Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 11.01.2021, Az.: 11 UF 142/20
Beschwerde gegen einen Beschluss zum Versorgungsausgleich; Anrechte der privaten Altersversorgung; Entwertung der Deckungskapitale der Versorgungen infolge der Sanierung des Versorgungsträgers
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 11.01.2021
- Aktenzeichen
- 11 UF 142/20
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 51912
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Brake - 03.08.2020 - AZ: 5 F 127/18 S
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs. 2 VersAusglG
- § 3 Abs. 1 VersAusglG
Tenor:
I. Auf die Beschwerde der EE Pensionskasse VVaG wird der am 03.08.2020 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Brake (Unterweser) unter Ziffer II Absatz 3 und 4 wie folgt abgeändert und neu gefasst:
Zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei dem Versorgungsträger EE Pensionskasse VVaG (Vers.-Nr. ...) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 13.324,93 € nach Maßgabe der Versorgungsregelung Tarif 62 B UNI select gemäß AVB, bezogen auf den 30.04.2018, mit der Maßgabe, dass der Garantiezins der ausgleichsberechtigten Person demjenigen der ausgleichspflichtigen Person entspricht, übertragen. Der Versorgungsträger wird verpflichtet, den Ausgleichswert ab dem 01.05.2018 bis zur Rechtskraft der Entscheidung mit dem Garantiezins von 2,75 % zu verzinsen.
Zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei dem Versorgungsträger EE Pensionskasse VVaG (Vers.-Nr. ...) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 3.292,95 € nach Maßgabe der Versorgungsregelung Tarif 62 B UNI select gemäß AVB, bezogen auf den 30.04.2018, mit der Maßgabe, dass der Garantiezins der ausgleichsberechtigten Person demjenigen der ausgleichspflichtigen Person entspricht, übertragen. Der Versorgungsträger wird verpflichtet, den Ausgleichswert ab dem 01.05.2018 bis zur Rechtskraft der Entscheidung mit dem Garantiezins von 2,75 % zu verzinsen.
II. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben; die außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
III. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 4.000 € festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Das Familiengericht hat mit am 03.08.2020 verkündeten Beschluss die am TT.MM.2014 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin geschieden und den Versorgungsausgleich betreffend die Ehezeit vom TT.MM.2014 bis zum 30.04.2018 durchgeführt.
Das Familiengericht hat die unter der Vertragsnummern (...) und (...) geführten Anrechte des Antragstellers bei der Beschwerdeführerin im Wege der internen Teilung geteilt und hierbei die unter dem 13.07.2018 erstinstanzlich erteilten Auskünfte der Beschwerdeführerin zugrunde gelegt.
Ausweislich der erstinstanzlich erteilten Auskunft der Beschwerdeführerin zu dem unter der Vertragsnummer (...) in der Form einer Leibrentenversicherung geführten Anrecht hat der Antragsteller während der Ehezeit einen Kapitalwert von 33.394,66 € erwirtschaftet. Die Beschwerdeführerin hat in dieser Auskunft ausgeführt, es sei nach Abzug der Kosten für die interne Teilung ein Wert von 16.447,33 € auszugleichen (Bl. 21f UA-VA). Das Leistungsspektrum und der Risikoschutz des auszugleichenden Anrechts würden sich unterscheiden. So enthalte der Risikoschutz des Anrechts der Ausgleichsberechtigten weder eine Hinterbliebenen- noch eine Erwerbsminderungsrente (Bl. 28 UA-VA). Das Deckungskapital dieses Anrechts habe zum Beginn der Ehezeit 45.879,68 € und zum Ende der Ehezeit 79.274,34 € betragen (Bl. 28 UA-VA).
Ausweislich der erstinstanzlich erteilten Auskunft der Beschwerdeführerin zu dem unter der Vertragsnummer (...) in der Form einer Leibrentenversicherung geführten Anrecht hat der Antragsteller während der Ehezeit einen Kapitalwert von 8.100,73 € erwirtschaftet. Die Beschwerdeführerin hat ausgeführt, ein Abzug von Teilungskosten werde nicht vorgenommen. Es sei ein Wert von 4.050,37 € auszugleichen (Bl. 32f UA-VA). Das Leistungsspektrum und der Risikoschutz des auszugleichenden Anrechts würden sich unterscheiden. So enthalte der Risikoschutz des Anrechts der Ausgleichsberechtigten weder eine Hinterbliebenen- noch eine Erwerbsminderungsrente (Bl. 34 UA-VA). Das Deckungskapital dieses Anrechts habe zum Beginn der Ehezeit 13.201,15 € und zum Ende der Ehezeit 21.301,88 € betragen (Bl. 34 UA-VA).
Unter dem 13.05.2019 legte der Antragsteller den Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars gem. § 20 Abs. 5 der Satzung zum Ausgleich des zum 31.12.2017 vorhandenen Fehlbetrags der Beschwerdeführerin vom 25.03.2019 vor. In diesem Vorschlag wird ausgeführt, dass sich bei Beschluss dieses Vorschlags die zum 31.12.2017 zu bilanzierende Deckungsrückstellung so reduziere, dass die versicherungstechnische Bilanz der Kasse ausgeglichen werde (Bl. 81 UA-VA). In dem Vorschlag des Aktuars wird die fehlerhafte Prämienkalkulation der Bestände ab 2007 ausgeführt (Bl. 83 UA-VA).
Das Familiengericht hat den Ausgleich unter Zugrundelegung der Auskünfte der Beschwerdeführerin vom 13.07.2018 durchgeführt und zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Beschwerdeführerin unter der Versicherungsnummer (...) im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 16.447,33 € sowie zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Beschwerdeführerin unter der Versicherungsnummer (...) im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 4.050,37 € jeweils nach Maßgabe der Versorgungsregelung Tarif 62 B UNI select gemäß AVB, bezogen auf den 30.04.2018, mit der Maßgabe, dass der Garantiezins der ausgleichsberechtigten Person demjenigen der ausgleichspflichtigen Person entspricht, übertragen.
Das Familiengericht hat hierzu ausgeführt, der Antragsteller habe diese Anrechte aus einer privaten Altersversorgung erworben, die entsprechend dem Vorschlag des Versorgungsträgers mit der Maßgabe, dass der Garantiezins des zu übertragenden Anrechts dem Anrecht des auszugleichenden Anrechts entspricht, zu teilen seien. Eine gleichwertige Teilhabe finde gem. § 11 VersAusglG nur statt, wenn der Garantiezins und die Sterbetafel für den Ausgleichspflichtigen und den Ausgleichsberechtigten identisch seien.
Die EE Pensionskasse VVaG wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 25.08.2020 gegen die ausgeglichenen Werte, die aufgrund erfolgter Sanierung der Pensionskasse herabzusetzen seien. Sie führt aus, dass in ihrer Bilanz zum 31.12.2017 ein Fehlbetrag festgestellt worden sei. Die Mitglieder-Vertreterversammlung habe am 16.05.2019 dem Sanierungskonzept zugestimmt. Die beschlossenen Maßnahmen würden eine individuelle Kürzung der Versicherungsleistungen beinhalten. Die FF habe gem. § 20 Nr. 5 der Satzung (Bl. 131 d. A.) den gefassten Beschluss über die Deckung eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages zum 31.12.2017 für die von der FF genehmigten Tarife für unbedenklich erklärt (Bl. 126 d. A.). Daher werde der Teilungsvorschlag vom 13.07.2018 widerrufen und ein neuer Teilungsvorschlag unterbreitet.
Der Antragsteller habe während der Ehezeit in der Leibrentenversicherung mit der Vertragsnummer (...) einen Kapitalwert von 18.577,78 € erwirtschaftet. Nach Abzug der Teilungskosten in Höhe von 453,61 € betrage der Ausgleichswert nunmehr 9.062,09 € (Bl. 92 d. A.). Das Deckungskapital dieses Anrechts habe zum Beginn der Ehezeit 45.879,68 € und zum Ende der Ehezeit infolge der Auswirkungen der Sanierung nur noch 64.457,46 € betragen (Bl. 92 d. A.).
In der Leibrentenversicherung mit der Vertragsnummer (...) habe der Antragsteller während der Ehezeit einen Kapitalwert von 4.102,38 € erwirtschaftet. Ein Abzug von Teilungskosten werde nicht vorgenommen. Es sei nunmehr ein Wert von 2.051,19 € auszugleichen (Bl. 94 d. A.). Das Deckungskapital dieses Anrechts habe zum Beginn der Ehezeit 13.201,15 € und zum Ende der Ehezeit infolge der Auswirkungen der Sanierung nur noch 17.303,53 € betragen (Bl. 95 d. A.).
Die vor dem Kürzungsstichtag - dem 31.12.2017 - erwirtschafteten Versicherungswerte blieben von der Kürzung unberührt. Würde hier anders verfahren werden, hätten bereits geleistete Zahlungen vor dem Kürzungsstichtag durch die Versicherten zurückgezahlt werden müssen. Gleiches habe für die Werte bei den Versorgungsausgleichen zu gelten, bei denen der Ehebeginn vor dem Kürzungstermin liege. Es sei daher der Wert zum Ehebeginn ohne Kürzung zu Grunde zu legen. Dieser Wert sei zu Beginn der Ehe vollständig vorhanden gewesen (Bl. 163 d. A.).
Ergänzend teilte die Beschwerdeführerin mit, dass der Antragsteller als Seelotse tätig ist und zur Lotsenbrüderschaft (...), einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Seelotsgesetz angehöre. Der Lotsenbrüderschaft obliege es nach § 28 Abs. 1 Nr. 6 SeeLG Maßnahmen für eine ausreichende Versorgung der Lotsen und ihrer Hinterbliebenen für den Fall des Alters, der Berufsunfähigkeit und Todes zu gewährleisten und die Durchführung zu überwachen. Es handele sich um keine betriebliche Altersversorgung. Die Lotsenbrüderschaft sei kein Arbeitgeber.
Die Beschwerdeführerin teilte am 24.09.2020 mit, dass die Lotsenbrüderschaft kein Arbeitgeber ist und somit keine Zusage für den Antragsteller erteilt hat. Die Lotsenbrüderschaft organisiere lediglich die bei der Beschwerdeführerin bestehende private Altersvorsorge der Lotsen. Die Lotsenbrüderschaft behalte insoweit lediglich das Lotsengeld ein und leite dieses weiter. Bei der Sanierung der EE Pensionskasse seien die Tarife mit unterschiedlichen Prozentsätzen angepasst (gekürzt) worden. Die höheren Tarife mit 18,7 %, der niedrigere Tarif mit 8,97 %. Diese Anpassung sei durch die FF genehmigt worden (Bl. 154 d. A.).
Die Lotsenbrüderschaft (...) bestätigte das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu der Altersvorsorge. Sie teilte am 05.10.2020 mit, dass es im Rahmen des Sanierungskonzeptes zur Kürzung aller Versorgungen gekommen sei, wonach jeder frei habe entscheiden können, ob er kündigt oder seine Versorgung weiter betreibe (Bl. 155 d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Beschwerdebegründung und die ergänzend erteilten Auskünfte Bezug genommen.
Der Senat hat die Beteiligten auf die beabsichtigte Entscheidung mit Beschluss vom 23.11.2020 hingewiesen und der Beschwerdeführerin erneut die Übersendung der Teilungsordnung aufgegeben.
Die Beschwerdeführerin übersandte auf Anforderung des Senats die Teilungsordnung (Stand Januar 2016). Ausweislich Ziffer 3c entstehen Kosten bei der internen Teilung in Höhe von 2 % des in Euro ausgewiesenen Ehezeitanteils, mindestens 200 €, höchstens 500 €. Unter Ziffer 3d der Teilungsordnung ist geregelt, dass der auszugleichende Wert in seiner nominalen Höhe unter Berücksichtigung der Teilungskosten zum Zeitpunkt der Umsetzung der Entscheidung zur Errichtung des Anrechts für die ausgleichsberechtigte Person verwendet wird. Eine Regelung über die Teilhabe an der weiteren Wertentwicklung bezogen auf die Zeit zwischen Ehezeitende und Rechtskraft enthält die Teilungsordnung nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Teilungsordnung Stand Januar 2016 (Bl. 222 d. A.) Bezug genommen.
Im Übrigen wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Berechnung des Senats im Hinweisbeschluss vom 23.11.2020 versicherungsmathematisch nicht richtig sei. Zudem wies sie darauf hin, dass sie bezüglich des weiteren Anrechts mit der Endnummer 001 keine Beschwerde eingelegt habe, weswegen auch keine korrigierte Auskunft nach durchgeführter Sanierung vorgelegt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23.12.2020 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat lediglich teilweise Aussicht auf Erfolg.
Bei den auszugleichenden Anrechten handelt es sich um Anrechte der privaten Altersversorgung. Zwar wird die Versorgung über die Lotsenbrüderschaft organisiert. Gleichwohl ist die Lotsenbrüderschaft nicht Arbeitgeber im Sinne des BetrAVG und hat auch keine eigene Zusage erteilt. Der Antragsteller ist als Lotse unmittelbar Versicherungsnehmer und Versicherter der Anrechte.
Das Anrecht mit der Versicherungsnummer (...) ist in Höhe von 13.348,13 € - vorbehaltlich der Mitteilung anderweitiger Teilungskosten - und das Anrecht mit der Versicherungsnummer (...) in Höhe von 3.292,95 € auszugleichen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sind nicht nur die aufgrund der nachehezeitlichen Sanierung erfolgten Entwertungen der Deckungskapitale lediglich auf das Ehezeitende bezogen zu berücksichtigen. Vielmehr ist die Entwertung jeweils der gesamten während der Ehezeit erwirtschafteten Deckungskapitale zu berücksichtigen. Nur dies wird dem Halbteilungsgrundsatz gerecht.
Die Entwertung der Deckungskapitale der Versorgungen infolge der Sanierung des Versorgungsträgers ist zu berücksichtigen.
Zwar ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung des Ehezeitanteils und des sich daraus ergebenden Ausgleichswerts das Ende der Ehezeit (§ 5 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 VersAusglG). Die gesetzliche Regelung sieht eine strikte Halbteilung der Ehezeitanteile vor, die wegen des in § 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG normierten Stichtagsprinzips bezogen auf das Ehezeitende zu bewerten sind. (Breuers in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 5 VersAusglG (Stand: 28.09.2020), Rn. 18). Zum Ehezeitende war die Sanierung noch nicht vollzogen, so dass es zu diesem Zeitpunkt auch noch zu keiner Kürzung der Anrechte kam.
Der Beschwerdeführerin ist aber darin zu folgen, dass ein Wert, der zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr vorhanden ist, nicht mehr ausgeglichen werden kann. Es gilt der Grundsatz "was weg ist, ist weg". Ein Wert, der zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr vorhanden ist, kann nicht ausgeglichen werden (Breuers in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 5 VersAusglG (Stand: 28.09.2020), Rn. 25).
In den Wertausgleich können nur Anrechte einbezogen werden, die zum Zeitpunkt der Entscheidung noch existieren (BGH FamRZ 2016, 697 Rn. 10; 2014, 104; 2012, 1039 Rn. 11 m.w.N.). Auch ein Teilerlöschen des Anrechts ist stets und auch verschuldensunabhängig zu beachten, und zwar auch noch nach dem Stichtag (vgl BGH FamRZ 2019, 1993 Rn. 24; FamRZ 2018, 894 Rn. 44; 2016, 2000 Rn. 17; FamRZ 2016, 775 - Wertverringerung bei laufendem Rentenbezug; FamRZ 2013, 1362, 1364; 2012, 694ff Rn. 29). Das Akzessorietätsprinzip verlangt die Berücksichtigung jeder negativen Veränderung (Norpoth/Sasse in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 5 VersAusglG, Rn. 6 m.w.N.). Es können also nur Anrechte, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich noch bestehen, ausgeglichen werden (BGH FamRZ 2015, 998 Rn. 10; 2012, 1039 Rn. 11 mwN; s § 5 Rn. 6); da der Versorgungsausgleich jedenfalls beim Wertausgleich bei der Scheidung zumindest akzessorisch und seine Durchführung vom Bestand der zu teilenden Anrechte abhängig ist (Norpoth/Sasse in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 2 VersAusglG, Rn. 15 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dessen ist die nachträgliche nachehezeitlich vollzogene Entwertung des Deckungskapitals infolge der genehmigten Sanierung der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen. Mit der Sanierung wurden die verfahrensgegenständlichen Anrechte entwertet, so dass lediglich die zum Ehezeitende tatsächlich noch vorhandenen Deckungskapitale der Versorgungen in Ansatz zu bringen sind.
Der Senat folgt bei der Bewertung der während der Ehezeit erwirtschafteten Anrechte aber nicht den Ausführungen der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin berechnet die während der Ehezeit erwirtschafteten Anrechte unter Ansatz der Differenz des zum Ehezeitbeginn und zum Ehezeitende vorhandenen Deckungskapitals.
Die Beschwerdeführerin hat die Anrechte unmittelbar bewertet, indem es die Differenz der Deckungskapitale zum einen bezogen auf den Beginn der Ehezeit das damals vorhandene Deckungskapital sowie das zum Ende der Ehezeit nach der Sanierung tatsächlich vorhandene Deckungskapital in Ansatz gebracht hat.
Bei der unmittelbaren Bewertung ergibt sich der Ehezeitanteil der Anwartschaft, die zum Stichtag "Ehezeitende" besteht, aus den innerhalb der Ehezeit geleisteten Beiträgen einschließlich eines etwaigen hierauf bezogenen zwischenzeitlichen Wertzuwachses (Norpoth/Sasse in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 39 VersAusglG, Rn. 2). Bereits unter Berücksichtigung dessen erscheint die Berechnung der Beschwerdeführerin nicht tragfähig. Die Deckungskapitale wurden nämlich nicht bezogen auf das Ehezeitende, sondern bezogen auf den 31.12.2017 gekürzt. Danach hätte die Beschwerdeführerin ehezeitbezogen die ungekürzten Deckungskapitale bis Ende 2017 sowie die gekürzten Deckungskapitale ab Beginn 2018 in Ansatz bringen müssen. Dass dies erfolgt ist, lässt sich den vorliegenden Auskünften nicht entnehmen. Diese Unschärfe kann indes dahinstehen, da der Senat vorliegend den Ehezeitanteil des Anrechts nach billigem Ermessen ermittelt (§ 42 VersAusglG), da ersichtlich vorliegend auch die zeitratierliche Berechnung dem Halbteilungsgrundsatz nicht gerecht wird. Das Zeit/Zeit/Verhältnis entspricht 48 Monate (Ehezeit)/196 Monate (Beginn der Versicherung bis Ende Ehezeit). In Ansatz dieses Verhältnisses berechnet sich ein geringerer Ausgleichswert, der ebenfalls der Entwertung der Anrechte um 18,7 % aufgrund der Sanierung nicht hinreichend Rechnung trägt. Das Anrecht mit der Versicherungsnummer (...) wäre dann mit nur 15.785,50 € und das Anrecht mit der Versicherungsnummer nur mit 4.237,60 € jeweils hälftig auszugleichen.
Aufgrund der Sanierung wurden die Anrechte um 18,7 % entwertet. Es erscheint daher zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes angemessen, den Ehezeitanteil insgesamt unter Berücksichtigung dieser Kürzung zu berechnen. Nur so wird sichergestellt, dass beide Eheleute gleichermaßen mit der Kürzung belastet werden. Dies ergibt sich aus folgender Berechnung:
Versicherungsnummer (...):
Versorgung - Versicherungsnummer (...) - vor der Sanierung:
Deckungskapital zum Beginn der Ehezeit: 45.879,68 €
Deckungskapital zum Ende der Ehezeit: 79.274,34 €
Differenz 33.394,66 €
Versorgung - Versicherungsnummer (...) - nach der Sanierung:
Deckungskapital zum Beginn der Ehezeit: 45.879,68 €
Deckungskapital zum Ende der Ehezeit: 64.457,46 €
Differenz: 18.577,78 €
Das Deckungskapital zum Ende der Ehezeit wurde um 18,7 % entwertet (64.457,46 € x 100 % / 79.274,34 €). Berücksichtigt man die Auskünfte der Beschwerdeführerin bezüglich der Ehezeitanteile wurde dieser um 55,63 % entwertet (18.577,78 € x 100 % / 33.394,66 €).
Würde man mithin die Auskunft der Beschwerdeführerin betreffend den hälftig auszugleichenden Ehezeitanteil zugrunde legen, müsste die Antragsgegnerin eine Kürzung von 55,63 % tragen, der Antragsteller indes lediglich - bezogen aus dem ehezeitendlichen Deckungskapital - 18,7 %. Dies ist mit dem Halbteilungsgrundsatz nicht vereinbar.
Der Senat gleicht daher dieses Anrecht in Höhe der des Werts des Ehezeitanteils vor der Sanierung gekürzt um 18,7 % aus. Hierdurch wird die Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes sichergestellt.
Versicherungsnummer (...):
Versorgung - Versicherungsnummer (...) - vor der Sanierung:
Deckungskapital zum Beginn der Ehezeit: 13.201,15 €
Deckungskapital zum Ende der Ehezeit: 21.301,88 €
Differenz 8.100,73 €
Versorgung - Versicherungsnummer (...) - nach der Sanierung:
Deckungskapital zum Beginn der Ehezeit: 13.201,15 €
Deckungskapital zum Ende der Ehezeit: 17.303,53 €
Differenz: 4.102,38 €
Das Deckungskapital zum Ende der Ehezeit wurde um 18,7 % entwertet (17.303,53 € x 100 % / 21.301,88 €). Berücksichtigt man die Auskünfte der Beschwerdeführerin bezüglich der Ehezeitanteile wurde dieser um 50,64 % entwertet (4.102,38 € x 100 % / 8.100,73 €).
Würde man mithin die Auskunft der Beschwerdeführerin betreffend den hälftig auszugleichenden Ehezeitanteil zugrunde legen, müsste die Antragsgegnerin eine Kürzung von 50,64 % tragen, der Antragsteller indes lediglich - bezogen aus dem ehezeitendlichen Deckungskapital - 18,7 %. Dies ist mit dem Halbteilungsgrundsatz nicht vereinbar.
Der Senat gleicht daher auch dieses Anrecht in Höhe der des Werts des Ehezeitanteils vor der Sanierung gekürzt um 18,7 % aus. Hierdurch wird die Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes sichergestellt.
Dem steht das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die zeitliche vor dem Kürzungsstichtag liegenden Versicherungswerte blieben von der Kürzung unberührt, nicht entgegen. Der Grundgedanke, dass die vor dem Kürzungsstichtag liegenden Versicherungswerte ungekürzt zu berechnen sind, ist für die Versicherungsleistungen richtig. Dieser Grundgedanke kann indes nicht auf die Berechnung des Ehezeitanteils übertragen werden, da der während der Ehezeit erwirtschaftete Ehezeitanteil vorliegend zu keiner Auszahlung gekommen ist, so dass das insgesamt während der Ehezeit erwirtschaftete Deckungskapital aufgrund der Sanierung entwertet wurde. Der Antragsteller wird aufgrund der Sanierung keine höheren Leistungen aufgrund der zum 31.12.2017 erfolgten Kürzung beziehen können. Die Anrechte befinden sich nämlich noch in der Anwartschaftsphase. Vor diesem Hintergrund sind beide Anrechte zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes in Höhe des Werts des Ehezeitanteils vor der Sanierung gekürzt um 18,7 % hälftig auszugleichen.
Die Anrechte sind wie folgt zu teilen:
Versicherungsnummer (...):
Versorgung - Versicherungsnummer (...) - vor der Sanierung:
Deckungskapital zum Beginn der Ehezeit: 45.879,68 €
Deckungskapital zum Ende der Ehezeit: 79.274,34 €
Differenz 33.394,66 € abzüglich 18,7 % aufgrund der nach der Sanierung erfolgten Kürzung = 27.149,86 €
Abzüglich der gem. Teilungsordnung in Ansatz zu bringenden Teilungskosten (2 % des Ehezeitanteils höchstens jedoch 500 €): 500 €
Teilungswert: 26.649,86 €
Ausgleichswert: 13.324,93 €
Versicherungsnummer (...):
Versorgung - Versicherungsnummer (...) - vor der Sanierung:
Deckungskapital zum Beginn der Ehezeit: 13.201,15 €
Deckungskapital zum Ende der Ehezeit: 21.301,88 €
Differenz 8.100,73 € abzüglich 18,7 % aufgrund der nach der Sanierung erfolgten Kürzung = 6.585,89 €
Es erfolgt kein Abzug von Teilungskosten, da die Beschwerdeführerin auf den Hinweisbeschluss bezüglich des geringen Teilungswertes keine Ausführungen gemacht hat. Diese selbst hat bei dem Teilungsvorschlag betreffend dieses Anrecht keine Teilungskosten in Ansatz gebracht.
Teilungswert: 6.585,89 €
Ausgleichswert: 3.292,95 €
Im Übrigen soll es bei der Entscheidung des Familiengerichts bleiben. Das Familiengericht hat zu Recht angeordnet, dass der Garantiezins des neu zu begründenden Anrechts identisch mit dem auszugleichenden Anrecht zu sein hat, so dass das neu zu begründende Anrecht mit 2,75 % zu verzinsen ist.
Die nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG bei der internen Teilung geforderte vergleichbare Wertentwicklung ist bei einer Rentenversicherung nur gewährleistet, wenn der Garantiezins des auszugleichenden und des neu zu begründenden Anrechts identisch ist (OLG Nürnberg, Beschluss vom 18. Dezember 2018 - 11 UF 815/18 -, Rn. 65, juris m.w.N.; OLG Schleswig,12. Februar 2014, 13 UF 215/13, FamRZ 2014, 1113 und OLG Stuttgart, 31. Oktober 2014, 15 UF 113/14, FamRZ 2015, 584; OLG Nürnberg, Beschluss vom 19. November 2015 - 11 UF 1032/15 -, juris).
Bei der internen Teilung eines Anrechts muss der Ausgleichswert auch beim Ausgleichsberechtigten auf den Zeitpunkt des Ehezeitendes bezogen sein, so dass die Teilhabe des Ausgleichsberechtigten an der weiteren Entwicklung des Anrechts ab diesem Zeitpunkt sicherzustellen ist (BGH FamRZ 2015, 1896). Die Teilungsordnung des Versorgungsträgers muss daher grundsätzlich sicherstellen, dass das neu zu begründende Anrecht bereits im Zeitraum zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung an der Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts teilnimmt und dass die Rechnungsgrundlagen des auszugleichenden Anrechts insgesamt, also auch einschließlich des Garantiezinses verwendet werden (Breuers in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 11 VersAusglG (Stand: 28.09.2020), Rn. 37). Sieht die Teilungsordnung keine dementsprechende Regelung vor, ist die Teilhabe der ausgleichsberechtigten Person daher durch entsprechende Anordnungen des Gerichts sicherzustellen. Vorliegend ist festzustellen, dass die Teilungsordnung eine Teilhabe an der weiteren Wertentwicklung des Anrechts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung nicht gewährleistet.
Trotz nomineller Geringfügigkeit des Ausgleichswerts des Anrechts mit der Versicherungsnummer (...) nach § 18 Abs. 1 und 3 VersAusglG hat ein Ausgleich dieses Anrechts zu erfolgen. Es ist regelmäßig eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes vorzunehmen, wenn - wie vorliegend - bei einem Versorgungsträger mehrere eigenständige Anrechte bestehen.
Soweit die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23.12.2020 Ausführungen des Senats zu dem nicht in der Beschwerde angefallenen Anrecht mit der Endnummer (...), welches erstinstanzlich aufgrund Geringfügigkeit nicht ausgeglichen wurde, beanstandet, ist lediglich zu bemerken, dass der Hinweisbeschluss des Senats keine diesbezüglichen Ausführungen enthält. Die Beschwerdeführerin hat die Anfechtung der erstinstanzlichen Entscheidung zum Versorgungsausgleich auf die erstinstanzlich erfolgte Teilung der Anrechte mit der Endnummer (...) und (...) beschränkt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass besondere Gründe zu Lasten der Beschwerdeführerin die Einbeziehung weiterer Anrechte zwingend erfordern (vgl. hierzu BGH NZFam 2016, 359, beck-online). Auf die Ausführungen in dem erstinstanzlichen Beschluss wird diesbezüglich Bezug genommen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 FamFG, § 20 FamGKG. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus §§ 40, 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.
IV.
Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zugelassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die Frage der Bewertungsmethode bei der Entwertung ehezeitlichen Deckungskapitals bei Sanierung des Versorgungsträgers ist klärungsbedürftig. An der Klärung besteht nicht nur im vorliegenden Fall ein subjektives Interesse der Beschwerdeführerin, sondern auch ein abstraktes Interesse der Allgemeinheit, weil das Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist.