Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 15.07.1998, Az.: 1 VAS 12/98

Antrag des Verurteilten auf Zurückstellung der Vollstreckung der Reststrafe ; Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines bewilligten Zurückstellungsbescheids durch die Staatsanwaltschaft; Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Staatsanwaltschaft

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
15.07.1998
Aktenzeichen
1 VAS 12/98
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1998, 28955
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1998:0715.1VAS12.98.0A

Amtlicher Leitsatz

Der Widerruf einer Zurückstellung gemäß § 35 BtmG verbunden mit einer Ablehnung kann durch eine Anrufung des erstinstanzlichen Gerichts angefochten werden.

Gründe

1

Am 15. Februar 1998 hat der Verurteilte die Zurückstellung der Vollstreckung der Reststrafe gemäß § 35 BtMG beantragt und eine Bescheinigung der ,Suchthilfe - Hof Fleckenbühl" in Cölbe vorgelegt, wonach er dort ab dem 28. April 1998, d.h. an dem Tage, an dem die Voraussetzung des § 35 Abs. 3 Nr. 2 BtMG erfüllt wäre, eine stationäre Therapie beginnen könne. Nach Erteilung der Zustimmung des Vorsitzenden des Schöffengerichts hat die Staatsanwaltschaft die Vollstreckung der Reststrafe durch Bescheid vom 30. März 1998 antragsgemäß nach § 35 BtMG zurückgestellt. Der Bescheid ist dem Verurteilten am 1. April 1998 zugestellt worden.

2

Am 20. April 1998 ging bei der Staatsanwaltschaft ein Schreiben der Ausländerbehörde der Stadt Düsseldorf ein, in dem diese darauf hinwies, dass eine sofort vollziehbare Ausweisungsverfügung gegen den Verurteilten vorliege und man beabsichtige, diesen nach Entlassung aus der Haft abzuschieben. Daraufhin hob die Staatsanwaltschaft am 22. April 1998 ihren Zurückstellungsbescheid vom 30. März 1998 auf und lehnte eine Zurückstellung ab, weil wegen der geplanten Abschiebung die Durchführung der Entzugstherapie nicht gesichert sei.

3

Gegen diese Entscheidung richtet sich die, am 14. Mai 1998 bei der Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg eingegangene, Beschwerde des Verurteilten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierin einen Antrag nach § 35 Abs. 2 BtMG i.V.m. §§ 23ff EGGVG gesehen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass es eines Vorschaltverfahrens gemäß § 21 StrVollstrO nicht bedürfe und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

4

Der Senat ist zur Entscheidung über die Beschwerde nicht zuständig.

5

Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts nach § 35 Abs. 2 S. 2 BtMG i.V.m. §§ 23 ff EGGVGüber die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Zurückstellung durch die Staatsanwaltschaft bzw. der von der Generalstaatsanwaltschaft auf die Vorschaltbeschwerde nach § 21 StrVollstrO getroffenen Entscheidung kommt nur in Fällen in Betracht, in denen die Vollstreckungsbehörden den Zurückstellungsantrag von vorherein negativ beschieden haben.

6

Ist dem Verurteilten hingegen antragsgemäß die Zurückstellung der Vollstreckung bewilligt worden und ist dieser Justizverwaltungsakt durch Zustellung wirksam geworden, so kann dieser Bescheid gegen den Willen des Verurteilten nur aus den in § 35 Abs. 5 und 6 BtMG abschließend aufgezählten Gründen widerrufen werden. § 35 Abs. 5 BtMG ist auch anwendbar, wenn Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass der Verurteilte die Behandlung nicht beginnen oder zumindest nicht wie vorgesehen durchführen kann - wie hier - in der Zeit zwischen dem Wirksamwerden des Zurückstellungsbeschlusses und dem Beginn der Zurückstellung bekannt werden. Der Sache nach handelt es sich auch in einem solchen Fall - ungeachtet der Bezeichnung als Aufhebung bei gleichzeitiger Ablehnung des Zurückstellungsantrages - um einen Widerruf. Zur Entscheidung über eine gegen den Widerruf eingelegte Beschwerde ist gemäß § 35 Abs. 7 S. 2 BtMG das Gericht des ersten Rechtszuges, mithin hier das Schöffengericht Nordhorn - zuständig.