Landgericht Stade
Urt. v. 07.12.2015, Az.: 1 S 12/15

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
07.12.2015
Aktenzeichen
1 S 12/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44877
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - 19.02.2015 - AZ: 5 C 506/14

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.02.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Cuxhaven - 5 C 506/14 - abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe 43,49 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.10.2014 sowie vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 70,20 € zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten beider Instanzen tragen die Beklagte 60 % und der Kläger 40 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

6. Die Revision gegen das Urteil wird zugelassen.

7. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 73,08 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht als Kfz-Sachverständiger aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche einer Verkehrsunfallgeschädigten geltend, für die die Beklagte als Haftpflichtversicherung des Unfallgegners einzustehen hat und verlangt von der Beklagten Zahlung eines restlichen Sachverständigenhonorars in Höhe von 73,08 € nebst Zinsen.

Er war von der Geschädigten mit der Erstattung eines Schadensgutachtens beauftragt worden und stellte ihr nach Gutachtenerstattung sein Honorar in Rechnung. Den Rechnungsbetrag in Höhe von 496,08 € schlüsselte der Kläger wie folgt auf:

Grundhonorar nach Schadenshöhe

308,92 €

Fahrtkosten anteilig

20,00 €

Lichtbilder für Originalgutachten (13 Stück zu je 2,20 €)

28,60 €

Druck- und Schreibkosten

37,50 €

Fotos für GA- Kopien, Ast., RA usw. (13 Stück zu je 0,95 €)

12,35 €

Porto- Telefon- Fax- und Nebenkosten

9,50 €

Zwischensumme ohne MwSt

416,87 €

MwSt 19,0%

79,21 €

Endsumme inkl. MwSt

496,08 €

Nach Rechnungsstellung trat die Geschädigte mit der Erklärung vom 04.02.2014 ihre Schadensersatzforderung gegen den Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft sicherungshalber an den Kläger ab. Dieser forderte die Beklagte daraufhin zur Zahlung auf, woraufhin diese einen Betrag in Höhe von 423,00 € regulierte. Mit Schreiben vom 07.03.2014 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte erfolglos zur Zahlung der restlichen Forderung in Höhe von 73,08 € auf.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass das von ihm in Rechnung gestellte Grundhonorar und die dazu berechneten Nebenkosten angemessen und ortsüblich seien. Die von ihm abgerechnete Vergütung bewege sich im Rahmen dessen, was der Geschädigte als zweckmäßig und notwendig habe erachten dürfen, so dass es sich um erforderliche Kosten im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB handele. Diese müsse die Beklagte ihm vollen Umfangs ersetzen.

Er hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 73,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 70,20 € zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die einzelnen Rechnungspositionen in Sachverständigenrechnungen unterlägen der richterlichen Preiskontrolle. Soweit diese Positionen nachvollziehbar bestritten seien, seien sie im Einzelfall zu prüfen. Die mit der Rechnung vom 05.02.2014 geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von 496,08 € seien unverhältnismäßig und überhöht. Aus dem Honorartableau 2012 der , welches auf der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011 basiere, ergebe sich lediglich ein Betrag von 423,00 €. Insbesondere seien sämtliche Nebenkosten in der Rechnung des Klägers überhöht. Da die Nebenkosten etwa 35% des Grundhonorars ausmachen würden, seien sie erkennbar übersetzt. Die Foto- und Schreibkosten seien bereits im Grundhonorar enthalten. Die Fahrtkosten seien überhöht und nicht erstattungsfähig. Ein zweiter Fotosatz könne nicht geltend gemacht werden. Auch sei der Stückpreis pro Foto in Höhe von 2,20 € netto übersetzt. Die Lichtbilder 1, 2, 11, 12 und 13 seien nicht erforderlich. Die Druck- bzw. Schreibkosten seien nicht nachvollziehbar und darüber hinaus bereits mit dem Grundhonorar abgegolten.

Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß mit Urteil vom 19.02.2015 verurteilt und ihr die volle Kostenlast auferlegt.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die in der Rechnung vom 05.02.2014 aufgeführten Gutachtenkosten angemessen seien. Die Grenze der Ersatzfähigkeit nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sei bei Sachverständigenkosten erst dann erreicht, wenn für den Geschädigten aus seiner laienhaften Sicht offensichtlich erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt bzw. Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen. Bei der Beurteilung, ob die geltend gemachten Sachverständigenkosten erkennbar überhöht seien, sei nicht darauf abzustellen, ob einzelne Nebenkostenpositionen erkennbar überteuert sind oder nicht, sondern nur, ob der gesamte Rechnungsbetrag für den Laien erkennbar überhöht ist. Es sei widersprüchlich, einem Geschädigten, der einen Gutachter beauftragt, der bis auf eine vollkommen überteuerte Position günstig abrechnet, wegen dieser einzelnen Position zu kürzen, wo hingegen einem Geschädigten, der ein Gutachter nutzt, der alle Positionen durchschnittlich berechnet und damit auf einen höheren Betrag kommt, das volle Honorar zu belassen. Es könne daher nur darauf ankommen, dass im Ergebnis der Abrechnung keine überhöhten Kosten angefallen sind, denn dann hält der Geschädigte den Aufwand in vernünftigen Grenzen. Dass die vom Kläger geltend gemachten Sachverständigenkosten insgesamt überhöht sind, habe die Beklagte nicht plausibel dargelegt. Sie könne sich insbesondere nicht auf das Honorartableau 2012 berufen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 25.03.2015 eingelegten und - nach entsprechender Fristverlängerung - am 04.06.2015 begründeten Berufung unter Wiederholung ihrer erstinstanzlichen Argumentation. Das Amtsgericht habe ohne Überprüfung im Einzelnen den Anspruch zugesprochen und sich nicht mit dem dezidierten Bestreiten der einzelnen Rechnungspositionen auseinandergesetzt.

Sie beantragt,

unter Abänderung des am 19.02.2015 verkündeten Urteil des Amtsgerichts Cuxhaven, Az.: 5 C 506/14, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung seiner erstinstanzlichen Argumentation.

Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils und auf die sonstigen Aktenbestandteile.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, nachdem das Amtsgericht diese gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zugelassen hat.

Die Berufung ist jedoch nur zum Teil begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 43,49 € infolge eines Verkehrsunfalles aus abgetretenem Recht gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG, § 249 Abs. 2 Satz 1, § 398 BGB zu.

1) Zutreffend führt das Amtsgericht zunächst aus, dass, soweit der Geschädigte selbst seine Ansprüche bei der Haftpflichtversicherung des Schädigers geltend macht, er nicht verpflichtet ist, hinsichtlich der Höhe der Sachverständigenkosten Marktforschung zu betreiben. Ihm kann daher der Einwand überhöhter Abrechnungen durch die Sachverständigen von der Versicherung des Schädigers nur dann entgegengehalten werden, wenn für ihn erkennbar war, dass ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestanden hat. Zutreffend ist das Amtsgericht daher davon ausgegangen, dass die Grenze der Ersatzfähigkeit bei Sachverständigenkosten regelmäßig erst dann erreicht ist, wenn für den Geschädigten aus seiner laienhaften Sicht offensichtlich erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt bzw. Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen.

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist zwar auch für die Kammer nicht ersichtlich, dass bei Sachverständigenkosten in Höhe von 496,00 € für den Geschädigten eine etwaige Überhöhung derart evident gewesen wäre, dass eine Monierung von ihm verlangt hätte werden können. Dies gilt umso mehr, als im vorliegenden Fall lediglich 73,08 € im Streit stehen, die Beklagte mithin selbst einen Betrag von 423,00 € als angemessen ansieht. Der „durchschnittliche“ mit der Materie des Gebührenrechts für Sachverständige nicht befasste Geschädigte ist mit den „üblichen“ für die konkrete Schadensfeststellung abrechenbaren Kosten des Sachverständigen nicht vertraut. Die Kosten für das Gutachten sind vorliegend jedenfalls nicht in einem Maß überhöht, als dass ein Laie Anlass gehabt hätte, diese zu überprüfen. Sonstige besondere Umstände, aus welchen die Geschädigte von vorneherein den Schluss hätte ziehen können, dass der Sachverständige im Verhältnis zum konkret entstandenen Unfallschaden ein Honorar verlangt, das die in der Branche üblichen Sätze deutlich übersteigt, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Schließlich hat auch die Beklagte zur Frage der Erkennbarkeit einer möglichen Überhöhung des Honorars nichts vorgetragen.

2) Im vorliegenden Fall besteht allerdings die Besonderheit, dass nicht die Geschädigte ihren Schadensersatzanspruch selbst geltend macht. Vielmehr hat sie ihren Schadensersatzanspruch an den Kläger abgetreten. Bei dem Kläger handelt es sich um den Sachverständigen, welcher mit der Erstellung des Gutachtens betraut war und auch die entsprechende Rechnung ausgestellt hat. Anders als dem Geschädigten des Unfalles selbst, muss dem Kläger als demjenigen, der die Rechnung über das Sachverständigengutachten selbst ausgestellt hat, bewusst sein, falls seine Rechnungsposten im Vergleich zu anderen Sachverständigen überhöht sind. In diesem Fall kann nach Auffassung der Kammer dem Sachverständigen durch die Haftpflichtversicherung des Schädigers durchaus entgegengehalten werden, dass seine Honoraransprüche überhöht sind.

Zwar erhebt der klagende Sachverständige hier die originären Ersatzansprüche der Geschädigten, die sich durch die Abtretungen in ihrer Rechtsqualität nicht verändern. Die Beklagte kann allerdings dem Kläger ein überhöhtes Honorar nach § 242 BGB entgegenhalten, da dieser im Falle der Zahlung überhöhter Sachverständigenhonorare seitens der Beklagten das Geleistete sogleich als Schadensersatz zurückerstatten müsste (dolo agit qui petit quod statim redditurus est). Nach § 241 Abs. 2 BGB besteht eine Aufklärungspflicht des Sachverständigen gegenüber seinem Auftraggeber dahingehend, diesen darauf hinzuweisen, dass sein Honorar gegebenenfalls über den üblichen Abrechnungssätzen liegt und insoweit möglicherweise nicht in vollem Umfang von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet wird (Amtsgericht Bochum, Urteil vom 29.5.2008, Aktenzeichen 67 C 275/07). Weist der Sachverständige den Geschädigten hierauf nicht entsprechend hin, hat die Versicherung aus oben genannten Gründen im Verhältnis dem Geschädigten gegenüber grundsätzlich die Sachverständigenkosten in voller Höhe zu begleichen. Nach allgemeiner Rechtsauffassung  ist die Haftpflichtversicherung in den Schutzbereich des zwischen Sachverständigen und Geschädigten abgeschlossenen Vertrages einbezogen (so BGH, Urteil vom 13.01.2009, Az: VI ZR 205/08, juris Rn. 6) und kann deshalb direkt Schadensersatz beanspruchen, wenn der Sachverständige vertragliche Pflichten verletzt hat, die - wie bei o.g. Hinweispflicht - auch zugunsten der Haftpflichtversicherung bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2009, a.a.O., m.w.N.). Macht der Sachverständige nunmehr die Kosten im Wege der Abtretung selber geltend, kann die Versicherung ihre Einwände dem Sachverständigen damit direkt entgegenhalten (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 19.2.2014, - 7 U 111/12, juris-Rn. 19). Einer Abtretung eventueller Schadensersatzforderungen des Geschädigten gegen den Sachverständigen entsprechend § 255 BGB bedarf es daher nicht. Bei einer direkten Geltendmachung der Gebühren durch den Sachverständigen aus abgetretenem Recht - wie vorliegend - kann die Problematik überhöhter Honorare somit in dem maßgeblichen Rechtsverhältnis gelöst werden.

Es kann somit dahinstehen, ob die Geschädigte selbst hätte erkennen können und müssen, dass das Honorar des Sachverständigen in ihrem Fall evident überhöht ist.

Der Anspruch des Klägers ist in dieser Konsequenz aufgrund der der Beklagten zustehenden „dolo agit“ - Einrede auf die tatsächlich erforderlichen Sachverständigenkosten zu kürzen. Für den Fall, dass ein Sachverständiger selbst die Kosten für die Begutachtung gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer geltend macht, bedarf es folglich einer Prüfung der gesamten Rechnung und damit auch der einzelnen Rechnungspositionen auf ihre Angemessenheit.

Hierzu bedarf es entweder der Durchführung einer Beweisaufnahme zur etwaigen Überhöhung des berechneten Honorars mit Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens oder einer Schätzung durch das Gericht gemäß § 287 ZPO. Dabei hält die Kammer mit einem Großteil anderer Gerichte eine Schätzung anhand der sogenannten BVSK-Honorarumfrage 2013 des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. für angemessen. Zuzustimmen ist dem Amtsgericht dahingehend, dass das Honorartableau 2012 im vorliegenden Fall nicht als eine geeignetere Schätzgrundlage anzusehen ist. Das Honorartableau basiert auf der BVSK-Honorarumfrage 2010/2011 und war somit im Unfallzeitpunkt im Jahre 2014 wenn nicht bereits veraltet, so doch jedenfalls älter als die genannte Honorarumfrage.

An dieser Auffassung vermag auch die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13) nichts zu ändern. Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht Saarbrücken die BVSK-Honorarbefragung nicht für geeignet gehalten hat, die zu erwartenden Ansätze bei anfallenden Nebenkosten verlässlich abzubilden. Das Landgericht Saarbrücken, so der Bundesgerichtshof, hat das Ergebnis dieser Befragung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise bereits deshalb nicht als geeignete Schätzgrundlage für die Nebenkosten angesehen, da sie nicht hinreichend aussagekräftig sei und relevante Fragen offen lasse. Allerdings hat der Bundesgerichtshof auch ausgeführt, dass das Landgericht Saarbrücken unter Hinweis auf die von ihm geführten zahlreichen Parallelverfahren ergänzend ausgeführt habe, die Sachverständigen würden auf dem regionalen Markt mit sehr uneinheitlichen Preisansätzen abrechnen. Das Landgericht Saarbrücken hat also die BVSK-Honorarbefragung nicht für geeignet gehalten, die zu erwartenden Ansätze bei anfallenden Nebenkosten verlässlich abzubilden, da es aufgrund vor ihm geführter zahlreicher Parallelverfahren festgestellt hatte, dass die Sachverständigen auf dem regionalen Markt im Bereich Saarbrücken mit sehr uneinheitlichen Preisansätzen abrechnen. Dies hat die - auf Verkehrsunfallsachen spezialisierte - Kammer für den hiesigen regionalen Markt jedoch nicht feststellen können. Insofern betrifft die Rechtsprechung des Landgerichts Saarbrücken und des Bundesgerichtshofes in dem mit dem Urteil vom 22.07.2014 entschiedenen Fall eine Entscheidung, die die spezifischen Besonderheiten des regionalen Marktes in Saarbrücken berücksichtigt und auf den vorliegenden Fall nicht zwingend anzuwenden ist.

Ferner hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 22.07.2014 festgestellt, dass das Gericht die Höhe der erforderlichen Sachverständigenkosten nach § 287 Abs. 1 ZPO schätzen kann, wenn der Schätzung tragfähige Anknüpfungspunkte zugrundeliegen. Vorliegend hat die Kammer die BVSK-Honorarbefragung 2013 berücksichtigt. Damit hat die Kammer tragfähige Anknüpfungspunkte für seine Schätzung zur Verfügung gehabt.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze hat der Kläger gegen die Beklagte einen weiteren Zahlungsanspruch in Höhe von 43,49 €. Im Übrigen übersteigt das durch den Kläger geltend gemachte Sachverständigenhonorar die Grenze des § 249 Abs. 2 BGB und ist um einen Betrag in Höhe von 29,59 € zu kürzen.

Im Einzelnen:

Nach der aktuellen Honorarbefragung 2013 des BVSK berechnen 90% der BVSK-Mitglieder oberhalb des Wertes HB II und 95% unterhalb des Wertes HB III. Innerhalb dieses Bereiches wird ganz überwiegend abgerechnet. Außerdem wird der sog. HB V Korridor angegeben, in dem immerhin 50 % bis 60 % der Mitglieder ihr Honorar berechnen, also ebenfalls die Mehrheit.

Die von dem Kläger abgerechneten Kosten liegen bis auf zwei Nebenkostenposition innerhalb dieser Werte, also unterhalb HB III bzw. innerhalb des HB V Korridors.

Danach beträgt das Grundhonorar, ausgehend von einer Netto-Schadenhöhe von 1.396,56 €, nach HB III 324,00 € und nach dem HB V Korridor 293,00 € bis 324,00 €. Mit einem Grundhonorar in Höhe von 308,92 € liegt das Grundhonorar unterhalb HB III und ziemlich genau in der Mitte des HB V Korridors. Gegen die Zulässigkeit der Pauschalierung des Grundhonorars bestehen hierbei grundsätzlich keine Bedenken (vgl. BGH NJW 2007, 1450, 1452 [BGH 23.01.2007 - VI ZR 67/06]). Ein an der Schadenshöhe orientiertes Grundhonorar trägt dem Umstand Rechnung, dass sich das Honorar als Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten darstellt (BGH NJW 2006, 2472, 2474 [BGH 04.04.2006 - X ZR 122/05]).

Hinsichtlich der Nebenkosten gilt folgendes:

Zunächst kommt eine pauschale Deckelung der Nebenkosten nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urt. vom 22.07.2014, VI ZR 357/13) nicht in Betracht. Insoweit dürfe die Schätzung der Höhe der Nebenkosten nach § 287 ZPO nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern müsse dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen. Eine Anspruchskürzung kommt entgegen der Auffassung der Beklagten daher nicht schon deswegen in Betracht, weil die vom Kläger abgerechneten Nebenkosten etwa 35 % des Grundhonorars ausmachen. Wie das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 11.02.2014 (NJW 2014, 1947 [BGH 11.02.2014 - VI ZR 225/13]) zeigt, rechtfertigt selbst ein Sachverständigenhonorar, das die Hälfte der ausgewiesenen Reparaturkosten ausmacht und Nebenkosten, die die Hälfte des Gesamthonorars betragen, nicht in jedem Fall, die Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten zu verneinen. Deshalb sieht die Kammer es nicht als angemessen an die Nebenkosten pauschal bei 25% zu kappen (OLG Dresden/a.a.o.; LG Köln, Beschluss vom 21.07.2014, Az. 9 S 160/14, juris-Rn. 10), sie als unangemessen anzusehen, wenn sie mehr als die Hälfte des Grundhonorars ausmachen (vgl. AG Düsseldorf, SP 2014, 171), sie pauschal auf 100,00 € zu begrenzen (AG Saarlouis, SP 2013, 156; LG Saarbrücken, NJW 2012, 3658 [LG Saarbrücken 22.06.2012 - 13 S 37/12], aufgehoben durch BGH, NJW 2014, 3151), oder ein erkennbares Missverhältnis im Regelfall anzunehmen, wenn die Gutachterkosten über 25% der Reparaturkosten betragen (vgl. AG Hamburg-Harburg, Der Verkehrsanwalt 2012, 37). Auch ist es deshalb nicht veranlasst, Nebenkosten grundsätzlich wertmäßig zu begrenzen (vgl. hierzu AG Halle, NJW 2012, 2290 [OLG Stuttgart 23.05.2012 - 13 W 24/12]), eine Bagatellgrenze (zwischen 500,00 und 750,00 €) anzunehmen (vgl. AG Ludwigshafen, DV 2012, 78), oder davon auszugehen, dass mit dem Grundhonorar die Schreibgebühren (vgl. AG Bonn, Urteil vom 25.01.2013, Az. 101 C 416/12), Porto- und Telefongebühren sowie die Kosten für die Restwertrecherche in der Regel abgegolten seien (so AG Dortmund, Urteil vom 26.08.2013, Az. 419 C 1978/13).

Die Kammer schätzt die ortsüblichen und angemessenen Nebenforderungen gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage des konkreten Vortrags der Parteien und der Ergebnisse der BVSK-Honorarbefragung 2013 wie folgt:

Hinsichtlich der Fahrtkosten kann der Kläger lediglich 10,74 € ersetzt verlangen. Die einfache Strecke von den Geschäftsräumen des Klägers (Hauptstraße 111, 21745 Hemmoor) zum unstreitigen Besichtigungsort in Neuhaus (Neuhäuser Deich 33), wo das unfallbeschädigte Fahrzeug durch den Sachverständigen begutachtet wurde, beträgt 17,9 km. Die Streckenlänge kann anhand der allgemein verfügbaren Routenplaner im Internet (z.B. google maps) konkret ermittelt werden, so dass sie allgemeinkundig ist. Der Sachverständige hat Anspruch auf die Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt, also eine Strecke von insgesamt 35,8 km. Als Fahrtkosten sind in der Rechtsprechung Kosten in Höhe von 0,30 € anerkannt (BGH, Urteil vom 17.11.2009, VI ZR 64/08). In der vorerwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 22.07.2014 ist insoweit ausgeführt, dass es nicht zu beanstanden sei, dass das Berufungsgericht den in der Honorarrechnung des Sachverständigen ausgewiesenen Pauschalbetrag für Fahrtkosten von 1,05 €/km als "erkennbar deutlich überhöht" gewertet hat. Es kann daher auch nicht auf die BVSK-Honorarbefragung zurückgegriffen werden, die von einem Mittelwert von 1,04 €/km ausgeht. Im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO geht die Kammer daher von erstattungsfähigen Fahrtkosten in Höhe von 10,74 € aus (= 35,8 km x 2 x € 0,30). Die Rechnung ist somit um einen Betrag in Höhe von 9,26 € zu kürzen.

Die übrigen Kosten schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage der Nebenkostentabelle der BVSK-Befragung 2013 nach dem Mittelwert des Honorarkorridors HB V.

Die Kosten für die beiden Fotosätze sind angemessen. Die angesetzten Kosten für Fotos liegen innerhalb der Korridorwerte (HB V). Die Kosten pro Foto liegen danach bei dem ersten Fotosatz bei 2,21 € bis 2,55 €, abgerechnet hat der Kläger 2,20 €. Die Kosten pro Foto bei dem zweiten Fotosatz liegen bei 1,32 € bis 1,67 €, abgerechnet hat der Kläger 0,95 €. Die Anfertigung eines zweiten Fotosatzes für den Geschädigten bzw. dessen Prozessbevollmächtigten ist nicht zu beanstanden. Auch sind Fotokosten neben dem Grundhonorar als erforderlich anzusehen. Diese können schon deswegen nicht durch das Grundhonorar aufgezehrt sein, da sich die Anzahl der anzufertigenden Fotos anders als das Grundhonorar nicht zwingend nach der Schadenshöhe berechnet, sondern individuell zu bemessen ist. Soweit die Beklagte weiter einwendet, dass einzelne Fotos nicht erforderlich waren, vermag sie hiermit ebenfalls nicht durchzudringen. Die Anfertigung von Übersichtsaufnahmen erscheinen zum Zwecke der Beweissicherung jedenfalls nicht beanstandungsbedürftig. Bilder von den unbeschädigten Seiten des PKW sind für die Dokumentation des Zustandes des Fahrzeugs für die Berechnung des Wiederbeschaffungs- und Restwerts nötig. Es ist nicht erkennbar, dass der Kläger Fotos gefertigt und abgerechnet hat, die schlechterdings nutzlos oder unbrauchbar sind.

Die abgerechnete Post-, Telekommunikations- und Schreibkostenpauschale ist um einen Betrag in Höhe von 20,33 € übersetzt. Nach der BVSK-Befragung 2013 liegt sie bei einem Betrag von 23,46 € bis 29,87 € (HB V). Der Kläger hat vorliegend für diese Posten jedoch insgesamt 47,00 € abgerechnet. Ausgehend von dem arithmetischen Mittelwert der Korridorwerte in Höhe von 26,67 € ist die Rechnung um einen weiteren Betrag in Höhe von 20,33 € zu kürzen.

3) Der Zinsanspruch ist im Tenor genannten Umfang begründet, §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

4) Hinsichtlich der zugesprochenen Rechtsanwaltskostenkosten in Höhe von 70,20 € sind unter dem Gesichtspunkt des Verzugs keine Rechtsfehler erkennbar.

5) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

6) Auf Antrag des Klägers ist die Revision zugelassen worden, weil die streitgegenständlichen Rechtsfragen für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle und damit grundsätzliche Bedeutung haben. Zugleich ist die Handhabung der Schätzung der üblichen Sachverständigenkosten in der Rechtsprechung - auch der Rechtsprechung des hiesigen Landgerichtsbezirks - uneinheitlich.