Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 31.05.2012, Az.: 14 UF 22/12

Wirksamkeit eines im Verfahren auf Kindes- und Trennungsunterhalt protokollierten Vergleichs über den nachehelichen Unterhalt

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
31.05.2012
Aktenzeichen
14 UF 22/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 17844
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2012:0531.14UF22.12.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 26.02.2014 - AZ: XII ZB 365/12

Fundstellen

  • FF 2013, 171-172
  • FamRZ 2013, 385-387
  • NJW-Spezial 2012, 518

Amtlicher Leitsatz

§ 1585 c BGB steht der Wirksamkeit eines im Verfahren zum Kindes- und Trennungsunterhalt geschlossenen gerichtlichen Vergleichs mit einer umfassenden Regelung über das Vermögen und den nachehelichen Unterhalt nicht entgegen.

Redaktioneller Leitsatz

»§ 1585 c BGB steht der Wirksamkeit eines im Verfahren zum Kindes- und Trennungsunterhalt geschlossenen gerichtlichen Vergleichs mit einer umfassenden Regelung über das Vermögen und den nachehelichen Unterhalt nicht entgegen.«

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels der Scheidungsverbundbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nordenham vom 22. Dezember 2011 aufgehoben und als Teilbeschluss wie folgt neu gefasst:

1. Die Anträge der Antragsgegnerin auf Verpflichtung des Antragstellers zur Erteilung einer Auskunft in den Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich werden abgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussbeschluss vorbehalten.

Im Umfang der Aufhebung und zum Kostenpunkt wird das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Verfahrenswert für die Beschwerde wird festgesetzt auf bis zu 25.000 €.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

I. Die Beteiligten haben am ... 1995 die Ehe geschlossen und leben seit September 2009 getrennt. Aus der Ehe sind die Kinder D...B..., geb. am ...1996 und P... B..., geb. am ...1999 hervorgegangen. Während D... im Haushalt des Vaters lebt, wohnt P... bei der Mutter. Der Antragsteller arbeitet als Fahrzeugbauer bei der Firma P...in N...; die Antragsgegnerin ist als Postzustellerin bei der Deutschen Post AG mit 19,25 Wochenstunden berufstätig. Noch vor Anhängigkeit der Ehesache haben die Beteiligten mit gerichtlich protokolliertem Vergleich vom 17. August 2010 im Verfahren auf Kindes- und Trennungsunterhalt (4 F 36/10 UEUK AG Nordenham) auch zu den Fragen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich Vereinbarungen getroffen. In diesem Vergleich haben sie wechselseitig auf die Zahlung nachehelichen Unterhalts verzichtet. Der Vater der beiden Kinder hat sich für die seiner Zeit im Haushalt der Mutter lebenden Kinder zur Zahlung von Barunterhalt verpflichtet. Für den Fall, dass die beiden Kinder zukünftig nicht bei demselben Elternteil ihren Aufenthalt nehmen, haben sich die Eheleute zur jeweiligen Freistellung des anderen Elternteils verpflichtet. Außerdem hat die Antragsgegnerin ihr Miteigentum am bisherigen Familienheim in S..., ...(Grundbuch von S... Blatt ...) auf den Antragsteller übertragen. Im Gegenzug hat der Antragsteller die Antragsgegnerin von allen im Zusammenhang mit der Errichtung des Familienheims aufgenommen Fremdmitteln im Außenverhältnis freigestellt und die Rückführung der Fremdmittel im Innenverhältnis übernommen. Gleichzeitig haben die Beteiligten den gesetzlichen Güterstand aufgehoben, Gütertrennung vereinbart und sich darauf verständigt, dass ein in der Ehe erzielter Zugewinn hinsichtlich des Hausgrundstücks nicht ausgeglichen werden soll. Wegen des genauen Wortlauts des Vergleichs wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Verhandlung im Verfahren 3 F 36/10 UEUK Amtsgericht Nordenham verwiesen.

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Die Antragsgegnerin hat im Scheidungsverbundverfahren gleichwohl beantragt, den Antragsteller im Stufenverfahren in der Folgesache nachehelicher Unterhalt zu verpflichten, über sein Einkommen Auskunft zu erteilen und Belege dazu vorzulegen sowie in der Folgesache Zugewinnausgleich Auskunft über sein Endvermögen zum 28. Februar 2011, dem Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages, zu erteilen. Außerdem haben beide Beteiligte in der Folgesache Haushaltssache wechselseitig die Herausgabe verschiedener Gegenstände verlangt und übereinstimmend die Scheidung ihrer Ehe begehrt.

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Das Amtsgericht - Familiengericht - Nordenham hat durch Beschluss vom 22. Dezember 2011 im Verbundverfahren die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt, zur Folgesache Haushaltssache eine Entscheidung getroffen und die Anträge der Antragsgegnerin auf Verpflichtung des Antragstellers zur Erteilung einer Auskunft in den Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich abgewiesen.

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Zur Begründung hat das Familiengericht zur Folgesache nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich im Wesentlichen ausgeführt, der Stufenantrag der Antragsgegnerin in den jeweiligen Folgesachen unterliege der Abweisung, weil sich bereits bei der Prüfung des Auskunfts- und Belegvorlageanspruchs ergebe, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehle. Der im Trennungsunterhaltsverfahren geschlossene Vergleich zum Ausschluss des Anspruchs auf Zahlung nachehelichen Unterhalts erweise sich als wirksam. Soweit gemäß § 1585 c Satz 2 BGB eine Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt vor der Rechtskraft der Scheidung der notariellen Beurkundung bedürfe, stehe diese Regelung der Wirksamkeit des gerichtlichen Vergleichs vom 17. August 2010 nicht entgegen. Denn nach §§ 1585 c Satz 3, 127 a BGB werde die notarielle Beurkundung bei einem gerichtlichen Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes Protokoll ersetzt. Soweit § 1585 c Satz 3 BGB dies für gerichtliche Vergleiche vorsehe, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert worden seien, folge daraus vorliegend nichts anderes. Der Wortlaut dieser Regelung sei nur als Absicherung und Klarstellung des Anwendungsbereichs von § 127 a BGB zu verstehen. Dies sei auch aufgrund eines Vergleich mit der schon seit dem 01.07.1977 in Kraft getretenen güterrechtlichen Regelung in § 1378 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB zu erkennen. Danach bedürfe eine Vereinbarung, die die Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet sei, für den Fall der Auflösung der Ehe über den Ausgleich des Zugewinns treffen, der notariellen Beurkundung. § 127 a BGB finde jedoch auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert werde. Diese vergleichbare gesetzliche Regelung habe der Bundesgerichtshof bereits durch Urteil vom 16. Dezember 1982 (IX ZR 90/81 = FamRZ 1983, 157-160) dahin ausgelegt, dass Ehegatten vor der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens eine Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns für eine beabsichtigte Scheidung treffen können, sofern sie die Form des § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB einhalten. Dazu habe der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Ehegatten in jedem Fall vor unbedachten Abmachungen ohne Beratung durch einen unparteiischen Rechtskundigen ausreichend geschützt seien, wenn eine derartige Vereinbarung in jedem Fall der notariellen oder gerichtlichen Beurkundung bedürfe. Für die wortgleiche Regelung in § 1585 c Satz 3 BGB zum nachehelichen Unterhalt könne nichts anderes gelten. Hinzukomme, dass sich seit dem 01.09.2009 die Ehegatten vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht in Ehesachen und in Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (§ 114 Abs. 1 FamFG). Auch schon dadurch sei ein hinreichender Schutz der Eheleute vor übereilten und nicht ausreichend durchdachten Regelungen durch die notwendige anwaltliche Vertretung gewährleistet. Die ebenfalls im Vergleich vom 17. August 2010 geschlossene Regelung zum Kindesunterhalt zeige kein anderes Ergebnis auf. Soweit sich die zwischen den Beteiligten geschlossene Freistellungsvereinbarung zum Kindesunterhalt als unwirksam erweise, führe diese Teilnichtigkeit nicht zur Nichtigkeit der gesamten Vereinbarung. Weil sich die Vereinbarung zur Aufhebung des gesetzlichen Güterstands und zur Gütertrennung als wirksam erweise, unterliege auch der Antrag auf Verpflichtung des Antragstellers zur Erteilung einer Auskunft in der Folgesache Zugewinnausgleich der Abweisung. Ob ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zum Stichtag 17. August 2010, dem Zeitpunkt der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes, bestehe, könne dahinstehen. Wegen der weitergehenden Ausführungen des Familiengerichts wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

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Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte und fristgerecht begründete Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie wendet sich materiell dagegen, dass ihre Stufenanträge in den Scheidungsfolgesachen Unterhalt und Güterrecht abgewiesen wurden und rügt die vorzeitige Auflösung des Verbundes. Über beide Stufenanträge habe gesondert verhandelt und durch Teilbeschluss entschieden werden müssen. Zudem erweise sich die Abweisung der Auskunftsansprüche in den Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich als rechtswidrig. Denn der im Trennungsunterhaltsverfahren am 17. August 2010 protokollierte gerichtliche Vergleich sei wegen Nichteinhaltung der gesetzlich vorgeschrieben Form nichtig. Hierfür streite schon die klare gesetzliche Formulierung in § 1585 c Satz 3 BGB. Danach sei nur ein in einem Verfahren in Ehesachen protokollierter Vergleich über den nachehelichen Unterhalt als die notarielle Form ersetzend anzunehmen. Zweck der Formvorschrift sei es, durch die gesetzlich geforderte Mitwirkung eines Notars die Beteiligten vor übereilten Erklärungen zu bewahren. Vorliegend sei die Vereinbarung aber in einem Verfahren auf Regelung des Kindes- und Trennungsunterhalts gerichtlich protokolliert worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Ehesache noch nicht anhängig gewesen. Der Scheidungsantrag des Antragstellers datiere erst vom 21. Dezember 2010 und sei am 28. Februar 2011 zugestellt worden. Der gerichtliche Vergleich sei jedoch schon am 17. August 2010 im Vorverfahren geschlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe jedenfalls für die Antragsgegnerin noch keine Veranlassung bestanden, sich gedanklich mit den Scheidungsfolgen auseinanderzusetzen und diesbezüglich beraten zu lassen. Die Nichtigkeit der Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt mit dem umfassenden Unterhaltsverzicht erfasse den am 17. August 2010 protokollierten Vergleich insgesamt und damit auch die güterrechtliche Regelung. Alle Regelungen sollten miteinander stehen und fallen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Scheidungsverbundbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nordenham vom 22. Dezember 2011 aufzuheben und

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1. den Antragssteller zu verpflichten, der Antragsgegnerin Auskunft zu erteilen über sein Vermögen und sein im Jahre 2011 erzieltes Einkommen sowie die Auskünfte zu belegen durch Vorlage seiner vollständigen Gehaltsabrechnungen aus 2011 und des ihm für das Kalenderjahr 2011 erteilten Steuerbescheides, hilfsweise einer Kopie der von ihm für 2011 abgegebenen Steuererklärung und des ihm für 2010 erteilten Steuerbescheides sowie den Antragsgegner ab Rechtskraft der Scheidung zur Zahlung einer monatlich im Voraus fälligen Unterhaltsrente zu verpflichten, deren Höhe nach erteilter Auskunft beziffert wird;

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2. den Antragsteller zu verpflichten, der Antragsgegnerin Auskunft über sein Endvermögen am 28.02.2011 zu erteilen durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses über seine Aktivposten und Schuldposten und ihn zu verpflichten, an die Antragsgegnerin einen Zugewinnausgleich zu zahlen, dessen Höhe nach erteilter Auskunft beziffert wird.

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Der Antragsteller beantragt,

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Zurückweisung der Beschwerde.

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Er verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe seiner Beschwerdeerwiderung.

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Die Akte 4 F 36/10 UEUK Amtsgericht Nordenham lag dem Senat vor und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

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II. 1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin erweist sich nach §§ 58 ff. FamFG als zulässig. Dies gilt auch im Hinblick auf den Antrag zur Aufhebung des Scheidungsverbundbeschlusses. Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeschrift vom 24.01.2012 ausdrücklich das Rechtsmittel beschränkt als Angriff gegen die Scheidungsfolgen Unterhalt und Güterrecht, steht dieser Umstand dem Erfolg des Antrags auf Aufhebung des Verbundbeschlusses nicht entgegen. Denn mit dem Aufhebungsantrag will die Antragsgegnerin nur den Verbund wiederherstellen und führt keinen sachlichen Angriff gegen den Scheidungsausspruch sowie gegen die Folgesachen Versorgungsausgleich und Haushaltssache. Der Antrag auf Aufhebung des Verbundbeschlusses stellt sich deshalb nur als Annex zum Rechtsmittel gegen die Folgesachen Unterhalt und Güterrecht dar.

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2. Soweit sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde gegen die Abweisung ihrer Anträge auf Verpflichtung des Antragstellers zur Erteilung von Auskünften in den Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich wendet, ist ihr Rechtsmittel in der Sache nicht begründet. Der zwischen den Beteiligten im Verfahren 4 F 36/10 UEUK Amtsgericht Nordenham am 17. August 2010 geschlossene gerichtliche Vergleich erweist sich als formwirksam. Auch andere Gründe stehen der Wirksamkeit dieser Vereinbarung nicht entgegen.

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a) Zutreffend führt die Antragsgegnerin mit ihrem Rechtsmittel jedoch aus, dass zur Frage der Auslegung von § 1585 c BGB noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist und in der Literatur und Instanzenrechtsprechung zur Auslegung dieser Vorschrift uneinheitliche Meinungen vertreten werden. Nach einer Ansicht soll entsprechend der wörtlichen Auslegung ein gerichtlich protokollierter Vergleich gemäß §§ 1585 c Satz 3, 127 a BGB nur dann die in § 1585 c Satz 2 BGB gesetzlich geforderte notarielle Beurkundung ersetzen, wenn diese Vereinbarung in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird mit der Folge, dass in einem Verfahren zum Trennungsunterhalt kein wirksamer gerichtlicher Vergleich zum nachehelichen Unterhalt abgeschlossen werden könne (Bergschneider, FamRZ 2008, Seite 17, 18; derselbe in DNotZ 2008, 105; Kleffmann, FuR 2009, Seite 150; Büte, FuR 2008, Seite 178; Göppinger/Kilger/Pfeil, Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung, 5. Teil, Rn. 29, 30, 9. Aufl. 2009; wohl auch Kleffmann in Prütting/Wegen/Weinreich, Rn. 2 zu § 1585 c BGB, 6. Aufl. 2011). Die andere Ansicht dagegen betrachtet § 1585 c Satz 3 BGB nur als Klarstellung für die grundsätzliche Regelung, dass die vom Gesetz geforderte notarielle Beurkundung bei einem gerichtlichen Vergleich stets durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes Protokoll ersetzt wird (OLG Oldenburg, Beschluss vom 1. Juni 2011, 12 W 143/11 = FamRZ 2011, 1738-1739 zur Frage, ob im Trennungsunterhaltsverfahren ein gerichtlicher Vergleich zum nachehelichen Unterhalt mit Übertragung eines Miteigentums an einem Hausgrundstück formwirksam ist); Borth in Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Rn. 1433 zu Teil IV; 6. Aufl. 2010; Maurer in Münchener Kommentar, Rn. 9, 10 zu § 1585 c BGB, 5. Aufl. 2010; Wönne in Wendl/Staudigl/Dose, Rn. 612 zu § 6, 8. Aufl. 2011 unter Aufgabe der noch in der Vorausgabe vertretenen Auffassung; Billhardt, FamRZ 2008, Seite 748; wohl auch Palandt/Brudermüller, Rn. 5 zu § 1585 c BGB, 71. Aufl. 2012 mit Hinweis auf die Erfordernisse in der Praxis; vgl. zum Meinungsstand auch Steiniger/Viefhues FPR 2009, Seite 114 ff.).

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b) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Rechtsauffassung an.

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§ 1585 c BGB wurde durch Gesetz vom 21.12.2007 mit Wirkung vom 01.01.2008 dahin geändert, dass ein zweiter und dritter Satz angefügt wurden (Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes vom 21.12.2007, BGBl. I S. 3189). Im ursprünglichen Regierungsentwurf war mit der Änderung von § 1585 c BGB nur die Anfügung eines zweiten Satzes vorgesehen (BT-Drucksache 16/1830, Seite 22). Zweck der mithin mit dieser Änderung vorgesehenen notariellen Beurkundung einer Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt, die vor Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, war der Schutz des Ehegatten, der sich in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet. Durch die Mitwirkung eines Notars sollte die fachkundige und unabhängige Beratung der Vertragsschließenden sichergestellt werden, um sie vor übereilten Erklärungen zu bewahren und ihnen die rechtliche Tragweite ihrer Vereinbarungen vor Augen zu führen (BT-Drucksache 16/1830, Seite 22). Erst durch die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages wurde die Vorschrift um den dritten Satz erweitert (vgl. BT-Drucksache 16/6980, Seite 9). Zur Begründung dazu wird ausgeführt:

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"Mit der Änderung wird ein weiterer, dritter Satz angefügt, so dass die neue Vorschrift insgesamt drei Sätze umfasst. Durch die Anfügung des dritten Satzes soll - parallel zu § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB beim Zugewinnausgleich und zu § 1587o Abs. 2 Satz 1, 2 BGB beim Versorgungsausgleich - sichergestellt werden, dass außer einem Prozessvergleich von den Parteien auch eine formwirksame Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt in einem Verfahren in Ehesachen im Wege der Protokollierung durch das Prozessgericht abgeschlossen werden kann. Damit soll Rechtssicherheit geschaffen werden für den in der forensischen Praxis nicht seltenen Fall, in dem die Ehegatten in einer Ehesache das Gericht um Protokollierung einer zuvor getroffenen Einigung, beispielsweise eines Unterhaltsverzichts, ersuchen, ohne dass eine Unterhaltssache anhängig ist oder dass Streit oder Ungewissheit über den Unterhalt durch gegenseitiges Nachgeben ausgeräumt wird."

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Die eigentliche gesetzgeberische Begründung zielt also gerade auf den Fall ab, dass in einer Ehesache eine Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt vereinbart werden soll, ohne dass die Folgesache Unterhalt bereits im Verbund anhängig gemacht wurde. Für diesen - in der Praxis vor den Familiengerichten nicht seltenen Fall - sollte eine Rechtssicherheit dafür geschaffen werden, dass auch dann eine gerichtliche Protokollierung die notwendige notarielle Beurkundung ersetzen kann. Keineswegs war damit gemeint, dass auf eine Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt, die außerhalb eines Eheverfahrens abgeschlossen wird, § 127 a BGB keine Anwendung finden soll. Im Gegenteil: Der Regierungsentwurf ging von einer Gleichwertigkeit eines nach § 127 a BGB gerichtlich protokollierten Vergleichs aus. Hätte der Rechtsausschuss die bis dahin nicht in Frage gestellte Auffassung des Gesetzesentwurfs einschränken wollen, so hätte dies ausdrücklich begründet werden müssen (Wönne in Wendl/Staudigl/Dose, Rn. 612 zu § 6, 8. Aufl. 2011). Auch die Bezugnahme in den Gründen der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages auf die vergleichbare Regelung in § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB beim Zugewinnausgleich bestätigt diese Auslegung. Denn wie das Familiengericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Bundesgerichtshof bereits durch Urteil vom 16.12.1982 (IX ZR 90/81 = FamRZ 1983, 157-160) ausgeführt, § 1378 Abs. 2 Satz 3 BGB sei dahin auszulegen, dass Ehegatten bereits vor der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens eine Vereinbarung über den Ausgleich des Zugewinns für eine beabsichtigte Scheidung treffen können, sofern sie die Form des § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB einhalten. Wenn eine derartige Vereinbarung in jedem Fall der notariellen oder gerichtlichen Beurkundung bedürfe, seien die Ehegatten vor unbedachten Abmachungen ohne Beratung durch einen unparteiischen Rechtskundigen ausreichend geschützt (BGH aaO.).

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Aber selbst ohne Berücksichtigung dieser Entstehungsgeschichte rechtfertigt sich insbesondere seit dem 01.09.2009 keine andere Auslegung des § 1585 c BGB. Durch das zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretene neue Verfahrensrecht wird gewährleistet, dass sich die Ehegatten vor dem Familiengericht in Ehesachen und Folgesachen und die Beteiligten in selbständigen Familienstreitsachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (§ 114 Abs. 1 FamFG). Damit ist in Verfahren zum Trennungsunterhalt entgegen der bis dahin geltenden gesetzlichen Regelung (§ 78 Abs. 2 ZPO a.F.) immer eine anwaltliche Vertretung der Beteiligten gewährleistet, wie auch das Familiengericht zutreffend ausgeführt hat. Auch im Vorverfahren 4 F 36/10 UEUK AG Nordenham war eine umfassende anwaltliche Beratung der Antragsgegnerin gewährleistet. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat offenbar wurde, hat die Antragsgegnerin im Vorverfahren zunächst eine umfassende Vergleichsbereitschaft geäußert. Daraufhin fand dann während einer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung eine mehrstündige Besprechung zwischen Antragsgegnerin und ihrem damaligen Verfahrensbevollmächtigten statt. Im Rahmen der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung erfolgte erst danach die Protokollierung des geschlossenen gerichtlichen Vergleichs.

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Aus diesen Gründen hat das Familiengericht zu Recht entschieden, dass die im Verfahren zum Kindes- und Trennungsunterhalt (4 F 36/10 UEUK Amtsgericht Nordenham) am 17. August 2010 geschlossene Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt in der durch das Gesetz vorgesehenen Form eines gerichtlich protokollierten Vergleichs der äußeren Form nach wirksam zustande gekommen ist.

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3. Etwas anderes ergibt sich auch nicht dadurch, dass die Beteiligten zum Kindesunterhalt unter bestimmten Voraussetzungen eine gegenseitige Freistellungserklärung abgegeben haben. Zwar kann auf Kindesunterhalt für die Zukunft nicht wirksam verzichtet werden (§ 1614 Abs. 1 BGB). Eine Freistellungsvereinbarung zwischen den Eltern betrifft das Innenverhältnis, lässt den Unterhaltsanspruch des Kindes unberührt und führt nur zum Anspruch auf Erstattung des gleichwohl in Anspruch genommenen Elternteils (vgl. dazu Palandt/Brudermüller, Rn. 19 zu § 1606 BGB m.w.N.).

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4. Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der im Verfahren zum Kindes- und Trennungsunterhalt (4 F 36/10 UEUK Amtsgericht Nordenham) am 17. August 2010 geschlossenen Vereinbarung zum Zugewinnausgleich. Insoweit stellt sich der gerichtlich protokollierte Vergleich als Ehevertrag zur Aufhebung des gesetzlichen Güterstandes dar (§§ 1408 Abs. 1, 1414 BGB). Die notwendige Form zur Niederschrift eines Notars bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile (§ 1410 BGB) wurde gewahrt. Auch insoweit wird die notarielle Beurkundung bei einem gerichtlichen Vergleich durch die Aufnahme der Erklärungen in ein nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung errichtetes Protokoll ersetzt (§ 127 a BGB).

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Zwar waren anlässlich der nichtöffentlichen mündlichen Verhandlung im Verfahren 4 F 36/10 UEUK AG Nordenham nicht beide Eheleute persönlich anwesend. Die vom Gesetz geforderte gleichzeitige Anwesenheit ist jedoch nicht gleichbedeutend mit persönlicher Anwesenheit, weshalb eine Stellvertretung durch einen Bevollmächtigten möglich ist. Die Vollmacht zum Abschluss eines Ehevertrages bedarf nicht der zum Abschluss des Ehevertrages erforderlichen Form (BGH, Urteil vom 01.04.1998, XII ZR 278/96 = FamRZ 1998, 902-905).

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Dieser von den Beteiligten vereinbarte Ausschluss des gesetzlichen Güterstandes gilt aber nur für die Zukunft, schließt also den Ausgleich des bisher erzielten Zugewinns nicht aus. Weil die Beteiligten nur teilweise den Zugewinnausgleich durch eine modifizierte Regelung insoweit ausgeschlossen haben, als ein Zugewinn in Bezug auf das Hausgrundstück ausgeschlossen werden soll, verbleibt den Beteiligten ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft zum Stichtag 17. August 2010, dem Zeitpunkt des Ausschlusses des gesetzlichen Güterstandes. Weil die Antragsgegnerin aber eine Auskunft zum Stichtag 28. Februar 2011 und damit zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages begeht, war ihr Auskunftsantrag abzuweisen. Auf die Möglichkeit, die Auskunft zum Stichtag 17. August 2010 hilfsweise beantragen zu können, hat der Senat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen. Gleichwohl hat die Antragsgegnerin hiervon keinen Gebrauch gemacht.

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5. Sachliche Gründe, die gegen die Wirksamkeit des protokollierten Vergleichs sprechen könnten, werden von der Antragsgegnerin nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich.

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6. Dagegen erweist sich die Beschwerde der Antragsgegnerin als begründet, soweit sie zur Wiederherstellung des Scheidungsverbundes eine Aufhebung der Verbundentscheidung beantragt. Werden vorbereitende Auskunftsansprüche im Rahmen eines Scheidungsverbundverfahrens erhoben, ist darüber durch Teilbeschluss in einem gesonderten Verfahren zu verhandeln und zu entscheiden (BGH, Urteil vom 19.03.1997, XII ZR 277/95 = FamRZ 1997, 811-813). Wird dem Scheidungsantrag zu Unrecht vor einer Entscheidung über eine Folgesache stattgegeben, so schafft dies nach der Rechtsprechung eine selbständige Beschwer, die mit Rechtsmitteln gegen die Verbundentscheidung gerügt werden kann (BGH, Urteil vom 01.10.2008, XII ZR 172/06 = FamRZ 2008, 2268-2270). Andernfalls tritt im Falle einer nicht gerechtfertigten Zurückweisung der Stufenanträge in der ersten Stufe durch Endentscheidung im Verbundverfahren Rechtskraft der Scheidung ein, wenn durch Teilanfechtung nur die Entscheidung über die Auskunftsansprüche in die Beschwerdeinstanz gelangt. Weil die Antragsgegnerin mit ihren Auskunftsansprüchen eine Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt und zum Zugewinnausgleich vorbereiten will, begehrt sie mithin eine Entscheidung für den Fall der Scheidung. Deshalb gehören diese Folgesachen zum Verbund (§ 137 Abs. 1 FamFG) mit der Folge, dass über Scheidung und alle Folgesachen zusammen zu verhandeln und zu entscheiden ist.

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7. Weil das Familiengericht jedoch über Scheidung, Versorgungsausgleich und Haushaltssachen entschieden und dabei die im Stufenverfahren begehrten Auskünfte zu den Folgesachen Unterhalt und Zugewinnausgleich abgewiesen hat, handelt es sich um eine entgegen § 137 Abs. 1 FamFG ergangene Teilentscheidung, die nach § 117 Abs. 2 FamFG, 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO auch ohne ausdrücklichen Antrag zur Aufhebung und Zurückverweisung führt (vgl. dazu für das alte Verfahrensrecht OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 03.03.2009, 3 UF 150/08; OLG Celle, Beschluss vom 28.06.2011, 10 UF 50/11, jeweils zitiert nach juris).

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8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2, 150 Abs. 1 FamFG, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung zum Verfahrenswert im Beschwerdeverfahren folgt aus § 33 Abs. 1, 40 Abs. 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 2, 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 FamGKG und berücksichtigt, dass sowohl die Scheidung als auch alle Folgesachen Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind.

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9. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf 70 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 FamFG. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil bisher in der Rechtsprechung die Auslegung zu §§ 1585 c Satz 2 und 3, 127 a BGB ungeklärt ist und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern.