Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 29.05.2012, Az.: 12 U 67/09
Grundsätze zur rechtlichen Einordnung eines Erbvertrages mit Pflegeverpflichtung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 29.05.2012
- Aktenzeichen
- 12 U 67/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 36997
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2012:0529.12U67.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Oldenburg - 24.09.2009 - AZ: 9 O 1710/08
- OLG Oldenburg - 12.01.2010 - AZ: 12 U 67/09
- BGH - 05.10.2010 - AZ: IV ZR 30/10
- nachfolgend
- BGH - 19.12.2012 - AZ: IV ZR 207/12
- BGH - 26.02.2013 - AZ: IV ZR 207/12
Rechtsgrundlagen
- § 323 Abs. 1 BGB
- § 362 Abs. 1 BGB
- § 362 Abs. 5 BGB
- § 2295 BGB
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.09.2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert.
Es wird festgestellt, dass der notarielle Erbvertrag des Notars Dr. B ..... vom 15. April 1981 (UR 218/1981) unwirksam ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des gegen ihn zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Erbvertrages in Anspruch.
Mit notariellem Erbvertrag vom 15.04.1981 setzte die Klägerin den Beklagten zum Erben ein und verpflichtete sich zugleich, ihr Hausgrundstück .................. in B ..... ohne Zustimmung des Beklagten weder zu veräußern noch zu belasten. Die Parteien vereinbarten, dass der Beklagte im Falle eines Verstoßes gegen die Verpflichtung die sofortige Übereignung des Grundstücks verlangen könne. Der Beklagte verpflichtete sich seinerseits, die Klägerin "in kranken und alten Tagen zu hegen und zu pflegen, ohne dass dafür geldwerte Mittel von mir oder meinen Rechtsnachfolgern aufzuwenden sind."
Nachdem der Beklagte zunächst ab dem 01.06.1980 die Unterwohnung im Haus der Klägerin bewohnt hatte, zog er Anfang 1993 aus. Die Klägerin hatte zuvor mit anwaltlichem Schreiben vom 04.09.1992 die Räumung wegen "ständiger Auseinandersetzungen" und "endgültiger Störung des Vertrauensverhältnisses" verlangt.
Mit Schreiben vom 13.04.1999 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung mit Hinweis auf seine vertragliche Pflegeverpflichtung auf, bei ihr vorstellig zu werden. Am 20.06.2007 zog die Klägerin in ein Alten- und Pflegeheim in B ..... Mit notarieller Urkunde vom 18.01.2008 erklärte sie den Rücktritt vom Erbvertrag unter Berufung auf ihre ab 1999 geringfügige sowie seit Anfang 2005 in größerem Umfang bestehende Pflegebedürftigkeit. Eine Ausfertigung dieser Urkunde wurde dem Beklagten am 28.01.2008 zugestellt.
Die Klägerin ist der Ansicht, sich wirksam vom Erbvertrag gelöst zu haben. Hierzu behauptet sie, der Beklagte habe in Kenntnis ihrer erhöhten Pflegebedürftigkeit die Erfüllung seiner vertraglichen Betreuungspflichten nachhaltig verweigert.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klägerin mangels vorliegender Rücktrittsgründe nicht zu einer Loslösung vom Erbvertrag berechtigt sei. Er bestreitet eine Pflegebedürftigkeit der Klägerin seit Anfang 1999. Er selbst habe jedenfalls keinen Anhaltspunkt für einen entsprechenden Bedarf gehabt. Von dem Umzug der Klägerin in das Altenheim habe erst im Januar 2008 erfahren.
Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme zur Frage der Pflegebedürftigkeit der Klägerin und einer etwaigen Kenntnis des Beklagten hiervon abgewiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie wiederholt ihren Rechtsstandpunkt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen insbesondere im Hinblick auf die von ihr behauptete erhöhte Pflegebedürftigkeit und die Weigerung des Beklagten zur Pflege trotz Kenntnis ihres Zustandes.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 24.09.2009 zu ändern und festzustellen, dass der notarielle Erbvertrag des Notars Dr. B ....., UR .../...., unwirksam ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des Landgerichts nach Maßgabe seiner Erwiderung.
Der Senat hat dem Feststellungsbegehren des Klägers mit Urteil vom 05.01.2010 stattgegeben und zur Begründung u. a. ausgeführt: Die Klägerin sei wirksam gem. §§ 2295, 323 BGB zurückgetreten. Zudem habe sie den Vertrag nach den §§ 2281, 2078 Abs.2 BGB wirksam anfechten und aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) kündigen können.
Auf die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat der 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 05.10.2010 (ZEV 2011, 254 [BGH 05.10.2010 - IV ZR 30/10]) das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt: Eine Anfechtung bzw. Kündigung aus wichtigem Grund scheide bereits wegen einer rechtzeitigen Erklärung der Klägerin aus. Ein Rücktritt scheitere an der erforderlichen Fristsetzung gem. § 323 Abs.1 BGB, deren Entbehrlichkeit das Berufungsgericht ohne Durchführung einer Beweisaufnahme nicht habe annehmen dürfen. Der Beklagte schulde zudem keine Übernahme von Geldzahlungen zur Heimunterbringung. Im Rahmen der Zurückverweisung habe das Berufungsgericht die Gelegenheit zur Feststellung, ob der Beklagte die ihm allein obliegende Betreuung der Klägerin im häuslichen Umfeld mit den ihm gegebenen persönlichen Möglichkeiten verweigert habe oder ein Rücktritt der Klägerin nach § 323 Abs. 6 BGB wegen einer Eigenverantwortlichkeit im Hinblick auf die unterlassene Pflegeleistung oder wegen Annahmeverzuges ausgeschlossen sei. Ferner biete sich die Möglichkeit zur Klärung, ob die Klägerin aufgrund nachträglicher subjektiver Unmöglichkeit zur Leistungserbringung auf Seiten des Beklagten ihrerseits von dem Vertrag habe zurücktreten können, weil im Jahr 2007 eine - von dem Beklagten vertraglich nicht geschuldete - adäquate und medizinische Versorgung im häuslichen Bereich nicht mehr möglich gewesen sei.
Der Senat hat nach der Zurückverweisung zu den Fragen, ob der Beklagte eine Pflege der Klägerin endgültig abgelehnt hat bzw. ob eine adäquate medizinische und pflegerische Betreuung der Klägerin durch den Beklagten im Jahr 2007 noch im häuslichen Bereich möglich war, Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen und Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Die Sachverständige Prof. .... B ..... hat ihr Gutachten mündlich erläutert. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 22.02.2011 (Bd. IV, Bl. 66 - 71) und 08.05.2012 (Bd. IV, Bl. 211 - 213), die schriftliche Zeugenaussage des Dr. med. W ..... vom 14.02.2011 (Bd. IV, Bl. 60f.) und das schriftliche Gutachten der Sachverständigen Prof. ... B ..... (Bd. IV Bl. 180 - 187) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Die Klägerin war gemäß der §§ 2295, 326 Abs. 1 und 5., 323 Abs. 1 BGB zum Rücktritt vom Erbvertrag des Notars Dr. B..... vom 15. April 1981, (UR 218/1981), berechtigt.
Die von dem Beklagten nach den vertraglichen Vereinbarungen von ihm persönlich geschuldete Leistungserbringung war für diesen subjektiv unmöglich, § 275 Abs. 1 BGB, so dass er ipso iure von seiner Leistungspflicht befreit war (vgl. Ernst in: MünchKomm. zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 275 Rn. 67 und § 326 Rn. 1). Infolgedessen konnte die Klägerin gemäß der §§ 326 Abs. 1 und Abs. 5, 323 Abs.1 BGB ohne vorherige Fristsetzung ihrerseits den Rücktritt vom Vertrag erklären.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass eine adäquate medizinische und pflegerische Versorgung der Klägerin durch den Beklagten im häuslichen Bereich Mitte des Jahres 2007 nicht mehr möglich war und damit eine subjektive Unmöglichkeit im Hinblick auf die von ihm vertraglich geschuldete Pflegeleistung vorlag.
Ein Fall von Unmöglichkeit iS des § 275 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn es sich um höchstpersönliche, allein von dem Schuldner zu erfüllende Leistungen handelt, an deren Erbringung dieser dauerhaft gehindert ist (vgl. Ernst in: MünchKomm. zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 275 Rn. 38 m.w.N.; OLG Koblenz NJW 2008, 1679, 1680). Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob bzw. in welchen Fällen die obergerichtliche Rechtsprechung Pflegedienstleistungen grundsätzlich als nicht von dem Schuldner höchstpersönlich zu erbringende Verpflichtungen betrachtet (vgl. BGHZ 25, 293; BGH NJW 2003, 1126, 1127 [BGH 21.11.2002 - V ZB 40/02]; ZEV 2010, 316 [BGH 29.01.2010 - V ZR 132/09]; NJW 2011, 2995; OLG Karlsruhe NJW-RR 1997, 708). Nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs in seinem aufhebenden Beschluss vom 05.10.2010 schuldete der Beklagte aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen ausschließlich die Betreuung der Klägerin im häuslichen Umfeld mit den ihm gegebenen persönlichen Möglichkeiten. Zu finanziellen Leistungen war er aufgrund der Regelungen des Erbvertrages hingegen in keiner Weise verpflichtet (BGH wie vor unter Rn. 12 bzw. 10).
Damit ist die für die Frage der subjektiven Unmöglichkeit zu bestimmende Leistungsverpflichtung des Beklagten dahingehend konkretisiert, dass er ausschließlich durch seine Person leistbare Betreuungsarbeiten schuldete. Der nach den Ausführungen der Sachverständigen Prof. B..... und den Aussagen der Zeuginnen M .... und S .... Mitte 2007 zur häuslichen Pflege notwendige Betreuungsbedarf ging jedoch beträchtlich über das hinaus, was der Beklagte in Persona hätte leisten können. Daran hätte selbst eine Unterstützung durch seine Familienangehörigen, die ebenso wenig wie er selbst über einschlägige Vorkenntnisse verfügten, etwas geändert.
Die zum notwendigen Betreuungsbedarf der Klägerin vernommene Krankenschwester S.... hat ausgesagt, dass nach ihrer Einschätzung eine 24-Stunden-Pflege im häuslichen Bereich nur durch professionelle Kräfte möglich gewesen wäre, selbst wenn die Essenszubereitung, das Ankleiden und die Gabe der von ärztlicher Seite verordneten Medikation nicht durch einen professionellen Pfleger hätte erfolgen müssen. Die Sachverständige Prof. B.... hat in ihren mündlichen Erläuterungen zu ihrem schriftlichen Gutachten überzeugend ausgeführt, dass Mitte 2007 eine Betreuung der Klägerin mindestens dreimal täglich für jeweils eine Stunde zwingend notwendig gewesen sei und diese Pflege nur durch eine geronto-psychiatrisch geschulte Pflegekraft hätte geleistet werden können. Beide Aussagen stimmen somit hinsichtlich der erforderlichen Pflegequalität überein. Die Sachverständige hat zudem - auf ausdrückliche Nachfrage des Senats - erläutert, dass dieser Pflegeumfang der Mindestbedarf zum damaligen Zeitpunkt gewesen sei, den sie unter Zugrundelegung des ihr bei der Begutachtung zur Verfügung stehenden Aktenmaterials definitiv habe feststellen können. Die ihr vorliegenden und in ihrem schriftlichen Gutachten dargestellten Unterlagen und Aussagen der Zeuginnen M.... und S .... ließen auf einen unzureichenden körperlichen Zustand und ein Demenzstadium schließen, in dem die Klägerin immer wieder die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme phasenweise verweigerte und zeitweise nicht vollauf orientiert gewesen sei. Deshalb sei es damals unerlässlich gewesen, den Tagesablauf und die körperliche Versorgung durch drei stündliche Besuche einer qualifizierten Pflegekraft zu strukturieren. Die vorliegenden Daten ermöglichten der Sachverständigen die Feststellung eines pflegerischen Mindestbedarfs und der Notwendigkeit, ein strukturiertes Pflege- und Versorgungskonzept zu entwickeln, welches durch qualifizierte Pflegekräfte umzusetzen sei. Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedarf es nicht. Auch ein weiteres Gutachten verfügte nicht über eine andere Aktenlage.
Die Ausführungen der Sachverständigen hinsichtlich der erforderlichen besonderen Qualifikation der Pflegekraft waren nachvollziehbar und überzeugend. Die Sachverständige hat anschaulich erläutert, dass insbesondere die abwehrende, zuweilen angreifende und in manchen Fällen sogar aggressive Weigerungshaltung von Betroffenen bei vielen notwendigen Verrichtungen wie beispielsweise der Nahrungsaufnahme oder der Hygiene es einem ungeschulten Familienangehörigen auf Dauer unmöglich machten, die Pflege ruhig und fachgerecht dauerhaft zu leisten und deshalb eine qualifizierte Schulung der Betreuungsperson unabdingbar sei. Nur eine solche Kraft sei in der Lage, die Betroffene durch die richtigen Reaktionen von ihrer Verweigerungshaltung abzubringen und zu einer Mitarbeit zu motivieren. An der fachlichen Kompetenz der Sachverständigen hat der Senat keine Zweifel. Sie ist auf dem Gebiet der Gerontologie langjährig tätig, äußert erfahren und beschäftigt sich mit diesem Themengebiet sowohl im wissenschaftlichen Lehr- als auch praktischen Schulungsbereich.
Soweit der Beklagte in seinem nachgereichten Schriftsatz vom 21.05.2012 ausführt, dass das die Klägerin derzeit beherbergende Heim nicht über derart ausgebildete Fachkräfte verfüge, ändert das nichts an dem von der Sachverständigen festgestellten objektiven Betreuungsbedarf der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt.
Auch die schriftliche Aussage des die Klägerin seinerzeit behandelnden Arztes Dr. W.... korrespondiert in wesentlichen Punkten mit den Ausführungen der Sachverständigen. Der Zeuge W .... hat angegeben, eine Eigenversorgung oder häusliche Pflege ohne Hinzuziehung von Pflegepersonal sei insbesondere wegen bestehender Schwindelproblematiken und psychischer Problematiken nicht möglich gewesen. Eine Rückkehr ins häusliche Umfeld habe nur im Fall einer 24-Stunden-Betreuung durch eine erfahrende beaufsichtigende Pflegekraft erfolgen können. Gleichzeitig hat der Zeuge ausgeführt, dass der weitere Verbleib der Klägerin in der Pflegeeinrichtung aus "ärztlicher Sicht sicherlich vertretbar und wünschenswert" gewesen sei und sie einer täglichen intensiven Zuwendung bedurfte.
Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 30.03.2011 hierzu behauptet hat, dass der Zeuge nachträglich gegenüber dem Bruder des Beklagten geäußert habe, die gerichtliche Frage dahingehend missverstanden zu haben, dass es um die Frage einer alleinigen Versorgung der Klägerin gegangen sei, eine häusliche Versorgung durch die Familie des Beklagten unterstützt von der Sozialstation jedoch möglich gewesen sei, steht dieses der Überzeugung des Senats nicht entgegen und bedarf keiner weiteren Vernehmung des Zeugen. Der Senat kann diese Behauptungen seinen Feststellungen als zutreffend zugrunde legen, ohne dass dieses zu einer anderen Überzeugung führt. Der als Allgemeinmediziner tätige Zeuge W.... hat nicht die gerontologische Fachkunde der Sachverständigen. Diese hat die Notwendigkeit einer besonderen Qualifikation nicht auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin - etwa im Hinblick auf koronare oder diabetische Erkrankungen -, sondern der gerontologischen Psychiatrie für unerlässlich erachtet.
Die Aussage des Bruders des Beklagten, des Zeugen A.... H ...., entkräftet die vorgenannte Überzeugung des Senats nicht. Es kann dahinstehen, inwieweit die Angaben dieses Zeugen überhaupt glaubhaft waren. Der Zeuge hat nämlich zu dem täglich notwendigen Pflegebedarf der Klägerin keine ergiebigen Angaben machen können, weil er sie im Rahmen der Besuche seiner Mutter jeweils nur kurz und ausschnittsweise erlebt hat. Die Aussage, ihm seien keine Besonderheiten aufgefallen, besagt nichts über den täglichen Pflegebedarf.
Nach alledem machten die zwingende Notwendigkeit der Verrichtung der erforderlichen Pflegeleistungen durch besonders geschultes und qualifiziertes Betreuungspersonal eine Leistungserbringung der häuslichen Pflege durch den Beklagten mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten unmöglich.
Die notwendige Rücktrittserklärung, deren Vorliegen auch der Bundesgerichtshof in seiner aufhebenden Entscheidung offensichtlich nicht für zweifelhaft gehalten hat, hat die Klägerin mit der notariellen Urkunde vom 18.01.2008 abgegeben. Unschädlich ist insofern, dass die Erklärung unter Hinweis auf die nach Ansicht der Klägerin pflichtwidrig unterlassene Pflegeleistung erfolgte. Der Erklärung lässt sich ohne Zweifel der unbedingte Wille zur Loslösung vom streitgegenständlichen Vertrag wegen eines erhöhten Pflegebedarfs entnehmen (vergl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1997, 708, 710 [OLG Karlsruhe 22.01.1997 - 13 U 9/95]).
Die gemäß § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich notwendige Fristsetzung ist nach § 326 Abs. 1 und Abs. 5 BGB im Falle eines Rücktritts nach § 326 Abs. 1 BGB wegen Unmöglichkeit der Leistung im Sinne von § 275 Abs. 1, 1. Alt. BGB auf Seiten des Schuldners entbehrlich (vgl. BGH NJW 2008, 53, 55 [BGH 10.10.2007 - VIII ZR 330/06]).
Der nach den §§ 326 Abs. 1 und Abs. 5, 323 Abs. 1 BGB wirksame Rücktritt war zudem nicht gemäß § 323 Abs. 6 BGB ausgeschlossen. Art und der Umfang des im Jahr 2007 notwendigen Betreuungsbedarfs im häuslichen Bereich waren dem Einflussbereich der Parteien naturgemäß entzogen und von keiner Seite zu verantworten.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen.