Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 29.07.1998, Az.: 1 WS 336/98
Zulässigkeit der nachträglichen Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots außerhalb der Hauptverhandlung ohne Mitwirkung der Schöffen; Anfechtbarkeit der Anordnung nach Einlegung der Revision
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 29.07.1998
- Aktenzeichen
- 1 WS 336/98
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 28921
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1998:0729.1WS336.98.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OLG Oldenburg - 29.07.1998 - AZ: 1 Ws 344/98
- BGH - 04.09.1998 - AZ: 2 ARs 379/98
Rechtsgrundlagen
- § 70 StGB
- § 304 Abs.1 StPO
- § 305 S. 2 StPO
- § 76 Abs. 1 S. 2 GVG
Amtlicher Leitsatz
Die Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots im Anschluss an die Hauptverhandlung ist grundsätzlich nicht anfechtbar. Die Entscheidung ist auch ohne Schöffenmitwirkung zulässig.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Rechtliches Gehör ist nicht nachzuholen. Es ist dem Angeklagten durch das Nichtabhilfeverfahren vor dem Landgericht und durch das Beschwerdeverfahren gewährt worden.
Die Anordnung eines vorläufigen Berufsverbots ist gemäß § 304 Abs.1,305 S.2 StPO grundsätzlich mit der Beschwerde anfechtbar. Hierfür ist jedoch dann kein Raum mehr, wenn die Strafkammer in ihrem Urteil ein Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt und der Angeklagte gegen dieses Urteil Revision eingelegt hat. Nach Erlass des letzten tatrichterlichen Urteils findet eine weitere Prüfung des Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht nicht mehr statt. Die Frage, ob dringende Gründe i.S.d. § 132a StPO vorliegen, hängt anschließend nur noch davon ab, ob das Urteil hinsichtlich des Berufsverbots nach § 70 StGB unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten Bestand hat. Diese Prüfung obliegt ausschließlich dem Revisionsgericht, hier also dem Bundesgerichtshof. Eine auch nur eingeschränkte Prüfung nach revisionsrechtlichen Kriterien im Beschwerdeverfahren wäre eine Vorwegnahme der Entscheidung des Revisionsgerichts. Eine gesonderte Beschwerde gegen ein vorläufiges Berufsverbot ist demgemäß während des Revisionsverfahrens nicht zulässig (vgl. zu dem gleichgelagerten Fall des § 111a StPO : OLG Hamm MDR 1996,954 [OLG Hamm 17.05.1996 - 2 Ws 187/96]; OLG Brandenburg VRS 91,181; OLG Düsseldorf VRS 90,45;NZV 1991,165; KG VRS 38,127;Hentschel,Fahrverbot/Führerscheinentzug,8.Aufl., Bd.I Rn246;Kleinkn echt/Meyer-Goßner,StPO,43.Aufl.,§ 111a Rn.19;LR/Schäfer,StPO,24.Aufl.,§ 111a Rn.88; Senatsbeschluss vom 19.Februar 1997-1 Ws 249/96 zu § 132a StPO; a.A. OLG Frankfurt NStZ-RR 1996,205;OLG Schleswig NZV 1995,238 m.abl.Anm. Schwarzer).
Abweichend von der Regel ergibt sich eine Zulässigkeit der Beschwerde hier auch nicht daraus, dass das vorläufige Berufsverbot nachträglich außerhalb der Hauptverhandlung angeordnet worden ist. Allerdings war die Mitwirkung der Schöffen bei der Entscheidung ausgeschlossen, §§ 30,76 Abs.1 Satz 2 GVG. Deren Tätigkeit endete mit der Urteilsverkündung. Die Berufsrichter der erkennenden Kammer haben aber das vorläufige Berufsverbot mit ihrer Nichtabhilfeentscheidung ausdrücklich aufrechterhalten und es dadurch zugleich erneut beschlossen. Daran waren sie rechtlich nicht gehindert. Die Entscheidung über das vorläufige Berufsverbot gehört nicht zu dem unantastbaren Kernbereich der Schöffenbeteiligung. Die Anordnung kann grundsätzlich vor, während und nach der Hauptverhandlung getroffen werden. Sie ist auch während des Revisionsverfahrens nicht ausgeschlossen, wenn im tatrichterlichen Urteil ein Berufsverbot ausgesprochen worden ist ( vgl. Löwe-Rosenberg/Hanack,StPO,25.Aufl.,Rn 6 und 9 zu § 132 a).Dafür, dass eine Entscheidung unter Mitwirkung der Schöffen in der Hauptverhandlung bewusst vermieden werden sollte, besteht vorliegend kein Anhalt. Vielmehr liegt es nahe, dass sie unterblieben ist, weil ein entsprechender Antrag der Staatsanwaltschaft nicht vorlag.