Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 05.06.2014, Az.: 13 U 144/13

Pflicht eines Netzbetreibers zur Veröffentlichung von Vergleichen über die teilweise Erstattung von Netznutzungsentgelten

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
05.06.2014
Aktenzeichen
13 U 144/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 18616
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0605.13U144.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 24.07.2013

Fundstelle

  • RdE 2015, 263-267

Amtlicher Leitsatz

Netzbetreiber sind nicht verpflichtet, Vergleiche zu veröffentlichen oder sonst über diese Auskunft zu erteilen, durch die sie einzelnen Netznutzern Entgelte teilweise erstattet haben, um eine gerichtliche Prüfung der Entgelthöhe zu verhindern.

Die Gewährung solcher Erstattungen begründet keinen Anspruch sonstiger Netznutzer auf vergleichbare Erstattungen.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. Juli 2013 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Beklagte betrieb bis zum Ende des Jahres 2006 das Stromnetz in H.. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht mit dem Ziel von Schadensersatzzahlungen in Anspruch. Sie begehrt insbesondere Auskunft, inwieweit die Klägerin anderen Stromnetznutzern im Wege von Vergleichen günstigere Bedingungen für die Netznutzung gewährt habe, wobei sie aus abgetretenem Recht nach der Zedentin C. A. M. GmbH & Co. KG im Wege einer isolierten Auskunftsklage und aus abgetretenem Recht nach den Zedentinnen B. Holding GmbH und B.-G. GmbH im Wege einer Stufenklage vorgeht. Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, berichtigt durch Beschluss des Senats vom 21. Mai 2014, Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, aus § 21 EnWG und § 27 Abs. 1 StromNEV folge keine Pflicht zur Veröffentlichung von Rückerstattungen. Ein Ausgleichsanspruch folge auch nicht aus § 242 BGB, weil den Zedentinnen ein durch die verlangten Auskünfte näher zu beziffernder Ersatzanspruch schon dem Grunde nach nicht zustehe. Ersatzansprüche könnten ohnehin nur Personen zustehen, die einen eigenen Netznutzungsvertrag mit der Beklagten geschlossen haben. Sonstige Letztverbraucher hätten kein direktes Netznutzungsentgelt gezahlt und seien dadurch, dass die Beklagte möglicherweise einzelnen Stromversorgungsunternehmen überhöhte Entgelte in Rechnung gestellt habe, nicht direkt geschädigt. Für den Zeitraum nach Genehmigung der Netznutzungsentgelte, aber auch für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten der Regulierung am 28. Oktober 2005 schieden Ersatzansprüche aus. Auch im Übrigen seien günstigere Tarife, die die Beklagte einzelnen Netznutzern gewährt haben möge, erst bei der Entgeltbemessung für zukünftige Perioden zu berücksichtigen. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Hannover abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, ob und wann mit welchem Inhalt sie direkt oder indirekt Stromnetznutzern günstigere Bedingungen, insbesondere günstigere Entgelte für die Netznutzung als in den veröffentlichten Preisblättern, gewährt oder angeboten hat und dieses in Form neuer Preisblätter anhand der prozentualen Absenkungen gegenüber den veröffentlichten Preisblättern darzustellen, soweit sich die Anträge nur auf die Kalkulation von Netzentgelten durch die Beklagte als Netzbetreiberin für die Kalkulationsperioden bis zum 31. Dezember 2006 beziehen;

2. die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt durch ihren Vorstand, Herrn M. G. F., H. N. und J. W. zu versichern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die geltend gemachten Auskunftsansprüche folgen weder aus der Veröffentlichungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EnWG, § 21 Abs. 1 EnWG (III.) noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB (IV.). Es steht zudem fest, dass die Schadensersatzansprüche nach den Zedentinnen B. Holding GmbH und B.-G. GmbH nicht bestehen, sodass insoweit die geltend gemachte Stufenklage insgesamt und nicht nur auf der ersten Stufe abzuweisen ist (V.).

I.

Die Klage ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zulässig. Insbesondere stellt die Geltendmachung von Ansprüchen nach der Zedentin C. A. M. GmbH & Co. KG eine Klagehäufung dar. Auf diese sind zwar die Vorschriften über die Klageänderung entsprechend anzuwenden (vgl. Zöller/Greger, § 263 Rn. 2 m. w. N.). Das Landgericht hat aber zu Recht die Sachdienlichkeit der nachträglichen Klagehäufung angenommen.

II.

Das Landgericht hat es zutreffend offengelassen, ob Auskunftsansprüche von den als Anlagen K 1 und K 4 vorgelegten Abtretungserklärungen umfasst sind, ob die Abtretung der C. A. M. GmbH & Co. KG (Anlage K 4) auch Schadensersatzansprüche umfasst und ob diese Abtretungen wirksam sind, obwohl ihnen ein Forderungskauf durch die Klägerin zugrunde liegt und Geschäftsführer der Klägerin nicht nur ein Rechtsanwalt ist, sondern zudem eine der Prozessbevollmächtigten der Klägerin deren Gesellschafterin - sei es auch nur treuhänderisch - war (vgl. dazu grundlegend OLG Frankfurt, Urteil vom 13. April 2011 - 17 U 250/10, juris).

Das Landgericht hat es weiter zutreffend offengelassen, ob Auskunftsansprüche zeitlich in dem Umfang bestehen können, in dem sie mit dem Klageantrag geltend gemacht wurden.

Dies kann auch in der Berufungsinstanz offen bleiben, da die geltend gemachten Auskunftsansprüche - und auch die mit der Stufenklage verfolgten Schadensersatzansprüche - schon im Übrigen dem Grunde nach nicht bestehen.

III.

Die geltend gemachten Auskunftsansprüche folgen nicht aus der Veröffentlichungspflicht nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, § 21 Abs. 1 EnWG.

Gem. § 21 Abs. 1 EnWG müssen die Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang transparent sein (vgl. auch § 20 Abs. 1 EnWG). Das dem zugrunde liegende allgemeine Transparenzgebot gilt allerdings nicht uneingeschränkt, sondern wird durch speziellere Regelungen konkretisiert (Säcker/Meinzenbach in: Berliner Kommentar zum Energierecht, 3. Aufl., § 21 EnWG, Rn. 50 f., 52, 54).

Diese Konkretisierung erfolgt - soweit hier von Belang - insbesondere durch § 17 der Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) sowie § 27 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV). Insbesondere § 27 Abs. 1 StromNEV schreibt vor, dass die Netzbetreiber die Netzentgelte auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen und auf Anfrage jedermann unverzüglich in Textform mitzuteilen haben. Dies betrifft die nach § 23 a EnWG genehmigten Entgelte und die nach § 19 StromNEV bei Sonderformen der Netznutzung individuell gebildeten Netzentgelte (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 Strom NEV). Für eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Vereinbarungen der Netzbetreiber mit Stromnetznutzern wegen Rückerstattungen überhöhter Netznutzungsentgelte früherer Jahre gibt § 27 Abs. 1 StromNEV nichts her.

Die von der Klägerin begehrten Auskünfte beziehen sich nicht auf Umstände, die hiernach zu veröffentlichen sind. Zwar ist der Klageantrag sprachlich sehr weit gefasst. Nach seinem Wortlaut ("günstigere Bedingungen, insbesondere günstigere Entgelte für die Netznutzung") bezöge er sich auch auf hiernach veröffentlichungspflichtige Umstände. In der Sache begehrt die Klägerin jedoch allein Auskunft über Rückerstattungen an Netznutzer aufgrund von Vergleichen oder Urteilen (vgl. u.a. S. 4 f. der Klageschrift, insb. S. 5, Abs. 4). Derartige Rückzahlungen, die von den jeweiligen Vertragsparteien nicht als Bedingung bzw. Entgelt für den Netzzugang im Vorfeld vereinbart waren, sondern als Ausgleich für ein möglicherweise überhöhtes Entgelt später erfolgten, stellen keine zu veröffentlichenden Bedingungen oder Entgelte dar. Es handelte sich bei ihnen auch nicht um ein individuelles Netzentgelt nach § 19 StromNEV.

Zutreffend weist die Berufung zwar darauf hin, dass sich die Pflicht zur Veröffentlichung der Entgelte nicht auf die nach § 23 a EnWG genehmigten Entgelte beschränkt, sondern sich auf die "geltenden" Entgelte bezieht, wonach alle tatsächlich angewendeten Entgelte zu veröffentlichen sind. Entgelte in diesem Sinne sind jedoch die von den jeweiligen Vertragsparteien für den Netzzugang vereinbarten Entgelte. Nicht hierzu zählen Rückerstattungen, die nicht bereits von Anfang an vereinbart waren, sondern später - beispielsweise zur Vermeidung von Gerichtsverfahren - gewährt wurden.

Nichts anderes folgt aus der der Veröffentlichungspflicht zugrunde liegenden Richtlinie 2009/72/EG. Diese bestimmt in Art. 12 lit. g) sowie Art. 25 Abs. 3, dass Netzbetreiber die Informationen bereitzustellen haben, die für einen effizienten Netzzugang, einschließlich einer effizienten Netznutzung erforderlich sind (durch Art. 48 dieser Richtlinie wurde die von der Berufung in Bezug genommene Richtlinie 2003/54/EG aufgehoben.

Welche Informationen hiernach für einen effizienten Netzzugang erforderlich sind, regelt die Richtlinie nicht selbst. Diese Festlegung erfolgte für die Bundesrepublik Deutschland mit den vorgenannten Verordnungen, ohne dass eine Vertragsverletzung bei der Umsetzung der Richtlinie erkennbar ist.

Eine Veröffentlichungspflicht für die hier in Frage stehenden Zahlungen folgt entgegen der Auffassung der Berufung auch nicht aus Art. 32 Abs. 1 der vorgenannten Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten die Einführung eines Systems für den Zugang Dritter zu den Übertragungs- und Verteilernetzen auf der Grundlage veröffentlichter Tarife zu gewährleisten haben, die Zugangsregelung für alle zugelassenen Kunden zu gelten hat und nach objektiven Kriterien und ohne Diskriminierung zwischen den Netznutzern angewandt werden soll (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. März 2013 - 3 Kart 65/12, juris Tz. 93 f.). Der diskriminierungsfreie Zugang zu gleichen Entgelten wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass später - regelmäßig Jahre nach der Vereinbarung entsprechender Entgelte - die hier in Frage stehenden Rückerstattungen wegen möglicherweise überhöhter Entgelte erfolgen (vgl. dazu weiter auch unter IV.). Dass Art. 32 Abs. 1 der Richtlinie den Begriff des Tarifs nicht in einem weiteren Sinne versteht, zeigt sich auch daran, dass hiernach die Tarife vor ihrem Inkrafttreten zu veröffentlichen sind. Die hier in Frage stehenden Rückzahlungen beziehen sich jedoch auf Tarife, die zum Zeitpunkt der Rückzahlungen unter Umständen schon nicht mehr galten.

IV.

Ein Auskunftsanspruch folgt auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB.

Ein solcher Auskunftsanspruch setzt u. a. voraus, dass zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten eine rechtliche Sonderverbindung besteht, bei der es sich insbesondere um einen Vertrag oder um ein gesetzliches Schuldverhältnis handeln kann (Palandt/Grüneberg, 73. Aufl., § 260, Rn. 5 m. w. N.). Betreffend etwaigen Auskunftsansprüchen der Zedentinnen B. Holding GmbH und B.-G. GmbH sowie einem Auskunftsanspruch der Zedentin C. A. M. GmbH & Co. KG für den Zeitraum vor dem Jahr 2005 fehlt es schon hieran. Zwischen den Zedentinnen und der Beklagten bestanden insoweit keine vertraglichen Beziehungen. Ersatzansprüche, die ein gesetzliches Schuldverhältnis darstellten, bestehen bereits dem Grunde nach nicht (hierzu im Folgenden unter B. IV.1).

Auch insoweit, als die Zedentin C. A. M. GmbH & Co. KG unmittelbare Netznutzungsverträge mit der Beklagten geschlossen hat bestehen Auskunftsansprüche nicht. Zwar muss ein vertraglicher Schadensersatzanspruch nach allgemeiner Meinung nicht bereits dem Grunde nach feststehen; vielmehr reicht insoweit schon der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung (BGH, Urteil vom 17. Juli 2002 - VIII ZR 64/01, juris Tz. 9). Ob dieser Grundsatz auch auf die vorliegend in Frage stehenden kartellrechtlichen Ersatzansprüche gegenüber der Beklagten zu übertragen ist, die vertraglich mit der Zedentin C. A. M. GmbH & Co. KG verbunden war, kann offen bleiben, da Ersatzansprüche auch insoweit ausgeschlossen sind.

1. Ein Schadensersatzanspruch der Zedentinnen, der an die Klägerin hätte abgetreten werden können, folgt nicht aus § 32 Abs. 1, 3 EnWG i. V. m. § 21 Abs. 1 EnWG n. F. bzw. § 6 Abs. 1 EnWG a. F.

Aus dem in § 21 Abs. 1 EnWG n. F. folgenden horizontalen Diskriminierungsverbot folgt zwar, dass der Netzbetreiber geringere als die genehmigten Entgelte verlangen darf, dabei aber nicht nur einzelne Netznutzer begünstigen darf und damit die günstigeren Tarife auch allen anderen Netznutzern anbieten muss (BGH, Urteil vom 15. Mai 2012 - EnZR 105/10, juris Tz. 20 a. E.). § 6 Abs. 1 EnWG a. F. regelte ein solches horizontales Diskriminierungsverbot zwar nicht ausdrücklich. Es folgte aber aus einer teleologischen und systematischen Gesetzesauslegung (Säcker/Meinzenbach, Berliner Kommentar zum Energierecht, § 21 Rn. 49).

Auch wenn die Beklagte Vergleiche mit einzelnen Netznutzern abgeschlossen haben mag, um gerichtliche Billigkeitskontrollen der jeweils vereinbarten Netzentgelte zu vermeiden, hat sie nicht gegen das Gebot verstoßen, den Netzzugang nicht diskriminierend zu gleichen Entgelten zu gewähren.

Das Gebot, den Netzzugang in vergleichbaren Fällen allen Nutzern diskriminierungsfrei zu gleichen Bedingungen und Entgelten zu ermöglichen, bezieht sich sowohl nach der Auslegung vom Wortlaut her - ausdrücklich formuliert nur für das hier nicht in Frage stehende vertikale Diskriminierungsverbot - als auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszusammenhangs nur auf die zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Bedingungen und Entgelte, nicht jedoch auf die Rückerstattung von in der Vergangenheit zu viel gezahlten Entgelten im Wege von Urteilen oder Vergleichen.

a) Nach § 27 Abs. 1 StromNEV sind die "geltenden" Netzentgelte zu veröffentlichen. Nach Art. 32 Abs. 1 RL 2009/72/EG erfolgt der Netzzugang auf der Grundlage veröffentlichter Tarife. Die Tarife sind jeweils vor ihrem Inkrafttreten zu veröffentlichen. Rückwirkende Erstattungen, die sich auf in der Vergangenheit liegende Zeiträume beziehen, sind von diesem Begriff nicht erfasst.

b) Zwar verweist die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend darauf, dass im Rahmen des allgemeinen kartellrechtlichen Diskriminierungsverbotes - und wohl nicht anders im Rahmen des § 21 Abs. 1 EnWG - bei der Beurteilung von Preisgestaltungen auch Rabatte und Rückvergütungen zu berücksichtigen sein können (vgl. dazu Nothdurft in: Langen-Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 11. Aufl., § 20 GWB Rn. 187 m. w. N.). Dies betrifft jedoch Fälle, in denen solche Rückvergütungen oder Rabatte bereits anfänglich als Entgeltbestandteile vereinbart waren (vgl. beispielsweise BGH, Urteil vom 8. Mai 1990 - KZR 23/88, juris Tz. 2 f., 17; Urteil vom 17. März 1998 - KZR 30/96, juris). Die spätere Rückzahlung zu viel gezahlter Entgelte erfasst dies nicht.

Auch wenn solche Rückzahlungen zu Kostenvorteilen bei den begünstigten Unternehmen führen, haben sie keine Auswirkungen auf den dann jeweils geltenden Tarif.

c) Dieses Normverständnis liegt auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde. Danach ist hinzunehmen, dass Nutzer, die keine Klage nach § 315 Abs. 3 BGB erhoben haben, ggf. ein höheres Entgelt zahlen müssen als die klagenden Netznutzer (Urteil vom 15. Mai 2012 - EnZR 105/10, juris Tz. 20; zu § 21 Abs. 6 EIBV: Urteil vom 18. Oktober 2011 - KZR 18/10, juris Tz. 22). Entgegen der Auffassung der Berufung ist das letztzitierte Urteil nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Ungleichbehandlung in bereits abgeschlossenen Zeiträumen, wie sie beispielsweise durch hier in Frage stehende Rückerstattungen begründet würde, durch Anpassung der Tarife für zukünftige Abrechnungsperioden zu kompensieren wäre. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof als Konsequenz der Anwendbarkeit von § 315 BGB hingenommen, dass einige Unternehmen ein höheres Entgelt zahlen müssen, und eine Angleichung der Entgelte nur für die folgende Periode durch eine Änderung des Tarifpreissystems gefordert. Abgesehen von der Betonung, dass höhere Entgelte in der Vergangenheit hinzunehmen sind, folgt schon aus dem zuletzt aufgezeigten Weg, dass hiermit keine Kompensation von Nachteilen aus der Vergangenheit erfolgen soll, da Änderungen des Tarifpreissystems dem Unternehmen, das für die Vergangenheit Erstattungen erhalten hat, in gleicher Weise zugute kämen, wie anderen Unternehmen.

Anderes folgt auch aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 7. April 2011 (U 3365/11 - Kart, juris Tz. 32) nicht. Auch hiernach ist die in einem Fall erkannte Unbilligkeit einer Entgeltfestsetzung lediglich in eine geänderte allgemeine Entgeltbestimmung umzusetzen.

Unzutreffend ist auch die Auffassung, Gegenstand eines zivilgerichtlichen Urteils könnten nur abgeschlossene Zeiträume der Vergangenheit sein, sodass die von dem Bundesgerichtshof geforderte Beseitigung einer Schlechterstellung sich nur auf die Zeiträume in der Vergangenheit beziehen könne. Vielmehr lag gerade dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2011 eine Feststellungsklage zugrunde, nach der eine Entgelterhöhung auf das Vertragsverhältnis der dortigen Parteien keine Auswirkungen finden sollte (aaO., Tz. 3).

d) Eine abweichende Auslegung führte zudem zu regelmäßig kaum überwindbaren Schwierigkeiten bei der Umsetzung einer Kompensation. Insbesondere in den hier maßgeblich in Frage stehenden Zahlungen aufgrund eines gerichtlichen oder ggf. auch außergerichtlichen Vergleichs wäre kein Maßstab zu finden, wie diese vergleichsweise Zahlung, die sich nicht notwendig an allgemeinen Tarifstrukturen orientieren muss und ggf. auch weitere Gesichtspunkte wie beispielsweise Kosten berücksichtigt, so umgelegt werden kann, dass eine Ungleichbehandlung anderer Nutzer, die das Netz möglicherweise auch in anderen Zeiträumen genutzt haben, kompensiert werden könnte. Dass bei Abschluss der Vergleiche für den betreffenden Netznutzer zukünftig geltende gesonderte Preise vereinbart worden wären, die für alle Netznutzer anwendbar sein könnten, ist nicht ersichtlich. Auf eine solche Fallgestaltung bezieht sich das Auskunftsbegehren auch nicht.

Schließlich hätte eine solche Auslegung die vom Gesetzgeber wohl nicht gewollte Konsequenz zur Folge, dass zwar der Anspruch auf Überprüfung der Billigkeit der festgesetzten Netznutzungsentgelte nach § 315 BGB innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB verjährt - ggf. auch früher verwirkt sein kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, juris Tz. 19 ff.) -, in dem Fall, in dem auch nur ein Netznutzer erfolgreich aufgrund einer solchen Überprüfung oder im Vergleichswege eine Rückerstattung erwirkt hat, allen anderen Netznutzern auch erhebliche Zeit später auch trotz Verjährung bzw. Verwirkung ihres eigenen Anspruchs auf Überprüfung der Entgelte im Wege des Schadensersatzes dasselbe Ergebnis zugute käme.

e) Dass ein Netznutzer im Wege des Beseitigungsanspruchs nach § 32 Abs. 1 Satz 1 EnWG i.V.m. § 21 Abs. 1 EnWG einen Ausgleich dafür verlangen kann, dass er in der Vergangenheit eine höhere als die angemessene Vergütung gezahlt hat, steht dem nicht entgegen. Vielmehr bestünde ein Beseitigungsanspruch hiernach nur dann, wenn sich die angemessene nichtdiskriminierende Vergütung i.S.d. § 21 Abs. 1 EnWG in Fällen, in denen ein anderer Netznutzer für die Vergangenheit eine Rückerstattung erhalten hat, unter Berücksichtigung dieser Rückerstattung berechnete, was aber nach den vorstehenden Erwägungen nicht der Fall ist.

f) Soweit die Zedentinnen keinen eigenen Netznutzungsvertrag mit der Beklagten gehabt haben, ist darüber hinaus schon nicht hinreichend dargelegt, dass diesen indirekten Nutzern aus einer möglichen Verletzung des Diskriminierungsverbotes nach § 21 Abs. 1 EnWG ein Schaden entstanden sein könnte. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (LGU 6 f.) Bezug genommen. Zwar steht grundsätzlich auch einem indirekten Abnehmer bei Verletzung kartellrechtlicher Regelungen ein Schadensersatzanspruch zu, wobei allerdings der indirekte Abnehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass er durch ein kartellrechtswidriges Verhalten einen Schaden erlitten hat (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - KZR 75/10, juris Tz. 23 ff.). Auch ist nicht zu verkennen, dass eine genaue Darlegung des Schadens gegebenenfalls erst nach Erteilung einer Auskunft gefordert werden könnte. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch schon an hinreichenden Darlegungen für die Annahme, dass der Eintritt eines solchen Schadens - gleich in welcher Höhe - auch nur nahegelegen hätte. Zwar mag es grundsätzlich richtig sein, dass Stromhändler Netznutzungsentgelte an Netzverbraucher weiterreichen. Allerdings hat die Klägerin nicht einmal dargelegt, mit welchen Stromlieferanten die C. A. M. GmbH & Co. KG Verträge geschlossen hatte und wie sich jeweils deren Entgelte sowie die Entgelte aus den sog. All-Inclusive-Verträgen der Beklagten zusammensetzten. Eine Darlegung ist insoweit weder entbehrlich noch unzumutbar.

Auch der weitere Einwand der Berufung, die Zedentinnen hätten nach dem hypothetischen Verlauf ohnehin immer den Lieferanten gewählt, der im weitestgehenden Umfang gesunkene Einstandskosten weitergegeben hätte, wenn er dies bei diskriminierungsfreien Netznutzungsentgelten gekonnt hätte, ist spekulativ. Ein solcher allgemeiner Erfahrungssatz besteht nicht, zumal die Stromentgelte, die verschiedene Lieferanten verlangen, nicht nur von den Netznutzungsentgelten abhängig sind. Darüber hinaus impliziert dieser Vortrag auch, dass eben nicht alle Stromlieferanten Einsparungen bei den Netzentgelten in vollem Umfang an die Endverbraucher weitergeben.

2. In der im Vergleichswege erfolgten Vereinbarung von Rückerstattungen liegt auch unabhängig von § 21 Abs. 1 EnWG kein Verstoß gegen das allgemeine kartellrechtliche Diskriminierungsverbot, das § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EnWG zugrunde liegt (Weyer in: Berliner Kommentar zum Energierecht, § 30 EnWG Rn. 80). Dieser Auffassung hat sich nun auch die Klägerin mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 13. Mai 2014 in der Sache angeschlossen.

a) Diese Regelung erfasst jede unterschiedliche Behandlung anderer Unternehmen durch den Netzbetreiber ohne die Einschränkung auf die Gewährung gleicher Entgelte und Bedingungen beim Netzzugang, die § 21 Abs. 1 EnWG zugrunde liegt (Weyer, Rn. 85), lässt aber - anders als § 21 Abs. 1 EnWG - eine sachliche Rechtfertigung unterschiedlicher Behandlungen zu (Weyer, Rn. 87 ff., 91).

Die selektive Gewährung von Rückerstattungen kann unbeschadet des Umstandes, dass sie aufgrund eines ggf. gerichtlichen Vergleichs erfolgen, eine unzulässige Diskriminierung darstellen. Es gibt insoweit kein grundsätzliches Vergleichsprivileg. Allerdings ist ein Vergleich mit objektiv wettbewerbsbeschränkenden Inhalt dann zulässig, wenn ein ernsthafter, objektiv begründeter Anlass zu der Annahme besteht, der begünstigte Vertragspartner habe einen Anspruch auf Unterlassung der durch den Vergleich untersagten Handlungen, sodass bei Durchführung eines Rechtsstreits ernstlich mit dem Ergebnis zu rechnen wäre, dass dem Wettbewerber das umstrittene Vorgehen untersagt werde (BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 14/03, juris Tz. 32; OLG Düsseldorf, Urteile vom 23. Oktober 2013 - U (Kart) 36/13, juris Tz. 17).

Soweit die Beklagte die vorliegend in Frage stehenden Vergleiche zur Vermeidung einer Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB geschlossen hat, steht für den Senat fest, dass diese keinen anderen Hintergrund als den objektiv begründeten Anlass zu der Annahme hatten, dass die jeweils klagenden Netznutzer mit ihren Klagen Aussicht auf Erfolg gehabt haben könnten. Wie die Klägerin zutreffend darlegt, wurden Netznutzungsentgelte ab Mitte des letzten Jahrzehnts in einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren mit Erfolg angegriffen und nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB um 20 % bis 50 % gekürzt. Die Annahme grundsätzlicher Erfolgsaussichten entsprechender Klagen war daher objektiv begründet. Soweit Vergleiche bereits geschlossen worden sein sollten, bevor vergleichbare Klagen Erfolg hatten, bestätigt doch der Ausgang dieser weiteren Verfahren rückblickend, dass objektiv ein begründeter Anlass zum Abschluss eines Vergleiches bestand.

Dieser Wertung steht nicht entgegen, dass im Hinblick auf das § 21 Abs. 1 EnWG zugrunde liegende Transparenz- und Publizitätsgebot die Möglichkeit nachträglicher Verhandlungen, Ausnahmen und Preisnachlässe eingeschränkt ist (Säcker/Meinzenbach, Berliner Kommentar, § 21 EnWG, Rn. 8). Ebenso wie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Ungleichbehandlung verschiedener Netznutzer als Folge einer nachträglichen gerichtlichen Überprüfung der Entgelte hinzunehmen ist (dazu oben, B.IV.1.c)), steht dem Abschluss der vorliegend in Frage stehenden Vergleiche nicht entgegen, dass hiermit nachträglich Ausnahmen von früher geltenden und veröffentlichten Tarifen vereinbart werden und dies zu Ungleichbehandlungen führen kann.

b) Unabhängig davon, dass hiernach ein Ersatzanspruch wegen Verstoßes gegen das allgemeine kartellrechtliche Diskriminierungsverbot insoweit schon dem Grunde nach ausscheidet, scheitert ein aus § 242 BGB folgender Auskunftsanspruch auch daran, dass die bloße Auskunft über den Abschluss und Inhalt der jeweiligen Vergleiche schon nicht ausreichend wäre, um einen solchen Ersatzanspruch darzulegen. Vielmehr müsste - damit die Klägerin aus einer solchen Auskunft Nutzen ziehen könnte - auch Auskunft zu den Hintergründen des jeweiligen Rechtsstreits und den dortigen Erfolgsaussichten begehrt werden. Spätestens diese ginge jedoch über den Umfang hinaus, innerhalb dessen eine Auskunft unschwer erteilt werden kann, was Voraussetzung für einen solchen Auskunftsanspruch ist (Grüneberg, aaO., Rn. 4 m. w. N.).

3. Ein Ersatzanspruch folgt schließlich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB, i. V. m. § 263 StGB. Der Senat nimmt insoweit zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung (LGU 9) Bezug. Die Angriffe der Berufung greifen nicht durch. Da Rückerstattungen von in der Vergangenheit zu viel gezahlten Entgelten keinen Umstand darstellen, der bei der Entgeltbildung zu berücksichtigen wäre, spricht nichts dafür, dass Stromhändler oder andere Netznutzer erwarteten, dass derartige Rückerstattungen veröffentlicht würden oder die veröffentlichten Tarife unter Berücksichtigung solcher früheren Rückerstattungen gebildet wären.

Anhaltspunkte für eine manipulative Entgeltbildung bestehen nicht.

4. Ebenfalls bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen für den Netzzugang gefordert hätte, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben hätten. Auch ein Ersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 5 EnWG greift daher nicht.

V.

Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ist die betreffend die Zedentinnen B. Holding GmbH und B.-G. GmbH erhobene Stufenklage insgesamt und nicht nur betreffend den Auskunftsanspruch abzuweisen, weil schon feststeht, dass dem geltend gemachten Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt.

VI.

Ob die Beklagte heute überhaupt noch passivlegitimiert sein kann, nachdem sie den Netzbetrieb zum 31. Dezember 2006 aufgegeben hat, kann nach allem dahinstehen. Diese Verhältnisse verdeutlichen jedoch die Problematik der Auffassung der Klägerin. Hiernach wäre die Beklagte auch nach Aufgabe des Netzbetriebes gegebenenfalls verpflichtet, im Vergleichswege erfolgte Rückerstattungen zu veröffentlichen. Zudem wäre es ihr nach dem Ende ihres Netzbetriebs nicht möglich, auf die Vergangenheit bezogene Ungleichbehandlungen durch eine Umstellung des Tarifsystems für die Zukunft entsprechend dem Verständnis der Klägerin von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2011 (KZR 18/10, juris, Tz. 22) zu kompensieren.

VII.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Vor dem Hintergrund der in Bezug genommenen Erwägungen in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 2011 (KZR 18/10) und vom 15. Mai 2012 (EnZR 105/10) haben die hier aufgeworfenen Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung.