die Fläche befindet sich vollständig im FFH-Gebiet Nr. 70, welches sich in der Fläche mit dem gleichnamigen Naturschutzgebiet "J." (NSG) deckt. Das FFH-Gebiet wurde durch Verordnung über das Naturschutzgebiet "J." im Landkreis Heidekreis und im Landkreis Harburg vom 18. Dezember 2020 (NSG-VO) unter Schutz gestellt. In der NSG-VO ist der größte Teil des streitgegenständlichen Flurstücks als geschütztes Grünland Typ B sowie als Fläche mit Heiden und Magerrasen ausgewiesen.

Im Frühjahr 2022 beauftragte die Antragstellerin eine externe Firma mit der Beseitigung von Aufwuchs auf der Pachtfläche. Dabei wurden u.a. Erlen beseitigt. Mit Schreiben vom 17. März 2022 teilte der Antragsgegner Herrn E. mit, dass die Fällung der Erlen aus seiner Sicht widerrechtlich erfolgt sei, und hörte ihn zu einer möglichen Wiederherstellungsanordnung an. Mit Schreiben vom 30. Juni 2022 teilte der Antragsgegner Herrn K. mit, dass ein Verstoß gegen die Naturschutzgebietsverordnung "J." nicht vorliege, aber dennoch ein Eingriff im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG vorliegen könne. Die betroffene Fläche sei im Jahr 2014 überwiegend als NSGG (Schlankseggenried) und NSB (Binsen- und Simsenried nährstoffreicher Standorte) kartiert worden, wobei es sich um Biotope nach § 30 BNatSchG handele. Ein Vorkommen von Grünland-FFH-LRT (6510) gebe es auf dieser Fläche hingegen nicht. Offensichtlich sei die Nutzung als Grünland ab 2004 aufgegeben worden, weshalb sich durch den feuchten Standort und die ausgebliebene Nutzung ein junger Erlenbestand habe entwickeln können. Perspektivisch werde hier mit großer Wahrscheinlichkeit ein Erlenauwald entstehen. Bereits 2016 habe es Überlegungen gegeben, die Fläche wieder intensiver landwirtschaftlich zu nutzen, was dem Verein Naturschutzpark e.V. aber mit Bescheid vom 1. September 2016 wegen des bereits vorhandenen Erlenbestands untersagt worden sei. Es lägen keine zwingenden Gründe vor, warum diese Fläche wieder in Grünland zurückversetzt werden müsse. Die Darstellung als Grünland B in der NSG-VO habe offensichtlich nicht mehr den Tatsachen vor Ort entsprochen und rechtfertige auch nicht den Eingriff der Gehölzbeseitigung. Die NSG-VO schreibe zudem Eigentümern nicht vor, ehemalige Grünlandflächen wiederherzustellen, wenn die Veränderungen durch natürliche Prozesse wie Sukzession verursacht worden seien und sich inzwischen ein anderer, wertvoller Lebensraum gebildet habe.

Im August 2022 beauftragte die Antragstellerin ein externes Unternehmen mit dem Austausch der vorhandenen Drainagerohre auf der streitgegenständlichen Fläche. Dies sei notwendig gewesen, da selbst bei Trockenheit eine Bewirtschaftung des Grünlands aufgrund von Feuchtigkeit nur sehr eingeschränkt möglich gewesen sei. Als zusätzliche Maßnahme sei ein Sammelschacht/Betonschacht errichtet worden, in welchem alle Drainagerohre zusammenliefen.

Nach einer Ortsbesichtigung durch den Antragsgegner am 8. September 2022 wurde in einem Vermerk festgehalten, dass die gesamte streitgegenständliche Fläche mit einer Bodenfräse bearbeitet worden sei, wodurch die verbliebene Vegetation komplett zerstört worden sei.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2023 wurde der Antragstellerin Gelegenheit gegeben, zu einer beabsichtigten Anordnung zur Wiederherstellung des bisherigen Zustands Stellung zu nehmen.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2023 ordnete der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin die Wiederherstellung des bisherigen Zustands auf dem streitgegenständlichen Grundstück an (Ziffer I.). Im Einzelnen enthielt der Bescheid unter Ziffer I. folgende Maßnahmen zur Wiederherstellung:

"1. Die von Ihnen eingebauten Drainagestränge sind bis zum 28. Februar 2023 vollständig zu entfernen. Ebenfalls ist der Betonschacht zu entfernen, dem ein Teil der Drainagerohre entspringt.

2. Die beim Entfernen der Drainagen entstehenden Gräben sind mit Bodenmaterial von der Fläche zu verfüllen. Es darf kein fremdes Bodenmaterial eingebracht werden.

3. Der Abschluss der Arbeiten ist mir anzuzeigen.

4. Nach dem Verfüllen der Gräben darf die Fläche nicht erneut glattgezogen oder gefräst werden.

5. Zur Wiederherstellung des Ursprungsbiotops durch natürliche Sukzession ist die Fläche bis einschließlich 31. Dezember 2027 sich selbst zu überlassen. Eine landwirtschaftliche Nutzung ist in diesem Zeitraum nicht zulässig.

6. Sollte danach eine Nutzung der Fläche gewünscht sein, ist diese im Voraus mit mir abzustimmen. Um eine dauerhafte positive Entwicklung des Rieds zu gewährleisten, kann aber eine Beweidung mit Pferden nicht in Aussicht gestellt werden."

Zugleich ordnete er die sofortige Vollziehung der Anordnung in I. an (Ziffer II.) und drohte die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 3.000,- EUR an, sofern die Antragstellerin den Anordnungen zu I. nicht vollständig oder nicht fristgerecht Folge leiste. Für den Erlass des Bescheids wurden Kosten in Höhe von 344,63 EUR festgesetzt (Ziffer VI. [eigentlich wohl gemeint: Ziffer IV.]).

Zur Begründung führte er aus, die zulässigen Handlungen bei der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ergäben sich aus § 5 Nr. 3 Buchst. a bis l NSG-VO. Danach sei es u.a. verboten, auf den in den Verordnungskarten als Grünland B dargestellten Flächen zusätzliche Entwässerungsmaßnahmen (einschließlich Dränung) durchzuführen. Lediglich eine Erhaltung der vorhandenen Entwässerungseinrichtungen sei freigestellt. Die Instandsetzung bedürfte der vorherigen Erlaubnis. Die durchgeführten Arbeiten seien zweifelsfrei nicht den Unterhaltungsmaßnahmen an einer funktionsfähigen Anlage zuzuordnen. Er sei berechtigt, die Wiederherstellung des bisherigen Zustands anzuordnen, wenn Natur und Landschaft rechtswidrig zerstört, beschädigt oder verändert worden seien.

Dabei sei die beeinträchtigte ökologische Funktion wiederherzustellen. Durch die eingebaute Drainage werde das Ried stark entwässert und die Standortverhältnisse würden zu Lasten der dort vorkommenden Arten nachteilig verändert. Langfristig werde auch eine Wiederherstellung des dort kartierten und durch Fräsen zerstörten § 30-Biotops erschwert. Zur Wiederherstellung des bisherigen Zustands sei es daher erforderlich, dass die sieben Drainagestränge und der Betonschacht wieder ausgebaut würden. Die Maßnahmen seien erforderlich, damit sich das ursprüngliche Wasserregime und damit die beeinträchtigte ökologische Funktion wiederherstellen könne. Es bestehe kein milderes Mittel als die Entfernung der Drainagen, um den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und dem Schutzzweck des NSG zu entsprechen. Auch durch die Gehölzfällungen auf dem Grundstück seien die Gestalt und die Nutzung nachteilig verändert und die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts erheblich beeinträchtigt worden. Deshalb sei die Beseitigung der Gehölze als Eingriff gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG zu bewerten. Das Grundstück sei seit mindestens 2007 im Süden und seit 2012 vollständig in Sukzession gegangen bzw. mit Gehölzen bestanden. Im Jahr 2014 seien auf der Fläche die nach § 30 BNatSchG geschützten Biotope "Schlankseggenried" (NSGG) und Binsen- und Simsenried nährstoffreicher Standorte" (NSB) kartiert. Naturschutzfachlich habe kein Anlass bestanden, dieses mit Gehölzen bestandene Ried in Grünland umzuwandeln. Da rechtmäßige Zustände nicht auf andere Weise hergestellt werden könnten, ordne er die Wiederherstellung des früheren Zustands an, wobei es ausreiche, die Fläche für fünf Jahr sich selbst zu überlassen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete er damit, dass die Verstöße auf einer Fläche im Naturschutzgebiet "J." begangen worden seien und es im öffentlichen Interesse liege, Natur und Landschaft aufgrund ihres Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen so zu schützen, dass die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter auf Dauer gesichert seien. Es bestehe daher auch eine besondere Dringlichkeit daran, die eingebauten Drainagen schon vor der Unanfechtbarkeit des Bescheids zu beseitigen. Ein längeres Warten könne nicht hingenommen werden, da das sonst feuchte Ried weiter entwässert werde und sich damit die Bedingungen für die charakteristische Vegetation weiter verschlechterten. Dadurch könne das Ried letztlich unwiederbringlich zerstört werden.

Mit Bescheid vom 6. März 2023 setzte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin das zuvor angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- EUR fest und drohte für den Fall, dass sie seinen Forderungen aus Ziffer I. des Bescheids vom 8. Februar 2023 nicht unverzüglich, spätestens jedoch zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids nachkomme, die Festsetzung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 6.000,- EUR an.

Die Antragstellerin legte gegen den Bescheid vom 8. Februar 2023 am 8. März 2023 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Der Aussetzungsantrag wurde durch den Antragsgegner mit Schreiben vom 28. März 2023 abgelehnt. Mit Schreiben vom 5. April 2023 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 6. März 2023 ein.

Am 2. Mai 2023 hat die Antragstellerin den vorliegenden Eilantrag gestellt.

Sie trägt vor, sie habe durch die Fällung der Erlen sowie durch den Austausch vorhandener Drainagerohre nicht, zumindest aber nicht schuldhaft, gegen naturschutzfachliche Bestimmungen verstoßen. Es handele sich bei der streitgegenständlichen Fläche um eine Dauergrünlandfläche, welche in der maßgeblichen Karte der NSG-VO als Grünlandfläche B dargestellt sei. Nach § 5 Nr. 3 lit. l NSG-VO gehörten diese Flächen zum FFH-Lebensraumtyp 6510 (Nassgrünland und mesophile Flachlandmähwiesen). Zur nach der Verordnung erlaubten ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung gehöre u.a. die Freihaltung der Fläche von Aufwuchs. Ein in der Verordnung aufgeführtes Verbot für die Beseitigung des vorhandenen Aufwuchses liege nicht vor. Das Bestehen eines im Jahr 2014 kartierten Biotops sei ihr zum Zeitpunkt der Entfernung der Gehölze nicht bekannt gewesen. Zudem unterliege die Fläche einem naturschutzfachlichen Erhaltungsgebot. Die FFH-Lebensraumtypen seien zu erhalten, zu fördern und wiederherzustellen. Dies gelte auch für die streitgegenständliche Fläche, weshalb die Gehölzentnahme und die Fällung der Erlen zwingend notwendig gewesen seien, um die ehemalige Grünlandfläche als magere Flachlandmähwiese wiederherzustellen. Auch hinsichtlich der Drainage liege kein pflichtwidriger Verstoß vor. Die Dränung sei nicht vollständig neu verlegt worden, weshalb es sich um eine Unterhaltungsmaßnahme und den Austausch alter und den Einbau neuer Tondrainagerohre handele. Eine Entwässerung werde nur insoweit vorgenommen, wie sie zur Bewirtschaftung der Wiese unabdingbar sei. Eine Instandsetzung der Drainage bedürfe zwar der Erlaubnis der Naturschutzbehörde. Ein Antrag hierfür sei jedoch obsolet, da die Naturschutzbehörde offensichtlich keine Genehmigung erteilt hätte. Die Fläche sei auch mit der vorhandenen Dränung in niederschlagsreichen Monaten so feucht, dass ein Bewirtschaften ohne Zerstörung der neu angelegten Grasnarbe nicht möglich sei. Auch hier sei weiterhin der gewünschte Erhaltungszustand des LRT 6510 zu berücksichtigen. Magere Flachlandmähwiesen seien Kulturbiotope, weshalb ihre Existenz von der regelmäßigen Bewirtschaftung und Pflege der Flächen abhänge. Bei einer starken Vernässung des Standorts sei eine Unterhaltung jedoch nicht möglich. Durch die vorgenommenen Entwässerungsmaßnahmen sei ein Bewirtschaften überhaupt erst möglich und trage damit zum Erhalt des Lebensraumtyps 6510 bei. Ihr sei durch die NSG-VO eine ganz bestimmte Nutzung vorgegeben und zwar eine solche, die die durch die NSG-VO geschützten Lebensraumtypen nicht beeinträchtige. Nach Entfernung des Gehölzbestands und Unterhaltung der Dränung sei es nach guter fachlicher Praxis erforderlich gewesen, dass die Fläche gefräst und neu bestückt worden sei. Sie habe unverzüglich eine Neueinsaat mit heimischen Gräsern vorgenommen, was zu einer vollständigen Erholung der Fläche geführt habe. Auch wenn im Jahr 2014 der Lebensraumtyp magere Flachlandmähwiese nicht mehr vorgefunden worden sein sollte, gehe zumindest die NSG-VO von dem ursprünglichen Bestand des LRT 6510 aus. Sofern dieser heute nicht mehr vorhanden sein sollte, könne dies möglicherweise an einer nicht mehr voll funktionsfähigen Dränung und einer dadurch bedingten Vernässung der Fläche liegen, ändere aber nichts an dem Schutzzweck und hier an dem Gebot, die ursprüngliche Fläche - den LRT 6510 - wiederherzustellen.

Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,

  1. 1.

    die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 8. März 2023 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8. Februar 2023 hinsichtlich der Wiederherstellungsverfügung nach Ziffer I. Nr. 1 und 2. wiederherzustellen sowie hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung nach Ziffer III. und der Kostenfestsetzung nach Ziffer VI. anzuordnen,

  2. 2.

    die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 5. April 2023 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 6. März 2023 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, es handele sich bei der streitgegenständlichen Fläche nicht um den FFH-Lebensraumtypen 6510 und es sei auch kein erklärtes Ziel, diesen Lebensraumtypen auf der Fläche zu etablieren. Bei der Neuausweisung des NSG seien verschiedene Grünlandbiotope in Kategorien zusammengefasst worden, so auch der LRT 6510 und Nasswiesen. Beide seien in der Grünlandkategorie B zusammengefast, da sie beide ähnlich strenge Schutzvorschriften zum Erhalt benötigten. Riede seien dabei wiederum teilweise den Nasswiesen zugeordnet, da sie auf ähnlichen Standorten vorkämen. Auf der hier gegenständlichen Fläche komme ganz überwiegend ein Ried vor, weshalb die Fläche als Grünland B im Sinne einer Nasswiese dargestellt worden sei. Es handele sich aber ganz ausdrücklich nicht um eine magere Flachlandmähwiese. Die Darstellung als Grünlandkategorie B bedeute lediglich, dass in diesem Bereich eine Nutzung entsprechend den Regelungen der Verordnung möglich sei. Es bleibe aber immer im Einzelfall die Prüfung, ob bestimmte vorhandene Strukturen, wie z.B. Gehölze, dabei zu erhalten seien. Ein Zerstören von Biotopstrukturen widerspreche im Übrigen auch dem Begriff der ordnungsgemäßen Landwirtschaft (§ 5 BNatSchG). Zwar sei eine Unterhaltung vorhandener Entwässerungseinrichtungen freigestellt. Hiervon seien aber nur kleinere Arbeiten an einer grundsätzlich noch funktionsfähigen Anlage umfasst, nicht hingegen Erneuerungs- und Verbesserungsmaßnahmen. Die von der Antragstellerin durchgeführten Arbeiten seien zweifelsfrei nicht den Unterhaltungsmaßnahmen an einer funktionsfähigen Anlage zuzuordnen. Durch diese Maßnahmen sei das vorhandene Ried zerstört worden. An der sofortigen Vollziehung seiner Anordnungen zu Ziffer I. bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung beim Ausbau der Drainage sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass das feuchte Ried bei längerem Warten weiter entwässert werde und sich damit die Bedingungen für die charakteristische Vegetation weiter verschlechterten. Selbst wenn es sich bei den Maßnahmen um Pflegemaßnahmen gehandelt haben sollte, seien die damit verbundenen Abweichungen von den Regelungen der NSG-VO nur im Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde zulässig.

II.

Der Eilantrag hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 8. März 2023 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8. Februar 2023 hinsichtlich der Wiederherstellungsverfügung nach Ziffer I. Nr. 1 und 2. - worauf der Antrag beschränkt ist (vgl. § 88 VwGO) - ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Die aufschiebende Wirkung ist in diesen Fällen, wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs also infolge einer Anordnung der sofortigen Vollziehung entfällt, in formeller Hinsicht bereits dann wiederherzustellen, wenn die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung formelle Fehler aufweist (Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 28. Auflage 2022, § 80 Rn. 148). In materieller Hinsicht ist die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, wenn das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung des Verwaltungsakts das öffentliche Interesse an dessen Vollziehung überwiegt. Die gerichtliche Entscheidung ergeht dabei auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aussetzungsinteresse einerseits und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen der Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts Bedeutung erlangen. Lässt sich bei der gebotenen summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids ohne weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs wiederherzustellen bzw. anzuordnen, weil an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheids kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, bedarf es in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse von der Behörde im Einzelfall angeordnet wurde, noch eines besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung, das mit dem Interesse am Erlass eines Verwaltungsakts in der Regel nicht identisch ist, sondern vielmehr ein qualitativ anderes Interesse ist. Insbesondere in Fällen der Gefahrenabwehr kann dieses besondere Vollzugsinteresse aber mit dem Interesse am Erlass des Bescheids selbst identisch sein. Lässt sich die Rechtmäßigkeit bei summarischer Prüfung nicht eindeutig beurteilen, bedarf es einer allgemeinen Interessenabwägung im Sinne einer Folgenabwägung. Dabei sind die Folgen gegenüberzustellen, die einerseits eintreten, wenn dem Antrag stattgegeben wird, der Bescheid sich aber später im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweist bzw. die andererseits eintreten, wenn der Antrag abgelehnt wird, der Bescheid sich aber später im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 10.7.2017 - 11 MC 186/17 -, juris Rn. 12).

a. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß. Sie genügt insbesondere den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Begründung muss der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, das besondere, ausnahmsweise überwiegende öffentliche Interesse an einer solchen Vollziehung aus den Umständen des Einzelfalls zu rechtfertigen. Ähnlich wie bei der Begründung von Ermessensentscheidungen richtet sich der (notwendige) Inhalt und Umfang der Begründung der sofortigen Vollziehung nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich im Naturschutzrecht die Eilbedürftigkeit von Maßnahmen nur unter Rückgriff auf das materielle Recht gewinnen lässt (vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand: 43. EL August 2022, § 80 Rn. 214) und es vorliegend um die Durchsetzung kraft Gesetzes geltender und mit Bußgeld bewährter Verbote geht (s. § 69 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG).

Vor diesem Hintergrund genügt die Begründung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat ausgeführt, es liege im öffentlichen Interesse, Natur und Landschaft auf Grund ihres Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen so zu schützen, dass die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter auf Dauer gesichert seien. Es bestehe eine besondere Dringlichkeit daran, die eingebauten Drainagen schon vor der Unanfechtbarkeit des Bescheids zu beseitigen, da ein längeres Warten nicht hingenommen werden könne. Das sonst feuchte Ried werde weiter entwässert und die Bedingungen für die Vegetation weiter verschlechtert. Dadurch könne das Ried unwiederbringlich zerstört, mindestens jedoch eine Wiederherstellung stark verzögert werden. Hierdurch werde auch die an das Ried angepasste Fauna beeinträchtigt werden. Um das Wachstum der standorttypischen Vegetation und damit die Regeneration des Biotops schnellstmöglich sicherzustellen, sei daher die Entwässerung umgehend zu unterbinden. Diese auf den konkreten Einzelfall bezogene Begründung führt der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen, weshalb sie formell ordnungsgemäß ist.

b. Auch in materieller Hinsicht ist die aufschiebende Wirkung nicht wiederherzustellen. Das öffentliche Interesse an der angefochtenen Wiederherstellungsverfügung ist höher zu bewerten als das Interesse der Antragstellerin, die Fläche weiterhin mit den vorhandenen Drainagen zu entwässern. Denn die unter Ziffer I. Nr. 1 und 2 des angefochtenen Bescheids ausgesprochene Entfernung der sieben Drainagestränge und des Betonschachts sowie die Verfüllung der entstehenden Gräben mit Bodenmaterial von der Fläche erweisen sich bei der gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zudem wäre ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren mit nicht hinnehmbaren Nachteilen für öffentliche Schutzgüter verbunden, hinter denen das Interesse der Antragstellerin an einer Beibehaltung der Drainagen zurücktritt.

Hinsichtlich der zum Schutz der Biotopflächen erlassenen Anordnungen in Ziffer I Nr. 1 und 2 liegen die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Antragsgegners auf Grundlage des § 3 Abs. 2 BNatSchG i. V. m. § 2 Abs. 2 NNatSchG vor. Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Nach § 2 Abs. 2 NNatSchG kann die Naturschutzbehörde auch die Wiederherstellung des bisherigen Zustandes anordnen, wenn Natur oder Landschaft rechtswidrig zerstört, beschädigt oder verändert worden sind.

§ 3 Abs. 2 BNatSchG dient der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit im Hinblick auf die Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege und setzt darum das Bestehen einer konkreten Gefahr voraus. Ausreichend ist eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens aus Sicht eines durchschnittlichen Amtswalters mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Normverstoß führen würde. Das ist hier der Fall.

Das Entwässern der Fläche durch Drainagen ist nach summarischer Prüfung eine Handlung, die zu einer Zerstörung oder sonst erheblichen Beeinträchtigung eines besonders geschützten Biotops führen kann (§ 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG).

aa. Das von der Antragstellerin gepachtete Grundstück besteht überwiegend aus einer Fläche, die gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG unter besonderem Schutz steht.

Durch § 30 BNatSchG werden Biotope gesetzlich geschützt, die namentlich wegen ihrer Seltenheit, ihrer Gefährdung oder ihrer besonderen Bedeutung als Lebensraum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten eines besonderen Schutzes bedürfen (vgl. Albrecht, in: BeckOK Umweltrecht, Stand: 1.7.2020, § 30 BNatSchG Rn. 13). Ein Biotop ist nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG der Lebensraum einer Lebensgemeinschaft wildlebender Tiere und Pflanzen. Die unter den Schutz des § 30 BNatSchG fallenden Biotope sind unmittelbar kraft Gesetzes geschützt, so dass auf eine typisierende Betrachtungsweise abzustellen ist. Zur Bestimmung eines Biotops kommt es demnach ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an, d.h. ob eine Fläche die charakteristischen Merkmale eines geschützten Biotoptyps erfüllt. Es bedarf keiner administrativen Unterschutzstellung bzw. konstitutiven Schutzfestsetzung durch Verordnung oder Verwaltungsakt (vgl. Albrecht, in: BeckOK Umweltrecht, Stand: 1.7.2020, § 30 BNatSchG Rn. 1). Allerdings kommt den Feststellungen im Rahmen einer Biotopkartierung eine erhebliche Indizwirkung für das Vorhandensein eines Biotops zu. Aufgrund dieser Indizwirkung ist die Naturschutzbehörde im Rahmen der sie treffenden Ermittlungs- und Nachweispflichten nur dann gehalten, vor Erlass einer naturschutzrechtlichen Anordnung zum Schutz eines Biotops erneute Ermittlungen zu dessen Vorliegen anzustellen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass die Biotop-Eigenschaft unabhängig von dem festgestellten beeinträchtigenden Ereignis verlustig gegangen wäre (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 4.12.2017 - 4 LA 335/16 -, juris, Rn. 4; VG Lüneburg, Beschl. v. 3.8.2018 - 2 B 48/18 -, juris Rn. 26).

Nach diesen Maßstäben ist auf dem von der Antragstellerin gepachteten Grundstück ein Biotop in der vom Antragsgegner angenommenen räumlichen Ausdehnung vorhanden, das dem Schutz des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG unterliegt.

Ausweislich der sich in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Kartierung des streitgegenständlichen Grundstücks handelt es sich zu großen Teilen um ein Schlankseggenried (NSGG) und ein Binsen- und Simsenried nährstoffreicher Standorte (NSB). Diese Riede unterfallen § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG (Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenriede, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen). Seine räumliche Ausdehnung ist auf Grundlage des Kartierschlüssels für Biotoptypen in Niedersachsen, herausgegeben vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), von einem Gutachter- und Planungsbüro mit sachkundigen und dafür qualifizierten Mitarbeitern im Jahr 2014 kartiert worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Existenz bzw. die räumliche Ausdehnung des Biotops unzutreffend wiedergeben worden sind, sind nicht ersichtlich und folgen auch nicht aus dem - insoweit unsubstantiierten - Vortrag der Antragstellerin, der - zumal im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - nicht genügt, um die erhebliche Indizwirkung der Feststellungen der Biotopkartierung zu beseitigen. Die Antragstellerin meint lediglich, aus der NSG-VO "J." ergäbe sich, dass es sich bei der Fläche um den FFH-Lebensraumtypen (FFH-LRT) 6510 "Magere Flachlandmähwiese" handele. Dies folgert die Antragstellerin aus § 5 Nr. 3 Buchst. l) der NSG-VO, aus der sich nähere Regelungen zur Bewirtschaftung von Grünland Typ B ergeben. Unstreitig handelt es sich bei der streitgegenständlichen Fläche ausweislich der Anlage 2 zum NSG-VO um Grünland Typ B i.S.d. NSG-VO. Hieraus folgt aber entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zugleich, dass es sich bei der Fläche um den FFH-LRT 6510 handelt. Denn nach § 5 Nr. 1 Buchst. l) NSG-VO richtet sich die Bewirtschaftung der in der maßgeblichen Karte dargestellten "Grünlandflächen B (Nassgrünland und Mesophile Flachlandmähwiese LRT 6510)" zusätzlich zu den Buchstaben a) bis k) nach den auf § 5 Nr. 1 Buchst. l) NSG-VO folgenden Einschränkungen. Grünlandflächen B werden hier als Nassgrünland und Mesophile Flachlandmähwiese LRT 6510 definiert. Damit sind Grünlandflächen B aber nicht zwangsläufig Flachlandmähwiesen LRT 6510, sondern vielmehr Flachlandwiesen LRT 6510 oder Nassgrünland. Diese beiden Grünlandbiotope wurden in der NSG-VO zu einem Grünlandtyp zusammengefasst. Aus der Biotopkartierung wird indes deutlich, dass es sich bei der streitgegenständlichen Fläche gerade nicht um eine Flachlandmähwiese LRT 6510 handelt, sondern um Nassgrünland in der konkreten Ausformung eines Rieds.

Selbst wenn zwischenzeitlich durch die Entwässerung und den Umbruch der Fläche kein Ried mehr vorhanden sein sollte, führte dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar sind für die Frage, ob eine Fläche dem Schutz des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG unterliegt, allein die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich, so dass der gesetzliche Schutz grundsätzlich entfällt, wenn eine Fläche die Eigenschaften eines gesetzlich geschützten Biotops verliert. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn das Biotop seine Eigenschaften als gesetzlich geschütztes Biotop erst aufgrund von nach § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG verbotenen Handlungen verloren hat. Für diesen Fall erlaubt nämlich § 2 Abs. 2 NNatSchG auch die Wiederherstellung des vorherigen Zustands (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 4.12.2017 - 4 LA 335/16 -, juris Rn. 4).

bb. Die Entwässerung der streitgegenständlichen Fläche durch Drainagerohre ist eine Handlung, die i. S. d. § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG zu einer Zerstörung oder sonst erheblichen Beeinträchtigung eines besonders geschützten Biotops führen können und die darum verboten sind.

Das Zerstörungs- und Beeinträchtigungsverbot des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatschG ist darauf gerichtet, Maßnahmen zu verhindern, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung der kraft Gesetzes unter Schutz gestellten Biotope führen können. Ob eine Handlung eine solche negative Wirkung tatsächlich zur Folge hat, ist nicht von Belang; es genügt bereits die Möglichkeit, dass eine Maßnahme die genannten Folgen zeitigt (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: 100 EL Januar 2023, § 30 BNatSchG Rn. 18). Wird ein Eingreifen - wie hier - auch mit einem drohenden Verstoß gegen § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG begründet, muss eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen solchen Verstoß bestehen.

Nach diesen Vorgaben steht nach der hier durchzuführenden summarischen Prüfung nicht in Frage, dass die Entwässerung der Fläche durch Drainagerohre die nach § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG beschriebenen nachteiligen Wirkungen haben können und die konkrete Gefahr eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG besteht.

Bei den kartierten Biotoptypen NSGG und NSB handelt es sich um Untertypen der Sauergras-, Binsen- und Staudenriede, die als nasse bis sehr nasse Niedermoore, Schwingrasen und Sümpfe des Binnenlands definiert werden. Beide Biotoptypen entsprechen somit dem Biotoptyp des § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, zu dem Moore, Sümpfe und Riede zählen. Dass diese Biotoptypen auf eine feuchte Umgebung angewiesen sind, liegt auf der Hand. Eine Entwässerung läuft dem zuwider.

Der Antragsgegner hat bei der Ortsbesichtigung festgestellt, dass auf dem streitgegenständlichen Grundstück Drainagerohre aus Kunststoff verlegt und eine offenbar zuvor einmal vorhandene Drainage aus Ton entfernt wurde. Zusätzlich wurde ein Betonschacht eingebaut. Diese Handlungen sind bereits durch die NSG-VO grundsätzlich untersagt. Nach § 5 Nr. 3 Buchst. h) NSG-VO ist die Bewirtschaftung der Grünlandflächen B zulässig, jedoch ohne zusätzliche Entwässerungsmaßnahmen (einschließlich Dränung), wobei die Unterhaltung freigestellt ist, eine Instandsetzung jedoch der Erlaubnis der zuständigen Naturschutzbehörde bedarf. Der Austausch der vorhandenen Tonrohre gegen Kunststoffrohre stellt keine bloße Unterhaltung einer vorhandenen Drainage dar, sondern ist (mindestens) als Instandsetzung einer vorhandenen Drainage anzusehen. Die hierfür erforderliche Erlaubnis wurde weder beantragt noch erteilt. Auch hätte sie nicht erteilt werden dürfen, da es sich, wie oben dargestellt, um ein Biotop handelt, bei der die konkrete Gefahr besteht, dass es durch eine Entwässerung zerstört wird.

cc. Der Antragsgegner hat hinsichtlich der zum Schutz des Biotops verfügten Maßnahmen das ihm nach § 3 Abs. 2 BNatSchG zustehende Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Dieses Ermessen (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 40 VwVfG) ist in keiner Weise gebunden oder intendiert. Es gelten somit die allgemeinen Anforderungen an die Ermessensausübung (vgl. BVerwG, Urt. v. 1.9.2016 - 4 C 4.15 -, juris Rn. 27). Gemäß § 40 VwVfG hat die zur Ermessensbetätigung ermächtigte Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Zu den gesetzlichen Grenzen des Ermessens zählen insbesondere die sich aus der Ermächtigungsnorm selbst ergebenden Grenzen sowie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, demzufolge die ergriffenen Maßnahmen geeignet erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein müssen. Das Gericht ist dabei darauf beschränkt zu prüfen, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO).

Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt. Die zur Wiederherstellung des Biotops verfügten Maßnahmen nach Ziffer I. Nr. 1 und 2 verfolgen den Zweck, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen. Sie sind geeignet und erforderlich, denn mildere Mittel, als der Antragstellerin die Entfernung der Drainagerohre und des Betonschachts aufzugeben, sind nicht ersichtlich. Die Maßnahmen sind im Hinblick auf den Biotopschutz auch angemessen. Die Entfernung der Drainagen sind Folge des naturschutzrechtlichen Verschlechterungsverbots des § 30 Abs. 2 BNatSchG. Naturschutzrechtliche Bestimmungen, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- oder Landschaftsschutzes beschränken, sind keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern stellen Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums dar, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums vom Eigentümer grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 22.12.2015 - 4 ME 270/15 -, V. n. b.; Nds. OVG, Beschl. v. 17.1.2018 - 4 ME 249/17 -, V. n. b.). Die Antragstellerin wird vor diesem Hintergrund durch die auf den Schutz der Biotope bezogenen Maßnahmen nicht unverhältnismäßig in ihrem Eigentums- bzw. Nutzungsrecht eingeschränkt. Dies gilt auch für die Anordnung in Ziffer I. Nr. 2, die beim Entfernen der Drainagen entstehenden Gräben mit Bodenmaterial von der Fläche zu verfüllen.

c. Das besondere öffentliche Vollziehungsinteresse ist nach alledem ebenfalls gegeben. Die durch die angeordnete sofortige Vollziehung der Entfernung der Drainagen und des Betonschachts beabsichtigte Verhinderung der Entwässerung und der damit einhergehenden Verschlechterung des Biotopzustands liegen im öffentlichen Interesse. Demgegenüber ist ein das öffentliche Interesse überwiegendes Interesse der Antragstellerin an einer weiteren, voraussichtlich rechtswidrigen Entwässerung der Fläche bis zur Bestandskraft des Bescheids nicht ersichtlich.

2. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Androhung eines Zwangsgelds in Ziffer III. des Bescheids vom 8. Februar 2023 richtet, handelt es sich, weil die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insoweit bereits gemäß § 64 Abs. 4 Satz 1 NPOG entfällt, um einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Auch insoweit hat ihr Antrag keinen Erfolg, weil die Androhung eines Zwangsgelds nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden ist. Die Androhung findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 Nr. 2, 67, 70 NPOG. Sie wurde gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 NPOG mit dem verpflichtenden Verwaltungsakt, den bisherigen Zustand des Grundstücks wiederherzustellen (Ziffer I. des Bescheids), verbunden und das Zwangsgeld wurde in einer bestimmten Höhe angedroht, § 70 Abs. 5 NPOG. Gründe, weshalb die Androhung in Ansehung der hier summarisch festgestellten Rechtmäßigkeit der Grundverfügung dennoch rechtswidrig sein könnte, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.

3. Der Antrag, hinsichtlich der Kostenfestsetzung (Ziffer VI. des Bescheids [gemeint sein dürfte Ziffer IV.]) die aufschiebende Wirkung anzuordnen, ist bereits unzulässig. Der Antrag ist insoweit unstatthaft, da dem Widerspruch nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohnehin aufschiebende Wirkung zukommt. Zwar entfällt die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten. Nicht darunter fällt jedoch die mit einer Sachentscheidung in einem Verwaltungsakt oder Widerspruchsbescheid verbundene Kostenentscheidung, da diese hinsichtlich der Vollziehbarkeit das Schicksal der Hauptsacheentscheidung teilt (vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 80 Rn. 62). Da vorliegend nur hinsichtlich einzelner Ziffern der Verfügung der Sofortvollzug angeordnet wurde, kommt dem Widerspruch im Übrigen, und damit auch der Kostenentscheidung, aufschiebende Wirkung zu.

4. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Bescheids vom 6. März 2023, mit dem das zuvor angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- EUR festgesetzt, ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 6.000,- EUR angedroht und Kosten in Höhe von 486,63 EUR festgesetzt wurden, hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Regelungen in dem hier streitgegenständlichen Bescheid sind nach der gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat in ihrer Begründung auch keine Gründe vorgetragen, die - unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Wiederherstellungsverfügung - zu einer Rechtswidrigkeit dieses Bescheids führen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Nach §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1, 2 GKG, Ziffer 1.5 Satz 2 und 1.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat die Kammer den Streitwert auf 8.000,- EUR festgesetzt. Dabei ist die Kammer davon ausgegangen, dass es sachgerecht ist, für die die Hauptsache vorwegnehmende Entscheidung über die Entfernung der Drainagen den Auffangstreitwert von 5.000,- EUR festzusetzen und das in einem selbständigen Vollstreckungsverfahren festgesetzte Zwangsgeld in Höhe von 3.000,- EUR zu addieren.

Bendlin
Dr. Haselmann
Dr. Finger