Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 02.07.1998, Az.: SS 283/98
Beweismittel durch früher ergangene Urteile und Erklärungen von Zeugen; Erforderlichkeit der Verlesung der Urteile im Rahmen der Beweisaufnahme zu Beweiszwecken; Ausreichen des Verlesens des erstinstanzlichen Urteils im Rahmen der Berichterstattung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 02.07.1998
- Aktenzeichen
- SS 283/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 28970
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1998:0702.SS283.98.0A
Rechtsgrundlagen
- § 324 Abs. 1 StPO
- § 249 StPO
Amtlicher Leitsatz
Die Verlesung des erstinstanzlichen Urteils gemäß § 324 Abs. 1 StPO kann nicht zugleich als Teil der Beweisaufnahme verwendet werden.
Gründe
Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls ist der frühere Mitangeklagte Sascha Urban nicht als Zeuge vernommen worden. Die Feststellung des Landgerichts, dass er nicht Eigentümer der Schlüssel war, beruht erkennbar auf dem Inhalt des in der Hauptverhandlung im Rahmen des Vortrags über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens gemäß § 324 Abs. 1 StPO verlesenen erstinstanzlichen Urteils. Die Verwertung des so in die Hauptverhandlung eingeführten Urteils zu Beweiszwecken war unzulässig. Zwar können früher ergangene Urteile ein Beweismittel dafür sein, dass ein Zeuge seinerzeit eine bestimmte, in den Urteilsgründen wiedergegebene, Erklärung abgegeben hat. Die Urteile sind dann aber im Rahmen der Beweisaufnahme zu Beweiszwecken zu verlesen. Hier ist das erstinstanzliche Urteil lediglich gemäß § 324 Abs. 1 StPO im Rahmen der Berichterstattung verlesen worden. Dabei handelt es sich nicht um einen Teil der Beweisaufnahme. Der Vortrag dient lediglich dazu, die Prozessbeteiligten über den bisherigen Verfahresverlauf zu unterrichten und Inhalt, Umfang und Ziel des Rechtsmittels klarzustellen, hingegen nicht zur Feststellung des Sachverhalts. Das Urteil der ersten Instanz hätte deshalb nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur erneut - auszugsweise - nach § 249 StPO zu Beweiszwecken verlesen werden müssen (RGSt 61, 287; BayObLGSt 1958, 84, 88; OLG Hamm NJW 1974, 1880 [OLG Hamm 10.07.1974 - 4 Ss 287/74]; OLG Schleswig SchlHA 1986, 107; KK/Ruß, StPO, 3. Auflage, § 324, Rn. 6; Kleinknecht/Meyer-Goßner, 43. Auflage, § 324, Rn. 5; KMR/Paulus, § 324, Rn. 5, 9; LR/Gollwitzer, 24. Auflage, § 324, Rn. 21).