Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.06.2014, Az.: 10 UF 59/14

Zulässigkeit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil zum Zwecke der Geltendmachung eines Unterhaltsvorschusses

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.06.2014
Aktenzeichen
10 UF 59/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 36221
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0616.10UF59.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 23.01.2014

Amtlicher Leitsatz

Eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil lediglich zum Zwecke der Geltendmachung eines Unterhaltsvorschusses nach dem UVG kommt dann nicht in Betracht, wenn bereits durch einen zum Umgangsrecht geschlossenen Vergleich der Lebensmittelpunkt des Kindes klar definiert ist.

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Kindesvaters vom 28. Februar 2014 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 23. Januar 2014 geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antrag der Kindesmutter auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder G. B., geboren am ... 2003, und M.-H. B., geboren am ... 2007, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Wert des Beschwerdeverfahrens: 3.000 €.

IV. Dem Kindesvater wird die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe versagt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die miteinander verheirateten, jedoch getrennt lebenden Eltern der Kinder G., geboren am ... 2003, und M.-H., geboren am ... 2007. Sie trennten sich im Mai 2013. Die Kindesmutter zog mit den Kindern aus der Ehewohnung aus. Die Kindeseltern üben die elterliche Sorge gemeinsam aus. Die Kindesmutter begehrt die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sie alleine.

In einem parallel geführten Umgangsverfahren schlossen die Kindeseltern eine Umgangsvereinbarung, aus der sich u. a. ergibt, dass die Kinder ihren Lebensmittelpunkt im Haushalt der Kindesmutter haben.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 23. Januar 2014 der Kindesmutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder übertragen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei zu erwarten, dass die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter dem Wohl der Kinder am ehesten entspreche, da diese dadurch in der Lage sei, den ihr zustehenden Anspruch auf Unterhaltsvorschuss gegenüber der Unterhaltsvorschusskasse erfolgreich geltend zu machen; der Kindesvater zahle weder Kindesunterhalt noch sei er bereit, gegenüber den Behörden anzugeben, der Lebensmittelpunkt der Kinder sei bei der Mutter; nach der vergleichsweisen Umgangsregelung bestehe zwischen den Eltern Einigkeit darüber, dass die Kinder den Lebensmittelpunkt bei der Mutter haben; dennoch sei der Vater nicht bereit, dies auch gegenüber der Unterhaltsvorschusskasse zu bestätigen.

Gegen diese ihm am 31. Januar 2014 zugestellte Entscheidung hat der Kindesvater mit einem am 28. Februar 2014 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese begründet. Er wendet sich gegen die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Hierzu führt er aus, die Kindeseltern seien sich über den Aufenthalt der Kinder einig; dieser habe nie in Streit gestanden.

Die Kindesmutter verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Kindesvaters hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Änderung der angefochtenen Entscheidung.

Der Senat kann über sie ohne Durchführung einer erneuten mündlichen Erörterung bereits unmittelbar und abschließend in der Sache entscheiden, da auch im Lichte des Beschwerdeverfahrens weitere Ermittlungen nicht angezeigt sind und von einer Wiederholung der erstinstanzlich erfolgten Verfahrenshandlungen kein entscheidungserheblicher zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten ist (§ 68 Abs. 3 FamFG).

Gründe im Sinne von § 1671 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB, die eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter allein erforderlich machen, liegen nicht vor. Die Kindeseltern sind sich über den Aufenthaltsort ihrer Kinder einig. Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Kindesmutter in der Lage sein muss, Unterhaltsvorschüsse für ihre Kinder bei der Unterhaltsvorschusskasse geltend zu machen. Denn auf diese Zahlungen ist sie mangels Unterhaltsleistungen durch den Kindesvater angewiesen. Hierzu bedarf es indes nicht der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Hierzu hat die Unterhaltsvorschusskasse dem Jugendamt gegenüber bestätigt, dass es für die Gewährung von Unterhaltsvorschuss erheblich sei, wie die tatsächlichen Lebensverhältnisse der Kinder seien. Durch den in dem parallelen Umgangsverfahren geschlossenen Vergleich ist der Lebensmittelpunkt der Kinder klar definiert. Durch Vorlage des gerichtlichen Vergleichs ist es der Kindesmutter möglich, gegenüber der Unterhaltsvorschusskasse zu belegen, dass die Kinder tatsächlich ihren Lebensmittelpunkt in ihrem Haushalt haben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 81 Abs. 1 FamFG, die Festsetzung des Verfahrenswertes auf §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

IV.

Die vom Kindesvater begehrte Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war zu versagen, weil der Kindesvater seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor Beendigung des Beschwerdeverfahrens nicht ausreichend dargelegt und belegt hat.

Grundsätzlich kann Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt werden, wenn die Instanz in der Hauptsache beendet ist. Das gilt nur dann nicht, wenn der Verfahrenskostenhilfeantrag rechtzeitig vor Instanzende gestellt worden und vor Instanzende Bewilligungsreife eingetreten ist. Bewilligungsreife setzt hierbei unter anderem voraus, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch eine Erklärung nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 ZPO ausreichend dargetan und belegt sind. Dem ist der Kindesvater nicht nachgekommen. Zwar hat er noch vor Instanzende Verfahrenskostenhilfe beantragt. Eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Erklärung und die zum Nachweis der Erklärung erforderlichen Belege hat er indes nicht vorgelegt, obwohl der Senat im Beschluss vom 23. Mai 2014 mitgeteilt hat, dass ab dem 10. Juni 2014 eine das Beschwerdeverfahren beendende Entscheidung zu erwarten sei. Unter diesen Umständen kann Verfahrenskostenhilfe nicht mehr bewilligt werden.