Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 29.06.2023, Az.: 2 A 354/21

GRZ; Garge; Festsetzung einer GRZ im Bebauungsplan; hinreichende Bestimmtheit einer GRZ-Festsetzung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
29.06.2023
Aktenzeichen
2 A 354/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 28387
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2023:0629.2A354.21.00

Amtlicher Leitsatz

Die Festsetzungen in einem Bebauungsplan müssen hinreichend bestimmt sein. Ein Bebauungsplan, der grundsätzlich eine GRZ von 0,25 sowie für alle Grundstücke, bei denen die GRZ im Bestand höher war als 0,25, diese höhere GRZ festsetzt, ist nicht hinreichend bestimmt, wenn sich aufgrund der Planzeichnung und der Begründung des Bebauungsplans nicht ermitteln lässt, für welche Grundstücke die höhere GRZ gelten solll. Eine Planzeichnung, die nur Hauptgebäude im Bestand darstellt, nicht aber die nach § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bei der Bestimmung der GRZ mitzurechnenden Anlagen, ist grundsätzlich nicht geeignet, die hinreichende Bestimmtheit in einem solchen Fall herzustellen, sofern nicht klar erkennbar ist, dass für die Festsetzung nur Hauptgebäude zu berücksichtigen sind.

Tenor:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. August 2021 verpflichtet, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung für den Neubau einer Garage für drei PKWs auf dem Grundstück B-Straße bis 14, B-Stadt mit der Maßgabe zu erteilen, dass das Garagengebäude gegenüber dem mit dem Bauantrag vorgelegten Lageplan entsprechend dem mit Schriftsatz vom 6. Juni 2023 vom Kläger vorgelegten Lageplan um 0,225 m nach Osten verschoben wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Garage für drei PKWs.

Er ist Eigentümer des 1.691 m2 großem Grundstücks B-Straße in B-Stadt (Flurstück G., Flur H. der Gemarkung B-Stadt). Auf dem Grundstück befinden sich zwei Wohnhäuser, eines an der I. Straße gelegen (Nr. 14) eines im rückwärtigen Bereich (Nr. 14A/B). Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans Nr. 20 "I. Straße", der das Gebiet als Mischgebiet, eine Mindestgrundstücksgröße von 800 m2 sowie u. a. eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,25 festsetzt (link zum B-Plan: 30_292.pdf (landkreis-harburg.de) https://www.landkreis-harburg.de/ftp/bplaene/30_292.pdf

Ferner enthält der Bebauungsplan u. a. folgende textliche Festsetzung Nr. 2:

"Im Bebauungsplangebiet gilt bei Grundstücken, die kleiner als die jeweils festgestellte Mindestgrundstücksgröße sind und die bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans bebaut waren, als Mindestgrundstücksgröße der Bestand der Planunterlage. Sofern die bereits vorhandene GRZ zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses höher als die festgesetzte war, gilt für das betroffene Grundstück die GRZ des derzeitigen Bestandes."

Am 18. Juni 2020 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Garage für 3 PKW mit den Maßen 11,66 m - 12,22 m x 7 m unter Erteilung einer Befreiung von der festgesetzten GRZ. Die Grundfläche der Garage beläuft sich ausweislich der Bauvorlagen auf 83,82 m2. Die Garage sollte im rückwärtigen Grundstücksbereich im Anschluss an das Gebäude Nr. 14 A/B und auf einer Länge von 7 m grenzständig zum nördlich angrenzenden Grundstück I. Straße Nr. J. errichtet werden. Zum westlich angrenzenden Grundstück war auf einer Länge von 12,22 ein Abstand von 2 bis 3,36 m vorgesehen. Die Garage sollte auf einer mit hoch-wasserdurchlässigem Aqua-Drain-Pflaster belegten, entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück I. Straße J. verlaufenden Zufahrt erreichbar sein. Die gepflasterte Fläche sollte eine Größe von 220,644 m2 haben, wobei die für die Zufahrt vorgesehene Fläche im Laufe des Verwaltungsverfahrens mehrfach reduziert wurde. Nach Reduzierung der Zufahrtsfläche würde die Grundfläche einschließlich der Zufahrtsflächen (GRZ II 0,43) betragen, so dass das Vorhaben die sich aus § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO ergebende zulässige GRZ II um 14,67% überschreiten würde.

Mit Bescheid vom 27. November 2020 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte er aus, eine Befreiung von der Festsetzung der GRZ könne in dem beantragten Umfang nicht erteilt werden, weil dies die Grundzüge der Planung berühren würde. Dementsprechend habe auch die Gemeinde K. ihr Einvernehmen versagt.

Am 18. Dezember 2020 erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Festsetzung der GRZ sei unwirksam. Die textlichen Festsetzungen in Ziff. 2 Satz 2 des Bebauungsplans enthalte die Regelung, dass auf den Grundstücken, auf denen im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ein über die festgesetzte GRZ hinausgehende Bestand bereits vorhanden sei, die GRZ dieses vorhandenen Bestandes maßgeblich bleibe. Diese Festsetzung sei zum einen mangels Ermächtigungsgrundlage unwirksam und zudem nicht hinreichend bestimmt, weil dem Bebauungsplan selbst nicht entnommen werden könne, welche GRZ auf den jeweiligen Grundstücken zulässig sein solle.

Am 19. Juli 2021 hat der Kläger zunächst Untätigkeitsklage erhoben. Nachdem der Beklagte dann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2021 zurückgewiesen hat, hat der Kläger die Klage unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheids fortgesetzt. Zur Begründung seiner Klage vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren, wonach die Festsetzung der GRZ im Bebauungsplan unwirksam sei. Nach § 34 Abs. 1 BauGB sei das Vorhaben indes zulässig, denn es füge sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Maßgeblich sei insoweit - wie der Beklagte durchaus zutreffend ausführe - die nach außen wahrnehmbare Gestalt des Gebäudes im Verhältnis zu den umgebenden Freiflächen. Insoweit sei von Bedeutung, dass es in der näheren Umgebung Grundstücke gebe, die eindeutig dichter mit Gebäuden bebaut seien und eine höhere Ausnutzung durch Gebäude aufwiesen. Das gelte z.B. für das unmittelbar südlich angrenzende Grundstück I. Straße L. und für das nördlich liegende (vom Baugrundstück nur durch ein anderes Grundstück getrennte) Grundstück I. Straße M.. Die Darstellung des Beklagten, dass das Grundstück fast vollständig versiegelt sei, sei unzutreffend. Wie bereits ausgeführt, habe er auf einigen Grünflächen seines Grundstücks eine dünne Schicht Mineralgemisch aufgebracht, die leicht wieder entfernt werden könne. Es treffe auch nicht zu, dass die gesamten Flächen als Zufahrts- und Stellplatzflächen genutzt würden. Im Genehmigungsantrag sei die Größe der befestigten bzw. zu befestigenden Flächen angegeben. Über die Genehmigungsfähigkeit des sich daraus ergebenden Vorhabens sei zu entscheiden. Der Umstand, dass auf einigen weiteren Flächen ein Mineralgemisch aufgebracht worden sei, berühre nicht die planungsrechtliche Frage des Einfügens des beantragten Vorhabens nach dem Maß der Nutzung. Soweit ein Mineralgemisch auf Teilflächen eines Baugrundstücks aufgebracht sei, die nicht als Abstell- oder Zufahrtsflächen genutzt würden, handele es sich auch nicht um Aufschüttungen "größeren Umfangs" im Sinne von § 29 Abs. 1 BGB und deshalb nicht um planungsrechtlich bedeutsame Anlagen.

Nachdem der Beklagte erstmals im Klageverfahren geltend machte, das Vorhaben halte den vorgeschriebenen Grenzabstand nicht ein, hat der Kläger sein Vorhaben umgeplant und beabsichtigt nun, die Garage um 0,225 m nach Osten versetzt zu errichten. Zur Begründung führt er nunmehr aus: Die Änderung sei so geringfügig, dass die Identität des Vorhabens unberührt bleibe. Solche geringfügigen Modifizierungen könnten durch "Grüneintragungen" in den Bauvorlagen vorgenommen werden und stellten deshalb kein Genehmigungshindernis dar. Aus denselben Gründen sei der modifizierte Antrag auch nicht als Klageänderung anzusehen. Wenn man eine Klageänderung annehmen wollte, sei diese jedenfalls als sachdienlich zuzulassen. Denn der Beklagte habe das Vorhaben im Genehmigungsverfahren und auch im Widerspruchsverfahren ausschließlich aus planungsrechtlichen Gründen abgelehnt; der Beklagte halte dem Vorhaben auch weiterhin planungsrechtliche Gründe entgegen. Unter diesen Umständen könne ihm nicht zugemutet werden, wegen einer geringfügigen Änderung zur Ausräumung eines bauordnungsrechtlichen Hinderungsgrundes, den der Beklagte erstmalig im Klageverfahren geltend gemacht habe, das Genehmigungsverfahren und das Widerspruchsverfahren neu durchzuführen. Denn nach dem Vorbringen, welches der Beklagte ihm weiterhin entgegenhalte, stehe fest, dass der Beklagte auch einen neuen Antrag aus denselben planungsrechtlichen Gründen, die den Anlass für das Klageverfahren gegeben hätten, erneut ablehnen würde. Sofern das Gericht von einer unzulässigen Modifizierung des Klageantrags ausgehe, beantrage er hilfsweise die Verpflichtung des Beklagten, ihm einen Bauvorbescheid zu erteilen. Der Übergang von einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung zu einer Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheides stellt keine Klageänderung ab. Der Regelungsgehalt eines Bauvorbescheides sei gegenüber dem Regelungsgehalt einer Baugenehmigung kein "aliud", sondern ein "minus".

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 27. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. August 2021 zu verpflichten, ihm die beantragte Baugenehmigung für den Neubau einer Garage für drei PKWs auf dem Grundstück B-Straße bis 14, B-Stadt mit der Maßgabe zu erteilen, dass das Garagengebäude gegenüber dem mit dem Bauantrag vorgelegten Lageplan um 0,225 m nach Osten verschoben wird;

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, ihm einen positiven Bauvorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des mit dem Bauantrag beantragten Vorhabens zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die nicht eingehaltene GRZ. Das Vorhaben sei aber auch dann unzulässig, wenn die GRZ-Festsetzung als unwirksam betrachtet würde. Denn das Vorhaben füge sich auch nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. So seien zwar in der näheren Umgebung überwiegend Wohngebäude mit den dazugehörigen Garagen und Nebenanlagen vorhanden. Auch in der Größe und Tiefe angelegte Zufahrten und Stellplätze bzw. Garagen seien in der näheren Umgebung bereits vorhanden, so dass die geplante Garage sich hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen könne. Bei einer Ortsbesichtigung am 30. März 2022 sei jedoch festgestellt worden, dass ein überwiegender Teil der Flächen des Baugrundstücks (die auch im Lageplan als nicht versiegelte Flächen dargestellt seien) mit Mineralgemisch befestigt und versiegelt worden seien. Wie vor Ort festgestellt worden sei, dienten diese Flächen als Kfz-Zufahrt- und Abstellflächen. Es sei auch eine zweite Zufahrt mit Toreinfahrt an der südlichen Grundstückgrenze angelegt. Vor diesem Hintergrund könne eine Genehmigung auf Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB nicht erteilt werden. Ferner hat der Beklagte bezüglich des ursprünglich zur Genehmigung gestellten Vorhabens erstmals im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht, dieses sei abstandsrechtlich unzulässig. Die Garage weise eine Länge von 12,29 m an der westlichen Grundstücksgrenze auf und falle damit nicht mehr unter die im Grenzbereich privilegierten Garagen gemäß § 5 Abs. 8 NBauO.

Mit Beschluss vom 6. April hat das Gericht die Gemeinde K. beigeladen. Sie stellt keinen eigenen Antrag, verteidigt aber die Entscheidung des Beklagten und führt zur etwaigen Zulassungsfähigkeit des Vorhabens auf Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB aus: Das Vorhaben füge sich nicht nach Maßgabe dieser Vorschrift ein, weil die umliegenden Grundstücke u.a. durch Grün- und Gartenflächen gekennzeichnet seien. Im vorliegenden Fall sei aber keine Grünfläche, Gartenfläche oder Ähnliches vorgesehen. Für den außenstehenden Betrachter sei somit eindeutig erkennbar, dass das Vorhaben von der umliegenden Bebauung abweiche. Zudem sei es ortsüblich, dass das Niederschlagswasser auf den eigenen Grundstücken zwecks Versickerung dort zurückgehalten werde. Eine derartige Entwässerung sei indes auf dem klägerischen Grundstück aufgrund der fehlenden Freiflächen zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2023 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die trotz Ausbleibens der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung entschieden werden kann, weil sie mit der Ladung auf diese Folge ihres Ausbleibens hingewiesen worden ist, ist mit dem geänderten Antrag zulässig (I.) und begründet (II.).

I. Es handelt sich um einen zulässigen Fall der Klageänderung.

Eine Klageänderung liegt vor, weil der Kläger sein bisheriges Klagebegehren durch ein inhaltlich anderes - ein aliud - ersetzt hat (vgl. dazu W.-R. Schenke, in: Kopp/schenke VwGO, 28. Aufl. 2022, § 91 Rn. 5). Der Kläger hat durch die geplante Verschiebung des Baukörpers sein Bauvorhaben in einer Weise geändert, die für seine Genehmigungsfähigkeit relevant ist. So ist davon auszugehen, dass das ursprünglich zur Genehmigung gestellte Vorhaben bereits wegen eines Verstoßes gegen die geltenden Grenzabstandsvorschriften unzulässig gewesen ist. Bei dem nunmehr zur Entscheidung gestellten Vorhaben ist das nicht mehr der Fall. Die Änderung wirkt sich damit erheblich auf die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens aus, so dass das nunmehr zur Genehmigung gestellte Vorhaben im Vergleich zu dem ursprünglich streitgegenständlichen Vorhaben ein aliud darstellt.

Die Klageänderung ist gemäß § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig. Die Klageänderung ist sachdienlich. Auch für die geänderte Klage bleibt es beim bisherigen Streitstoff, der vorwiegend mit bauplanungsrechtlichen Fragestellungen betraf. Der Beklagte hielt dem Vorhaben zunächst ausschließlich planungsrechtliche Vorgaben entgegen. Diese Fragen stellen sich bei dem geänderten Vorhaben in derselben Weise. Würde die Klageänderung als unzulässig zurückgewiesen, wäre zu erwarten, dass der Beklagte den Bauantrag des Klägers wieder aus den bereits im bisher durchgeführten Verwaltungsverfahren genannten Gründen ablehnen und der Kläger gegen die Ablehnung Klage erheben würde. Dieser weitere Prozess kann durch die Zulassung der Klageänderung vermieden werden.

II. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung der nunmehr begehrten Baugenehmigung; die Ablehnung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Bauordnungsrechtlich bestehen nach der Umplanung des Vorhabens keine Einwände mehr gegen seine Zulässigkeit. Insbesondere sind nunmehr die Vorgaben zum Grenzabstand eingehalten. Das hat auch der Beklagte in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

2. Das Vorhaben ist auch bauplanungsrechtlich zulässig.

a) Dem Vorhaben stehen die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Grundflächenzahl (GRZ) nicht entgegen. Denn diese Festsetzung ist unwirksam.

Allerdings ist die Festsetzung nicht bereits wegen des Fehlens einer Ermächtigungsgrundlage zu beanstanden. Zwar kann § 1 Abs. 10 BauNVO, wonach im Fall, dass bestimmte vorhandene Anlagen bei bestimmten Festsetzungen unzulässig werden, festgesetzt werden kann, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können, nicht herangezogen werden. Denn diese Vorschrift bezieht sich nach ihrem Inhalt wie nach ihrer systematischen Stellung allein auf Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, also nicht auf das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Battis/Krautzberger, 148. EL Oktober 2022, BauNVO § 1 Rn. 105b-106a m. Nachw. zur Rspr.).

Die Festsetzung kann aber schlicht auf § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO gestützt werden. Danach wird im Bebauungsplan das Maß der baulichen Nutzung bestimmt durch die Festsetzung einer GRZ. Durch die hier streitige Festsetzung einschließlich der textlichen Festsetzung in Ziff. 2 Satz 2 des Bebauungsplans wird nichts weiter festgesetzt als eine GRZ für jedes Grundstück. Allgemein wird für alle Grundstücke eine GRZ von 2,5 festgesetzt. Die textliche Festsetzung in Ziff. des Bebauungsplans weicht von dieser allgemeinen GRZ-Festsetzung für einige Grundstücke ab und setzt für diese eine im Einzelfall höhere GRZ fest. Zu dieser Festsetzung ist die Gemeinde aufgrund von § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauGB ohne weiteres ermächtigt.

Die von der Beigeladenen in ihrem Bebauungsplan vorgenommene Festsetzung ist aber nicht hinreichend bestimmt. Ein Bebauungsplan muss als Rechtsnorm dem aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit entsprechen. Es muss - gegebenenfalls nach entsprechender Auslegung - hinreichend konkret und klar zu erkennen sein, welche Regelungen mit welchem Inhalt normative Geltung beanspruchen. Die Gemeinde hat dabei die Wahl zwischen zeichnerischer Festsetzung und textlicher Beschreibung; sie kann beide Elemente auch kombinieren (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2016 - 9 N 12.218 - juris Rn. 44).

Hier ist aufgrund der textlichen Festsetzung in Ziff. 2 Satz 2 des Bebauungsplans nicht hinreichend bestimmbar, welche GRZ konkret für welches Grundstück gilt.

Im Ausgangspunkt setzt der Bebauungsplan für alle Grundstücke eine GRZ von 0,25 fest. Die textliche Festsetzung in Ziff. 2 Satz 2 modifiziert diese Vorgabe dahin, dass für alle Grundstücke, bei denen die bereits vorhandene GRZ zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses höher als die festgesetzte war, die GRZ des Bestandes gilt. Diese Festsetzung gilt für alle Grundstücke des Bebauungsplans; sie beschränkt sich nicht auf solche Grundstücke, die die in Ziff. 2 Satz 1 der Festsetzung genannte Mindestgrundstücksgröße unterschreiten. Denn dafür ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Festsetzung noch aus Sinn und Zweck Anhaltspunkte.

Aufgrund der textlichen Festsetzung in Ziff. 2 Satz 2 lässt sich bereits nicht hinreichend sicher bestimmen, für welche Grundstücke eine höhere GRZ als 0,25 gelten soll. Im Bebauungsplan sind die Grundstücke, die von dieser Festsetzung betroffen sind, die also schon im Bestand eine höhere GRZ aufwiesen, nicht aufgeführt. Die von der textlichen Festsetzung in Ziff. 2 Satz 2 erfassten Grundstücke lassen sich auch der zeichnerischen Darstellung im Bebauungsplan nicht entnehmen. Denn dort sind offenbar nur Hauptgebäude dargestellt. Nicht dargestellt sind namentlich Zufahrten und bauliche Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche. Diese Anlagen waren aber schon nach der im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses gültigen Fassung des § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO bei der Ermittlung der Grundfläche mitzurechnen. Soweit sich die textliche Festsetzung in Ziff. 2 Satz 2 nur auf solche Grundstücke beziehen sollte, bei denen bereits durch die bei Satzungsbeschluss bestehenden Hauptgebäude ohne Nebenanlagen im Sinne von § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO die festgesetzte GRZ von 0,25 überschritten wird, hätte dies angesichts der klaren Regelung in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO, wonach auch die dort genannten Nebenanlagen bei der Bestimmung der GRZ mitzurechnen sind, einer deutlichen Aussage bedurft.

Da schon nicht hinreichend klar ist, für welche Grundstücke aufgrund der textlichen Festsetzung in Ziff. 2 Satz 2 eine höhere GRZ festgesetzt ist als 0,25, erübrigt sich die Frage, ob sich anhand der zeichnerischen Darstellung aufgrund des gewählten Maßstabs von 1:5.000 mit der erforderlichen Bestimmtheit die GRZ des Bestands und damit die konkret für die betroffenen Grundstücke festgesetzte GRZ ermitteln lässt.

Die fehlende Bestimmtheit betrifft alle Grundstücke des Bebauungsplans. Denn für keines lässt sich mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, ob und inwieweit die GRZ von 0,25 schon im Bestand überschritten worden war. Die nötige Klarheit lässt sich insbesondere auch unter Zurhilfenahme der Begründung nicht herstellen. Soweit dort ausgeführt wird, der Block zwischen N. O. und P. weise eine durchschnittliche GRZ von 0,23 auf, die maßgeblich von zwei Grundstücken mit einer GRZ von 0,36 und 0,38 beeinflusst werde, lässt sich daraus nicht schließen, dass alle anderen Grundstücke im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses eine geringere GRZ als 0,25 aufgewiesen hätten. Denn rechnerisch können durchaus auch noch weitere Grundstücke eine höhere GRZ als 0,25 aufweisen, um auf den errechneten Durchschnittswert zu kommen. Zudem macht auch die Begründung des Bebauungsplans nicht deutlich, ob es sich bei den genannten Werten um die GRZ einschließlich der Nebenanlagen handelt (sog. GRZ II), wie es § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO entsprechen würde, oder ob bei der Ermittlung der Werte nur Hauptanlagen berücksichtigt wurden (sog. GRZ I).

b) Ist die maßgebliche Festsetzung des Bebauungsplans zur GRZ somit rechtswidrig und unwirksam, richtet sich die Zulässigkeit insoweit nach § 34 Abs. 1 BauGB. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Insbesondere fügt sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ein.

Maßgebend für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Eufach0000000009s solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (BVerwG, Urt. v. 8.12.2016 - 4 C 7/15 -, juris m.w.Nachw.).

Dabei können zwar mangels anderer allgemein anerkannter Anhaltspunkte bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich auch die in der Baunutzungsverordnung verwendeten Begriffsmerkmale herangezogen werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Maßbestimmungsfaktoren des § 16 Abs. 2 BauNVO, also unter anderem die GRZ, unterschiedslos und möglicherweise gar mit allen Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung wie Festsetzungen eines Bebauungsplans rechtssatzartig heranzuziehen wären. Sie können vielmehr im unbeplanten Innenbereich lediglich als Auslegungshilfe berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.6.1969 - 4 C 234.65 -, juris Rn. 15). Maßgeblich bleibt die konkrete, am tatsächlich Vorhandenen ausgerichtete Betrachtung, wobei aber die vorhandene Bebauung eine planerische Ausweisung als Maßstab fast nie ersetzen kann, weil der aus der vorhandenen Bebauung zu gewinnende Maßstab notwendig grob und ungenau ist (BVerwG, Urt. v. 23.3.1994 - 4 C 18/92 -, juris)

Gemessen an diesen Vorgaben fügt sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. In der maßgeblichen näheren Umgebung - wozu jedenfalls jeweils die nördlich und südlich angrenzenden Grundstücke gehören - finden sich Referenzobjekte, die bei einer wertenden Gesamtbetrachtung von Grundfläche, Geschosszahl und Höhe vergleichbar sind mit dem Bauvorhaben des Klägers. Hinsichtlich des hier allein problematischen Verhältnisses von Freifläche zur Bebauung bzw. des Maßes der baulichen Ausnutzung des Grundstücks ist nicht entscheidend, dass infolge des Vorhabens die GRZ II 0,43 beträgt. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass der maßgebliche Rahmen jedenfalls auch durch das südlich an das klägerische angrenzende Grundstück geprägt wird. Dieses ist jedoch ausweislich der im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen bei google maps abrufbaren Luftbilder mindestens in vergleichbarer Maß bebaut wie das Grundstück des Klägers, so dass sich das Verhältnis von bebauten Flächen zu Freiflächen ähnlich darstellt wie auf dem klägerischen Grundstück nach Verwirklichung des Bauvorhabens. Auf dem südlich benachbarten Grundstück befindet sich eine offenbar entlang der gesamten Länge des Grundstücks verlaufende Zufahrt und mehrere Stellplätze. Insgesamt erscheint das Grundstück so, als würden mehr als 2/3 des Grundstücks für bauliche Anlagen in Anspruch genommen werden. Ein ähnliches Bild ergibt sich, betrachtet man das nördlich angrenzende Grundstück, das ebenfalls zu annähernd 2/3 baulich ausgenutzt zu sein scheint. In diesen Rahmen fügt sich die geplante Bebauung auf dem Grundstück des Klägers ein.

Soweit der Beklagte und die Beigeladene dies - offenbar nur - mit dem Argument in Frage stellen, dass die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort andere seien als in den Bauvorlagen dargestellt, dass nämlich tatsächlich der überwiegende Teil der Flächen des Baugrundstücks mit einem Mineralgemisch befestigt und versiegelt worden sei und diese Flächen ebenfalls als Zufahrt- und Abstellflächen dienten, lässt sich damit nicht begründen, dass sich das Vorhaben nicht einfügen würde. Denn es ist der Bauherr, der mit seinem Bauantrag bestimmt, worauf sich die Prüfung der Bauaufsichtsbehörde erstrecken und was Gegenstand der Baugenehmigung sein soll (Stiel/Fontana, in: Große/Suchsdorf, NBauO, 10. Aufl. 2020, § 67 Rn. 7 ff.). Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens ist das Bauvorhaben, wie es sich aufgrund des Bauantrags und der beizufügenden Bauvorlagen darstellt. Sofern sie nicht erhebliche Mängel aufweisen und die Baugenehmigungsbehörde sie zur Bearbeitung zurückweist (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 2 NBauO), sind die Bauvorlagen der Prüfung im Genehmigungsverfahren zugrunde zu legen. Aufgrund der hier von dem Kläger vorgelegten Bauvorlagen ist aber nicht ersichtlich, dass das Grundstück schon weitergehend versiegelt wäre und sich deshalb die Garage nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht mehr einfügen würde.

Soweit die realen Verhältnisse tatsächlich von den Bauvorlagen abweichen sollten und die Grundfläche des Baugrundstücks schon weitergehend baulich in Anspruch genommen sein sollte als aufgrund der Bauvorlagen anzunehmen, würde das nicht die Genehmigungsfähigkeit des aufgrund der Bauvorlagen zu beurteilenden Bauvorhabens infrage stellen. Der Kläger ist als Bauherr verpflichtet, für baurechtsgemäße Zustände auf seinem Grundstück zu sorgen. Sollte die Grundfläche seines Grundstücks weitergehend durch nicht genehmigte Anlagen in Anspruch genommen sein, so dass nach Verwirklichung des genehmigten Vorhabens materiell baurechtswidrige Zustände auf dem Grundstück entstehen würden, müsste er sein Grundstück zunächst so herrichten, wie es in den Bauvorlagen dargestellt ist. Sollte er dies nicht tun, wäre es an der Bauaufsichtsbehörde, ggf. bauaufsichtlich einzuschreiten. Baurechtswidrig wären dann aber ggf. nur die weiteren angelegten Grundflächen, was in dem Verfahren auf bauaufsichtliches Einschreiten zu klären wäre. Diese Frage gehört aber nicht in das vorliegend zu entscheidende Verfahren, in dem es nur um die Genehmigung einer aufgrund der Bauvorlagen nach § 34 Abs. 1 BauGB genehmigungsfähigen Garage geht. Zur Klarstellung kann die Bauaufsichtsbehörde in der Baugenehmigung zudem einen Hinweis aufnehmen, dass das Vorhaben auf Grundlage der in den Bauvorlagen wiedergegebenen Verhältnisse genehmigt wurde und ein weiteres Anlegen von zusätzlichen Grundflächen ggf. baurechtswidrig wäre. Ob und inwieweit auf dem Grundstück neben den baulichen Anlagen Grünflächen angelegt sind, deren Fehlen die Beigeladene beanstandet, ist für die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens des Klägers auf Grundlage von § 34 Abs. 1 BauGB ebenfalls ohne Belang. Auch diesbezüglich wäre ggf. in einem bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen, ob und inwiefern die Gestaltung des übrigen Grundstücks weiteren Vorgaben unterliegt (vgl. insbesondere § 9 Abs. 2 NBauO, wonach die nicht überbauten Flächen des Baugrundstücks grundsätzlich Grünflächen zu sein haben, vgl. dazu jüngst Nds. OVG, Beschl. v. 17.1.2023 - 1 LA 20722 -, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.